VwGH vom 26.09.2000, 98/13/0012
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fössl, über die Beschwerde der EN in W, vertreten durch Schönherr, Barfuss, Torggler & Partner, Rechtsanwälte in Wien I, Tuchlauben 13, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat I A) vom , GZ GA 15-92/1103/13, betreffend Einkommensteuer 1984 bis 1986, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin machte für das Jahr 1984 neben Einkünften aus selbstständiger Arbeit einen Verlustanteil aus der Beteiligung als stille Gesellschafterin der M GmbH in Höhe von S 600.000,-- geltend. Nach einer der Einkommensteuererklärung für 1984 beigelegten Mitteilung der M. GmbH vom war die Beschwerdeführerin mit einer Einlage in Höhe von S 600.000,-- als "echte" stille Gesellschafterin beteiligt. Für 1985 und 1986 wurden (positive) Einkünfte in Höhe von je S 18.000,-- aus dieser Beteiligung erklärt.
Auf einen entsprechenden Vorhalt wurde in einer Eingabe vom bekannt gegeben, die Beteiligung an der M GmbH sei bereits 1987 "vom Geschäftsherrn" veräußert worden. Aus dieser Beteiligung sei ein Totalüberschuss erzielt worden. Die Veräußerung der Beteiligung ebenso wie die Beteiligungen zahlreicher weiterer Gesellschafter sei "durch den Geschäftsherrn", einer Tochtergesellschaft der L Bank, erfolgt.
In einer weiteren Eingabe vom wurde mitgeteilt, der Verkaufserlös aus der Veräußerung der Beteiligung habe S 390.000,-- ergeben. Die Ertragsrechnung ergebe einen Betrag von - S 174.000,-- (Verlustzuweisung 1984 600.000,--, Gewinnanteile 1985 und 1986 je S 18.000,--, Veräußerungserlös S 390.000,--). Obwohl sich aus der Beteiligung kein "Totalgewinn" ergebe, könne Liebhaberei nicht angenommen werden, weil die Beteiligung mit Mindestgewinngarantie ausgestattet gewesen sei, das Unternehmen und die Beteiligung langfristig Gewinn versprochen hätten und eine eventuelle Abschichtung per zwar in Aussicht genommen, aber keineswegs verbindlich vereinbart gewesen sei. Die Beteiligung an der stillen Gesellschaft sei in der Absicht eingegangen worden, einen Gesamtüberschuss über die Werbungskosten zu erzielen. Dass der Eintritt eines Totalüberschusses nicht abgewartet, sondern die Beteiligung vor Erzielung eines Totalüberschusses veräußert worden sei, sei für die Frage der Liebhaberei unwesentlich.
Schließlich wurde in einer Eingabe vom mitgeteilt, dass an der M GmbH 99 Anleger als stille Gesellschafter beteiligt gewesen seien. Sämtliche Anleger hätten ihre Beteiligungen als echte stille Gesellschafter im Jahre 1987 veräußert.
Gegen die sodann erlassenen Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre, mit denen die Beteiligung der Beschwerdeführerin an der M. GmbH als Liebhaberei qualifiziert wurde, wurde Berufung erhoben. Darin wurde unter anderem ausgeführt, der (mit der M. GmbH) abgeschlossene Gesellschaftsvertrag habe in seinem § 6 eine Gewinn- und Verlustbeteiligung im Verhältnis der Einlage zum Stammkapital und weiteren stillen Einlagen vorgesehen, wobei die das Kapitalkonto übersteigenden Verluste nicht dem stillen Gesellschafter, sondern dem Geschäftsherrn anzulasten gewesen seien. Ab dem Geschäftsjahr 1984/1985 sei außerdem ein Mindestgewinnanteil von 3 % der Einlage garantiert gewesen. Im Jahre 1987 habe sich die Beschwerdeführerin zur Veräußerung der Beteiligung entschlossen, um für Ausgaben in der Privatsphäre die entsprechenden Mittel zu erlangen.
