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VwGH vom 21.10.2003, 98/14/0047

VwGH vom 21.10.2003, 98/14/0047

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und den Senatspräsidenten Dr. Karger sowie die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des J B in L, vertreten durch Sattlegger, Dorninger, Steiner & Partner Anwaltssozietät (OEG) in 4020 Linz, Harrachstraße 6, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich, Berufungssenat III, vom , 12/102/3-BK/Rh-1995, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1991, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen von 1043,52 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein deutscher Staatbürger, kaufte am um 700.000 S ein im Inland gelegenes Grundstück, auf der sich ein desolates, seit acht Jahren nicht mehr bewohntes Haus mit einer Wohnzwecken dienenden Gesamtnutzfläche von 80 m2 befand. Dieses Grundstück stellt bewertungsrechtlich ein Einfamilienhaus dar und wird von der Abgabenbehörde als Eigenheim im Sinn des § 18 Abs 1 Z 3 lit b EStG 1988 angesehen. Der eben erwähnte Kaufvertrag wurde mit am zugestellten Bescheid von der Grundverkehrskommission genehmigt. Der Beschwerdeführer begann im Oktober 1986 mit der Instandsetzung des unbewohnbaren Eigenheimes, wobei er ua nach Durchführung der erforderlichen Erdarbeiten das Eigenheim trocken legte und isolierte, das Dach erneuerte, Türen und Fenster austauschte, die Elektroinstallation erneuerte, die Kamine umbaute, eine Zentralheizung einbaute und den Fußboden neu verlegen ließ. Das Eigenheim war nach Fertigstellung der Zentralheizung im Dezember 1986 provisorisch bewohnbar, worauf der zu diesem Zeitpunkt noch ledige Beschwerdeführer im Jänner 1987 seinen Hauptwohnsitz in das Eigenheim verlegte und sich dort am auch dem entsprechend anmeldete. Der Beschwerdeführer heiratete im Jahr 1990, wobei seine Ehefrau ein Kind in die Ehe mitbrachte. Kurz darauf bekamen die Eheleute noch ein Kind und später ein zweites. Nachdem der Beschwerdeführer seinen Hauptwohnsitz am verlegt und sich abgemeldet hatte, verkaufte er das Eigenheim am um 2,755.000 S.

Strittig ist, ob der Beschwerdeführer den Spekulationstatbestand des § 30 Abs 1 Z 1 lit a EStG 1988 verwirklicht hat oder ob ihm die Rechtswohltat der Hauptwohnsitzbefreiung des § 30 Abs 2 Z 1 leg cit zusteht.

Die belangte Behörde vertritt die Ansicht, die Anwendung der Hauptwohnsitzbefreiung sei nur möglich, wenn die in § 30 Abs 2 Z 1 EStG 1988 geforderten Voraussetzungen - das Eigenheim müsse seit der Anschaffung, mindestens aber seit zwei Jahren als Hauptwohnsitz gedient haben - kumulativ vorlägen. Eine isolierte Betrachtung der in § 30 Abs 2 Z 1 EStG 1988 normierten Voraussetzungen würde eine beliebige Ausdehnung der Hauptwohnsitzbefreiung ermöglichen und diese damit ad absurdum führen. Werde der Hauptwohnsitz erst acht Monate nach der Anschaffung des Eigenheimes dorthin verlegt, sei die Anwendung der Hauptwohnsitzbefreiung auch dann ausgeschlossen, wenn das Eigenheim danach mehr als zwei Jahre als Hauptwohnsitz gedient habe. Denn das gesetzliche Erfordernis des Hauptwohnsitzes seit der Anschaffung des Eigenheimes sei bei der erst lange Zeit später erfolgenden Begründung eines Hauptwohnsitzes nicht mehr gegeben. Zwar werde in den Spekulationsrichtlinien ausgeführt, die Voraussetzungen der Hauptwohnsitzbefreiung seien auch erfüllt, wenn nach der Anschaffung des Eigenheimes in einem angemessenen Zeitraum Adaptierungsarbeiten durchgeführt würden, weswegen der Hauptwohnsitz auch dann als seit der Anschaffung begründet anzusehen sei, wenn dieser spätestens sechs Monate nach der Anschaffung des Eigenheimes begründet werde. Selbst bei Anwendung dieser begünstigungsfreundlichen Ausführungen des Bundesministers für Finanzen wäre für den Beschwerdeführer nichts gewonnen, weil dieser den so festgelegten maximal befreiungsunschädlichen Zeitraum um zwei Monate, somit wesentlich überschritten habe.

