VwGH vom 23.06.1998, 93/14/0192
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde 1) der I GesmbH, 2) des H Ö und 3) des L H, alle in K, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten (Berufungssenat I) vom , Zl B 19-4/92, betreffend Feststellung von Einkünften für die Jahre 1986 bis 1990, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid lehnte die belangte Behörde die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften der Jahre 1986 bis 1990 für eine nach Ansicht der Beschwerdeführer aus einer GmbH (Erstbeschwerdeführerin), HÖ (Zweitbeschwerdeführer) als atypischem stillem Gesellschafter und LH (Drittbeschwerdeführer) als weiterem atypisch stillem Gesellschafter bestehende Mitunternehmerschaft ab. Dies ausgehend davon, daß die behaupteterweise als atypisch stille Gesellschafter beteiligten natürlichen Personen unbestritten auch Gesellschafter der erstbeschwerdeführenden GmbH gewesen seien und bei derartigen gesellschaftlichen Verflechtungen "die stille Gesellschaft" steuerlich nur Anerkennung finden könne, wenn die Voraussetzungen für die steuerliche Anerkennung von Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen erfüllt seien. Nach diesen Voraussetzungen müßten die Vereinbarungen nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen, einen eindeutigen, klaren und zweifelsfreien Inhalt haben sowie einem Fremdvergleich standhalten können. Den Einwand der Beschwerdeführer im Berufungsverfahren, daß die beiden natürlichen Personen HÖ und LH nicht miteinander verwandt seien und die sogenannte Angehörigenjudikatur daher nicht anzuwenden sei, verwarf die belangte Behörde mit dem Hinweis auf das hg Erkenntnis vom , 90/13/0069. Im vorliegenden Fall seien die somit relevanten, erwähnten Voraussetzungen aus den nachstehend angeführten Gründen nicht erfüllt: Dem Finanzamt sei erstmals am die (erfolgte) Beteiligung zweier unechter stiller Gesellschafter (Einlage HÖ S 2 Mio; Einlage LH S 7,5 Mio) angezeigt worden. Für das Jahr 1986 sei eine Abgabenerklärung betreffend eine Mitunternehmerschaft bestehend aus der GmbH, LH und HÖ abgegeben worden, in welcher der Verlust von rd S 6,2 Mio auf HÖ mit rd S 4,9 Mio und LH mit rd S 1,3 Mio aufgeteilt worden sei, wobei weder in der Gewinn- und Verlustrechnung Erfolgsanteile noch in der Bilanz Kapitalkonten für mehrere Personen aufgeschienen seien. Für die GmbH wiederum sei überhaupt keine Bilanz vorgelegt worden und in der Körperschaftsteuererklärung das gesamte negative Ergebnis der GmbH zugerechnet worden. Am habe HÖ dem Finanzamt ein mit 6. November "1988" (richtig: 1986) datiertes Schriftstück übermittelt, wonach sich die Beteiligungen anders darstellten, und zwar S 7,4 Mio für LH und S 4 Mio für HÖ. Die Beteiligungen verhielten sich davon abweichend 79 zu 21, weil die "Stillen" zudem "persönliche Haftungen" übernommen hätten. An einem allfäligen Gewinn partizipiere die GmbH mit 10 %. In einer gleichzeitig vorgelegten "Ergänzung" zum Protokoll vom wurde der Gewinnanteil der GmbH mit 60 % und der Anteil am Rest mit 77 % für HÖ und mit 23 % für LH beziffert. Die Einlagenhöhe betrüge für LH S 4,5 Mio und für HÖ S 4,9 Mio. Die Einlagen seien nach Maßgabe der "ESt-Ersparnis" aufzustocken. Die Stillen beteiligten sich nicht an der Geschäftsführung; das stille Gesellschaftsverhältnis habe am begonnen. Die Verantwortung für dieses widersprüchliche "Verhalten" habe letztlich in weiteren Widersprüchen bestanden:
Die stille Mitunternehmerschaft sei am mit Wirksamkeit gegründet worden und die Widersprüche seien auf sich ständig ändernde Absprachen zurückzuführen. Die belangte Behörde verwies darauf, daß die Widersprüche mit diesem Vorbringen nicht gelöst worden seien. Offen bleibe, welches Beteiligungsverhältnis zwischen den Mitunternehmern Geltung haben solle, weil sich die Abgabenerklärungen mit keiner der vorgelegten Absprachen deckten. Die Verantwortung, daß die noch nicht absehbaren finanziellen Möglichkeiten die Änderungen bedungen hätten, könne nicht überzeugen, weil das am übermittelte Protokoll und die Ergänzungen dazu laut Berufung vom selben Tag (, richtig wohl: 1986) stammten und dennoch nicht übereinstimmten. Überdies widersprächen die am vorgelegten Protokolle und Ergänzungen den zuvor (am ) eingereichten Erklärungen samt Beilagen. Für die belangte Behörde seien die aus den zu Beweiszwecken beigebrachten