zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 10.03.1994, 93/15/0168

VwGH vom 10.03.1994, 93/15/0168

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Wetzel und Dr. Steiner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde des I in M, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg (Berufungssenat II) vom , Zl. 50-GA4BK-DBr/92, betreffend Umsatzsteuer, Einkommensteuer und Gewerbesteuer, je 1983 bis 1988, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Beim Beschwerdeführer, der als Rauchfangkehrer Einküfte aus Gewerbebetrieb bezieht, wurde betreffend die Jahre 1983 bis 1988 eine Betriebsprüfung durchgeführt. Der Prüfer stellte unter anderem fest, daß die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung nicht gegeben sei, weil der Beschwerdeführer keine Erstaufzeichnungen über seine Bareinnahmen vorgelegt habe. Der Beschwerdeführer gab dem Prüfer gegenüber an, es seien Grundaufzeichnungen in Gestalt sogenannter Kehrlisten geführt worden, die Originale dieser Listen könne er aber nicht mehr vorlegen, weil sie vernichtet worden seien. "Ergänzte bzw. aktualisierte" Duplikate seien ab 1987 vorhanden. Zwei Angestellte des Beschwerdeführers hätten niederschriftlich angegeben, daß außer für den Bereich Obertauern nie Kehrlisten geführt worden seien, es seien nur Kehrbücher in den Außendienst mitgenommen worden. Im Zuge einer Hausdurchsuchung in den Räumlichkeiten des Beschwerdeführers am sei ein Kehrbuch betreffend den Bezirk Pichlern gefunden worden. An Hand dieses Kehrbuches sei bei einem Vergleich mit dem Kassabuch eine Einnahmendifferenz von 302 % festgestellt worden.

Unabhängig vom inneren Betriebsvergleich nahm der Prüfer auch einen äußeren Betriebsvergleich mit einem Rauchfangkehrerbetrieb vor, der eine annähernd gleiche Anzahl von Kehrobjekten aufweise und ebenfalls im ländlichen Bereich situiert sei.

Der Prüfer nahm auf dieser Grundlagen mit Rücksicht darauf, daß es sich beim Kehrbezirk Pichlern um ländliches Kehrgebiet handle, für das Jahr 1983 eine Hinzuschätzung von 150 % (S 418.017,--) vor und schätzte betreffend die Folgejahre den erklärten Einkünften folgende Beträge hinzu: 1984 S 395.596,--, 1985: S 415.776,--, 1986: S 410.115,--, 1987: S 371.749,-- und 1988: S 415.428,--.

Außerdem verhängte der Prüfer wegen des Fehlens von Grundaufzeichnungen sowie wegen der mangelhaften Buchführung einen Sicherungszuschlag von 20 % der jährlich erklärten Barumsätze.

Das Finanzamt folgte den Feststellungen des Prüfers, nahm das Verfahren gemäß § 303 Abs. 4 BAO wieder auf und erließ für die Streitjahre neue Sachbescheide.

In den dagegen erhobenen Berufungen vertrat der Beschwerdeführer jeweils die Auffassung, er sei nicht zur Führung von Kehrbüchern verpflichtet, Kehrlisten müßten genügen. Die vorgenommene Schätzung sei mit den Gegebenheiten seines Betriebes nicht in Einklang zu bringen. Eine Schätzung dürfe nicht die Wirkung einer Strafsteuer haben. Da er Kehrlisten vorgelegt habe, hätte die Schätzung gar nicht erfolgen dürfen.

Die belangte Behörde wies die Berufungen als unbegründet ab und begründete ihre Entscheidung wie folgt:

Die Berechtigung zur Schätzung ergebe sich aus dem Umstand, daß der Beschwerdeführer keine Uraufzeichnungen vorgelegt habe. Die vorgelegten Listen stellten nur Übertragungen von (nicht mehr vorhandenen) Originalen auf Zweitschriften dar. Kehrbücher, die der Beschwerdeführer offenbar geführt habe, habe er nicht vorgelegt.