Hingegen meint der Beschwerdeführer, erst mit dem am zugestellten Bescheid der Grundverkehrskommission sei der Kaufvertrag vom "rechtskräftig" geworden. Vor diesem Zeitpunkt wäre es untunlich gewesen, mit der Instandsetzung des unbewohnbaren Eigenheimes zu beginnen. Es könne daher für die Frage, ob das Eigenheim seit der Anschaffung als Hauptwohnsitz gedient habe, nur der Zeitraum zwischen dem (endgültiger Erwerb des Grundstückes) und dem (Anmeldung seines Hauptwohnsitzes im Eigenheim), somit knapp mehr als vier Monate, relevant sein. In diesem kurzen Zeitraum habe er das Eigenheim umfangreich instand gesetzt, weswegen in wirtschaftlicher Betrachtungsweise vom Erwerb eines Rohbaues mit nachfolgender Errichtung des Eigenheimes auszugehen wäre. Es könne daher keine Rede davon sein, er habe seinen Hauptwohnsitz nicht so rasch als möglich in das Eigenheim verlegt. Mit der in § 30 Abs 2 Z 1 EStG 1988 enthaltenen Wortfolge "seit der Anschaffung" werde keine echte Fallfrist normiert. Vielmehr sollte mit dieser Wortfolge dargetan werden, der Hauptwohnsitz solle möglichst rasch nach der Anschaffung des Eigenheimes dorthin verlegt werden. Dies ergebe sich auch aus den von der Abgabenbehörde erwähnten Spekulationsrichtlinien.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Gemäß § 30 Abs 1 Z 1 lit a EStG 1988 in der im Beschwerdefall anzuwendenden relevanten Stammfassung sind Spekulationsgeschäfte Veräußerungsgeschäfte, bei denen bei Grundstücken der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Nach § 30 Abs 2 Z 1 leg cit sind die Einkünfte aus der Veräußerung von Eigenheimen samt Grund und Boden (§ 18 Abs 1 Z 3 lit b leg cit) von der Besteuerung ausgenommen, wenn sie dem Veräußerer seit der Anschaffung, mindestens aber seit zwei Jahren als Hauptwohnsitz gedient haben.

Unbestritten ist, dass das Eigenheim dem Beschwerdeführer zwischen Anschaffung und Veräußerung durch mehr als zwei Jahre als Hauptwohnsitz gedient hat. Wie sich aus der Wortfolge "seit der Anschaffung" ergibt, muss der Hauptwohnsitz grundsätzlich bei der Anschaffung des Eigenheimes begründet werden. Ein solcher Hauptwohnsitz kann jedoch erst in einem bewohnbaren Eigenheim begründet werden. Wie sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt, hat der Beschwerdeführer das erworbene Eigenheim innerhalb eines relativ kurzen Zeitraumes umfangreich instand gesetzt. Die belangte Behörde tritt der Behauptung des Beschwerdeführers, er habe ein unbewohnbares Eigenheim erworben, nicht entgegen. Bei dieser Sachlage ist davon auszugehen, dass der Hauptwohnsitz auch dann als seit der Anschaffung des Eigenheimes begründet anzusehen ist, wenn dieser erst nach in angemessener Zeit erfolgter Instandsetzung des Eigenheimes begründet wird. Dem Gesetz ist auch keine starre Regel zu entnehmen, welcher Zeitraum als angemessen zur Instandsetzung eines unbewohnbaren Eigenheimes anzusehen ist. Bemerkt wird, dass mit einer zwischen der Anschaffung und der Begründung des Hauptwohnsitzes erfolgten andersartigen Verwendung des Eigenheimes als Hauptwohnsitz die Begünstigung des § 30 Abs 2 Z 1 EStG 1988 verwirkt wird.

Da die belangte Behörde die Rechtslage verkannt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl II Nr 333/2003. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil mit dem für Schriftsatzaufwand festgesetzten Pauschbetrag auch die Umsatzsteuer abgegolten ist.

Wien, am