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VwGH vom 30.11.1993, 90/08/0108

VwGH vom 30.11.1993, 90/08/0108

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schwächter, über die Beschwerde des M in V, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom , Zl. 122.300/2-7/90, betreffend Versicherungspflicht in der Unfallversicherung nach dem BSVG (mitbeteiligte Partei: Sozialversicherungsanstalt der Bauern, Ghegastraße 1, 1031 Wien), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Miteigentümer eines Grundstückes am Z, dessen Eigentümer auch Inhaber des Fischereirechtes an diesem Gewässer sind. Die Miteigentümer dieser Liegenschaft haben sich mit Konsortialvertrag vom zum "Konsortium Z" als Gesellschaft nach den Bestimmungen der §§ 1175 bis 1216 ABGB zusammengeschlossen.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde - in Bestätigung der Entscheidungen der Unterinstanzen - fest, daß der Beschwerdeführer als Miteigentümer des genannten Grundstückes vom an bis laufend gemäß § 3 BSVG in der Unfallversicherung der Bauern pflichtversichert sei; seine Berufung gegen den Ausspruch über die Beitragspflicht wurde als unzulässig zurückgewiesen. Nach der Begründung handle es sich bei dem genannten Konsortium um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts ohne eigene Rechtspersönlichkeit. Den Berufungsausführungen des Beschwerdeführers, daß im vorliegenden Fall kein land(forst)wirtschaftlicher Betrieb, sondern ein bloßer Zusammenschluß von Miteigentümern vorliege, deren Zweck die unentgeltliche Ausübung der Fischerei sei, hielt die belangte Behörde entgegen, daß nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein solcher Betrieb auch dann anzunehmen sei, wenn eine land- oder forstwirtschaftliche Tätigkeit gemäß § 5 Abs. 1 des Landarbeitsgesetzes (LAG) entwickelt werde. Die Fischerei werde in dieser Bestimmung ausdrücklich zur land- und forstwirtschaftlichen Produktion gezählt. Im Beschwerdefall sei eine solche Tätigkeit dadurch gegeben, daß ein Fischereirevier - wenn auch nicht in der Absicht der Erzielung eines landwirtschaftlichen Ertrages - mehr oder weniger regelmäßig befischt werde. Daß diese Tätigkeit lediglich als Hobby ausgeübt werde, sei rechtlich unerheblich.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof.

Die belangte Behörde, die von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand nahm, hat die Verwaltungsakten vorgelegt. Die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 3 Abs. 1 Z. 1 BSVG sind in der Unfallversicherung nach dem BSVG die in § 2 Abs. 1 Z. 1 bezeichneten Personen pflichtversichert; dies sind nach der zuletzt zitierten Vorschrift Personen, die auf ihre Rechnung und Gefahr einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb im Sinne der Bestimmungen des Landarbeitsgesetzes führen oder auf deren Rechnung und Gefahr ein solcher Betrieb geführt wird.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft im Sinne des § 5 Abs. 1 LAG in Verbindung mit der Umschreibung des Begriffes im Arbeitsverfassungsrecht dann gegeben, wenn innerhalb einer organisatorischen Einheit eine physische oder juristische Person oder eine Personengemeinschaft allein oder mit Arbeitskräften mit Hilfe von technischen oder immateriellen Mitteln die Erzielung bestimmter Arbeitsergebnisse in der land- und forstwirtschaftlichen Produktion fortgesetzt verfolgt (vgl. z. B. die Erkenntnisse vom , Zl. 81/08/0051, und vom , Zl. 90/08/0197).

Die Unfallversicherungspflicht der im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 1 BSVG in der Land- und Forstwirtschaft selbständig Erwerbstätigen nach § 3 BSVG knüpft - verbal - nicht an das Eigentum an den land(forst)wirtschaftlichen Flächen, auf denen ein Betrieb oder mehrere Betriebe geführt werden, sondern daran an, wer den Betrieb oder die Betriebe auf seine Rechnung und Gefahr führt oder auf wessen Rechnung und Gefahr der Betrieb oder die Betriebe geführt wird bzw. werden. Trifft dies auf mehrere Personen zu, so liegt eine Betriebsführung auf gemeinsame Rechnung und Gefahr dieser Personen vor (vgl. z.B. das Erkenntnis vom , Zl. 90/08/0197, mit weiteren Judikaturhinweisen).

