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VwGH vom 21.10.1999, 98/15/0201

VwGH vom 21.10.1999, 98/15/0201

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zeller, über die Beschwerde des W in W, vertreten durch Dr. Helmut Krenn, Rechtsanwalt in Wien I, Stephansplatz 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat IX) vom , Zl. RV/056-06/09/98, betreffend Einkommensteuer 1996, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer schildert in der Beschwerde den streitgegenständlichen Sachverhalt dahingehend, dass er Erbe seiner am in einer Pflegeanstalt der Stadt Wien im

91. Lebensjahr verstorbenen Cousine gewesen sei, die sich dort vom bis zu ihrem Tod in Pflege befunden habe. Das zuständige Bezirksgericht habe auf Grund des Testamentes und der vom Beschwerdeführer zum Nachlass abgegebenen bedingten Erbserklärung dem Beschwerdeführer mit Urkunde vom den Nachlass der Verstorbenen zur Gänze eingeantwortet. Der Nachlass habe bis zum Tod seiner Cousine unbekannte Aktiva in Höhe von S 1,076.122,04 (darunter - anonyme - Sparguthaben in Höhe von S 1,037.273,92) umfasst. Die Sparguthaben seien aus dem Beschwerdeführer nicht bekannten Gründen von seiner Cousine der Stadt Wien nicht gemeldet, vom Beschwerdeführer jedoch im Verlassenschaftsverfahren offen gelegt worden. Mangels Kenntnisses des Sparvermögens seien vom Magistrat der Stadt Wien zu Lebzeiten der Cousine für die Dauer des Pflegeaufenthaltes keine Pflegeentgelte eingefordert worden. Routinemäßig seien von der zuständigen Verrechnungsstelle des Magistrates unmittelbar nach dem Tod der Cousine "zum Nachlass restliche Pflegeentgelte in Höhe von

S 523.707,24 angemeldet" worden. Mit Schreiben vom habe der Magistrat den Beschwerdeführer persönlich auf Grund des ergangenen Beschlusses des Bezirksgerichtes vom , GZ: 2A 665/9 St, u.a. zur Bezahlung des besagten "Pflegeentgeltrückstandes" verpflichtet, den der Beschwerdeführer am beglichen habe. Der vom Beschwerdeführer im Verlassenschaftsverfahren mit seiner Vertretung beauftragte Notar habe entsprechend einem vom Beschwerdeführer an den Vertreter am erteilten Auftrag eine bedingte Erbserklärung abgegeben. An diesem Tag sei dem Beschwerdeführer die Höhe des vom Magistrat verrechneten Pflegeentgeltrückstandes unbekannt gewesen. Er habe davon erst durch ein Schreiben der bevollmächtigten Notariatskanzlei am Kenntnis erlangt. Mit der Ersatzforderung der Stadt Wien habe er nicht gerechnet.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Antrag des Beschwerdeführers nicht entsprochen, die strittige Bezahlung des Pflegegeldrückstandes als außergewöhnliche Belastung nach § 34 EStG 1988 einkommensmindernd zu berücksichtigen. In den Entscheidungsgründen des angefochtenen Bescheides ist zu lesen, das Nachlassinventar lt. Beschluss des Bezirksgerichtes vom habe Aktiva in Höhe von S 1,076.122,04 umfasst. Nach Abzug der Passiva (inklusive der Pflegeentgelte) in Höhe von S 617.740,98 sei ein "Reinnachlass" in Höhe von S 458.381,06 verblieben. Die Zentrale Verrechnungsstelle für städtische Pflegeheime des Magistrates der Stadt Wien habe mit Schreiben vom die bis dahin offenen Pflegeentgelte beim Bezirksgericht angemeldet. In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird weiters u.a. § 26 Abs. 4 des Wiener Sozialhilfegesetzes zitiert. Demnach gehe die Verbindlichkeit zum Ersatz von Leistungen zur Sicherung des Lebensbedarfes gleich einer anderen Schuld auf den Nachlass des Empfängers der Hilfe über (erster Satz). Die Erben seien jedoch zum Ersatz der für den Empfänger der Hilfe aufgewendeten Kosten auch dann verpflichtet, wenn dieser zu Lebzeiten nicht ersatzpflichtig gewesen wäre (zweiter Satz). Die Erben hafteten stets nur bis zur Höhe des Wertes des Nachlasses (dritter Satz der zitierten Bestimmung). Die belangte Behörde folgerte daraus, dass der Beschwerdeführer zur Zahlung der offenen Pflegeentgelte verpflichtet gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe allerdings durch die freiwillige Abgabe der bedingten Erbserklärung die Erbschaft nicht ausgeschlagen, weshalb ihm Passiva in Höhe von S 617.740,98 (dieser Betrag beinhalte u. a. die offenen Pflegeentgelte) zugerechnet worden seien. Hätte der Beschwerdeführer "nie eine Erbserklärung abgegeben, wäre er also nie Erbe gewesen, hätte er nicht zur Begleichung der o.a. offenen Pflegeentgelte herangezogen werden können". Wegen der freiwilligen Erbserklärung sei das zur Erfüllung der Voraussetzungen des § 34 EStG notwendige Element der Zwangsläufigkeit nicht gegeben.

