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VwGH vom 25.02.1997, 93/14/0143

VwGH vom 25.02.1997, 93/14/0143

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss sowie die Hofräte Dr. Karger und Dr. Graf als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des Dr. Peter Planer, Rechtsanwalt in K als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der B-GmbH in S, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol vom , 50.358-5/93, betreffend Rückzahlung eines Guthabens, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Über das Vermögen der im Spruch dieses Erkenntnisses genannten GmbH (in der Folge: Gemeinschuldnerin) wurde mit Beschluß vom der Konkurs eröffnet und der Beschwerdeführer zum Masseverwalter bestellt.

Am Tag der Konkurseröffnung wies das Abgabenkonto der Gemeinschuldnerin ein Guthaben von rund 1,5 Mio S aus, das im wesentlichen aus Umsatzsteuergutschriften für die Voranmeldungszeiträume Oktober bis Dezember 1992 resultierte.

Auf Grund der Ergebnisse einer gemäß § 151 Abs 1 BAO durchgeführten Prüfung setzte das Finanzamt am Abgabenschuldigkeiten für Zeiträume vor der Konkurseröffnung fest, wodurch das bis dahin bestehende Guthaben auf dem Abgabenkonto der Gemeinschuldnerin unter Anwendung des § 213 Abs 1 BAO iVm § 214 leg cit zur Gänze verbraucht wurde bzw ein Rückstand entstand.

In der Folge beantragte der Beschwerdeführer die Rückzahlung des seiner Ansicht nach auf Grund der Ergebnisse der durchgeführten Prüfung bestehenden Guthabens von 194.058,94 S auf ein näher bezeichnetes Massekonto.

Das Finanzamt wies diesen Antrag unter Hinweis auf den auf dem Abgabenkonto der Gemeinschuldnerin bestehenden Rückstand ab.

Mit Berufung wandte der Beschwerdeführer im wesentlichen ein, die am festgesetzten Abgabenschuldigkeiten seien nach der Konkurseröffnung errechnet worden, weswegen es sich bei dem von ihm beanspruchten Guthaben um ein solches der Masse handle. Die Verweigerung der Rückzahlung des Guthabens stelle nach der Konkursordnung einen anfechtbaren Tatbestand dar. Eine Gegenverrechnung sei rechtlich unzulässig, weil dadurch eine unverhältnismäßige Befriedigung des Bundes als Abgabengläubiger eintreten würde.

In einer abweisenden Berufungsvorentscheidung hielt das Finanzamt dem Beschwerdeführer im wesentlichen vor, nach § 20 KO brauchten Forderungen, die zur Zeit der Konkurseröffnung bereits aufrechenbar gewesen seien, im Konkurs nicht geltend gemacht zu werden. Die Aufrechnung werde nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Forderung des Gläubigers oder des Gemeinschuldners noch bedingt oder betagt sei. Betagte Forderungen gälten iSd § 14 KO im Konkurs als fällig. Gemäß § 4 BAO entstehe ein Abgabenanspruch zu dem Zeitpunkt, in dem der Tatbestand verwirklicht sei, an den das jeweilige Abgabengesetz die Steuerpflicht knüpfe. Hiebei sei es unerheblich, zu welchem Zeitpunkt eine Abgabenforderung oder eine Abgabengutschrift festgestellt oder verbucht werde. Auch der Zeitpunkt der Bescheiderlassung sei für die Entstehung des Steuerschuldverhältnisses ohne Bedeutung. Bereits entstandene, aber noch nicht bescheidmäßig festgestellte Abgabenforderungen seien betagten Abgabenforderungen gleichzuhalten. Für die Frage der Aufrechenbarkeit von Abgabengutschriften mit Abgabenforderungen im Fall eines Konkurses sei daher der Entstehungszeitpunkt sowohl der Abgabenforderung als auch der Abgabengutschrift von ausschlaggebender Bedeutung. Da alle am geltend gemachten Abgabenforderungen Zeiträume vor der Konkurseröffnung beträfen, sei der Anspruch des Bundes als Abgabengläubiger vor dem entstanden, weswegen die Aufrechnung von Abgabenforderungen mit Abgabengutschriften rechtlich zulässig gewesen sei.

