VwGH vom 30.10.2001, 98/14/0085
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Dr. Urtz, über die Beschwerde des A M in G, vertreten durch Dr. Peter Grauss und Dr. Gernot Moser, Rechtsanwälte in 6130 Schwaz/Tirol, Archengasse 9/II, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat I) vom , Zl. RV 31/1-T7/98, betreffend Einkommensteuer 1994, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, der Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt, schloss seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 1994 unter anderem eine Beilage betreffend die "Ermittlung des Übergangsgewinnes per " an. Daraus ergab sich ein Übergangsgewinn aus dem Wechsel der Gewinnermittlungsart von § 4 Abs. 3 auf § 4 Abs. 1 EStG in Höhe von S 1,446.070,33. Die ebenfalls beigelegte Bilanz für das Jahr 1994 wies einen laufenden Gewinn von S 582.729,58 aus.
In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 1994 gab der Beschwerdeführer zum Punkt "Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Einzelunternehmer" in der Betragsspalte - lediglich - den laufenden Gewinn in Höhe von S 582.730,-- an. Weiter findet sich in der Textspalte des Erklärungsvordruckes der Vermerk: "laut Beilage Übergangsgewinn " und darunter gleichfalls in der Textspalte der Betrag des Übergangsgewinnes in Höhe von S 1,446.070,33. In der Textspalte wird überdies auf eine Beteiligung an der G-Gesellschaft hingewiesen und in der dazugehörigen Betragsspalte vermerkt "bitte um amtl. Ansatz". Beim Eingabefeld mit der Kennzahl 330 (Summe der Einkünfte aus Gewerbebetrieb) findet sich kein Eintrag.
Nach der Aktenlage übernahm das Finanzamt mit der Begründung, die Beteiligung an der G-Gesellschaft wirke sich im Jahr 1994 steuerlich nicht aus, den (einzig in der Betragsspalte aufscheinenden) Betrag von S 582.730,-- in das Summenfeld mit der KZ 330. Der in der Folge ergangene Einkommensteuerbescheid 1994 vom weist daher die Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von S 582.730,-- aus, der in der Textspalte vermerkte Übergangsgewinn in Höhe von S 1.446.070,33 blieb hingegen unberücksichtigt.
Aufgrund einer beim Beschwerdeführer durchgeführten Betriebsprüfung wurde das Verfahren wieder aufgenommen und ein neuer Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1994 erlassen, in dem - unter anderem - auch der bisher nicht erfasste Übergangsgewinn Eingang fand. In seiner gegen die Wiederaufnahme des Verfahrens erhobenen Berufung wandte der Beschwerdeführer ein, dass die "relativ geringfügigen sonstigen steuerlichen Auswirkungen der Betriebsprüfung" es nicht rechtfertigen würden, die "versäumte" Besteuerung des Übergangsgewinnes nachzuholen. Mit Berufungsvorentscheidung wurde der Berufung stattgegeben und der neue Einkommensteuerbescheid aufgehoben.
In der Folge berichtigte das Finanzamt den ursprünglichen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1994 gemäß § 293b BAO insoweit, als die Einkünfte aus Gewerbebetrieb um den bisher nicht erfassten Übergangsgewinn erhöht wurden.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung und brachte vor, in seiner Abgabenerklärung (und in den angefügten Beilagen) für das Jahr 1994 würden sowohl der Bilanzgewinn in Höhe von S 582.730,-- als auch der Übergangsgewinn in Höhe von S 1,446.070,-- ausgewiesen, sodass seiner Abgabenerklärung eine "offensichtliche Unrichtigkeit" nicht anhafte.
