VwGH vom 30.01.1991, 90/13/0030
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Drexler, Dr. Pokorny und Dr. Graf als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der K gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 5-1776/89, betreffend Berücksichtigung erhöhter Werbungskosten für 1987 und 1988, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die im Jahre 1965 geborene, ledige Beschwerdeführerin war in den Streitjahren als Lehrerin an der Höheren Bundeslehranstalt für wirtschaftliche Berufe und der Bundesfachschule für wirtschaftliche Berufe in A tätig und bezog in dieser Eigenschaft Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Sie beantragte für die Streitjahre jeweils die Eintragung eines Freibetrages u.a. wegen erhöhter Werbungskosten und machte in diesem Zusammenhang geltend die Fahrtkosten für die wöchentlichen Heimfahrten nach Grimmenstein, die Kosten für Unterrichtsbehelfe und Fachliteratur sowie nichtbelegbare Ausgaben in der Höhe von S 7.500,-- abzüglich der Bildungszulage von S 1.200,--. Weiters machte sie geltend Tages- und Nächtigungsgelder sowie die Beiträge für die Mitgliedschaft bei einer Autofahrervereinigung.
Für das Jahr 1987 anerkannte das Finanzamt bei den Werbungskosten u.a. die Kosten für zehn Hin- und Rückfahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (insgesamt S 2.720,--) und S 7.256,-- mit der Begründung, es bestehe zwar mangels Vorliegens einer Dienstreise kein Anspruch auf Tages- und Nächtigungsgelder, doch könnten im ersten Jahr die Kosten der doppelten Haushaltsführung (Miete und Betriebskosten der Wohnung in A) als Werbungskosten anerkannt werden. Bei den Beiträgen für die Mitgliedschaft bei einer Autofahrervereinigung und den Kosten für das "Koch- und Backjournal" handle es sich um keine Werbungskosten im Sinne des EStG 1972. Die "nichtbelegbaren Ausgaben" könnten mangels Nachweises nicht anerkannt werden.
Der von der Beschwerdeführerin dagegen erhobenen Berufung gab das Finanzamt mit Berufungsvorentscheidung vom teilweise statt, indem es die Kosten für wöchentliche Heimfahrten in der kalten Jahreszeit anerkannte, dies auf Grund der Überlegung, daß die Dienstunterkunft an Wochenenden nicht ausreichend beheizt werde. Für die übrigen Monate (September, Mai und Juni) seien nur monatliche Heimfahrten notwendig.
Die Beschwerdeführerin beantragte die Vorlage ihrer Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Für das Jahr 1988 anerkannte das Finanzamt von den oben genannten Werbungskosten nur den Betrag von S 10.044,--. Dabei handelt es sich um die Kosten für wöchentliche Heimfahrten in der kalten Jahreszeit und monatliche Heimfahrten in den übrigen Monaten während der Schulzeit.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung betreffend das Jahr 1987 teilweise statt, und zwar im gleichen Umfang wie die Berufungsvorentscheidung vom , und wies die Berufung betreffend das Kalenderjahr 1988 als unbegründet ab. Sie führte begründend aus:
1. Heimfahrten
Die Beschwerdeführerin habe an ihrem Dienstort einen Wohnsitz, sodaß Fahrtkosten zwischen Wohnung und Beschäftigungsort sich grundsätzlich nicht ergäben. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes könnten Kosten eines alleinstehenden Arbeitnehmers für Fahrten zu einer Wohnung in seinem Heimatort als Werbungskosten insoweit anerkannt werden, als eine monatliche Nachschau notwendig sei. Kosten für den Besuch der Eltern seien grundsätzlich nicht Werbungskosten und den nichtabzugsfähigen Ausgaben gemäß § 20 EStG 1972 zuzuordnen.
Das Finanzamt habe im Sinne dieser Rechtsprechung eine monatliche Heimfahrt anerkannt. Das Finanzamt habe auch dem Einwand der Beschwerdeführerin Rechnung getragen, daß die Dienstunterkunft an Wochenenden nicht ausreichend beheizt werde. Außerhalb der Heizungsperiode könne die Unterkunft auch an Wochenenden benützt werden, zumal nach Auskunft des Arbeitgebers auch am Wochenende Warmwasser zur Verfügung stehe. Das Mehrbegehren auf Berücksichtigung wöchentlicher Heimfahrten während des ganzen Jahres sei daher nicht berechtigt.
2. Nichtbelegbare Ausgaben und Fachliteratur
Bei den Kosten von S 158,-- für die Zeitschrift "Koch- und Backjournal" handle es sich nicht um Werbungskosten, weil diese Zeitschrift keine Fachzeitschrift sei und daher kein Arbeitsmittel darstelle. Diese Zeitschrift sei nicht nur für eine Person, die Kochen lehre, von Interesse.