Gemäß § 3 Abs. 2 BSVG besteht die Pflichtversicherung gemäß Abs. 1 u.a. dann, wenn es sich um einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb handelt, dessen Einheitswert den Betrag von S 2.000,-- erreicht oder übersteigt.

In der Beschwerde wird zunächst unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit in Abrede gestellt, daß überhaupt ein land(forst)wirtschaftlicher Betrieb vorhanden sei, da es an Betriebsmitteln und Beschäftigten fehle. Im übrigen hätten sich die Miteigentümer bloß zur unentgeltlichen Ausübung der Fischerei als Hobby ("Sportfischerei") zusammengeschlossen.

Was diese Ausführungen anlangt, so ist darauf zu verweisen, daß die Tätigkeit eines Fischereiausübungsberechtigten nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keineswegs nur darin besteht, gelegentlich zum Vergnügen zu fischen, sondern auch bestimmte Pflichten beinhaltet:

Nach dem im Beschwerdefall zur Anwendung kommenden Oberöstereichischen Fischereigesetz, LGBl. Nr. 60/1983 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 16/1990, ist das Fischereirecht die ausschließliche Berechtigung, in jenem Gewässer, auf das sich das Recht räumlich erstreckt, Wassertiere, das sind Fische, Krustentiere und Muscheln, zu hegen, zu fangen (Fischfang) und sich anzueignen (§ 1 Abs. 1). Nach § 1 Abs. 4 leg. cit. ist mit dem Recht nach Abs. 1 die Pflicht verbunden, einen nach Art und Menge angemessenen Fischbestand zu erhalten (Hegepflicht) und, soweit dies zumutbar ist, dafür zu sorgen, daß die Lebensgrundlage der Wassertiere nicht beeinträchtigt wird. Gemäß § 2 des genannten Gesetzes ist Fischereiberechtigter der Eigentümer eines Fischereirechtes. Bewirtschafter eines Gewässers ist der Fischereiberechtigte, im Falle der Verpachtung des Fischereirechtes der Pächter. Gemäß § 6 Abs. 3 darf ein Fischereirecht an eine natürliche Person nur verpachtet werden, wenn diese im Besitz einer Fischereikarte ist und von ihr die ordnungsgemäße Bewirtschaftung des Fischwassers erwartet werden kann. Nach § 8 Abs. 1 ist der Bewirtschafter im Rahmen der Hege (§ 1 Abs. 4) verpflichtet, das Fischwasser ausreichend mit standortgerechten und gesundem Besatzmaterial zu besetzen.

Vor diesem rechtlichen Hintergrund konnte die belangte Behörde daher bei der Beurteilung der Unfallversicherungspflicht des Beschwerdeführers zu Recht davon ausgehen, daß die ausgeübte Fischerei, wenn sie auch als nachhaltige Tätigkeit nicht um des Erwerbes oder eines Gewinnes willen betrieben wird, doch durch die gesetzlich aufgetragene planmäßige Tätigkeit notwendig und regelmäßig zur Erzielung von Einkünften in Geld- oder Güterform führt und daß dieser Erfolg bei Ausübung der Tätigkeit nicht ausgeschlossen, sondern hingenommen wird. Damit ist diese Tätigkeit jedenfalls objektiv auch auf Erwerb gerichtet, weshalb der Fischereiausübungsberechtigte - wenn gemäß § 3 Abs. 2 BSVG der Einheitswert des land(forst)wirtschaftlichen Betriebes den Betrag von S 2.000,-- erreicht oder übersteigt - der Unfallversicherungspflicht nach § 3 Abs. 1 Z. 1 BSVG unterliegt. Für die Beurteilung der Frage der selbständigen Tätigkeit des Fischereiausübungsberechtigten ist es an sich belanglos, ob die einzelnen, in den Fischereivorschriften geregelten Verpflichtungen durch den Fischereiausübungsberechtigten selbst oder in seinem Auftrag von anderen Personen erfüllt werden (vgl. z.B. zur Tätigkeit eines nach dem Niederösterreichischen Fischereigesetz Fischereiausübungsberechtigten das Erkenntnis vom , Zl. 84/08/0210, und das die Tätigkeit eines nach dem Steiermärkischen Fischereirecht Fischereiausübungsberechtigten vom , Zl. 88/08/0268).

