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VwGH vom 15.04.1998, 98/14/0004

VwGH vom 15.04.1998, 98/14/0004

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde der Dipl. Ing. M in L, vertreten durch Dr. Walter Riedl u.a., Rechtsanwälte in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , Zl. RV/238/01-08/Ae-1997, betreffend Einkommensteuer 1995, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist Lehrerin in einer höheren landwirtschaftlichen Lehranstalt. In der Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für 1995 machte sie als Werbungskosten u.a. Ausgaben für den "Weiterbildungslehrgang in Supervision, Personal- und Organisationsentwicklung" sowie für die Anschaffung von diversen Fachbüchern geltend.

Das Finanzamt forderte die Beschwerdeführerin auf, den Kursinhalt sowie die berufliche Verwertung des Kurses zu beschreiben und anzuführen, welchen Berufsgruppen die anderen Kursteilnehmer angehörten.

Die Beschwerdeführerin legte in der Folge ein Schreiben des Lehrgangsveranstalters vor, aus dem sich ergibt:

"Alle Teilnehmer sind im Rahmen ihrer Tätigkeit mit Personal- oder Organisationsentwicklungsprozessen in Unternehmen oder Institutionen beschäftigt oder beabsichtigen, in diesen Bereichen als Personal-, Organisationsentwickler oder Supervisorinnen tätig zu werden. Der Lehrgang dient der Weiterentwicklung des professionellen Handelns in diesen Bereichen.

Die Teilnehmer kommen aus Unternehmen und Institutionen in den Bereichen Wirtschaft, Verwaltung, Schule, Pädagogische Institute, Sozial-, Gesundheits- und Beschäftigungseinrichtungen."

Weiters übermittelte die Beschwerdeführerin dem Finanzamt eine Liste der im Rahmen des Lehrganges behandelten Themen. In einer Bestätigung des Direktors der Schule, an welcher die Beschwerdeführerin unterrichtet, wird ausgeführt, daß sie die Inhalte des Lehrganges als Lehrerin beruflich verwerten könne.

Bei Erlassung des Einkommensteuerbescheides anerkannte das Finanzamt die genannten Werbungskosten nicht. Die Aufwendungen für den Lehrgang (einschließlich der Tages- und Kilometergelder sowie der Kosten für Unterlagen) könnten deshalb nicht berücksichtigt werden, weil ihre berufsspezifische Bedingtheit nicht erkennbar sei. Da am Lehrgang auch Angehörige anderer Berufsgruppen teilgenommen hätten, könne von einer berufsspezifischen Fortbildung für Lehrer nicht gesprochen werden. Die vermittelten Fähigkeiten seien nicht nur im Lehrberuf, sondern in einer Vielzahl von Berufen von Bedeutung. Die Ausgaben für Fachbücher würden nur insoweit als Werbungskosten berücksichtigt, als sie aufgrund der vorgelegten Belege eindeutig der beruflichen Sphäre zuzuordnen gewesen seien.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung.

