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VwGH 03.10.2002, 2002/08/0183

VwGH 03.10.2002, 2002/08/0183

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
RS 1
Ist in einem Fall sowohl die Versicherungspflicht als auch die Beitragspflicht (Nachentrichtung von Beiträgen) strittig, dann geht der Instanzenzug hinsichtlich der Versicherungspflicht bis zum Bundesminister für soziale Verwaltung, endet aber bezüglich der Beitragspflicht beim zuständigen Landeshauptmann.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 1205/76 E VS VwSlg 10121 A/1980 RS 2
Normen
RS 2
Eine Behörde ist an einen von ihr erlassenen Bescheid (auch wenn dieser noch nicht in Rechtskraft erwachsen ist und auch wenn es sich um getrennte Verfahren handelt) grundsätzlich gebunden. Der innere Zusammenhang zwischen der Beitragspflicht als Hauptfrage und der bereits beurteilten Versicherungspflicht als Vorfrage schließt eine Vorgangsweise der Behörde aus, in zwei aufeinander aufbauenden Bescheiden insoweit widersprechende Rechtsauffassungen zu vertreten, als eine Vorfragenbeurteilung im Gegensatz zu dem bereits früher in dieser Sache erlassenen Hauptfragenbescheid vorgenommen würde. Die Behörde ist bei der Beurteilung einer Rechtsfrage, die zur Hauptfrage des Verfahrens im Verhältnis der Vorfrage steht, an einen von ihr selbst bereits früher oder gleichzeitig erlassenen Hauptfragenbescheid auch dann gebunden, wenn dieser entweder zufolge eines mittlerweile erhobenen Rechtsmittels oder mangels Ablaufes der Rechtsmittelfrist noch nicht in Rechtskraft erwachsen ist. Eine nachträgliche Änderung des Ausspruches über die Versicherungspflicht kann im Beitragsverfahren als Wiederaufnahmsgrund gemäß § 69 Abs 1 Z 3 AVG auf Antrag oder von Amts wegen wahrgenommen werden (Hinweis E , 89/08/0332, und E , 98/08/0375).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 97/08/0001 E RS 5
Normen
RS 3
Die Verrechnung des "Wartetastenverlustes" mit späteren Gewinnen stellt eine Maßnahme der Einkommens- und nicht der Gewinnermittlung dar. Ausgangspunkt für die Berechnung der Beitragsgrundlage sind die Einkünfte, von denen der "Wartetastenverlust" mangels einer dies vorsehenden Anordnung des Gesetzgebers nicht abzuziehen ist (Hinweis E , 98/08/0325).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des F in S, vertreten durch Dr. Martin Holzer, Rechtsanwalt in 8600 Bruck an der Mur, Herzog Ernst Gasse 2a, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom , Zl. 5-s20p27/10-2001, betreffend Feststellung der Höhe der Beitragspflicht (mitbeteiligte Partei:

Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, 8011 Graz, Körblergasse 115), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich:

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer in der Zeit vom bis zum gemäß § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG in der Krankenversicherung pflichtversichert war. Von der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung wurde er ausgenommen. Unter einem wurde die Beitragsgrundlage für das Kalenderjahr 1999 mit S 8.615,-- (EUR 626,08) bzw. ein Beitragszuschlag in der Höhe von S 874,92 (EUR 63,58) vorgeschrieben.

