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VwGH vom 19.12.2005, 2002/10/0114

VwGH vom 19.12.2005, 2002/10/0114

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde des Dipl.-Ing. G W in W, vertreten durch Grohs Hofer Rechtsanwälte Gesellschaft m.b.H. in 1010 Wien, Helferstorferstraße 4, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom , Zl. 54.023/5- VII/D/4a/2002, betreffend Studienbeihilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer beantragte am Studienbeihilfe für sein Studium der Informatik an der Technischen Universität Wien.

Mit Bescheid der Studienbeihilfenbehörde-Stipendienstelle Wien vom wurde sein Antrag mangels sozialer Bedürftigkeit abgewiesen. Dabei wurden bei der Berechnung der Studienbeihilfe beim Einkommen seines Vaters die gemäß § 68 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG) steuerfreien Bezüge sowie die Bezüge gemäß § 67 EStG (nach Abzug der Sozialversicherungsbeträge) hinzugerechnet.

Der Beschwerdeführer erhob Vorstellung. Diese wurde im Wege der Vorentscheidung mit Bescheid der Studienbeihilfenbehörde-Stipendienstelle Wien vom abgewiesen.

Auf Grund eines Vorlageantrages des Beschwerdeführers wurde sein Antrag vom auch mit Bescheid des Senates der Stipendienstelle Wien vom abgewiesen.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom wurde die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers gemäß den §§ 6 Z. 1 und 8 Abs. 1 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 1999 (StudFG), abgewiesen.

In der Begründung vertrat die belangte Behörde nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrensganges und der anzuwendenden Rechtsgrundlagen im Wesentlichen die Auffassung, entscheidend für die Gewährung einer Studienbeihilfe sei die Umschreibung des Einkommensbegriffes im Studienförderungsgesetz. Dieses verweise ausdrücklich auf § 2 Abs. 2 EStG (1988), ergänzt um die in § 9 StudFG genannten Hinzurechnungen. Ziel des Studienförderungsgesetzes sei es, für die Beurteilung der sozialen Bedürftigkeit ein Einkommen zu ermitteln, das der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der zur Unterhaltsleistung verpflichteten Personen entspreche. Die soziale Bedürftigkeit solle sich an den tatsächlichen Einkommenszuflüssen und nicht nur an deren steuerrechtlichen Behandlung orientieren. Unter dieser Prämisse sei es konsequent, dass auch die (nur steuerlich begünstigten) Monatsbezüge Bestandteile des Einkommens im Sinne des Studienförderungsgesetzes seien, da sie sehr wohl zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und damit auch zu jenem Einkommen, das für die Unterhaltsleistung herangezogen werde, zu zählen seien. Die Annahme, dass der Gesetzgeber bewusst auf diese Einkommensbestandteile bei der Bewertung der sozialen Bedürftigkeit verzichtet habe, sei jedenfalls nicht durch irgendwelche Hinweise im Studienförderungsgesetz begründet, da in § 9 StudFG sämtliche die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erhöhenden steuerlichen Begünstigungen als Hinzurechnungsfaktoren aufgezählt seien. Vielmehr sei davon auszugehen, dass der Gesetzgeber die Hinzurechnungen der gemäß § 67 und § 68 EStG (1988) begünstigten Bezüge deshalb nicht in den Katalog des § 9 StudFG aufgenommen habe, weil diese Bezüge nach der für die Vollziehung des Studienförderungsgesetzes verbindlichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom , Zl. 87/12/0173) ohnedies "Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit" im Sinne des Studienförderungsgesetzes seien. Auch der Umstand, dass sich dieses Erkenntnis auf das Einkommensteuergesetz 1972 und das Studienförderungsgesetz 1983 beziehe, während im Beschwerdefall das Einkommensteuergesetz 1988 und das Studienförderungsgesetz 1992 anzuwenden seien, ändere nichts an dieser Rechtslage. Die beiden "Nachfolgegesetze" hätten nämlich weder im Steuerrecht noch im Studienförderungsrecht inhaltliche Änderungen vorgenommen, die zu einer Änderung der Auslegung führten. Der seinerzeitige § 4 Abs. 1 StudFG 1983, auf den sich das genannte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes beziehe, sei fast wörtlich in § 8 Abs. 1 StudFG übernommen worden. Auch die §§ 67 und 68 EStG unterschieden sich in den Fassungen der Einkommensteuergesetze 1972 und 1988 nicht derartig, dass eine Abweichung von der bisher vorgenommenen Auslegung gerechtfertigt wäre. Die vom Beschwerdeführer in seiner Berufung vorgenommene Differenzierung zwischen den Wortfolgen "sind nicht zu berücksichtigen"( EStG 1972) und der Wortfolge "bleiben außer Ansatz" (EStG 1988) vermöge nicht zu überzeugen. Die geänderte Wortwahl ändere nichts an der weiteren Verbindlichkeit des Judikats des Verwaltungsgerichtshofes aus dem Jahre 1988, da für beide Fälle zu gelten habe, dass die steuerrechtliche und die sozialrechtliche Berücksichtigung des Einkommens unterschiedlich zu werten sei. Tatsächlich regle § 41 EStG nur die unterschiedliche steuerliche Bewertung der genannten Einkommensbestandteile, ohne deren Lohnsteuerpflicht grundsätzlich auszuschließen. Unbestritten bleibe weiterhin, dass durch die Berücksichtigung des Einkommens aus dem 13. und 14. Monatsgehalt die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und damit das Ausmaß der Unterhaltsverpflichtung der Eltern, die allein Grundlage für die Berechnung der Studienbeihilfe sei, maßgeblich erhöht werde. Ließe man diese Gehaltsbestandteile außer Acht, würde ein maßgeblicher Anteil des Einkommens, der die Eltern in die Lage setze, studierenden Kindern finanzielle Unterstützung zukommen zu lassen, wegfallen. Dies stehe zweifellos in Widerspruch zum Willen des Gesetzgebers. Zusammenfassend sei daher festzuhalten, dass der

