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VwGH vom 18.11.2003, 98/14/0008

VwGH vom 18.11.2003, 98/14/0008

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und den Senatspräsidenten Dr. Karger sowie die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des Vereines Ö in W, vertreten durch DDr. Manfred Nordmeyer und Dr. Widukind W. Nordmeyer, Rechtsanwälte in 4600 Wels, Pollheimerstraße 12, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , 138/1-6/Re-1997, betreffend Erteilung einer Ausnahmegenehmigung auf der Grundlage des § 44 Abs 2 BAO, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der beschwerdeführende Verein hat dem Bund Aufwendungen von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der beschwerdeführende Verein verfolgt nach seinen Statuten den Zweck, die Bevölkerung über alle Belange der Krebserkrankung und ihrer Behandlung mit dem Ziel einer möglichst breiten und umfassenden Information aufzuklären sowie die mit der Krebsbekämpfung befassten Forschungsinstitute, Krankenanstalten, Versicherungsträger, Organe des öffentlichen Gesundheitswesens und privaten Selbsthilfegruppen zu fördern, zu unterstützen und mit ihnen zusammen zu arbeiten. Zur Erreichung dieses Zweckes werden einerseits Broschüren mit in erster Linie von Ärzten gestalteten Beiträgen zum Thema Krebserkrankung herausgegeben, anderseits Beträge an mit der Krebsbekämpfung befasste Organisationen und Einrichtungen hingegeben. Die Herausgabe der unentgeltlich an Ärzte, Kranken- und Kuranstalten sowie Haushalte versandten Broschüren erfolgt nach regionalen Gesichtspunkten, wobei für jede Region einmal jährlich eine derartige Broschüre aufgelegt wird. Die Finanzierung der Broschüren erfolgt zum Großteil durch Inserate, zu einem geringen Teil auch durch Spenden.

Im April 1997 beantragte der beschwerdeführende Verein auf der Grundlage des § 44 Abs 2 BAO eine Ausnahmegenehmigung für die von ihm herausgegebenen Broschüren zu erteilen, wobei er nach Hinweis auf seine gemäß § 35 BAO gegebene Gemeinnützigkeit ausführte, es seien im Jahr 1993 rund 216.000 und im Jahr 1994 rund 235.000 Broschüren aufgelegt worden, wobei deren Umfang zwischen 36 und 48 Seiten betragen habe. Der Anteil der Inserate in den Broschüren habe in den Jahren 1992 bis 1994 durchschnittlich 31,05 % der gesamten Seitenanzahl betragen. Somit werde mit der Herausgabe der Broschüren nach § 45 Abs 3 BAO ein begünstigungsschädlicher Betrieb geführt. Der verhältnismäßig hohe Anteil der Inserate in den Broschüren sei jedoch notwendig, um so eine kostendeckende Publikation zu gewährleisten. Die beantragte Ausnahmegenehmigung setze voraus, dass ohne Absehen von der Abgabepflicht der von ihm verfolgte begünstigte Zweck, nämlich die Bevölkerung über alle Belange der Krebserkrankung zu informieren und aufzuklären, vereitelt oder wesentlich gefährdet wäre. Mit der Herausgabe der Broschüren erfülle er den begünstigten Zweck. Die Herausgabe der Broschüren wäre aber ohne den aus den Inseraten erzielten Einnahmen nicht möglich, weswegen dieser Geschäftsbetrieb zur Erfüllung seines begünstigten Zweckes erforderlich sei. Würde die volle Abgabepflicht geltend gemacht, wäre die Erfüllung des begünstigten Zweckes mangels vorhandener Mittel gefährdet bzw vereitelt. Da der Geschäftsbetrieb für die Erfüllung des begünstigten Zweckes absolut unentbehrlich bzw zwingend seine Haupttätigkeit sei, sei es zur Verfolgung seines Zweckes unabdingbar, den begünstigungsschädlichen Betrieb von der Abgabepflicht auszunehmen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag ab.

Die belangte Behörde stellte zunächst sachverhaltsmäßig fest, der beschwerdeführende Verein habe in den Jahren 1989 bis 1994 Umsätze aus Inseraten von (netto) rund 18,700.000 S erzielt sowie "Spenden" für die Zusendung von Broschüren von rund 578.000 S erhalten, denen neben anderen Ausgaben Provisionen für die Akquirierung von Inseraten von rund 4,792.000 S gegenübergestanden seien, woraus sich - bedingt durch Anlaufverluste in den Jahren 1989 bis 1991 - aus der Herausgabe der Broschüren negative Einkünfte von rund 83.000 S ergeben hätten. Der beschwerdeführende Verein habe im Jahr 1994 an Selbsthilfegruppen von an Krebs erkrankten Personen und deren Angehörigen 360.000 S gespendet.

