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VwGH vom 24.02.1999, 98/13/0118

VwGH vom 24.02.1999, 98/13/0118

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Repa, über die Beschwerde der D Gesellschaft mbH in Wien, vertreten durch Dr. Renate Steiner, Rechtsanwalt in Wien I, Weihburggasse 18-20, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , GA 8-2520/96, betreffend Dienstgeberbeitrag, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag und Säumniszuschlag, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach einer abgabenbehördlichen Prüfung schrieb das Finanzamt der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag und Säumniszuschlag von den 1994 an den Alleingesellschafter und Geschäftsführer ausbezahlten Bezügen vor.

In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde insbesondere ausgeführt, der Gesellschafter-Geschäftsführer könne nicht in den betrieblichen Organismus des Unternehmens eingegliedert sein, weil er hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort und Überwachung der Tätigkeit völlig unabhängig sei.

Auf einen entsprechenden Vorhalt des Finanzamtes wurde von der Beschwerdeführerin in einer Eingabe vom ausgeführt, der Geschäftsführer habe weder einen Dienst- noch einen Werkvertrag abgeschlossen; es liege ein freies Dienstverhältnis vor. Schriftliche Verträge existierten nicht. Der Geschäftsführer habe sich durch Angestellte der Beschwerdeführerin und durch unabhängige Provisionsvertreter vertreten lassen. Es bestehe kein Urlaubsanspruch. Ein Anspruch auf Weiterzahlungen der Vergütungen im Krankheitsfall bestehe nicht Die Tätigkeiten des Geschäftsführers unterlägen der freien Zeiteinteilung. Die Vergütung für 1994 habe S 600.000,-- betragen; sie sei in zwölf Teilbeträgen a S 50.000,-- mehr oder weniger regelmäßig bezahlt worden. Sonderzahlungen (13. und 14. Bezug) seien nicht gewährt worden. Die gesetzliche Sozialversicherung trage der Geschäftsführer selbst. Ein Auslagenersatz erfolge wie bei einem Unternehmer gegenüber seinem Betrieb. Dem Geschäftsführer würden keine Sachbezüge gewährt. Er habe keinen Anspruch auf Abfertigung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides wurde insbesondere ausgeführt, die Erfüllung der dem Geschäftsführer übertragenen Tätigkeitsbereiche erforderten eine faktische Eingliederung in den betrieblichen Ablauf, und zwar sowohl in zeitlicher, örtlicher und organisatorischer Hinsicht. So stellten die Führung der Dienstnehmer und die Besorgung des Tagesgeschäftes zeitliche Rahmenbedingungen dar und bestimmten auch die Wahl des Arbeitsplatzes. Dem Geschäftsführer stehe eine erfolgsunabhängige Entlohnung zu, die regelmäßig monatlich in Höhe von S 50.000,-- gewährt werde. Daß zudem noch Aufwendungen des Geschäftsführers von der Beschwerdeführerin ersetzt werden, spreche gegen das Vorliegen eines Unternehmerrisikos.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Soweit in der Beschwerdeschrift zunächst gerügt wird, daß die Beschwerdeführerin im angefochtenen Bescheid nicht korrekt bezeichnet ist - an Stelle der Firmenbezeichnung

"D. Werbevermittlung GmbH" nur "D. GmbH" -, ist ihr entgegenzuhalten, daß ein "Deuten" eines bloß fehlerhaft bezeichneten Bescheidadressaten zulässig und geboten ist (vgl das hg Erkenntnis vom , 94/17/0419). Die Identifizierung der überdies durch ihre Anschrift näher umschriebenen Kapitalgesellschaft war durch die fehlerhafte Bezeichnung des Firmenwortlautes nicht in Frage gestellt, sodaß davon auszugehen ist, daß das notwendige Merkmal der Bezeichnung des Bescheidadressaten im Beschwerdefall gegeben ist.

Gemäß § 41 Abs 2 FLAG in der ab 1994 anzuwendenden Fassung des Steuerreformgesetzes 1993, BGBl Nr 818, sind Personen, die in einem Dienstverhältnis iSd § 47 Abs 2 EStG 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen iSd § 22 Z 2 EStG 1988 Dienstnehmer iSd der Regelungen betreffend den Dienstgeberbeitrag.

Nach § 22 Z 2 zweiter Teilstrich EStG 1988 fallen unter die Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit die Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs 2 EStG 1988) aufweisende Beschäftigung gewährt werden.

Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der im § 22 Z 2 zweiter Teilstrich EStG 1988 enthaltenen Formulierung "sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses" das Verständnis beizulegen, daß es zwar auf die Weisungsgebundenheit nicht ankommt, wenn diese wegen der Beteiligung an der GmbH (im Ausmaß von 50 % oder mehr oder auf Grund der Vereinbarung einer Sperrminorität) fehlt, daß aber im übrigen die Voraussetzungen eines Dienstverhältnisses vorliegen müssen. Für die Frage, ob "sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses" iSd § 22 Z 2 zweiter Teilstrich EStG 1988 gegeben sind, ist sohin der Umstand der Beteiligung an der GmbH auszublenden und eine auf Grund der Beteiligungsverhältnisse fehlende Weisungsgebundenheit fiktiv hinzuzudenken. Sodann ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu prüfen, ob die Voraussetzungen eines steuerlichen Dienstverhältnisses gegeben sind (vgl die hg Erkenntnisse vom , 96/15/0121, vom , 96/15/0094, vom , 96/14/0028, und vom , 97/14/0132).

Nach der in § 22 Z 2 zweiter Teilstrich EStG 1988 bezogenen Bestimmung des § 47 Abs 2 EStG 1988 liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist. Dabei ist für die Beurteilung einer Leistungsbeziehung als Dienstverhältnis das tatsächlich verwirklichte Gesamtbild der vereinbarten Tätigkeit maßgebend (vgl zB die hg Erkenntnisse vom , 90/14/0184, und vom , 94/15/0123).

Die Beschwerdeführerin hat im Verwaltungsverfahren eine Anzahl von Umständen geltend gemacht, die ihrer Meinung nach gegen das Vorliegen eines Dienstverhältnisses zu ihrem Geschäftsführer sprechen. Insbesondere wurde vorgebracht, es bestehe kein Anspruch auf Urlaub und auf Weiterzahlung der Vergütungen im Krankheitsfall. Sonderzahlungen würden nicht bezahlt. Die gesetzliche Sozialversicherung trage der Geschäftsführer selbst. Die Vergütung des Geschäftsführers hänge vom Erfolg der Gesellschaft ab, weshalb der letzte dem Jahr 1994 zuzurechnende Betrag erst im Jänner 1995 ausbezahlt worden sei. Der Geschäftsführer habe keinen Anspruch auf Abfertigung. Mit diesem Vorbringen hat sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht auseinandergesetzt. Sie ging vielmehr davon aus, die Erfüllung der dem Geschäftsführer übertragenen Tätigkeitsbereiche erforderten eine faktische Eingliederung in den betrieblichen Ablauf in zeitlicher, örtlicher und organisatorischer Hinsicht. Auf Grund welchen festgestellten Sachverhaltes die belangte Behörde zu dieser Schlußfolgerung gelangt ist, ist dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen.

Mit diesen Begründungsmängeln hat die belangte Behörde aber bei Erlassung des angefochtenen Bescheides Verfahrensvorschriften außer acht gelassen, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.

Wien, am