VwGH vom 27.01.1998, 93/14/0166
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss sowie die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des J in S, vertreten durch Dr. Peter Bründl, Rechtsanwalt in
4780 Schärding, Denisgasse 4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich, Berufungssenat I, vom , 10/24/3-BK/M-1992, betreffend Einkommen- und Gewerbesteuer für die Jahre 1986 bis 1988, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer betrieb in den Streitjahren einen Papier-, Büro-, Schreib-, Spielwarengroß- und -einzel- sowie einen Buchhandel, wobei er den Gewinn gemäß § 5 EStG 1972 für ein jeweils am 31. März endendes Wirtschaftsjahr ermittelte. Neben dem Betriebsvermögen besaß er im Steitzeitraum umfangreiches Privatvermögen.
In den Jahren 1984 und 1985 schaffte der Beschwerdeführer ausländische Wertpapiere um rund 7 Mio S an, wobei er diese, wie sich aus der am eingereichten Vermögensteuererklärung zum ergibt, als zum Privatvermögen gehörend behandelte. Mit Buchung vom legte er die ausländischen Wertpapiere mit den Anschaffungskosten "mit Wirkung per in das Betriebsvermögen" ein. Da am bereits feststand, daß der Kurswert der ausländischen Wertpapiere seit deren Anschaffung um rund 2 Mio S gefallen ist, schrieb er die ausländischen Wertpapiere mit Buchung vom mit Wirkung per auf den niedrigeren Teilwert ab. In den Wirtschaftsjahren 1986/87 und 1987/88 schrieb er die ausländischen Wertpapiere um rund 1 Mio S auf den niedrigeren Teilwert ab. Einen am erzielten Tilgungserlös eines ausländischen Wertpapieres von rund 0,4 Mio S verbuchte er auf "privat". Erst im Zug der Um- und Nachbuchungen erfaßte er diesen Betrag per betrieblich. Mit Buchung vom entnahm er die (verbliebenen) ausländischen Wertpapiere mit Wirkung per aus dem Betriebsvermögen. Am stand bereits fest, daß der Kurswert der ausländischen Wertpapiere im Jahr 1988 um rund 0,4 Mio S gestiegen ist. In der am eingereichten Vermögensteuererklärung zum behandelte er die ausländischen Wertpapiere als zum Privatvermögen gehörend. Die in den Wirtschaftsjahren 1985/86, 1986/87 und 1987/88 erzielten Erträge aus den ausländischen Wertpapieren erfaßte er im Rechenwerk des Gewerbebetriebes. In den übrigen Zeiträumen erklärte er aus diesen Erträgen Einkünfte aus Kapitalvermögen.
Im nunmehr angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid gelangte die belangte Behörde den Ausführungen des Finanzamtes folgend, das sich wiederum auf die unbestrittenen Feststellungen im Zug einer abgabenbehördlichen Prüfung gestützt hatte, zur Ansicht, die ausländischen Wertpapiere gehörten entgegen der Meinung des Beschwerdeführers nicht zum notwendigen Betriebsvermögen, weswegen einerseits die Teilwertabschreibungen steuerlich unwirksam seien, anderseits die Erträge aus den ausländischen Wertpapieren zu Einkünften aus Kapitalvermögen geführt hätten. In der Begründung stellte die belangte Behörde zunächst die von Lehre und Rechtsprechung entwickelten Grundsätze betreffend notwendiges Betriebsvermögen dar, wobei sie hinsichtlich der Frage, inwieweit Wertpapiere zum Betriebsvermögen gehörten, ausführte, diese könnten sowohl zum Betriebs- als auch zum Privatvermögen gehören. Maßgeblich für die Zugehörigkeit von Wertpapieren zum notwendigen Betriebsvermögen sei nicht nur der subjektive Wille des Steuerpflichtigen und die dementsprechend buchmäßige Behandlung, sondern insbesondere, daß diese dem Betrieb dienten, somit in einem objektiven Zusammenhang zum Betrieb stünden und geeignet seien, eine Funktion im Betriebsgeschehen zu erfüllen. Der Umstand, daß Wertpapiere aus Mitteln des Betriebes angeschafft worden seien, führe nicht dazu, daß diese zum notwendigen Betriebsvermögen gehörten. Gleiches gelte, wenn Erträge aus Wertpapieren betrieblich verwendet oder wenn Wertpapiere zur Besicherung betrieblicher Schulden verpfändet würden. Die Zuführung von Wertpapieren zum Betriebsvermögen bloß eines steuerlichen Vorteiles wegen (Kursverluste) sei unzulässig. Sachverhaltsbezogen führte die belangte Behörde sodann aus, mit der Behauptung des Beschwerdeführers, er habe auf Empfehlung seiner Hausbank seine liquiden Reserven in den Jahren 1984 und 1985 in höher verzinste ausländische Wertpapiere angelegt, werde nicht dargetan, daß diese in den Streitjahren zum notwendigen Betriebsvermögen gehörten. Bereits vor der Anschaffung der ausländischen Wertpapiere habe der Beschwerdeführer seine liquiden Reserven entnommen und auf Sparbücher eingezahlt, die stets als zum Privatvermögen gehörend behandelt worden seien. Daß die Erträge aus diesen Sparbüchern wieder betrieblich verwendet worden seien, stehe der Behandlung der Sparbücher als zum Privatvermögen gehörend nicht entgegen, weil es einem Abgabepflichtigen