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VwGH vom 22.06.1993, 93/14/0086

VwGH vom 22.06.1993, 93/14/0086

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Dr. Baumann und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des Dr. E in R, vertreten durch Dr. X, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat III) vom , Zl. 8/7/3-BK/Ma-1989, betreffend Einkommensteuer für 1984 und 1985, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, damals praktischer Arzt, erwarb im Oktober 1984 eine echte stille Beteiligung in Höhe von S 600.000,-- an einer GmbH, die Werberechte von einem liechtensteinischen Rechtsträger gekauft und von deren Anschaffungskosten gemäß § 8 EStG 1972 im selben Jahr eine vorzeitige Abschreibung vorgenommen hatte. Der Beschwerdeführer finanzierte diese Beteiligung mit einem Sparkassenkredit. Der Geschäftsherr hatte auf 10 Jahre, der Beschwerdeführer bis auf eine Kündigung der stillen Gesellschaft verzichtet. Bei Übernahme der stillen Beteiligung habe der Beschwerdeführer ein unwiderrufliches Anbot des liechtensteinischen Rechtsträgers erhalten, die Beteiligung zum zu einem garantierten Preis von 70 % des Nominales zu übernehmen.

Der Beschwerdeführer machte Werbungskostenüberschüsse aus der stillen Beteiligung zum Ausgleich mit positiven Einkünften steuerlich geltend (1984: S 640.233,--, 1985: S 606,--), die die belangte Behörde in dem im Instanzenzug ergangenen, nun vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid mangels Einkunftsquelleneigenschaft nicht anerkannte. Die Beteiligung sei im steuerlichen Sinn Liebhaberei. Der Beschwerdeführer habe die Beteiligung nur bis zur Abtretung an den liechtensteinischen Rechtsträger eingehen wollen. Innerhalb dieser beabsichtigten Beteiligungsdauer von rund dreieinhalb Jahren sei ein steuerlicher Totalüberschuß nicht erzielbar gewesen. Der Behauptung des Beschwerdeführers, er hätte die Beteiligung von vornherein auf 10 Jahre behalten wollen und sei zum Verkauf an den liechtensteinischen Rechtsträger im Jahre 1987 nur durch die für ihn nicht vorhersehbaren wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Geschäftsherrn genötigt gewesen, glaubte die belangte Behörde nicht. Sie stellte außerdem fest, daß selbst für eine Beteiligungsdauer von 10 Jahren kein Totalüberschuß zu erwarten gewesen wäre.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid in seinem Recht auf "Verlustausgleich gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1972" verletzt, behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und beantragt deshalb Bescheidaufhebung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer hat für sich den Grundsatz von Treu und Glauben unter Berufung auf Rechtsauskünfte des Bundesministeriums für Finanzen vom und vom sowie auf Abschnitt 5 erster Absatz EStR 1984 ins Treffen geführt.

Die belangte Behörde hat zu Recht keine Verletzung von Treu und Glauben angenommen. Die Rechtsauskünfte betreffen nicht die Abgabensache des Beschwerdeführers, sie stammen ebenso wie die EStR 1984 aus einer Zeit nach Eingehen der stillen Beteiligung und können daher die Disposition des Beschwerdeführers bei Erwerb dieser Beteiligung im Jahre 1984 nicht beeinflußt haben. Abgesehen davon könnte eine aus dem Grundsatz von Treu und Glauben allenfalls folgende Bindung an eine erteilte Auskunft immer nur diejenige Behörde treffen, die die Auskunft oder die Zusage erteilt hat (vgl. aus jüngster Zeit das Erkenntnis vom , 90/13/0292, ÖStZB 1992, 813, mit weiteren Nachweisen), und kann allgemeinen Verwaltungsanweisungen wie Richtlinien oder Erlässen unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben nicht die gleiche Wirkung beigemessen werden wie einer verbindlichen Zusage oder Auskunft für einen Einzelfall, weil der Grundsatz von Treu und Glauben ein konkretes Verhältnis zwischen Abgabepflichtigem und Finanzamt voraussetzt, bei dem sich allein eine Vertrauenssituation bilden kann (vgl. Erkenntnis vom , 87/14/0091, ÖStZ 1992, 346, mit weiterem Nachweis). Im übrigen sind die EStR 1984 keine gesetzmäßig kundgemachte Rechtsverordnung; sie sind im Beschwerdefall daher ohne Bedeutung.

Zur rechtlichen Beurteilung kurzfristiger echter stiller Beteiligungen an durch Investitionsbegünstigungen entstehenden Verlusten von Unternehmen unter dem Gesichtspunkt steuerlicher Liebhaberei (Einkunfts/Verlustquelleneigenschaft) hat der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach Stellung genommen (vgl. die Erkenntnisse vom , 90/13/0089, 0090, ÖStZB 1991, 176, vom , 90/14/0132, ÖStZB 1991, 478, vom , 92/14/0128, RdW 1993, 132, und jüngst vom , 88/14/0182).