Bei den nichtbelegbaren Ausgaben handle es sich nach den Angaben der Beschwerdeführerin um Ausgaben aus Anläßen verschiedenster Art (schulische Feiern, Spenden, Trinkgelder, Lehrerexkursionen und Theaterbesuche). Diese Kosten seien schon ihrer Art nach nicht den Werbungskosten zuzurechnen. Außerdem sei kein Nachweis für diese Auslagen erbracht worden.
3. Tages- und Nächtigungsgelder
Beruflich veranlaßte Reisen seien nicht unternommen worden, sodaß von Reisekosten nicht gesprochen werden könne. Bei den von der Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang ins Treffen geführten Kosten für Ernährung und Bekleidung handle es sich um nichtabzugsfähige Kosten der Lebensführung. Dies gelte auch für Kosten für die Verpflegung außer Haus.
4. Beiträge für die Mitgliedschaft bei einer Kraftfahrervereinigung
Aufwendungen im Zusammenhang mit der Haltung eines Kraftfahrzeuges könnten nur dann als Werbungskosten berücksichtigt werden, wenn das Kraftfahrzeug als Arbeitsmittel diene, was bei der Beschwerdeführerin jedoch nicht der Fall gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
1. KOSTEN FÜR HEIMFAHRTEN
Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1972 sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Werbungskosten sind gemäß § 16 Abs. 1 Z. 6 leg.cit auch die Aufwendungen des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte.
Fahrtkosten, die sich aus der Wahl oder Beibehaltung des Wohsitzes in einem außerhalb der üblichen Entfernung vom Beschäftigungsort gelegenen Ort ergeben, gehören zu den nichtabzugsfähigen Lebenshaltungskosten, wenn die Wahl des Wohnsitzes durch persönliche Gründe bedingt ist (siehe Hofstätter-Reichel, die Einkommensteuer III B, Tz. 1 zu § 16 Abs. 1 Z. 6, und die dort zitierte Rechtsprechung).
Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, daß die unverheiratete Beschwerdeführerin auf Grund ihrer Beschäftigung in A in zumutbarer Entfernung vom Beschäftigungsort eine Wohnung hätte nehmen können. Daß sie dies vergeblich versucht hätte, wurde von ihr nicht behauptet. Aus der Tatsache, daß sie jeweils nur auf Grund von Jahresverträgen beschäftigt wurde, folgt noch nicht, daß ihr deshalb die Wohnungsnahme am Arbeitsort oder in dessen Einzugsgebiet nicht zumutbar gewesen wäre. Nur dann, wenn ein Arbeitnehmer jederzeit konkret und ernsthaft mit der Abberufung und Versetzung an einen anderen Arbeitsort rechnen muß, ist ihm eine Wohnsitzverlegung nicht zumutbar (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 86/14/0165). Derartige Umstände liegen hier nicht vor, weil die Beschwerdeführerin - wie ihre Beschäftigung in den folgenden Jahren gezeigt hat - nicht nur eine kurzfristige oder vorübergehende Beschäftigung in A ins Auge gefaßt, sondern eine Verlängerung ihrer Beschäftigungsdauer angestrebt hat. Außerdem ist zu berücksichtigen, daß die Beschwerdeführerin nicht vor der Entscheidung stand, ihren Familienwohnsitz im Hinblick auf ihre Beschäftigung zu verlegen, sondern den elterlichen Haushalt zu verlassen und eine Wohnung in der Nähe ihrer Arbeitsstätte zu nehmen. Wenn die Beschwerdeführerin in dieser Situation es unterlassen hat, sich eine durchgehend benützbare Wohnung in der Nähe ihres Beschäftigungsortes zu besorgen, deren Kosten den nichtabzugsfähigen Ausgaben gemäß § 20 EStG 1972 zuzurechnen gewesen wären, sondern es vorgezogen hat, die ihr vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellte Unterkunft, die nach ihren Behauptungen über keine Kochgelegenheit verfügt und im Hinblick auf unzureichende Heizung und fehlendes Warmwasser an Wochenenden unbewohnbar ist, zu benützen, sind ihre Kosten für die wöchentlichen Fahrten nach G nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen, auch wenn die Beschwerdeführerin ihr Elternhaus noch als ihr eigentliches Heim betrachtete (vgl. Hofstätter-Reichel, a.a.O., Tz. 2 zu § 16 Abs. 1 Z. 6). Im Falle der Beschwerdeführerin wären auch die Kosten für die monatlichen Heimfahrten nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen gewesen, weil die Beschwerdeführerin gar nicht behauptet hat, in G eine eigene Wohnung zu besitzen, in der sie monatlich zumindest einmal Nachschau hätte halten müssen (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 87/14/0066). Wenn die Abgabenbehörden dennoch die Kosten für monatliche Heimfahrten, in der kalten Jahreszeit sogar die Kosten für wöchentliche Heimfahrten, als Werbungskosten anerkannt haben, wurde die Beschwerdeführerin dadurch in ihren Rechten nicht verletzt.
