VwGH vom 29.05.1996, 93/13/0007
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. DDr. Jahn, über die Beschwerde der P GesmbH in W, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat III, vom , Zl 6/2-2073/91-09, betreffend Umsatz-, Körperschaft- und Gewerbesteuer 1989, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende GmbH machte in ihren Steuererklärungen für das Jahr 1989 Vorsteuern in Höhe von S 125.417,-- sowie einen Aufwand von S 1,254.168,-- jeweils aus dem Titel Repräsentationspauschale bei Exporten geltend. Bei der Veranlagung zur Umsatz-, Körperschaft- und Gewerbesteuer 1989 wurden diese Vorsteuern bzw dieser Aufwand mit der Begründung nicht anerkannt, daß die zum EStG 1972 bzw KStG 1966 ergangene Verordnung BGBl Nr 350/1976 im Geltungsbereich des EStG 1988 bzw KStG 1988 nicht mehr anwendbar seien. Wegen der untrennbaren Verknüpfung mit den laut § 1 der Verordnung errechneten Beträgen sei die Verordnung auch für die Umsatzsteuer ab 1989 nicht mehr anwendbar.
In einer dagegen eingebrachten Berufung wurde vorgebracht, auch § 20 Abs 1 Z 3 EStG 1988 regle die Möglichkeit, auf Grund einer Verordnung des Bundesministers für Finanzen Repräsentationsaufwendungen abzusetzen, sofern Ausfuhrumsätze im Sinne des § 6 Z 1 und 2 UStG 1972 getätigt würden. Diese Gesetzesstelle sei fast wortwörtlich aus § 20 Abs 1 Z 3 EStG 1972 übernommen worden, zu welcher die Verordnung BGBl Nr 350/1976 erlassen worden sei, in welcher ausdrücklich auf § 20 Abs 1 Z 3 EStG 1972, § 16 Abs 2 KStG 1966 und § 14 Abs 1 UStG 1972 Bezug genommen sei. In der Übergangsbestimmung des § 111 EStG 1988 sei eine Generalklausel aufgestellt worden, daß bei Bezug von bundesgesetzlichen Vorschriften über öffentliche Abgaben oder Beiträge auf Bestimmungen des EStG 1972 die entsprechenden Bestimmungen des EStG 1988 an deren Stelle träten. Das bedeute, daß die Verordnung auch im Rahmen des EStG 1988 voll anzuwenden sei. Bezüglich des UStG 1972 sei ab dem Jahr 1989 keine Änderung eingetreten, und nehme § 20 Abs 1 Z 3 EStG 1988 durch den Begriff "Ausfuhrumsätze" auf die entsprechende Bestimmung im Umsatzsteuergesetz Bezug. Somit liege entgegen der Auffassung des Finanzamtes eine untrennbare Verknüpfung in der Weise vor, daß bei Vorliegen eines Ausfuhrumsatzes im Sinne des Umsatzsteuergesetzes die entsprechende Bestimmung des § 20 Abs 1 Z 3 EStG 1988 zum Tragen komme, wobei die Verordnung nur eine entsprechende Berechnungsgrundlage aufstelle. Da auch § 20 Abs 1 Z 3 EStG 1988 die Möglichkeit der Erlassung einer Verordnung durch den Bundesminister für Finanzen normiere, müsse dem Gesetzgeber des EStG 1988 unterstellt werden, daß er eine "dem Inhalt entsprechende Regelung", sei es durch Weitergeltung der ursprünglichen Verordnung, sei es durch eine "Neufassung einer entsprechenden Verordnung", bezweckt habe.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Dies im wesentlichen mit der Begründung, die Übergangsbestimmung des § 111 EStG 1988 beziehe sich schon nach ihrer Überschrift auf andere Bundesgesetze. Überdies könne die gegenständliche Verordnung im Geltungsbereich des EStG 1988 nicht mehr zur Anwendung kommen, weil sie als Durchführungsverordnung im Sinne des Art 18 Abs 2 B-VG zum EStG 1972 bzw KStG 1966 sowie UStG 1972 ergangen sei und als solche nach herrschender Lehre und Rechtsprechung mit Wegfall des durchgeführten Gesetzes "automatisch" weggefallen sei. Es sei richtig, daß auch § 20 Abs 1 Z 3 EStG 1988 eine Verordnungsermächtigung für den Bundesminister für Finanzen enthalte, hievon sei aber bisher nicht Gebrauch gemacht worden. Weil daher die Durchschnittssätze nach § 1 der Verordnung nicht zu gewähren seien, stünden auch die damit im Zusammenhang stehenden Vorsteuerbeträge nach § 2 der Verordnung nicht zu.
In der dagegen eingebrachten Beschwerde beantragt die Beschwerdeführerin die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Einkommen- und Körperschaftsteuer sind Abschnittsteuern, dh daß für Zwecke der Erhebung dieser Steuern die in bestimmten Zeitabschnitten verwirklichten Tatbestände periodisch erfaßt werden. Für die Zeit vor 1989 ergibt sich dies aus § 2 Abs 1 EStG 1972 und aus § 7 Abs 1 KStG 1966. Die Regelungen dieser Gesetze beziehen sich demgemäß - abgesehen etwa von periodenübergreifenden Verrechnungsvorschriften - auf die einzelnen Jahre, die insgesamt unter ihren zeitlichen Anwendungsbereich fallen, der mit Ablauf des geendet hat.