Zur Begründung ihres Bescheides führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der entscheidungswesentlichen Bestimmungen der BAO aus, wie sich aus Lehre und Rechtsprechung ergebe, erfolge ein Absehen von der Abgabepflicht durch einen auf der Grundlage des § 44 Abs 2 BAO zu erlassenden Bescheid idR nicht zur Gänze. Vielmehr bleibe zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen die Abgabepflicht für den begünstigungsschädlichen Betrieb bestehen. Der begünstigungsschädliche Betrieb könne allerdings bei dessen mangelnder Wettbewerbswirkung von der Abgabepflicht ausgenommen werden, was etwa bei Wohltätigkeitsveranstaltungen der Fall sei. Ein Hilfsbetrieb sei anzunehmen, wenn dieser nicht in seiner Gesamtheit auf Erfüllung des begünstigen Zweckes eingestellt sei, nicht mehr in einem unvermeidbaren Wettbewerb zu abgabepflichtigen Vergleichsbetrieben stehe und der begünstigte Zweck auch anders als durch den geführten Betrieb erreicht werden könnte. Werbeaktivitäten in einer Vereinszeitung könnten somit zu einem Wettbewerbsfaktor werden, wodurch das Geschäft gewerblicher Unternehmungen beeinträchtigt werden könnte. Falls bei Herausgabe eines unentgeltlich abgegebenen Druckwerkes der Anteil der Inserate im Wirtschaftsjahr 25 % der durchschnittlich gesamten Seitenanzahl überschreite, liege kein abgabenrechtlich begünstigter unentbehrlicher Hilfsbetrieb mehr vor. Der beschwerdeführende Verein räume ein, das entgeltliche Einschalten von Inseraten in den Broschüren sei prinzipiell begünstigungsschädlich, was zur Abgabepflicht führe, vertrete jedoch die Ansicht, infolge der ansonsten eintretenden Gefährdung der Verwirklichung seines begünstigen Zweckes habe für den Geschäftsbetrieb die Abgabepflicht zu entfallen. Entgegen der Ansicht des beschwerdeführenden Vereines stelle das Einschalten von Inseraten in Broschüren einen "Gewerbebetrieb nach § 31 BAO" dar. Das Einschalten von Inseraten erfolge gleich wie in anderen Printmedien. Es würden zunächst potentielle Inserenten durch professionelle selbständige Anzeigenvertreter, die hiefür hohe Provisionen erhielten, akquiriert. Sodann würden die in Auftrag gegebenen Inserate in den Broschüren gedruckt und hiefür vom beschwerdeführenden Verein Rechnungen mit Ausweis von Anzeigenabgabe und Umsatzsteuer gelegt. Es sei daher von einer selbständigen, nachhaltigen unter Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr geführten Betätigung auszugehen, bei der sogar - wie aus den steuerlichen Ergebnissen ersichtlich - auch Gewinnabsicht vorliege, wobei die in den Jahren 1989 bis 1991 erwirtschafteten Verluste als Anlaufverluste anzusehen sein. Überdies trete der beschwerdeführende Verein mit dem Akquirieren und Einschalten von Inseraten zu anderen abgabepflichtigen Herausgebern von Broschüren in einen erheblichen Wettbewerb. Denn es sei davon auszugehen, dass potentielle Inserenten aufgrund eines zumeist beschränkten Werbeetats nicht in jeder Broschüre inserieren könnten. Der begünstigte Zweck des beschwerdeführenden Vereines werde ohne Absehen von der Abgabepflicht auch nicht vereitelt. Denn neben der Hausgabe der Broschüren bestehe die einzige weitere vom beschwerdeführenden Verein offenkundig als gemeinnützig angesehene Betätigung in der einmaligen Gewährung von Spenden im Jahr 1994 an Selbsthilfegruppen von an Krebs erkrankten Personen und deren Angehörigen. Die finanzielle Unterstützung derartiger gemeinnütziger Organisationen erfülle jedoch nicht das in § 34 BAO geforderte Merkmal der Unmittelbarkeit einer gemeinnützigen Betätigung im Rahmen der tatsächlichen Geschäftsführung. Somit reduziere sich der einzige unmittelbar der Gesundheitspflege dienende Zweck des beschwerdeführenden Vereines auf die Herausgabe der Broschüren. Diese Betätigung sei jedoch aufgrund des hohen Anteiles entgeltlicher Inserate in den Broschüren nicht mehr als begünstigter unentbehrlicher Hilfsbetrieb anzusehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Gemäß § 44 Abs 1 BAO kommt einer Körperschaft, die einen Gewerbebetrieb oder einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb unterhält, eine Begünstigung auf abgabenrechtlichem Gebiet wegen Betätigung für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke nicht zu. Gemäß § 44 Abs 2 BAO ist die zuständige Finanzlandesdirektion ermächtigt, von der Geltendmachung einer Abgabepflicht in den Fällen des Abs 1 ganz oder teilweise abzusehen, wenn andernfalls die Erreichung des von der Körperschaft verfolgten gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zweckes vereitelt oder wesentlich gefährdet wäre. Eine solche Bewilligung kann von Bedingungen und Auflagen abhängig gemacht werden, die mit der Erfüllung der gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecke zusammenhängen oder die Erreichung dieser Zwecke zu fördern geeignet sind.

