VwGH vom 06.04.1995, 93/15/0064
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde des Dr. W, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark (Berufungssenat) vom , Zl. B 258-3/91, betreffend Wiederaufnahme des Umsatzsteuerverfahrens für das Jahr 1987, Umsatz- und Einkommensteuer für die Jahre 1987 bis 1989 und Einkommensteuervorauszahlungen für das Jahr 1991 und für Folgejahre, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufungen des Beschwerdeführers gegen die im Anschluß an eine abgabenbehördliche Prüfung im Spruchgegenstand erlassenen Bescheide des Finanzamtes als unbegründet ab.
In seiner gegen diese Berufungsentscheidung erhobenen Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Zur Nichtdurchführung einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 284 Abs. 1 BAO ist eine mündliche Verhandlung vor dem Berufungssenat durchzuführen, wenn es der Vorsitzende für erforderlich hält, wenn es der Senat auf Antrag eines Beisitzers beschließt oder wenn es eine Partei beantragt. Dieser Antrag ist in der Berufung (§ 250 BAO), in der Beitrittserklärung (§ 258 BAO) oder in einem Antrag gemäß § 276 Abs. 1 BAO zu stellen.
Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer seinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Berufungssenat weder in seinen Berufungen vom noch in seinem Antrag auf Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz vom , sondern erst in einem weiteren Schriftsatz vom gestellt. Da dieser nach der eben zitierten Gesetzesstelle verspätete Antrag nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/13/0071, m. w.N.) keinen Rechtsanspruch auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung begründet hat, kann in dem Unterbleiben einer solchen Verhandlung auch kein Verfahrensmangel erblickt werden.
2. Zur Zusammensetzung des Berufungssenates:
Der zweite und dritte Satz des § 270 Abs. 3 BAO sehen vor, daß von den Beisitzern (des fünfgliedrigen Berufungssenates) einer der Gruppe der ernannten und drei der Gruppe der entsendeten Mitglieder der Berufungskommission anzugehören haben. Ein Mitglied muß von einer gesetzlichen Berufsvertretung selbständiger Berufe, ein weiteres von einer gesetzlichen Berufsvertretung unselbständiger Berufe entsendet sein, während das dritte Mitglied von der gesetzlichen Berufsvertretung des Berufungswerbers entsendet sein soll.
Da der letzte Satz der eben zitierten Gesetzesstelle nur eine Sollvorschrift enthält, besitzt die Partei keinen Rechtsanspruch darauf, daß dem erkennenden Berufungssenat auch ein ihrer eigenen Berufsvertretung entstammendes Mitglied angehört (vgl. hiezu bspw. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/14/0281).
Dadurch, daß in den erkennenden Berufungssenat nicht ein Mitglied der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer, sondern ein Mitglied der Apothekerkammer für Steiermark entsandt wurde, wurde der Beschwerdeführer sohin ebenfalls nicht in seinen Rechten verletzt.
3. Zur Wiederaufnahme des Umatzsteuerverfahrens für das Jahr 1987:
Die Beschwerde hält die Wiederaufnahme des Umsatzsteuerverfahrens für das Jahr 1987 deswegen für unzulässig, weil die Finanzkasse des Finanzamtes schon durch die Umsatzsteuervoranmeldung für den Monat Oktober 1987 Kenntnis davon erlangt habe, daß im geltend gemachten Vorsteuerbetrag auch Vorsteuer für den Ankauf eines Pkws enthalten sei. Insofern liege keine neu hervorgekommene Tatsache vor, weil das zuständige Veranlagungsreferat diese Kenntnis der Finanzkasse "als Organisationsmangel des Finanzamtes" zu vertreten habe.
Nach der ebenfalls ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Hervorkommen von Tatsachen (und Beweismitteln) aus der Sicht des jeweiligen Verfahrens zu beurteilen. Tatsachen, die einer Stelle des Finanzamtes, nicht aber der zuständigen Stelle bekannt waren, können daher bei letzterer auch nachträglich hervorkommen (s. die BAO-Kommentare von Stoll, 2936, und Ritz, 679, samt der dort zitierten Rechtsprechung).
Mit dem Hinweis auf eine der Finanzkasse verschaffte Kenntnis von Tatsachen wird somit noch nicht dargetan, daß diese Tatsachen nicht für die zuständige Veranlagungsstelle nachträglich neu hervorgekommen sind.
4. Zur Angemessenheit der Entlohnung der Ehegattin des Beschwerdeführers:
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes können Dienstverträge zwischen nahen Angehörigen - auch wenn sie zivilrechtlich gültig abgeschlossen worden sind - steuerlich nur insoweit anerkannt werden, als eine Entlohnung stattfindet, wie sie zwischen Fremden üblich ist. Andernfalls könnten wegen des zwischen nahen Angehörigen in der Regel fehlenden Interessengegensatzes zu Lasten einer gleichmäßigen Besteuerung alle steuerlichen Wirkungen willkürlich herbeigeführt werden. Da sich bei Dienstverhältnissen unter Fremden die Entlohnung nach Qualität und Quantität der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers richtet, kann bei Dienstverhältnissen zwischen nahen Angehörigen nur die auch zwischen Fremden übliche Entlohnung als Betriebsausgabe anerkannt werden (s.hiezu bspw. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/14/0083, m.w.N.).
Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde nach Durchführung eines innerbetrieblichen Vergleiches die Entlohnung der Ehegattin des Beschwerdeführers nur in dem die Gehälter der beiden anderen Angestellten nicht übersteigenden Ausmaß als fremdüblich angesehen und den übersteigenden Betrag nicht als Betriebsausgaben des Beschwerdeführers anerkannt. Sie nahm als erwiesen an, daß die zunächst beim Beschwerdeführer nur halbtags beschäftigte Ehegattin ursprünglich ein Monatsgehalt von S 9.000,--, vom 1. Juni bis von S 26.400,-- und in den Jahren 1988 bis 1991 von S 27.000,-- bezog, wogegen die seit dem Jahr 1969 in der Rechtsanwaltskanzlei des Beschwerdeführers angestellte Kanzleileiterin im Jahr 1987 S 19.400,--, im Jahr 1991 S 22.500,-- und eine zweite Kanzleiangestellte im vergleichbaren Zeitraum S 11.400,-- bzw. S 13.400,-- monatlich erhielt.
Die Beschwerde bringt dagegen vor, daß die Ehegattin des Beschwerdeführers im Zeitraum vom 1. Jänner bis nicht monatlich S 9.000,--, sondern S 9.900,-- für ihre Halbtagstätigkeit bezogen habe. Bei Umrechnung auf eine Ganztagsbeschäftigung sei sie in dieser Zeit nur unwesentlich bessergestellt gewesen als die Kanzleileiterin des Beschwerdeführers. Auch für die Zeit ab sei der Unterschied in der Entlohnung beider Angestellten nicht gravierend, weil die Ehegattin des Beschwerdeführers nur S 7.000,-- (ab 1988 S 6.700,--) brutto mehr verdient habe als die Kanzleileiterin. Die vergleichsweise höhere Entlohnung der Ehegattin des Beschwerdeführers sei im Hinblick auf deren langjährige Erfahrung in der Redaktion einer Zeitung und sechsjährige Praxis in einer anderen Rechtsanwaltskanzlei gerechtfertigt. Die Ehegattin des Beschwerdeführers habe auf Grund ihrer Schulbildung (Matura) auch Fremdsprachenkenntnisse (Englisch und Französisch), die sie in der Korrespondenz verwerte. Sie erledige auch für die Kanzlei erforderliche Behördenwege mit ihrem eigenen Pkw, mit dem sie monatlich rund 500 km zurücklege, ohne hiefür eine gesonderte Entschädigung (Kilometergeld, Benzingeld) zu erhalten. Zu berücksichtigen sei auch die in den Abendstunden bzw. an Samstagen und Sonntagen in der Rechtsanwaltskanzlei von beiden Eheleuten verbrachte Arbeitszeit.
Bei Beantwortung der Frage, ob die Entlohnung der Ehegattin des Beschwerdeführers im Streitzeitraum fremdüblich war, kommt es auf das Gesamtbild der Verhältnisse im Beschwerdefall an. Zutreffend hat die belangte Behörde hiebei die Entlohnung der Ehegattin des Beschwerdeführers mit der der sonstigen Kanzleiangestellten verglichen. Wenn sie hiebei zu dem Ergebnis gelangt ist, daß eine zum Beschwerdeführer fremde Dienstnehmerin bei nur sechs Dienstjahren in einer Anwaltskanzlei nicht mit rund S 7.000,-- brutto höher entlohnt worden wäre als die 19 Dienstjahre aufweisende Kanzleileiterin des Beschwerdeführers, so kann ihr hierin nicht entgegengetreten werden; dies auch nicht unter Berücksichtigung der sonst noch von der Beschwerde vorgebrachten Gründe; enthält doch die Beschwerde zwar Angaben zur Ehegattin des Beschwerdeführers, nicht aber zu seiner Kanzleileiterin. Dergestalt erscheint aber der von der belangten Behörde angestellte Vergleich nicht entkräftet und läßt sich nicht sagen, eine höhere Entlohnung der Ehegattin des Beschwerdeführers als die der Kanzleileiterin erscheine gerechtfertigt.
Mit dem zu diesem Streitpunkt erhobenen Vorwurf der zu Unrecht erfolgten Unterlassung einer Zeugeneinvernahme wird kein wesentlicher Verfahrensmangel aufgezeigt, weil die belangte Behörde die behauptete Vortätigkeit der Ehegattin des Beschwerdeführers bei ihrer Entscheidung ohnedies nicht in Abrede gestellt hat. Daß sie die Entlohnung der Ehegattin des Beschwerdeführers dennoch nicht für fremdüblich erachtet hat, erscheint aber nach dem oben Gesagten nicht rechtswidrig.
Auf Grund dieser Erwägungen mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.