Im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz wiederholte der Beschwerdeführer seine bisherigen Ausführungen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag auf Rückzahlung von 194.058,94 S unter Hinweis auf die einschlägigen Bestimmungen der Bundesabgabenordnung und der Konkursordnung im wesentlichen mit der Begründung ab, die nach insolvenzrechtlichen Gesichtspunkten vorzunehmende Abgrenzung, ob Abgabenforderungen Konkurs- oder Masseforderungen seien, richte sich nach dem Zeitpunkt des Entstehens des Abgabenanspruches gemäß § 4 BAO, weil der die Abgabepflicht auslösende Sachverhalt iSd § 46 Abs 1 Z 2 KO zeitlich mit dem Entstehen des Abgabenanspruches zusammenfalle. Demnach seien Abgabenforderungen und Abgabengutschriften (Gegenforderungen der Masse) im Insolvenzverfahren dahingehend zuzuordnen, ob sie Zeiträume vor oder nach der Konkurseröffnung beträfen. Das Aufrechnungsverbot gemäß § 20 Abs 1 KO komme nur in Betracht, wenn ein Konkursgläubiger erst nach der Konkurseröffnung Schuldner der Masse geworden oder wenn die Forderung gegen den Gemeinschuldner erst nach der Konkurseröffnung erworben worden sei. Daher fielen nur Gegenansprüche, die erst nach der Konkurseröffnung entstünden, unter das Aufrechnungsverbot des § 20 Abs 1 KO, soweit die Aufrechnung mit Konkursforderungen vorgenommen werden solle. Hingegen brauchten Abgabenforderungen, die zur Zeit der Konkurseröffnung bereits aufrechenbar gewesen seien, wobei das Entstehen des Abgabenanspruches maßgeblich sei, nach § 19 Abs 1 KO im Konkurs nicht geltend gemacht zu werden. Die Verrechnung des zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung bestandenen Abgabenguthabens mit Steuerschuldigkeiten der Gemeinschuldnerin für Zeiträume vor der Konkurseröffnung sei daher nach konkursrechtlichen Bestimmungen zulässig gewesen. Es habe sich hiebei um eine nach Konkursrecht zulässige Gegenverrechnung gehandelt, weswegen keine unverhältnismäßige Befriedigung des Bundes als Abgabengläubiger vorliege. Aufrechnungen, die nach §§ 19 und 20 KO zulässig seien, könnten auch nicht nach der Konkursordnung angefochten werden. Da somit als das Ergebnis der der Rechtslage entsprechenden Gebarung am Abgabenkonto der Gemeinschuldnerin kein Guthaben bestanden habe, habe dem Antrag auf Rückzahlung nicht entsprochen werden können.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Unbestritten ist, daß das zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung bestehende Guthaben zur Gänze mit Abgabenforderungen verrechnet worden ist, die Zeiträume vor der Konkurseröffnung betreffen. Damit ist aber das Schicksal der Beschwerde bereits entschieden. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt hat (vgl zB das hg Erkenntnis vom , 91/15/0077, mwA), steht, falls der Abgabenanspruch bereits vor der Konkurseröffnung entstanden ist, der Aufrechnung dieses Abgabenanspruches mit bestehenden Konkursforderungen kein sich aus abgabenrechtlichen Vorschriften ergebendes Aufrechnungsverbot entgegen. Gleiches gilt im Hinblick auf § 20 Abs 1 erster Satz KO, weil der Bund (Gläubiger) bereits vor der Konkurseröffnung Schuldner geworden ist. Die Abgabenbehörde durfte daher zu Recht das sich nach Ansicht des Beschwerdeführers auf Grund der Ergebnisse der durchgeführten Prüfung bestehende Guthaben zur Tilgung der bereits vor der Konkurseröffnung entstandenen Abgabenschuldigkeiten verwenden.

Bemerkt wird, daß sich sowohl aus dem Spruch des angefochtenen Bescheides als auch aus den Beschwerdeausführungen ergibt, daß strittig ist, ob die Rückzahlung von 194.058,94 S zulässig gewesen ist. Ein Guthaben iSd § 215 BAO stellt sich als das Ergebnis der Gebarung auf dem Abgabenkonto dar. Da das Abgabenkonto der Gemeinschuldnerin im Zeitpunkt des Antrages auf Rückzahlung kein Guthaben, sondern einen Rückstand ausgewiesen hat, wäre diesem Antrag schon deswegen der Erfolg zu versagen gewesen. In Wahrheit besteht Streit über die Richtigkeit der Gebarung auf dem Abgabenkonto der Gemeinschuldnerin. Ein derartiger Streit ist aber nicht in einem Verfahren nach § 239 Abs 1 BAO, sondern in einem solchen nach § 216 leg cit auszutragen. Nichtsdestoweniger ist der Verwaltungsgerichtshof davon ausgegangen, daß der angefochtene Bescheid nach seinem materiellen Gehalt einer Deutung als Abrechnungsbescheid iSd § 216 BAO zugänglich ist (vgl nochmals das bereits erwähnte Erkenntnis vom ).

Die Gebarung der Abgabenbehörde auf dem Abgabenkonto der Gemeinschuldnerin ist daher zu Recht erfolgt, weswegen sich die Beschwerde als unbegründet erweist und daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.