Nach Ergehen einer abweisenden Berufungsvorentscheidung stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz, in dem er hervorstrich, die Bitte um "amtl. Ansatz" habe sich nicht nur auf das Beteiligungsergebnis, sondern auch auf die Eintragung des Übergangsgewinnes bezogen. Er habe nämlich nicht gewusst, wie der Übergangsgewinn steuerlich zu behandeln sei, weshalb er keine Eintragung vorgenommen habe. Eine Berichtigungsmöglichkeit nach § 293b BAO bestehe nicht, da der Fehler nicht ihm, sondern der Behörde unterlaufen sei. Überdies handle es sich um keinen typischen Soforteingabefehler. Weiters lägen auch die Voraussetzungen für eine Bescheidänderung nach § 293 BAO nicht vor, da die Behörde weder eine Rechnung vorgenommen habe noch ihr beim Schreiben ein Ziffernsturz unterlaufen sei. Auch könne nicht von einem typischen EDV-Fehler (Eintragen einer falschen Kennzahl) gesprochen werden. Da der Fehler trotz Überprüfung durch die Behörde passiert sei, sei er vom Bescheidwillen umfasst, was die Anwendbarkeit der letztgenannten Bestimmung ausschließe.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Eine aus Abgabenerklärungen übernommene offensichtliche Unrichtigkeit im Sinne des § 293b BAO liege unter anderem bei Divergenzen zwischen Angaben im Erklärungsvordruck und solchen diesem Vordruck angeschlossenen Beilagen vor. Der Beschwerdeführer habe die Betragsspalte zu Punkt 3. a) des Vordruckes der Einkommensteuererklärung insofern fehlerhaft ausgefüllt, als er dort nicht den Gesamtbetrag der Einkünfte aus seinem Einzelgewerbebetrieb (einschließlich des Übergangsgewinnes), sondern lediglich den laufenden Gewinn in Höhe von S 582.730,-- eingetragen habe. Dieser unrichtige Betrag sei vom Finanzamt in die Kennzahl 330 übernommen worden, unter welcher der Beschwerdeführer selbst keine Eintragung vorgenommen habe.
Das Finanzamt habe das Fehlen einer Eintragung unter der Kennzahl 330 sowie die "Bitte um amtlichen Ansatz" nicht auf den Übergangsgewinn, sondern ausschließlich auf die Einkünfte des Beschwerdeführers als Beteiligter an der G-Gesellschaft bezogen. Offensichtlich sei das Finanzamt davon ausgegangen, dass es sich bei dem Betrag in Höhe von S 582.730,-- bereits um das Gesamtergebnis des Einzelgewerbebetriebes, also um die Differenz zwischen dem - in der Textspalte zu Punkt 3.b.) angegebenen - Übergangsgewinn und einem diesfalls anzunehmenden Bilanzverlust für 1994 gehandelt habe. Es möge zwar zutreffen, dass das Finanzamt bei Durchsicht der Beilagen die Unrichtigkeit einer derartigen Annahme hätte erkennen können. Eine allfällige Sorgfaltswidrigkeit des Finanzamtes stünde einer Berichtigung gemäß § 293b BAO jedoch nicht entgegen. Der Anwendungsbereich des § 293b BAO beschränke sich zudem nicht auf die so genannten Soforteingabefälle. Insgesamt sei daher eine zur Anwendbarkeit des § 293b BAO führende Divergenz zwischen den Angaben im Erklärungsvordruck und der Beilage (dem beigefügten Jahresabschluss 1994) gegeben.
Überdies liege eine "andere offenbar auf einem ähnlichen Versehen beruhende Unrichtigkeit" im Sinne des § 293 BAO vor, da die Übernahme lediglich eines Teiles der erklärten Einkünfte aus Gewerbebetrieb (in die Kennzahl 330) ein der Behörde unterlaufener Fehler sei, der einem Schreib- bzw. Rechenfehler sehr nahe komme.
Die Berichtigung könnte daher auch auf § 293 BAO gestützt werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen gerichtete
Beschwerde erwogen:
Gemäß § 293b BAO kann die Abgabenbehörde auf Antrag einer
Partei oder von Amts wegen einen Bescheid insoweit berichtigen, als seine Rechtswidrigkeit auf der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus Abgabenerklärungen beruht.