Über entsprechende Aufforderung wurde mit Eingabe vom die "Zeichnungserklärung" der Beschwerdeführerin vom , der Gesellschaftsvertrag sowie ein Angebot zur "Zeichnung" einer stillen Einlage an der M. GmbH vorgelegt. Unter der Überschrift "Zeichner" ist in diesem Angebot wörtlich ausgeführt:
Die Gesellschafter bekommen den auf sie entfallenden Verlust (100 % ihrer Einlage) so zugewiesen, dass sie diesen in der Einkommensteuererklärung für 1984 steuerwirksam geltend machen können.
Unter der Überschrift "Ausscheiden des stillen Gesellschafters" ist in dem Angebot ausgeführt:
Die Banken des L-Konzerns werden sich bemühen, einen Markt für Beteiligungen zu schaffen und werden dafür sorgen, dass ein Abschichtungsangebot per zum Kurs von 65 % der stillen Einlage vorliegt.
Angeschlossen war dem Angebot ein "Renditenüberblick", in der die Rendite einer Einlage in Höhe von S 100.000,-- einerseits bei einem Grenzsteuersatz von 55 % und anderseits bei einem solchen von 60 % rechnerisch dargestellt wurde. In dieser Berechnung wurde ein "Voraussichtlicher Abschichtungserlös per " von S 65.000,-- berücksichtigt.
Im angefochtenen Bescheid wurde die in Rede stehende Beteiligung nicht als Einkunftsquelle anerkannt. Die belangte Behörde vertrat dabei zunächst unter Bezugnahme auf das Teile der so genannten Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 322/1990, aufhebende Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , V 53/91 u.a., kundgemacht unter BGBl. Nr. 106/1992, die Auffassung, dass die genannte Verordnung auf den Beschwerdefall nicht anzuwenden sei.
Im Übrigen ging die belangte Behörde davon aus, dass die Abschichtung am von vornherein zumindest in Aussicht genommen worden sei. Tatsächlich hätten auch sämtliche Anleger ihre Beteiligungen im Jahre 1987 veräußert. Während dieses Zeitraumes sei lediglich ein Mindestgewinnanteil von 3 % der Einlage garantiert gewesen. Dies zeige deutlich, dass aus einer solchen Kapitalanlage von vornherein kein wirtschaftlicher Ertrag erwartet werden konnte. Attraktiv sei die Gestaltung unter dem Aspekt der steuerlichen Berücksichtigung des - prospektgemäß zugesagten - Verlustes erschienen. Das Streben nach Steuerersparnis lasse aber nicht auf ein Ertragsstreben, sondern, im Gegenteil, auf mangelndes Ertragsstreben schließen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die nach Ablehnung ihrer Behandlung durch den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom , B 1560/96, an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde erwogen:
Mit , BGBl Nr 322/1990, wurde vom Bundesminister für Finanzen die Liebhabereiverordnung erlassen. Art II der Liebhabereiverordnung bestimmte, dass deren Art I auf alle noch nicht rechtskräftig veranlagten Fälle anzuwenden sei. Der Verfassungsgerichtshof hob mit Erkenntnis vom , V 53/91-15 ua, den Art II der Liebhabereiverordnung auf, was zur Folge hatte, dass ab der Kundmachung dieses Erkenntnisses am , BGBl Nr 106/1992, die in Geltung gebliebenen Teile der Liebhabereiverordnung erst ab der Veranlagung für das Jahr 1990 anzuwenden waren (vgl z.B. die hg Erkenntnisse vom , 93/14/0217, vom , Zl 93/15/0101, und vom , Zl 95/14/0052).
Demgegenüber wird von der Beschwerdeführerin die Auffassung vertreten, die Verordnung sei im Beschwerdefall auf die Veranlagungsjahre 1984 bis 1986 anzuwenden, weil eine Verordnung gemäß Art 139 Abs. 6 B-VG auf die vor ihrer Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles (grundsätzlich) weiterhin anzuwenden ist. Die Ausführungen können den Verwaltungsgerichtshof nicht veranlassen, von seiner dargestellten ständigen Rechtsprechung abzugehen: Im (aufgehobenen) Art II der Verordnung wurde bestimmt, dass Art I der VO "auf alle nicht endgültig rechtskräftigen Fälle" anzuwenden ist. Sachverhaltsmäßige Voraussetzung der Anwendung des Art. II der VO war somit der Umstand, dass eine endgültige rechtskräftige Veranlagung (bisher) unterblieben war. Im Beschwerdefall erfolgte diese endgültige rechtskräftige Veranlagung mit der Erlassung des (nunmehr angefochtenen) Berufungsbescheides am . Der maßgebliche Tatbestand war damit aber in seinem Gesamtumfang entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin nicht vor, sondern erst nach dem Ergehen des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes erfolgt. Die von der Beschwerdeführerin vertretene Auffassung würde demgegenüber geradezu zu einer Umkehrung des vom Verfassungsgerichtshof mit dem Spruch seines Erkenntnisses verfolgten Zieles, eine Rückwirkung der Verordnung zu verhindern, führen.