Unterlagen offenkundigen Widersprüche nur damit zu erklären, daß es den Vertragsparteien nicht um ein wirtschaftlich sinnvolles Gesellschaftsverhältnis, sondern allein um höchstmögliche Steuervorteile gegangen sei. In dieselbe Richtung deute auch der Umstand, daß nicht die Vertragsparteien die Absprachen erklärt hätten, sondern sich hiezu Gutachter berufen gefühlt hätten, wobei nach wie vor offen geblieben sei, ob "eine oder zwei stille Gesellschaftsverhältnisse" begründet worden seien. In der mündlichen Verhandlung sei ein Gutachter wohl vom Bestehen einer Mitunternehmerschaft ausgegangen, doch sei selbst er die Antwort auf die Frage nach deren zivilrechtlichem Zustandekommen schuldig geblieben. Noch anläßlich der erst im April 1989 abgeführten abgabenbehördlichen Prüfung hätten die Beteiligten nicht versucht, klärend zu wirken; vielmehr seien dem Prüfer einfach weitere verwirrende Schriften vorgelegt worden (Aktenvermerk vom , wonach HÖ und LH Stammanteile an der GmbH im Verhältnis der "persönlichen Haftung" von S 25 bzw S 5 Mio übernommen hätten; am würde sich die stille Beteiligung HÖ und LH 79 zu 21 zueinander verhalten; am seien die "Stillen" übereingekommen, "persönliche Haftungen" im Umfang von S 25,5 Mio (HÖ) bzw S 7,5 Mio (LH) zu übernehmen). Zugleich seien dem Prüfer Unterlagen ausgehändigt worden, laut denen HÖ Liegenschaften und seine Steuerberatungskanzlei verpfändet habe, damit die GmbH in die Lage versetzt würde, die Liegenschaft (deren Vermietung in der Folge durch die GmbH erfolgte) um S 180 Mio zu erwerben. Aus einer dem Prüfer ausgehändigten Honorarnote vom sei abzuleiten, daß HÖ als Steuerberater den Erwerb der in Rede stehenden Liegenschaft im Auge gehabt habe und darauf aufbauend die hier zu beurteilende Konstruktion gewählt habe, weil es anders nicht verständlich wäre, daß Anknüpfungspunkt für diese Honorarnote der Kaufpreis der Liegenschaft sei und als erbrachte Leistungen die "gesellschaftsrechtliche Konstruktion", der Aufbau der "steuerlichen Basis der Verlustzuweisung" sowie die Abfassung der Beschlüsse genannt würden. Die belangte Behörde verwies auch darauf, daß im Berufungsverfahren mehrmals betont worden sei, die GmbH habe dem Gesetz entsprechend zur Vermeidung von Mißbräuchen ein genaues Protokollbuch geführt. Dieses Protokollbuch sei jedoch nicht sofort greifbar gewesen; vier Tage später sei als "Protokollbuch" ein auf einer Seite mit Maschine beschriebenes Blatt vorgelegt worden, welches als letzte Eintragung (im Jahr 1993) den aufgewiesen habe. Fragwürdig seien die die Jahresabschlüsse der GmbH betreffenden Protokolle gewesen, in welchen für die GmbH Verluste ausgewiesen und diese dann bis 1990 allein den "Stillen" zugeordnet worden seien. Diese Beschlüsse nähmen nicht auf angeblich vereinbarte Vorweggewinne von S 5.000,-- oder darauf Bedacht, daß die Verluste handelsrechtlich gegen die "stillen" Einlagen zu buchen gewesen wären. Bedenke man zudem, daß selbst in den nach der Betriebsprüfung am für 1988 eingereichten Erklärungen für Personengesellschaften der GmbH kein Gewinnvorweg zugewiesen worden sei, aus den Beilagen für die "Stillen" weder Erfolgsanteile noch Kapitalkonten hervorgingen, für die GmbH selbst keine Bilanz, wohl aber eine den Erklärungen für die Mitunternehmerschaft entgegenstehende Körperschaftsteuererklärung mit S 5.000,-- Gewinn abgegeben worden sei, finde die belangte Behörde keine Handhabe für die Anerkennung einer aus der GmbH, HÖ sowie LH bestehenden Mitunternehmerschaft.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall ist zunächst die Frage zu prüfen, ob die belangte Behörde berechtigt war, die Frage der behaupteten Mitunternehmerschaft(en) unter Berücksichtigung der Kriterien der sogenannten Angehörigenjudikatur zu beurteilen. Die Beschwerdeführer verneinen dies mit der Begründung, daß die natürlichen Personen HÖ und LH nicht miteinander verwandt seien. Nach Ansicht der Beschwerdeführer habe der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 90/13/0069, die formalen Kriterien der Angehörigenjudikatur auch bei Rechtsbeziehungen zwischen einer GmbH und ihren Gesellschaftern offensichtlich nur deshalb angewandt wissen wollen, weil "familiäre Verflechtungen" (an der Gesellschaft waren damals neben zwei zueinander fremden Gesellschaftern auch deren Ehefrauen beteiligt) zwischen den Gesellschaftern bestanden hätten.
Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer hat der Verwaltungsgerichtshof auch in Fällen, in denen keinerlei familiäre Verflechtung, sondern nur entsprechende gesellschaftsrechtliche Verflechtungen bestanden (vgl etwa das hg Erkenntnis vom , 93/13/0022, betreffend "GmbH und Still", mwN, oder die hg Erkenntnisse vom , 91/13/0194, und vom , 90/14/0264, betreffend Vereinbarungen zwischen "Einmann"-Gesellschaften mbH und deren Gesellschaftergeschäftsführern) wegen der gegebenen, besonderen Einflußmöglichkeiten auf die Vertragsgestaltung die Anwendung der Angehörigenjudikatur für geboten gehalten. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich nicht veranlaßt, von dieser Rechtsprechung abzugehen. Es war daher nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde der Angehörigenjudikatur auch im Beschwerdefall Bedeutung beigemessen hat. Vor diesem Hintergrund geht aber die Rüge der Beschwerdeführer ins Leere, die belangte Behörde habe es verabsäumt, die eingeräumtermaßen "nicht immer" klaren Absprachen von Amts wegen zu "klären" und die Absicht der Parteien zu erforschen. Die belangte Behörde durfte vielmehr im Rahmen ihrer Beweiswürdigung auf Grund der von ihr aufgezeigten Widersprüchlichkeiten und Unklarheiten sowohl davon ausgehen, daß die Vereinbarungen nicht hinreichend nach außen (zumindest gegenüber der Finanzbehörde) zum Ausdruck gekommen sind, als auch keinen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt hatten. Eine den Beschwerdeführern nach ihrem Vorbringen in der Beschwerde vorschwebende Änderung der Gewinnverteilung von Amts wegen durch die belangte Behörde kommt schon mangels klarer Vereinbarungen nicht in Betracht.
Soweit die Beschwerdeführer meinen, der zu unterstellende Interessensgegensatz zwischen den beiden nicht miteinander verwandten "atypischen stillen" Gesellschaftern lege es nahe, an den getroffenen Vereinbarungen auch dann nicht zu zweifeln, wenn die Klarheit der Absprachen "gelegentlich Wünsche" offen gelassen habe, ist darauf hinzuweisen, daß ein solcher Interessensgegensatz zwischen den natürlichen Personen einerseits und der GmbH jedenfalls nicht bestand. So wäre es unter Fremden etwa völlig unverständlich, wenn einem Beteiligten, der lediglich 5 bis 7 % des Kapitalbedarfes aufbringt, wie dies in der Beschwerde hinsichtlich der "atypischen stillen Gesellschafter" behauptet wird, und keine Arbeitsleistung erbringt, ein Gewinnanteil von 40 % zuerkannt würde, wie dies im Beschwerdefall behaupteterweise laut einem der belangten Behörde vorgelegten Aktenvermerk vom der Fall gewesen sein soll (oder sogar von 90 %, wie dies laut einem anderen Aktenvermerk vom ursprünglich vereinbart gewesen sein soll).
Wenn die belangte Behörde dem von den Beschwerdeführern behaupteten atypischen stillen Gesellschaftsverhältnis (bzw den teilweise auch behaupteten zwei stillen Gesellschaftsverhältnissen) die Anerkennung versagt und dementsprechend das Unterbleiben einer einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung für die Streitjahre bestätigt hat, so erweist sich diese Beurteilung schon deshalb als nicht rechtswidrig, weshalb sich ein Eingehen auf die Frage, ob bei einer vermögensverwaltenden GmbH eine Beteiligung nach Art einer atypischen stillen Gesellschaft oder - allenfalls - eine einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung überhaupt möglich ist, erübrigt.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.