"Unrichtigkeiten" im Sinne des § 293b BAO können nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sowohl in einer unzutreffenden Rechtsauffassung als auch in einer in sich widersprüchlichen oder eindeutig gegen menschliches Erfahrungsgut sprechenden Sachverhaltsdarstellung zum Ausdruck kommen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 93/13/0277).
Der Beschwerdeführer bringt zusammengefasst vor, er habe "als kleiner unvertretener Gewerbetreibender" versucht, seinen abgabenrechtlichen Verpflichtungen "so richtig wie möglich" nachzukommen. In der Einkommensteuererklärung seien alle für die korrekte Ermittlung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb (als Einzelunternehmer) erforderlichen Gewinnzahlen angeführt. Dass "alle Tätigkeiten des Einzelunternehmers summiert und saldiert" werden müssen, habe er den "Erläuterungen für das Ausfüllen der Einkommensteuererklärung 1994" nicht entnommen. Zu berücksichtigen sei zudem, dass er die Kennzahl 330 freigelassen und "um amtlichen Ansatz" ersucht habe.
Dem Beschwerdeführer ist einzuräumen, dass aus den Angaben in der Einkommensteuererklärung in Zusammenschau mit dem beigefügten Jahresabschluss ohne Weiteres die Höhe der von ihm insgesamt als Einzelunternehmer erzielten Einkünfte aus Gewerbebetrieb durch einfache Addition zu ermitteln war. Eine Abgabenerklärung erweist sich allerdings auch dann als unrichtig, wenn sie nicht in der darin vorgesehenen Art und Weise ausgefüllt ist. Dies trifft im Beschwerdefall unstrittig zu. Nach den - insoweit unwidersprochen gebliebenen - Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde scheint in der maßgeblichen Betragsspalte "Punkt 3.a) Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Einzelunternehmer" ein Betrag auf, der nur den laufenden Gewinn darstellt, obgleich der Beschwerdeführer im Streitjahr ebenfalls unstrittig auch einen Übergangsgewinn erzielt hat. Der erzielte Übergangsgewinn ist zwar in der Abgabenerklärung vermerkt, allerdings unzutreffend in der - darunter stehenden - Textspalte zu "Punkt 3.b), Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Beteiligter an der Gesellschaft/Gemeinschaft". Dazu kommt, dass der Beschwerdeführer unter der Kennzahl 330 - in der die Summe aus den Punkten 3.a) (gewerbliche Einkünfte als Einzelunternehmer) und
3. b) (gewerbliche Einkünfte als Beteiligter) zu erfassen ist - eine Eintragung gar nicht vorgenommen hat. Da die Einkünfte aus Gewerbebetrieb somit in der Abgabenerklärung nicht in einer dem Vordruck entsprechenden Weise ausgewiesen wurden, kann kein Zweifel daran bestehen, dass eine "Unrichtigkeit" im Sinne des § 293b BAO vorgelegen hat.
Unmaßgebend ist in diesem Zusammenhang, ob dem Beschwerdeführer die (objektiv gegebene) Unrichtigkeit seiner Eintragung vorwerfbar ist. Das diesbezügliche Beschwerdevorbringen, wonach der Beschwerdeführer stets bemüht war, seinen abgabenrechtlichen Verpflichtungen zu entsprechen, muss daher von vornherein ins Leere gehen.
Wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend festgestellt hat, ist auch nicht entscheidend, ob die Übernahme der Unrichtigkeit auf ein Verschulden der Behörde zurückzuführen ist. Nach ständiger Rechtsprechung kommt es nämlich auf das Ausmaß der Aufmerksamkeit oder Vernachlässigung der gebotenen Sorgfalt der Behörde nicht an (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 95/15/0008 und vom , 95/13/0124).
Da die Bescheidberichtigung somit zu Recht auf die Bestimmung des § 293b BAO gestützt werden konnte, kann es dahin gestellt bleiben, ob auch die Anwendungsvoraussetzungen des § 293 BAO im Beschwerdefall erfüllt waren. Das die Tatbestandsvoraussetzungen des § 293 BAO verneinende Beschwerdevorbringen kann daher auf sich beruhen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am