Organisationsentwicklung und Supervision an Schulen gewännen in den letzten Jahren immer größere Bedeutung. Auch an der Schule, an der die Beschwerdeführerin unterrichte, sei 1994 ein Organisationsentwicklungsprojekt gestartet worden, welches sich ua mit der Umsetzung der Schulautonomie befasse. Solche Projekte könnten nur greifen, wenn das Lehrpersonal eine entsprechende berufliche Weiterbildung in Anspruch nehme. Überdies stellten die Inhalte des Weiterbildungslehrganges eine wichtige und notwendige Weiterbildung für den Unterricht im Freifach "Organisations- und Führungslehre" sowie im Pflichtfach "Projektstudien" dar. Die Aufgaben des Lehrers beschränkten sich im übrigen nicht auf die Abhaltung des Unterrichts, sondern umfaßten vielfältige Aufgaben innerhalb der Schulgemeinschaft, wie die Entwicklung neuer Lehrpläne und die Entwicklung eines Profils und Leitbildes für die Schule. Bei den Fähigkeiten, die im Lehrgang vermittelt würden, handle es sich um sogenannte Schlüsselqualifikationen, wie Teamentwicklung, Konflikt- und Projektmanagement, die für verschiedene Berufe Bedeutung hätten. Lehrer seien immer mehr dazu angehalten, diese Schlüsselqualifikationen im Unterricht zu vermitteln. Die Bücher, deren Anschaffungskosten die Beschwerdeführerin als Werbungskosten anerkannt wissen wolle, seien ausschließlich landwirtschaftliche, psychologische und pädagogische Fachbücher. Die Fachbereiche Landwirtschaft, Psychologie und Pädagogik seien eindeutig ihrer beruflichen Tätigkeit als Pflanzenbaulehrerin an einer höheren landwirtschaftlichen Schule zuzuordnen. Welche der Bücher das Finanzamt nicht der beruflichen Sphäre habe zuordnen können, entziehe sich ihrer Kenntnis.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Der in Rede stehende Lehrgang umfasse 14 Themenblöcke; diese würden überwiegend Bereiche betreffen, die im weiteren Sinn der persönlichen Erweiterung von Lebenskonzepten dienten. Die Bereiche wie Konfliktmanagement, "Meditation" (richtig: Mediation), interkulturelle Beratung, betriebswirtschaftliche Dimension in der Beratung, Einzelintervention, prozeßorientierte Moderation und systemorientierte Grundlagen dienten einer solchen persönlichen Erweiterung von Lebenskonzepten. Nach Ansicht der belangten Behörde vermittle der Lehrgang im wesentlichen eine universelle Menschenbildung, grundlegendes Wissen hinsichtlich wirtschaftlich komplexer Bereiche und auch Kenntnisse von verschiedenen psychologischen Zusammenhängen. Er vermittle auch Modellverbesserungen des menschlichen Verhaltens und der menschlichen Kommunikation in verschiedenen Lebenslagen, wie dies für alle Personen von Bedeutung sei, die zu anderen Menschen Kontakte aufbauen. Der Lehrgang komme daher in erster Linie jenen Personen zugute, die mit anderen Personengruppen, auch mit Schülern und Studenten, außerberufliche und berufliche oder sonstige menschliche Kontakte pflegten. Daß die Beschwerdeführerin für ihre Berufstätigkeit daraus profitieren könne, werde nicht in Abrede gestellt. Der Lehrgang sei aber nicht berufsspezifisch. Das Fehlen einer berufsspezifischen Fortbildung ergebe sich auch aus der Zusammensetzung des Teilnehmerkreises. Die vermittelten Inhalte könnten in verschiedenen beruflichen Bereichen, wie etwa Industrie- und Wirtschaftsbereich sowie Sozial- und Bildungsbereich, Verwendung finden. An der Beurteilung, daß keine berufsspezifische Fortbildung vorliege, vermöge auch das Schreiben des Direktors der Schule, an welcher die Beschwerdeführerin unterrichte, nichts zu ändern. Daß der Besuch des Lehrganges nützlich und sinnvoll sei, stehe nicht in Streit, seine Erforderlichkeit sei aber nicht erkennbar. Bei der Betreuung, Planung und Leitung diverser Unterrichtsprojekte könne sich eine Anwendung für das gewonnene Wissen ergeben, das eigentliche Aufgabengebiet der Beschwerdeführerin liege jedoch beim Unterricht im Pflanzenbau. Zusammenfassend stelle die belangte Behörde fest, daß einzelne Bereiche des Lehrganges (z.B. Supervision, Konfliktmanagement, betriebswirtschaftliche Dimension in der Beratung, Einzelintervention und Coaching) einen nicht unwesentlichen Ausbildungscharakter aufwiesen und somit in nicht unerheblichem Ausmaß die Verfolgung privater Lebensinteressen erkennen ließen. Einzelne Themen seien zwar auf das Berufsbild der Beschwerdeführerin zugeschnitten, nach dem Gesamtbild des Lehrganges diene dieser aber auch der privaten Lebensführung, weshalb Werbungskosten nicht anerkannt werden könnten. Die Aufwendungen für Fachliteratur könnten hinsichtlich der nachstehend dem Titel nach genannten Werke nicht als Werbungskosten berücksichtigt werden, weil diese Bücher mit dem Besuch der Lehrganges in Zusammenhang stünden:

"NLP", "Netzwerk Mensch", "Identität und Lebenszyklus", "Reifungsprozess", "Leben", "Irren ist menschlich", "Transaktionsanalyse" und "Psychotherapie". Diese Bücher enthielten im wesentlichen persönlichkeitsbildende Komponenten und seien nicht als berufsspezifisch zu qualifizieren.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. a EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung selbst dann nicht abgezogen werden, wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

Nach übereinstimmender Lehre und Rechtsprechung (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 93/15/0201, und Hofstätter/Reichel, § 20 Tz 5 EStG 1988, Stichwort Ausbildungskosten - Fortbildungskosten) zählen Aufwendungen für die berufliche Fortbildung zu den Werbungskosten, nicht jedoch Aufwendungen für die Berufsausbildung. Während die berufliche Fortbildung der Verbesserung der beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten dient, dient die Berufsausbildung der Erlernung eines Berufes. Um eine berufliche Fortbildung handelt es sich dann, wenn der Abgabepflichtige seine bisherigen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten verbessert, um im bereits ausgeübten Beruf auf dem laufenden zu bleiben und den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden. Die Eignung der dafür getätigten Aufwendungen zur Erreichung dieses Ziels ist dabei ausreichend. Die Unterscheidung zwischen Ausbildung und Fortbildung kann jeweils nur in bezug auf einen bestimmten Abgabepflichtigen getroffen werden.