Hinsichtlich der Höhe der Schätzung stützte sich die belangte Behörde auf die vom Prüfer anhand des bei der Hausdurchsuchung aufgefundenen Kehrbuches festgestellte Differenz von 302 % zwischen den erklärten und nachgewiesenen Erlösen und wandte ebenfalls den vom Prüfer für das Jahr 1983 gewählten Zuschlag von 150 % sowie für die Folgejahre eine jährliche Erhöhung dieses Betrages im Ausmaß von 5 % an, um den jährlich steigenden, vom Beschwerdeführer selbst erklärten Barerlösen Rechnung zu tragen. Die belangte Behörde führte in diesem Zusammenhang noch ins Treffen, der Beschwerdeführer habe in seiner Berufung konkrete Mängel der Ermittlung der Erlösdifferenzen nicht vorgebracht. Die vom Prüfer durchgeführten Hinzuschätzungen seien in sich schlüssig und verstießen weder gegen Denkgesetze noch menschliches Erfahrungsgut. Der Prüfer habe auf Grund der mangelhaften Aufzeichnungen davon ausgehen dürfen, daß noch weitere Vorgänge nicht erfaßt worden seien und diesen Umstand durch einen Sicherungszuschlag in Höhe von 20 % zu Recht abgedeckt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf mangelfreie Abgabenerhebung sowie richtige Abgabenfestsetzung und fehlerfreie Ermessensentscheidung verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 184 Abs. 3 BAO sind die Grundlagen für die Abgabenerhebung ferner u.a. zu schätzen, wenn die Bücher solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, deren sachliche Richtigkeit in Zweifel zu ziehen.

In Darstellung des Beschwerdegrundes der inhaltlichen Rechtswidrigkeit wendet sich der Beschwerdeführer mit der Behauptung, die Tatbestandsvoraussetzungen des § 184 Abs. 3 BAO seien nicht gegeben, gegen die von der belangten Behörde in Anspruch genommene Schätzungsbefugnis. Den weitwendigen Beschwerdeausführungen ist entgegenzuhalten, daß nach der ständigen hg. Judikatur der Umstand, daß Grundaufzeichnungen nicht mehr vorhanden sind, weil sie vor Ablauf der Aufbewahrungsfrist vernichtet wurden, einen gravierenden Verstoß gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung darstellt, wodurch die Schätzungsberechtigung der Abgabenbehörde begründet wird (vgl. dazu z.B. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 84/14/0109, und vom , Zl. 89/13/0280 sowie die dort zitierte Vorjudikatur).

Im Rahmen der Verfahrensrüge greift der Beschwerdeführer den vorgenommenen äußeren Betriebsvergleich insoweit an, als er erstmals betreffend den Vergleichsbetrieb konkrete Detailwerte ins Treffen führt und damit die Verschiedenheit dieses Vergleichsbetriebes zu seinem Unternehmen aufzuzeigen sucht. Alle Ausführungen der Beschwerde in diesem Zusammenhang stellen sich angesichts des Umstandes, daß der Beschwerdeführer - obwohl er seit dem Vorliegen des Prüfungsberichtes Kenntnis von der angewandten Schätzungsmethode hatte - im Verwaltungsverfahren kein entsprechend konkretisiertes Vorbringen erstattet hat, als gemäß § 41 Abs. 1 VwGG unzulässige und damit unbeachtliche Neuerung dar. Die Tatsache, daß der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren insoweit untätig geblieben ist und erst vor dem Verwaltungsgerichtshof seine Zurückhaltung ablegte (vgl. in diesem Sinn das hg. Erkenntnis vom , Zl. 87/14/0108), muß ihm jetzt selbst zum Nachteil gereichen.

Da sich sohin der angefochtene Bescheide insgesamt als frei von den behaupteten Rechtswidrigkeiten erweist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Mit Rücksicht auf die durch die oben zitierte hg. Judikatur klargestellte Rechtslage konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden, und zwar aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG unter Abstandnahme von der beantragten mündlichen Verhandlung.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. Nr. 104/1991.