Die belangte Behörde hat sich zutreffend auf diese Judikatur berufen.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht mehr, daß ein Totalüberschuß im Sinne dieser Rechtsprechung während eines Zeitraumes von rund dreieinhalb Jahren aus der Beteiligung von vornherein nicht erzielbar war. Er behauptet jedoch, ein Totalüberschuß wäre bei einem Beobachtungszeitraum von 10 Jahren erzielbar gewesen, sähe man von den erst später eingetretenen und für den Beschwerdeführer von vornherein nicht vorhersehbaren wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Geschäftsherrn ab.

Selbst wenn dies zutreffen sollte, könnte dies nur dann relevant sein, wenn der Beschwerdeführer von vornherein die Absicht gehabt hätte, die Beteiligung 10 Jahre und damit länger als dreieinhalb Jahre zu behalten und er sich erst durch die aufgetretenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Geschäftsherrn zu einem Verkauf entschlossen hätte.

Die belangte Behörde hat jedoch festgestellt, daß der Beschwerdeführer eine solche Absicht nicht hatte, sondern von vornherein die Beteiligung entsprechend dem gleichzeitig mit ihrem Erwerb gemachten Anbot des liechtensteinischen Rechtsträgers verkaufen wollte, er also mit dem "Notverkauf" nur das - allerdings wenig früher - getan habe, was er von Anbeginn beabsichtigt habe. Die Beteiligung sei nämlich spätestens mit Ende 1986 wegen der wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Geschäftsherrn als wertlos anzusehen gewesen. Die belangte Behörde hat die Feststellung über die von vornherein bestehende Absicht des Beschwerdeführers, die Beteiligung nach dreieinhalb Jahren zu verkaufen, aus dem Gesamtbild der Verhältnisse geschlossen, nämlich aus dem garantierten Übernahmeangebot eines bereits bekannten Erwerbers zu einem bereits feststehenden Preis, aus der günstigen Gesamtrendite innerhalb eines angemessenen Zeitraumes nur bei Annahme dieses Angebotes unter Berücksichtigung der Steuerersparnis, aus der Zustimmung des Geschäftsherrn zu diesem Übertragungsangebot bereits zum Zeitpunkt des Erwerbes der Beteiligung, aus der Abstimmung der Kredittilgung mit Abtretungspreis und Abtretungstermin sowie aus der Werbung (Prospekt) für das Verlustabschreibungsmodell durch Beispielsrechnungen an Hand mehrerer Grenzsteuersätze unter Berücksichtigung dieser Dauer der Beteiligung im Hinblick auf die Steuerersparnis.

Diesen Überlegungen hat der Beschwerdeführer entgegengehalten, daß die im Prospekt beworbene Beteiligung gegenüber einer steuerfreien Veranlagung in Form von Teilschuldverschreibungen unter Einrechnung des Abtretungserlöses und der Steuerersparnis je nach Progression (50 bzw. 55 %) innerhalb einer Laufzeit von ca. dreieinhalb Jahren lediglich ein Mehrergebnis von S 3.500,-- bzw. S 7.150,-- ergäbe.

Zu Unrecht meint der Beschwerdeführer, er habe hiedurch die Unrichtigkeit der Feststellung der belangten Behörde bewiesen. Diese hat nämlich zutreffend dargelegt, daß für den Beschwerdeführer, der S 600.000,-- veranlagt hatte, der steuerbegünstigte Erwerb von Teilschuldverschreibungen gemäß § 27 Abs. 5 EStG 1972 schon wegen des Höchstbetrages von S 100.000,-- nicht in Frage gekommen wäre und überdies die mittlere Laufzeit solcher Teilschuldverschreibungen nach dem Gesetz mindestens 8 Jahre betragen müsse. Schon dieses Argument der belangten Behörde wird vom Beschwerdeführer nicht widerlegt. Von einem Nachweis der Unrichtigkeit der Feststellung der belangten Behörde kann daher keine Rede sein. Somit ist es nicht entscheidend, ob die belangte Behörde zu Recht auf weitere Vorteile der stillen Beteiligung auf die Dauer von dreieinhalb Jahren - wäre sie steuerlich als Einkunfts(Verlust)quelle anerkannt worden - hingewiesen hat.

Die Feststellung über die Absicht des Beschwerdeführers, die Beteiligung entsprechend dem bei ihrem Erwerb erhaltenen Anbot des liechtensteinischen Rechtsträgers nach rund dreieinhalb Jahren zu verkaufen, wurde von der belangten Behörde daher schlüssig begründet. Im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof zustehenden Prüfungsbefugnis (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom , 85/02/0053) sind bei diesem Bedenken gegen die Beweiswürdigung nicht entstanden.

Ausgehend von dem von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt ist deren rechtliche Beurteilung nicht zu beanstanden, daß die stille Beteiligung des Beschwerdeführers zur Erzielung eines Totalüberschusses nicht geeignet war und ihr deshalb die Einkunfts(Verlust)quelleneigenschaft fehlt.

Darauf, ob das Unternehmen des Geschäftsherrn eine Einkunftsquelle darstellte und ob der Beschwerdeführer bei Erwerb der Beteiligung auf die Dauer von 10 Jahren aus dieser mit einem Totalüberschuß hätte rechnen dürfen, kam es daher nicht mehr an.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.