In inhaltlicher Hinsicht ist davon auszugehen, dass außerhalb der durch den Verordnungsgeber der Liebhabereiverordnung erfolgten Präzisierung des Gesetzes die Einkunftsquelleneigenschaft einer Betätigung in erster Linie danach zu beurteilen ist, ob die geprüfte Tätigkeit in der betriebenen Weise objektiv ertragsfähig ist, worunter die Eignung der Tätigkeit verstanden werden muss, einen der positiven Steuererhebung aus der betroffenen Einkunftsart zugänglichen wirtschaftlichen Gesamterfolg innerhalb eines absehbaren Zeitraumes abzuwerfen. Dem subjektiven Ertragsstreben desjenigen, der sich betätigt, kommt für die Beurteilung der wirtschaftlichen Ergebnisse der Tätigkeit als Einkünfte iSd § 2 Abs 3 EStG dann Bedeutung zu, wenn die Prüfung der objektiven Komponente der Ertragsfähigkeit der Betätigung kein eindeutiges Bild ergibt, dies allerdings nur insoweit, als ein solches Ertragsstreben durch ein Handeln nach Wirtschaftlichkeitsprinzipien nach außen erkennbar in Erscheinung tritt (vgl das hg Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Zl 93/13/0171, und z. B. das weitere Erkenntnis vom , Zl 97/13/0035).
Eine Betätigung, die von vornherein nur auf einen bestimmt begrenzten Zeitraum geplant ist, kann nur dann als Einkunftsquelle angesehen werden, wenn die Betätigung objektiv geeignet ist, innerhalb dieses geplanten Zeitraumes einen Gesamtgewinn bzw Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erwirtschaften (vgl die hg Erkenntnisse vom , Zl 95/14/0052, und vom , Zl 95/14/0146). Bei dieser Betrachtung hat die durch den (beabsichtigten) Verlustausgleich eintretende Steuerersparnis außer Betracht zu bleiben.
Weder im Verwaltungsverfahren noch in der Ergänzung der Beschwerde wurde von Parteiseite behauptet, durch die in Rede stehende Beteiligung habe innerhalb eines absehbaren Zeitraumes ein solcher Gesamterfolg eintreten können. In der Berufung wurde dazu lediglich auf den garantierten Mindestgewinnanteil von 3 % verwiesen, ein Umstand, aus dem auf einen Gesamterfolg innerhalb eines absehbaren Zeitraumes im Hinblick auf den Totalverlust der Einlage im Jahre 1984 nicht geschlossen werden kann. Für die Beurteilung des Beschwerdefalls erscheint überdies von wesentlicher Bedeutung, dass in den Angeboten an ein Zeichnerpublikum und den Beispielen der erzielbaren Rendite vom Organisator von einer Abschichtung der Gesellschafter zum ausgegangen worden ist. Im Zusammenhalt mit der von den Abgabenbehörden unbestrittenermaßen festgestellten Tatsache, dass sämtliche Gesellschafter des vorliegendenden Steuersparmodells im Jahre 1987 abgeschichtet worden sind, entspricht es den Denkgesetzen und der Lebenserfahrung, dass dieses Modell von vornherein nur auf den Zeitraum von drei Jahren geplant gewesen ist; in diesem Zeitraum konnte aber keinesfalls ein Gesamtüberschuss erzielt werden. Die Beteiligung stellte somit keine Einkommensquelle im Sinne des Einkommensteuerrechts dar.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am