VwGH vom 05.08.1993, 93/14/0074
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Dr. Baumann und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des S in X, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , Zl. 445/5-10/K-1992, betreffend Haftung als Geschäftsführer
für Körperschaftsteuer, Vermögensteuer und Erbschaftssteueräquivalent einer GmbH, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Das Finanzamt zog den Beschwerdeführer als Geschäftsführer einer GmbH gemäß §§ 9, 80 BAO zur Haftung für nicht entrichtete Abgaben der oben genannten Art im Ausmaß von zusammen S 10.650,-- heran, die in der Zeit von April 1989 bis Juni 1990 entstanden und bei der Steuerpflichtigen uneinbringlich geworden waren.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung mit der Begründung, er habe bereits zu Jahresbeginn 1989 durch Erklärung gegenüber dem Alleingesellschafter die Geschäftsführung zurückgelegt gehabt.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab, weil sie der erwähnten Behauptung des Beschwerdeführers im Hinblick auf die Aussage des Gesellschafters und den Umstand keinen Glauben schenkte, daß der Beschwerdeführer noch bis Jänner 1990 gegenüber verschiedenen Behörden Vertretungshandlungen für die GmbH gesetzt hatte.
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid in seinem Recht verletzt, nicht zur Haftung herangezogen zu werden. Er behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und beantragt aus diesen Gründen die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die oben geschilderte Beweiswürdigung der belangten Behörde wird von der Beschwerde nicht angegriffen. Die auf ihr fußende Feststellung der belangten Behörde, daß der Beschwerdeführer die Geschäftsführung nicht wie von ihm behauptet zurückgelegt gehabt habe, ist daher gemäß § 41 VwGG der Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugrunde zu legen.
Entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers fehlt im angefochtenen Bescheid eine Feststellung darüber nicht, daß am ein Antrag auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der GmbH mangels (hinreichenden) Vermögens abgewiesen wurde. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid (Seite 9, 4. Absatz) nämlich festgestellt:
"Dieses Verhalten des Berufungswerbers führte in weiterer Folge auch zur Uneinbringlichkeit dieser Forderungen, da ein Antrag auf Eröffnung des Konkurses laut Mitteilung in den Kammernachrichten vom mangels Vermögens abgewiesen wurde."
Mit diesen Ausführungen ist die vom Beschwerdeführer angeführte Ablehnung der Konkurseröffnung gemeint.
Der Beschwerdeführer irrt auch, wenn er behauptet, daß nach Auflösung der GmbH infolge Rechtskraft des Beschlusses auf Ablehnung der Eröffnung des Konkurses mangels hinreichenden Vermögens gemäß § 1 Abs. 1 erster Satz ALöschG der Beschwerdeführer "nicht in Anspruch genommen" hätte werden können.
Eine amtswegige Löschung der GmbH gemäß § 2 ALöschG wird vom Beschwerdeführer selbst nicht behauptet. Die Gesellschaft trat daher, falls von den Gesellschaftern kein gesetzmäßiger Fortsetzungsbeschluß gefaßt wurde, in das Stadium der Liquidation, in dem die Geschäftsführer als Liquidatoren eintreten, wenn nicht durch den Gesellschaftsvertrag oder einen Gesellschafterbeschluß andere Personen bestellt werden. Daß dies der Fall gewesen wäre, behauptet der Beschwerdeführer nicht. Rechte und Pflichten der Liquidatoren entsprechen aber jenen der Geschäftsführer, soweit das GmbHG nicht ausdrücklich anderes vorsieht. Dies trifft auf die Vertretung im Sinne des § 80 BAO nicht zu. Die Pflichten des Beschwerdeführers gemäß den §§ 9, 80 BAO aus seiner Stellung als Vertreter des Steuerpflichtigen dauerten daher auch nach Verwirklichung des Auflösungstatbestandes selbst dann fort, wenn ein Fortsetzungsbeschluß von den Gesellschaftern nicht gefaßt wurde.