grundsätzlich freistehe, Gelder in seinen Betrieb einzulegen. Der Behauptung des Beschwerdeführers, die ausländischen Wertpapiere hätten wegen der ansonsten gegebenen Unterkapitalisierung seines Gewerbebetriebes notwendiges Betriebsvermögen dargestellt, sei entgegenzuhalten, daß er als Einzelunternehmer ohnedies mit seinem gesamten Vermögen hafte und überdies in den Streitjahren hohe stille Reserven (unterbewertete Betriebsgebäude) vorhanden gewesen seien. Die ausländischen Wertpapiere seien auch niemals zur Besicherung betrieblicher Schulden verpfändet worden. Die ausländischen Wertpapiere hätten somit keine Funktion im Betriebsgeschehen erfüllt, was sich auch daraus ergebe, daß sie erst rund zwei Jahre nach ihrer Anschaffung buchmäßig dem Betriebsvermögen zugeführt worden seien. Auf Grund des unbestrittenen Sachverhaltes ergebe sich, daß die ausländischen Wertpapiere nur deswegen rückwirkend dem Betriebsvermögen zugeführt worden seien, um Kursverluste steuerwirksam geltend zu machen. Als jedoch Kursgewinne erzielt worden seien, seien die ausländischen Wertpapiere wieder aus dem Betriebsvermögen entnommen worden, um so eine teilweise Stornierung der in den Wirtschaftsjahren 1985/86, 1986/87 und 1987/88 vorgenommenen Teilwertabschreibungen hintanzuhalten. Da außer der Steuerersparnis keine Gründe für die Zuführung der ausländischen Wertpapiere zum Betriebsvermögen erkennbar seien, seien diese als stets zum Privatvermögen gehörend anzusehen und die dementsprechenden steuerlichen Konsequenzen zu ziehen.
Dagegen meint der Beschwerdeführer, auf Grund der ansonsten bestehenden Unterkapitalisierung seines Gewerbebetriebes seien die ausländischen Wertpapiere schon aus betriebswirtschaftlichen Gründen als notwendiges Betriebsvermögen anzusehen. Die in den Streitjahren bestehenden stillen Reserven seien mangels Realisierbarkeit unbeachtlich. Auch aus den Bestimmungen des Rechnungslegungsgesetzes und des Umgründungssteuergesetzes sei ersichtlich, daß ein Gewerbebetrieb adäquat finanziert werden müsse, woraus sich wiederum ergebe, daß die ausländischen Wertpapiere als notwendiges Betriebsvermögen anzusehen seien. Abgesehen davon seien die ausländischen Wertpapiere ausschließlich aus liquiden Reserven des Betriebes angeschafft worden. Die andersartige Veranlagung betrieblicher Mittel, um so höhere Zinsen zu lukrieren, stelle ebenso keine Entnahme dar, wie die zunächst erfolgte Behandlung der ausländischen Wertpapiere als Privatvermögen. Er habe seine liquiden Reserven nie für private Zwecke entnommen, sondern zwischenzeitlich nur besser angelegt und immer wieder für seinen Gewerbebetrieb verwendet. Auch die lukrierten Zinsen seien stets betrieblich verwendet worden. Die ausländischen Wertpapiere stellten daher sowohl in den Streitjahren als auch in den Folgejahren notwendiges Betriebsvermögen dar.
In der Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend gemacht.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die ausländischen Wertpapiere sind nicht schon wegen der aus betriebswirtschaftlicher Sicht ansonsten gegebenen Unterkapitalisierung des Einzelunternehmens des Beschwerdeführers als notwendiges Betriebsvermögen anzusehen. Denn für die Zuordnung der ausländischen Wertpapiere zum Betriebs- oder zum Privatvermögen sind nicht betriebswirtschaftliche, sondern bloß steuerliche Gesichtspunkte maßgeblich. Eine andere Beurteilung würde nämlich dazu führen, daß der Abgabepflichtige und die Abgabenbehörde jeweils gehalten wären, diffizile Liquiditätsberechnungen anzustellen, um so Klarheit darüber zu gewinnen, ob Bargeld, Sparbücher oder Wertpapiere der betrieblichen oder der privaten Sphäre zuzurechnen sind. Die letzte Konsequenz dieses Standpunktes wäre, daß der Abgabepflichtige zu fiktiven Einlagen und Entnahmen gezwungen würde. Eine solche Vorgangsweise fände aber im Einkommensteuergesetz keine Deckung. Hinsichtlich der Ausführungen betreffend das Rechnungslegungsgesetz wird zunächst darauf hingewiesen, daß dieses im Streitzeitraum noch nicht gegolten hat. Zudem bestimmt sich der Umfang des Betriebsvermögens ausschließlich nach steuerlichen Vorschriften. Auch das Umgründungssteuergesetz, auf welches der Beschwerdeführer verweist, war im Streitzeitraum noch nicht in Geltung.
Nach steuerlichen Gesichtspunkten sind Wirtschaftsgüter als notwendiges Betriebsvermögen anzusehen, die ihrem Wesen nach einem Betrieb objektiv zu dienen bestimmt sind und tatsächlich betrieblich genutzt werden. Dies ist jedoch nicht der Fall gewesen. Eine Funktion der ausländischen Wertpapiere im Betriebsgeschehen ergibt sich weder aus dem von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt noch aus den Beschwerdeausführungen.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.