13. und 14. Monatsbezug weiterhin Bestandteil des wirtschaftlichen Einkommens im Sinne des Studienförderungsgesetzes sei und diese Gehaltsbestandteile bei der Beurteilung der sozialen Bedürftigkeit zu berücksichtigen seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist das Studienförderungsgesetz 1992 in der Fassung BGBl. I Nr. 142/2000 anzuwenden. Die in Frage kommenden

Vorschriften lauten auszugsweise:

"§ 6. Voraussetzung für die Gewährung einer Studienbeihilfe ist, dass der Studierende

1. sozial bedüftig ist (§§ 7 bis 12).

§ 7. (1) Maßgebend für die soziale Bedürftigkeit im Sinne des Bundesgesetzes sind


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
Einkommen,
2.
Familienstand und
3.
Familiengröße
des Studierenden, seiner Eltern und seines Ehegatten.

§ 8. (1) Einkommen im Sinne dieses Bundesgesetzes ist

1. das Einkommen gemäß § 2 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988), BGBl. Nr. 400, in der jeweils geltenden Fassung zuzüglich


Tabelle in neuem Fenster öffnen
2.
der Hinzurechnungen gemäß § 9 und
3.
des Pauschalierungsausgleichs gemäß § 10.

§ 9. Dem Einkommen nach § 2 Abs. 2 EStG 1988 sind die folgenden Beträge hinzuzurechnen:

1. steuerfreie Bezüge gemäß § 3 Abs. 1 Z 1, Z 2, Z 3 lit. a - jedoch mit Ausnahme des Hilflosenzuschusses und der Hilflosenzulage sowie von Pflege- und Blindenzulagen (Pflege- oder Blindengeld, Pflege- oder Blindenbeihilfe) -, Z 4 lit. a, c und 3,

Z 5, Z 8 bis 12, Z 22 bis 24 sowie Z 25, Z 27 und Z 28, wenn es sich dabei um wiederkehrende Leistungen handelt, und § 112 Z 1 EStG 1988;