Daß die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der dem Beschwerdeführer als Vertreter auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden konnte, wird in der Beschwerde nicht bestritten. Der Beschluß des Gerichtes vom gemäß § 72 Abs. 3 KO an sich schließt den Haftungstatbestand nach den §§ 9, 80 BAO ebensowenig aus wie das Vorhandensein der zur Abgabenentrichtung nötigen Mittel zu den jeweils maßgeblichen Zeitpunkten (vgl. § 72 Abs. 3 zweiter und dritter Satz KO; vgl. hinsichtlich der Konkurseröffnung diesbezüglich das hg. Erkenntnis vom , 91/14/0117). Den beim Haftungspflichtigen liegenden Entlastungsbeweis gegenüber der Behörde erbracht zu haben, behauptet der Beschwerdeführer nicht.
Er meint jedoch weiters, durch die Ablehnung des Konkurseröffnungsantrages sei die Körperschaftsteuerpflicht infolge Untergangs der Rechtspersönlichkeit der GmbH erloschen. Die Auflösung der GmbH führt jedoch nicht zum Erlöschen des Rechtsubjektes, sondern zur Liquidation. Die Steuerpflicht endet nicht mit Eintritt der Liquidation, sondern erst mit der rechtswirksamen Beendigung des Abwicklungsverfahrens, falls ein solches gesetzlich vorgesehen ist (Putschögl-Bauer-Mayr, Die Körperschaftsteuer, Rz 200 zu § 1). Dies ist gemäß § 89 Abs. 1 GmbHG der Fall, soweit das Gesetz nicht ausdrücklich etwas anderes anordnet. Der hiefür in Betracht kommende Fall des § 2 Abs. 1 ALöschG ist hier jedoch - wie bereits erwähnt - nicht eingetreten.
Die in der Beschwerde behauptete inhaltliche Rechtswidrigkeit haftet dem angefochtenen Bescheid daher nicht an.
Eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erblickt der Beschwerdeführer darin, daß die belangte Behörde "weder im Haftungsbescheid noch in der angefochtenen Berufungsentscheidung" die Höhe der erwähnten Abgaben nachvollziehbar festgestellt habe. "Die Entrichtung der geltend gemachten Vermögensteuer" könne schon mangels Geschäftsbetriebes der GmbH nicht nachvollzogen werden. Das Ermittlungsverfahren sei aus diesen Gründen daher mangelhaft.
Gemäß § 248 BAO kann der nach Abgabenvorschriften Haftungspflichtige unbeschadet der Einbringung einer Berufung gegen seine Heranziehung zur Haftung (Haftungsbescheid, § 224 Abs. 1) innerhalb der für die Einbringung der Berufung gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch berufen. Beantragt der Haftungspflichtige die Mitteilung des ihm noch nicht zur Kenntnis gebrachten Abgabenanspruches, so gilt § 245 Abs. 2 und 4 sinngemäß.
Einen solchen Antrag hat der Beschwerdeführer nicht gestellt. Trotzdem waren ihm - entgegen seiner Behauptung in der Beschwerde - bereits im Haftungsbescheid des Finanzamtes vom die Abgaben, für die er zur Haftung herangezogen wurde, detailliert nach Zeitraum, Abgabenart und Betrag bekanntgegeben worden. Gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch hat der Beschwerdeführer nicht berufen. Seine Verfahrensrüge geht schon deshalb ins Leere.
Warum "die Entrichtung der geltend gemachten Vermögensteuer" schon mangels Geschäftsbetriebes der GmbH nicht nachvollzogen werden könne, führt der Beschwerdeführer nicht näher aus. Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides läßt sich diesem Satz der Beschwerde allein nicht entnehmen.
Auch die behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens haftet dem angefochtenen Bescheid daher nicht an.
Die Beschwerde mußte deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.
Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.