Der beschwerdeführende Verein bringt vor, die belangte Behörde habe den ihrer Entscheidung zugrunde zu legenden Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt. Zur ausreichenden Beurteilung des Vorliegens einer Gewinnabsicht wären nicht nur die Jahre 1989 bis 1994, sondern auch die Jahre bis zum Ergehen des angefochtenen Bescheides heranzuziehen gewesen. Die belangte Behörde wäre diesfalls zu dem Schluss gelangt, er habe keine Gewinnabsicht gehabt, somit keinen Gewerbebetrieb geführt, sondern bloß einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb nach § 31 BAO.

Abgesehen davon, dass in einem ausschließlich auf die Erwirkung einer abgabenrechtlichen Begünstigung gerichteten Verfahren der Grundsatz der strikten Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung insofern in den Hintergrund tritt, als der eine Begünstigung in Anspruch nehmende Abgabepflichtige selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen hat, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann, ist dem Vorbringen zu entgegnen, dass es für die Frage der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht von Bedeutung ist, ob die in Rede stehende Tätigkeit des beschwerdeführenden Vereines (Anzeigenwerbung) einen Gewerbebetrieb oder einen - nicht unter § 45 Abs 2 BAO fallenden - wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb bildet. Im Fall eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes nach § 45 Abs 2 BAO hätte ohnedies kein Genehmigungsbescheid iSd § 44 Abs 2 BAO zu ergehen, weil nach Maßgabe der einzelnen Abgabenvorschriften (vgl § 34 BAO) iVm § 44 Abs 2 BAO die Abgabepflicht entfällt.

Unter weit gehender Wiederholung seines Vorbringens im Administrativverfahren behauptet der beschwerdeführende Verein, ohne die Einschaltung von Inseraten und die daraus lukrierten Mittel wäre die Herausgabe der Broschüren, mit denen er den begünstigten Zweck erfülle, nicht möglich. Die von der belangten Behörde in den Vordergrund ihrer Betrachtungen gestellte Wettbewerbsverzerrung liege schon deswegen nicht vor, weil nur von einem eingeschränkten Wettbewerb ausgegangen werden könne. Denn seine Inserenten tätigten die Inserate in den Broschüren nicht aus Gründen der Werbewirksamkeit, sondern um einen gemeinnützigen Zweck, nämlich die Förderung der Gesundheitspflege, zu unterstützen. Selbst wenn ein Wettbewerb vorläge, sei ein solcher im Hinblick auf die Förderung des gemeinnützigen Zweckes in Kauf zu nehmen.

Mit diesen Ausführungen zeigt der beschwerdeführende Verein keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Der Behauptung, die Inserenten tätigten die Inserate in den Broschüren nicht aus Gründen der Werbewirksamkeit, sondern zwecks Förderung der Gesundheitspflege, steht schon die Tatsache entgegen, dass potentielle Inserenten durch professionelle selbständige Anzeigenvertreter, die hiefür hohe Provisionen erhalten, akquiriert werden. Es widerspricht auch der Lebenserfahrung, dass Inserenten das Entgelt für Produktwerbung mehr oder minder aus gemeinnützigen Motiven leisten, um so die Gesundheitspflege zu fördern. Vielmehr werden derartige Beträge für die Bewerbung von Produkten in Broschüren hingegeben. Eine Befreiung der strittigen Tätigkeit von der Abgabepflicht kommt schon deshalb nicht in Betracht (vgl das hg Erkenntnis vom , 98/14/0006).

Im Übrigen ist der beschwerdeführende Verein darauf hinzuweisen, dass auf der Grundlage des § 44 Abs 2 BAO erteilte Bescheide nicht darüber absprechen, ob eine Körperschaft alle Voraussetzungen der §§ 34 ff BAO erfüllt oder ob ein bestimmter Betrieb etwa als Gewerbebetrieb oder als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb nach § 45 Abs 3 BAO zu qualifizieren ist. Der Bescheid entfaltet seine Wirkungen somit nur unter der Voraussetzung, die Erfordernisse seien tatsächlich erfüllt und der Betrieb sei in der im Bescheid erwähnten Art zu beurteilen. Es bleibt jedem Antragsteller daher grundsätzlich unbenommen, in den jeweiligen Abgabenverfahren das Vorliegen eines unentbehrlichen Hilfsbetriebes geltend zu machen (vgl nochmals das hg Erkenntnis vom , 98/14/0006).

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl II Nr 333/2003.

Wien, am