Die Behandlung der an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde hat dieser mit Beschluss vom abgelehnt. Der Verfassungsgerichtshof hat die Beschwerde antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die - ergänzte - Beschwerde erwogen:

Nach § 34 Abs. 1 EStG sind außergewöhnliche Belastungen, die dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsen, bei der Ermittlung des Einkommens insoweit abzuziehen, als sie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen. Von einer solchen Beeinträchtigung kann nicht gesprochen werden, soweit eine Belastung in wirtschaftlichem Zusammenhang mit einem Erwerb von Todes wegen steht und im Wert der übernommenen Vermögenssubstanz ihre Deckung findet. Dabei ist es gleichgültig, ob dem Steuerpflichtigen die Belastung unmittelbar durch den Vermögenserwerb, etwa als Nachlassverbindlichkeit, oder nur mittelbar in ursächlichem Zusammenhang mit dem Vermögenserwerb erwächst, weil für die Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit neben rechtlichen auch wirtschaftliche Gesichtspunkte maßgebend sind. Selbst wenn daher ein Aufwand die Verlassenschaft rechtlich nicht belastet, dessen ungeachtet aber in wirtschaftlichem Zusammenhang mit Verpflichtungen entsteht, die auf die Annahme der Erbschaft zurückzuführen sind, kann von einer Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit dem Grunde nach erst dann gesprochen werden, wenn der Aufwand das erworbene Vermögen übersteigt (vgl. beispielsweise die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , 13/3814/80, und vom , 84/14/0040, m.w.N.). Eine außergewöhnliche "Belastung" nach § 34 Abs. 1 leg. cit. muss sich auf das Einkommen beziehen, zumal nur dann eine Auswirkung auf die (einkommensbezogene) wirtschaftliche Leistungsfähigkeit besteht (vgl. Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, Tz 9 zu § 34). Sie ist zu verneinen, wenn dem Steuerpflichten die zwangsläufigen Aufwendungen nur deshalb erwachsen, weil ihm das zu ihrer Deckung dienende Vermögen zugekommen ist (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 13/1696/80).

Im Beschwerdefall ist unbestritten, dass die Zahlungen für die rückständigen Pflegeentgelte im an den Erben übergegangenen Verlassenschaftsvermögen (im Wesentlichen bestehend aus von der Erblasserin nicht offen gelegten Sparguthaben) Deckung fanden (nach dem dritten Satz des § 26 Abs. 4 Wiener Sozialhilfegesetz ist die Erbenhaftung auch stets mit der Höhe des Wertes des Nachlasses beschränkt). Davon ausgehend kommt im Beschwerdefall der Frage der sowohl im angefochtenen Bescheid als auch in der Beschwerde aufgeworfenen "Zwangsläufigkeit" des Aufwandes keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob - wie der Beschwerdeführer meint - die pflichtgemäße Offenlegung der anonym angelegten Sparguthaben durch den Beschwerdeführer (und nicht allein die abgegebene Erbserklärung) die Pflicht zur Zahlung der Pflegeentgelte ausgelöst, oder die Vorschreibung des Pflegeentgeltrückstandes an den Beschwerdeführer nicht im ersten, sondern im zweiten Satz des § 26 Abs. 4 Wiener Sozialhilfegesetz die Rechtsgrundlage habe. Dass der Betrag von S 523.707,24 "formal nicht aus dem Nachlass zu leisten" gewesen sei (in der Äußerung zur Gegenschrift der belangten Behörde weist der Beschwerdeführer darauf hin, dass die Zahlungsaufforderung des zuständigen Magistrates vom erst zu einem Zeitpunkt ergangen sei, in dem es "kein Verlassenschaftsvermögen mehr gab, weil dieses bereits Teil meines Vermögens gewesen ist, das in der Folge von der streitigen Forderung betroffen war"), ändert nichts am wirtschaftlichen Zusammenhang des Aufwandes mit dem unentgeltlichen Vermögenserwerb, der - wie oben ausgeführt - erst insoweit zu einer Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Beschwerdeführers hätte führen können, als er den Wert des erworbenen Vermögens überstiegen hätte. Soweit der Beschwerdeführer eine "gleichheitswidrige Behandlung" darin sieht, dass eine Vorschreibung der anfallenden Pflegegebühren an seine Cousine bei dieser zu einer "Begünstigung gemäß § 34 EStG 1988" geführt hätte, ist festzuhalten, dass eine derartige steuerliche Berücksichtigung auch nur bei einer Leistung aus deren laufendem Einkommen (und nicht aus den - nachträglich - vom Beschwerdeführer offen gelegten Vermögensmitteln) möglich gewesen wäre (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 82/14/0229).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am