Soweit in der Beschwerde vorgebracht wird, die berufliche Veranlassung des Lehrganges könne sich ua aus dem "Aspekt des möglichen Avancements" in Form des Erlangens der Stellung eines Schuldirektors oder einer stellvertretenden Leiterfunktion ergeben, stellt dies eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung dar, sodaß nicht darauf eingegangen werden muß, ob die Bildungsmaßnahme unter diesem Aspekt der Erlangung eines anderen Berufes dienen würde.

Im gegenständlichen Fall wurde die Beschwerdeführerin vom Finanzamt im Zuge der Ermittlungen vor Erlassung des erstinanzlichen Bescheides zur Angabe des Inhaltes des Lehrganges und des Zusammenhanges mit ihrer beruflichen Tätigkeit aufgefordert. Aus dem von der Beschwerdeführerin vorgelegten Schreiben des Veranstalters des Lehrganges ergibt sich, daß der Lehrgang der Weiterentwicklung des professionellen Handelns im Bereich von Personalentwicklungsprozessen,

Organisationsentwicklungsprozessen sowie der Supervision dient. Dieses Schreiben und die von der Beschwerdeführerin ebenfalls dem Finanzamt übermittelte Zusammenstellung der 14 Lehrgangsthemen sind jedoch von so allgemeiner Art, daß sie nicht geeignet sind, eine berufsspezifische Wissensvermittlung aufzuzeigen (vgl. hiezu auch das hg. Erkenntnis vom , 92/14/0173).

In der Berufung hat die Beschwerdeführerin zunächst darauf verwiesen, daß Organisationsentwicklung und Supervision im Zusammenhang mit der Umsetzung der Schulautonomie Bedeutung zukämen. Außerdem umfasse die Aufgabe des Lehrers nicht nur die Abhaltung des Unterrichtes, sondern etwa auch die Entwicklung neuer Lehrpläne und eines Profils bzw Leitbilds für die Schule. Auch dieses Vorbringen zeigt einen hinreichenden Zusammenhang mit der Einkunftserzielung der Beschwerdeführerin nicht auf. Damit wird nämlich nur aufgezeigt, daß im Lehrberuf außerhalb der eigentlichen unterrichtenden Tätigkeit organisatorische Aufgaben zu bewältigen sind. Die Weiterbildung in Fertigkeiten, die ganz allgemein für den außerberuflichen Bereich wie auch für verschiedene berufliche Bereiche Bedeutung haben und zudem der beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen im Randbereich dienlich sind, führt bei diesem nicht zu einer berufsspezifischen Bedingtheit der Aufwendungen.

In der Berufung hat die Beschwerdeführerin weiters vorgebracht, die Kursinhalte des Lehrganges stellten eine notwendige Weiterbildung für den Unterricht im Freifach "Organisations- und Führungslehre" sowie im Pflichtfach "Projektstudien" dar. Im übrigen würden durch den Lehrgang Schlüsselqualifikationen, wie Teamgeist, Konflikt- und Projektmanagement vermittelt. Lehrer seien immer mehr dazu angehalten, diese Schlüsselqualifikationen auch im Unterricht zu vermitteln.

In der Beschwerde wird vorgebracht, die Beschwerdeführerin erteile Unterricht im Fach Pflanzenbau. Daß sie in anderen Fächern Unterricht erteile, wird in der Beschwerde nicht behauptet. Vor diesem Hintergrund ist nicht zu erkennen, daß der Lehrgang der Beschwerdeführerin dazu dienen konnte, im ausgeübten Beruf auf dem laufenden zu bleiben und den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden.

Aufwendungen für Fachliteratur sind dann als Werbungskosten abzugsfähig, wenn sie im Zusammenhang mit der beruflichen Sphäre stehen. Wesentlich ist, daß die Aufwendungen eindeutig und ausschließlich in Zusammenhang mit der Erzielung von Einkünften stehen, sohin ihrer Art nach nur eine berufliche Veranlassung erkennen lassen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 95/15/0175).

Die Anschaffungskosten bestimmter Fachbücher hat die belangte Behörde wegen des Zusammenhanges mit dem in Rede stehenden Lehrgang und im Hinblick darauf, daß die Bücher persönlichkeitsbildende Komponenten enthielten, nicht als Werbungskosten anerkannt. Dem Zusammenhang zwischen der Fachliteratur und dem Lehrgang wird in der Beschwerde nicht entgegengetreten. Aus den obenstehenden Ausführungen zu den Aufwendungen betreffend den Lehrgang ergibt sich daher, daß die Beschwerdeführerin auch durch die Versagung des Werbungskostenabzuges hinsichtlich der Aufwendungen für Literatur nicht in ihren Rechten verletzt worden ist.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994.