Als inhaltliche Rechtswidrigkeit macht der Beschwerdeführer ferner geltend, daß er die Fischerei auf der Liegenschaft nicht als Einzelperson, sondern als Mitglied des genannten Konsortiums ausübe. Dieses Konsortium sei nach den Bestimmungen des Konsortialvertrages eine Organisation besonderer Art, nämlich eine Gesellschaft bürgerlichen Rechtes mit Außenwirkung, die gegenüber Dritten als "sozietäre Vereinigung" in Erscheinung trete. Das Konsortium sei auf lange Dauer angelegt, vom Wechsel der Mitglieder unabhängig und besitze auch eigenes Vermögen. Die Willensbildung erfolge nach dem Mehrheitsprinzip, wobei sich die bei der Abstimmung unterlegenen Miteigentümer an den Mehrheitsbeschluß zu halten hätten. Die Gesellschaft verfüge auch über gemeinsame, von den Miteigentümern gewählte, nach außen auftretende Organe. Wenn auch eine solche Gesellschaft keine eigene Rechtspersönlichkeit besitze, so fehle es dennoch an der nach § 3 Abs. 1 BSVG genannten Voraussetzung für die Pflichtversicherung in der Unfallversicherung, nämlich am Vorhandensein einer natürlichen Person, welche einen landwirtschaftlichen Betrieb führe.

Auch diese Ausführungen sind nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun: Nach § 1 des genannten Konsortialvertrages gründen die Miteigentümer das "Konsortium Z." als Gesellschaft nach den Bestimmungen der §§ 1175 bis 1216 ABGB zum Zwecke des Eigentumserwerbes und der gemeinsamen Verwaltung und Bewirtschaftung des Grundstückes Z. mit sämtlichen Fischerei- und sonstigen Rechten. Nach § 2 des Vertrages ist das Konsortium eine "Bruchteilgemeinschaft im Sinne der §§ 1175 bis 1216 ABGB". Die Verfügung über die Sache selbst, Besitz, Verwaltung und Nutzung stehen allen Mitgliedern aufgrund dieser Satzung gemeinsam zu. Dabei verfügt jedes Mitglied grundsätzlich über seinen Anteil selbst.

Eine solche Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist nach herrschender Auffassung keine juristische Person, und zwar auch dann nicht, wenn sie "kooperativ" (richtig wohl: korporativ) organisiert ist, d.h. daß abweichend von den Regeln der §§ 1175 ff die Gesellschaft auf längere Dauer angelegt, in ihrem Bestand vom Wechsel der Mitglieder unabhängig ist, die Willensbildung nach dem Mehrheitsprinzip erfolgt und Organe für die Gesellschaft errichtet sind (vgl. z.B. Strasser in Rummel II, 2. Auflage, Ausführungen vor § 1175, Rz 13, mit weiteren Judikatur- und Literaturhinweisen). Rechtsträger einer solchen Gesellschaft sind daher die einzelnen Gesellschafter als natürliche bzw. juristische Personen. Die Führung eines land(forst)wirtschaftlichen Betriebes im Sinne des LAG auf Rechnung und Gefahr des genannten Konsortiums kommt daher im Beschwerdefall nicht in Frage. Vielmehr ist der Beschwerdeführer als selbständig Erwerbstätiger in einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb anzusehen (vgl. demgegenüber das das Mitglied einer als VEREIN konstituierten Jagdgesellschaft betreffende Erkenntnis vom , VerwSlg. NF 7067/A). Der Beschwerdeführer unterliegt daher wegen des Zutreffens der weiteren Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 BSVG der Pflichtversicherung in der Unfallversicherung.

Weitere Sachverhaltsermittlungen durch die belangte Behörde waren im Beschwerdefall entbehrlich, weshalb die vom Beschwerdeführer behauptete Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht gegeben ist.

Aufgrund dieser Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.