Die Verordnung BGBl Nr 350/1976 knüpft an den in § 20 Abs 1 Z 3 EStG 1972 enthaltenen Tatbestand des Tätigens von Ausfuhrumsätzen an und erfaßt die betreffenden Tätigkeiten dementsprechend nur in den unter den zeitlichen Anwendungsbereich des Einkommensteuergesetzes 1972 fallenden Jahren. Daraus folgt, daß der Verordnung BGBl Nr 350/1976 kein über das Einkommensteuergesetz 1972 hinausreichender zeitlicher Anwendungsbereich beizumessen ist (vgl auch Aichlreiter, Österreichisches Verordnungsrecht, 1161 ff).
Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, daß im EStG 1988 der § 20 Abs 1 Z 3 EStG 1972 mit "ganz geringfügigen verbalen Veränderungen" übernommen wurde. Diese Ansicht teilt der Verwaltungsgerichtshof nicht: Während § 20 Abs 1 Z 3 EStG 1972 hinsichtlich Repräsentationsaufwendungen ein absolutes Abzugsverbot normiert, wird im § 20 Abs 1 Z 3 EStG 1988 mit den Worten "... außer der Steuerpflichtige weist nach, daß die Bewirtung der Werbung dient und die betriebliche oder berufliche Veranlassung weitaus überwiegt" eine ausdrückliche Einschränkung des auch in dieser Gesetzesstelle zunächst normierten absoluten Abzugsverbotes ausgedrückt. Dementsprechend wird im § 20 Abs 1 Z 3 EStG 1972 der Bundesminister für Finanzen ermächtigt, "abweichend von der vorstehenden Bestimmung" (nämlich abweichend vom absoluten Abzugsverbot) eine Verordnung bestimmten Inhaltes zu erlassen, während sich die Verordnungsermächtigung des § 20 Abs 1 Z 3 EStG 1988 auf abzugsfähige Repräsentationsaufwendungen oder Repräsentationsausgaben, somit unter Berücksichtigung des bereits eingeschränkten Abzugsverbotes, bezieht. Der Regelungsinhalt der Verordnung BGBl Nr 350/1976 ist daher ein anderer (nämlich weiterer) als der Regelungsinhalt einer allfälligen Verordnung auf Grund der Ermächtigung im EStG 1988. Die Beschwerdeführerin meint, daß bei Prüfung des § 20 Abs 1 Z 3 EStG 1988 klar ersichtlich sei, daß der Gesetzgeber des zweiten Satzes die Abzugsfähigkeit für Repräsentationsaufwendungen oder Repräsentationsausgaben bei Vorliegen von Ausfuhrumsätzen prinzipiell anerkennt. Dazu ist zwar zunächst zu sagen, daß der zweite Satz des § 20 Abs 1 Z 3 EStG 1988 die entsprechende Abzugsfähigkeit unter bestimmten Voraussetzungen ganz allgemein, nicht nur bei Vorliegen von Ausfuhrumsätzen - anders als § 20 Abs 1 Z 3 EStG 1972 - anerkennt, richtig ist aber, daß (deswegen) in einer allfälligen Verordnung nicht die Abzugsfähigkeit von Repräsentationsaufwendungen oder Repräsentationsausgaben für Unternehmen, die Ausfuhrumsätze tätigen, zu normieren ist, weil sich diese - wie bei allen anderen Unternehmen - aus dem Gesetz selbst ergibt, während die Ermächtigung nach § 20 Abs 1 Z 3 EStG 1972 tatsächlich (vgl "abweichend von der vorstehenden Bestimmung") eine Sonderregelung für solche Unternehmen, welche Ausfuhrumsätze tätigen, enthielt. Es kann daher schon deshalb nicht gefunden werden, daß die zitierte Verordnung im Geltungsbereich des EStG 1988, somit bei - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin - geänderter Rechtslage noch einen Anwendungsbereich haben könnte.
Nicht gefolgt werden kann im übrigen der Ansicht der Beschwerdeführerin, daß § 20 Abs 1 Z 3 EStG 1988 ohne Erlassung der entsprechenden Verordnung nicht angewendet werden könnte. Mangels Verordnung über entsprechende Durchschnittssätze bleibt lediglich die Nachweispflicht der Einzelaufwendungen bestehen, wobei an dieser Stelle darauf hingewiesen wird, daß die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren nicht vorgetragen hat, entsprechende Nachweise erbringen zu können. Es bewirkt daher - entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin - auch der Umstand, daß der Bundesminister für Finanzen eine entsprechende Verordnung, zu welcher er gemäß § 20 Abs 1 Z 3 EStG 1988 ermächtigt ist, bisher nicht erlassen hat, keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides.
Der Gerichtshof teilt schließlich auch die Ansicht der belangten Behörde, daß im Beschwerdefall eine Anerkennung von Vorsteuern "nach Durchschnittssätzen" für entsprechende Repräsentationsaufwendungen nicht in Betracht kommt, obwohl das UStG 1972 für das Streitjahr keine Änderung erfahren hat. Gemäß § 2 der Verordnung BGBl Nr 350/1976 sind Unternehmer, denen Durchschnittssätze nach (§ 1) dieser Verordnung (für Repräsentationsaufwendungen) gewährt werden, berechtigt, den Vorsteuerabzug für die mit diesen Repräsentationsaufwendungen im Zusammenhang stehenden Vorsteuerbeträge in bestimmter Höhe vorzunehmen. Da der Beschwerdeführerin mangels Anwendbarkeit der zitierten Verordnung - richtigerweise - keine entsprechenden Durchschnittssätze gewährt wurden, war es auch nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde auch pauschalierte Vorsteuern nicht anerkannt hat.
Da die Beschwerde somit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzeigt, war sie gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.