2. die Beträge nach den §§ 10, 12, 18 Abs. 1 Z 4 sowie Abs. 6 und 7, 24 Abs. 4, 27 Abs. 3, 31 Abs. 3, 36, 41 Abs. 3 sowie 112

Z 5, Z 7 und Z 8 EStG 1988, soweit sie bei der Ermittlung des Einkommens abgezogen wurden;

3. Sonderunterstützungen nach dem Sonderunterstützungsgesetz, BGBl. Nr. 642/1973, und die besondere Schulbeihilfe nach dem Schülerbeihilfengesetz 1993, BGBl. Nr. 455."

Der § 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 in der Fassung BGBl. I Nr. 106/1999 lautet auszugsweise:

"§ 2. (1) ...

(2) Einkommen ist der Gesamtbetrag der Einkünfte aus den im Abs. 3 aufgezählten Einkunftsarten nach Ausgleich mit Verlusten, die sich aus einzelnen Einkunftsarten ergeben, und nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) und außergewöhnlichen Belastungen (§§ 34 und 35) sowie der Freibeträge nach den §§ 104 und 105."

Nach § 2 Abs. 3 Z. 4 EStG 1988 unterliegen der Einkommensteuer auch Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit (§ 25).

Der die "Veranlagung von lohnsteuerpflichtigen Einkünften" regelnde § 41 Abs. 4 EStG 1988 in der Fassung BGBl. I Nr. 28/1999 lautet auszugsweise:

"(4) Bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bleiben Bezüge, die nach § 67 Abs. 1 oder § 68 steuerfrei bleiben oder mit dem festen Satz des § 67 oder mit den Pauschsätzen des § 69 Abs. 1 zu versteuern waren, außer Ansatz. ..."

Dem angefochtenen Bescheid liegt - unter Berufung auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 87/12/0173 - die Auffassung zugrunde, der 13. und 14. Monatsbezug des Vaters des Beschwerdeführers sei bei der Ermittlung von dessen Einkommen einzurechnen.

Dem hält der Beschwerdeführer im Wesentlichen entgegen, der Gesetzgeber des Studienförderungsgesetzes habe in § 8 Abs. 1 Z. 1 "das Einkommen gemäß § 2 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1988" zum Ausgangspunkt der Ermittlung des "Einkommens im Sinne dieses Bundesgesetzes", also des Studienförderungsgesetzes, gemacht. Damit schaffe er für das Studienförderungsgesetz keinen grundlegend neuen Einkommensbegriff, sondern knüpfe bewusst und uneingeschränkt an den steuerrechtlichen Einkommensbegriff an. Für den Zweck der Ermittlung der Einkommensgrenzen, das heiße, der "sozialen Bedürftigkeit" nach dem Studienförderungsgesetz, würden die Hinzurechnungen nach den §§ 9 und 10 des Studienförderungsgesetzes genannt. Diese Hinzurechnungen seien eindeutig taxativ aufgezählt. Durch den Hinzurechnungskatalog zeige der Gesetzgeber, dass er Umfang und Ermittlungsweise des steuerlichen Einkommens kenne und keineswegs beabsichtigt habe, sämtliche bei der steuerlichen Einkommensermittlung abgezogenen steuerlichen Begünstigungen quasi wieder rückgängig zu machen. Die Ermittlung der sozialen Bedürftigkeit sei erschöpfend durch den Gesetzeswortlaut des § 8 des Studienförderungsgesetzes definiert. Die belangte Behörde gehe daher in ihrer Argumentation fehl, wenn sie Einkommenszuflüsse, die nicht vom Einkommen gemäß § 2 Abs. 2 EStG umfasst seien, ohne ausdrückliche positive Gesetzesanordnung dem Einkommen im Sinne des Studienförderungsgesetzes hinzurechne. Da § 41 Abs. 4 EStG bestimme, dass bei der Ermittlung der Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit die Urlaubs- und Weihnachtsgelder "außer Ansatz" zu bleiben hätten, könnten diese auch nicht im ermittelten Einkommen für die Bewertung der sozialen Bedürftigkeit nach dem Studienförderungsgesetz enthalten sein. Die Bezugnahme der belangten Behörde auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom sei deswegen nicht zielführend, da in der seinerzeitigen Fassung des § 41 EStG die Einkünfte gemäß § 67 Abs. 1 EStG "nicht zu berücksichtigen" seien, während die nunmehrige Formulierung laute, dass diese Einkünfte "bei der Ermittlung der Einkünfte außer Ansatz" zu bleiben hätten.