§ 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG knüpfe im Wesentlichen an drei Kriterien an, nämlich an selbständige Erwerbstätigkeit, Einkünfte im Sinne des Einkommensteuergesetzes 1988 und das Fehlen einer anderen Pflichtversicherung für die betreffende Tätigkeit. Der Beschwerdeführer sei zivilrechtlicher Miteigentümer eines (Gast)Gewerbebetriebes und weise im Einkommensteuerbescheid 1999 Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von S 103.384,-- auf, welche die maßgebliche Versicherungsgrenze überschritten. Die selbständige Ausübung einer Tätigkeit als Voraussetzung für das Vorliegen eines Gewerbebetriebes werde dadurch charakterisiert, dass sie auf eigene Rechnung und Gefahr ausgeübt werde. Bereits die Mitunternehmerschaft an einem Gewerbebetrieb begründe "haftungsrechtliche Kriterien im Sinne einer selbständigen Erwerbstätigkeit". De facto sei von einem Rechtsverhältnis vergleichbar mit einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts auszugehen. Als Miteigentümer habe der Beschwerdeführer jedenfalls maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftsführung und Verwaltung. Die tatsächliche Ausübung einer Tätigkeit als Gastwirt sei nicht erforderlich.

Gegen diesen Bescheid - soweit er die Beitragspflicht betrifft - richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Der Instanzenzug hinsichtlich der im angefochtenen Bescheid festgestellten Pflichtversicherung des Beschwerdeführers in der Krankenversicherung nach dem GSVG geht bis zum Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen, er endet jedoch bezüglich der Beitragspflicht beim zuständigen Landeshauptmann (§ 194 GSVG i. V.m. § 415 ASVG). Die hier allein verfahrensgegenständliche Beitragspflicht setzt als Vorfrage i.S. des § 38 AVG die Bejahung der Pflichtversicherung voraus. Die belangte Behörde ist dabei an die eigene, wenn auch nicht rechtskräftige Entscheidung über diese Vorfrage gebunden (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 89/08/0332). Auch der Verwaltungsgerichtshof hat bei der Prüfung der Beitragspflicht von der Pflichtversicherung des Beschwerdeführers in der Krankenversicherung nach dem GSVG auszugehen.

Die Beschwerde macht gegen die Höhe der auferlegten Beiträge bzw. gegen die Höhe der festgestellten Beitragsgrundlagen ausschließlich geltend, es liege nur eine Miteigentümereigenschaft, aber "nichts Selbständiges auf Seiten des Beschwerdeführers" vor. Der Beschwerdeführer sei im Genuss einer Erwerbsunfähigkeitspension, er tue "absolut überhaupt nichts in dem Betrieb" und beziehe ein Einkommen "wie aus Kapitalanlage". Es liege kein Einkommen im Sinne des Einkommensteuergesetzes vor. Es sei "ein untrennbares Junktim zwischen der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung einerseits und der daraus resultierenden Beitragspflicht andererseits vorhanden". Die Beitragsgrundlage wäre mangels Mitunternehmerschaft des Beschwerdeführers "mit S 0,00 (in Worten: null Schilling) festzusetzen gewesen".

Damit macht der Beschwerdeführer Umstände geltend, die die bindend entschiedene Vorfrage seiner Versicherungspflicht betreffen. Diese ist offenbar Gegenstand der vom Beschwerdeführer am an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen erhobenen Berufung. Eine nachträgliche Änderung des Ausspruches über die Versicherungspflicht kann im Beitragsverfahren als Wiederaufnahmsgrund gemäß § 69 Abs. 1 lit. c AVG auf Antrag oder von Amtswegen wahrgenommen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/08/0001).

Dem die Höhe der Beitragsgrundlage betreffenden Vorbringen des Beschwerdeführers, dass die "Wartetastenverluste, die nunmehr dem Beschwerdeführer als Einkommen zugerechnet werden, kein Einkommen im Sinne des GSVG darzustellen haben", ist zu entgegnen, dass die Verrechnung des "Wartetastenverlustes" mit späteren Gewinnen eine Maßnahme der Einkommens- und nicht der Gewinnermittlung darstellt. Ausgangspunkt für die Berechnung der Beitragsgrundlage sind die Einkünfte, von denen der "Wartetastenverlust" mangels einer dies vorsehenden Anordnung des Gesetzgebers nicht abzuziehen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/08/0325).

Die Beschwerde war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
Schlagworte
Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der
Behörde
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2002:2002080183.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
BAAAE-48866