2. NICHTBELEGBARE AUSGABEN UND FACHLITERATUR
Zu den nichtbelegbaren Ausgaben behauptete die Beschwerdeführerin im Abgabenverfahren, diese Ausgaben seien "zum Teil nur schwer, wenn überhaupt nachzuweisen". Dabei handle es sich um Ausgaben aus Anlässen verschiedenster Art, wie "schulische Feiern, Spenden, Trinkgelder, aber auch Kosten für Lehrerexkursionen". Ferner gehörten dazu die Aufwendungen für Theaterbesuche mit Lehrern und auch mit Schülern.
Bei diesen Aufwendungen handelt es sich durchwegs um nichtabzugsfähige Ausgaben im Sinne des § 20 Abs. 1 EStG 1972. Daran vermag auch die in der Beschwerde aufgestellte Behauptung nichts zu ändern, daß sich die Beschwerdeführerin schon wegen der Unsicherheit ihrer dienstrechtlichen Stellung infolge von Jahresverträgen von gemeinsamen Veranstaltungen nicht habe ausschließen können. Auch wenn die gemeinsamen Theaterbesuche der Förderung des Berufes der Beschwerdeführerin dienten, können die dafür aufgewendeten Kosten nicht abgezogen werden, weil gemäß § 20 Abs. 1 Z. 2 EStG 1972 vom Abzugsverbot auch jene Aufwendungen für die Lebensführung erfaßt sind, welche die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, auch wenn sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen. Es stellt daher auch keinen Verfahrensmangel dar, wenn die belangte Behörde die Beschwerdeführerin nicht zur weiteren Aufgliederung dieser Kosten aufgefordert hat.
Bei dem von der Beschwerdeführerin bezogenen "Koch- und Backjournal" handelt es sich nicht um ein Arbeitsmittel. Auch wenn die Beschwerdeführerin, die unter anderem "Kochen und Servierkunde" unterrichtet, aus der von ihr bezogenen Zeitschrift "Koch- und Backjournal" Anregungen für ihren Unterricht gewonnen hat, handelt es sich dabei nicht um ein Arbeitsmittel, ohne welches die Beschwerdeführerin ihren Beruf nicht ausüben konnte. Es handelt sich auch nicht um eine Fachzeitschrift, die der beruflichen Fortbildung dient, sondern um ein Druckwerk, das seinem Inhalt nach für breite Bevölkerungsschichten von Interesse ist (vgl. dazu u.a. die Erkenntnisse vom , Zl. 82/13/0184, und vom , Zl. 86/14/0169).
3. TAGES- UND NÄCHTIGUNGSGELDER
Die Beschwerdeführerin hat nicht vorgebracht, es liege eine ausschließlich beruflich veranlaßte Reise im Sinne des § 16 Abs. 1 Z. 9 EStG 1972 vor. Sie behauptet in der Beschwerde, bei den unter diesem Punkt geltend gemachten Kosten handle es sich um die Mehrkosten, die ihr aus der Unmöglichkeit der Zubereitung von Mahlzeiten in der Dienstunterkunft entstehen.
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beschwerdeführerin, die an der oben genannten Bundeslehranstalt und Fachschule u.a. das Fach Kochen unterrichtet, sich tatsächlich durchwegs außer Haus verpflegen mußte (in der vom Finanzamt eingeholten Auskunft des Arbeitgebers vom ist von einer Küche die Rede), weil es sich dabei lediglich um ein Folge ihres Entschlusses handeln würde, am Arbeitsort keine Wohnung zu nehmen, sich mit der unzureichenden Dienstunterkunft zu begnügen und die Wochenenden in der elterlichen Wohnung in G zu verbringen. Die Beschwerdeführerin kann diese Kosten auch deshalb nicht mit der Notwendigkeit von Mehrkosten infolge getrennter Haushaltsführung begründen, weil es sich bei der elterlichen Wohnung in G, wo sich die Beschwerdeführerin an den Wochenenden aufgehalten hat, nicht um ihren Haushalt gehandelt hat (vgl. dazu das Erkenntnis vom , Zl. 87/13/0200).
4. BEITRÄGE FÜR MITGLIEDSCHAFT BEI EINER AUTOFAHRERVEREI-NIGUNG
Derartige Beiträge können nur dann als Werbungskosten behandelt werden, wenn das Kraftfahrzeug zur Berufsausübung als Arbeitsmittel notwendig ist, nicht aber dann, wenn das Kraftfahrzeug für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte verwendet wird (siehe Hofstätter-Reichel, a.a.O., Tz. 7 zu § 16 Abs. 1 allgemein, Seite 26/2).
Soweit die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang auf ihre mangelnde technische Versiertheit und ihre geringe Körperkraft hinweist, vermag sie damit nur Gründe darzutun, aus denen es ihr zweckmäßig erscheint, einer derartigen Vereinigung anzugehören, nicht aber dafür, daß es sich bei den Mitgliedsbeiträgen um Werbungskosten im Sinne des § 16 EStG 1972 handelt. Die belangte Behörde hat daher zu Recht auch diese Kosten nicht als abzugsfähig anerkannt.
Aus den dargelegten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.