Diese Ausführungen sind nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.

In dem bereits mehrfach genannten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 87/12/0173, hat der Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis auf sein Erkenntnis vom , VwSlg. Nr. 9386/A, zum Studienförderungsgesetz 1983 ausgesprochen, aus § 41 Abs. 4 EStG 1972 gehe klar hervor, dass die Steuerfreiheit von Bezügen nach § 67 Abs. 1 oder § 68 Abs. 1 sowie die Versteuerung von Bezügen mit den festen Sätzen der §§ 67 oder 68 oder mit den Pauschsätzen des § 69 nichts daran ändere, dass es sich auch bei diesen Bezügen um Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit im Sinne des § 4 Abs. 1 des Studienförderungsgesetzes 1983 handle.

Diese Überlegungen haben auch im vorliegenden Beschwerdefall auf Grund der praktisch wortgleichen Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes 1988 bzw. des Studienförderungsgesetzes 1992 zu gelten.

Die auf das "Fehlen eines Hinzurechnungstatbestandes" in den §§ 9 und 10 StudFG und die Regelung des § 41 Abs. 4 EStG 1988 gegründete Argumentation der Beschwerde verkennt, dass die hier in Rede stehenden Bezüge (13. und 14. Monatsgehalt) nach § 2 Abs. 3 Z. 4 iVm § 25 Abs. 1 EStG 1988 unter den - hier nach § 8 Abs. 1 Z. 1 StudFG maßgeblichen - Begriff des Einkommens nach § 2 Abs. 2 EStG 1988 fallen. An dieser Zuordnung zum Einkommensbegriff ändert die Steuerbefreiung bzw. -begünstigung dieser Bezüge durch § 67 Abs. 1 (bzw. § 41 Abs. 4 EStG 1988 bei veranlagten lohnsteuerpflichtigen Einkünften) nichts. Es bedarf daher keiner "Hinzurechnung" zum Einkommen im Sinne der §§ 9, 10 StudFG; der Verwaltungsgerichtshof teilt nicht die Auffassung, dass aus dem Fehlen einer gesetzlichen Regelung über die "Hinzurechnung" der in Rede stehenden Bezüge zum Einkommensbegriff in der (zum Teil auf andere Steuerbefreiungen oder -begünstigungen verweisenden) Regelung der §§ 9, 10 StudFG der Schluss gezogen werden könnte, diese Bezüge fielen nicht unter den nach dem Studienförderungsgesetz maßgeblichen Einkommensbegriff.

Der Einkommensbegriff des § 8 des Studienförderungsgesetzes 1992 orientiert sich am Einkommensbegriff des Einkommensteuergesetzes 1988, bereinigt diesen aber um subventions- und leistungspolitische Effekte, indem eine Reihe von steuerfrei gestellten Einkünften und steuerlich begünstigten Beträgen dem steuerpflichtigen Einkommen hinzugerechnet werden. Damit wird ein Einkommen umschrieben, das der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der zu Unterhaltsleistungen verpflichteten oder Eigenleistungen erbringenden Personen entspricht. Die soziale Bedürftigkeit orientiert sich damit an den tatsächlichen Einkommenszuflüssen und nicht an deren steuerrechtlicher Behandlung (vgl. z.B. Marinovic/Egger, Studienförderungsgesetz3, Erläuterungen zu § 8).

Die vorliegende Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Kostenersatzverordnung 2003.

Wien, am