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VwGH vom 17.09.1991, 90/08/0070

VwGH vom 17.09.1991, 90/08/0070

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Mizner im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel über die Beschwerde des Dr. Franz S in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , Zl. VII/2-4076/3-1989, betreffend Rückforderung von Beiträgen (mitbeteiligte Partei:

Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.630,- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der nach § 2 Abs. 1 Z. 1 GSVG pflichtversicherte Beschwerdeführer beantragte am bei der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft unter Berufung auf die Ableistung von Kaderübungen bzw. freiwilligen Waffenübungen (außerordentlicher Präsenzdienst im Sinne des § 27 Abs. 3 Z. 4 und 5 des Wehrgesetzes 1978) in der Zeit vom bis die "Refundierung bzw. Gutschrift der für diesen Zeitraum geleisteten Sozialversicherungsbeiträge".

Die Mitbeteiligte stellte daraufhin mit Bescheid vom fest, daß für den Beschwerdeführer Beitragspflicht für die Monate Oktober und November 1988 gemäß § 27 GSVG bestehe. In der Begründung dieses Bescheides führte die Mitbeteiligte (nach Hinweis auf die §§ 25 Abs. 1, 2 und 10 GSVG) aus, dem GSVG sei im Unterschied etwa zum ASVG die Einrichtung eines tageweise zu entrichtenden Pflichtversicherungsbeitrages fremd. Dies komme in besonderer Weise auch im § 27 Abs. 2 GSVG zum Ausdruck, wonach auch für den Monat, in dem die Pflichtversicherung beginne, was unter Umständen erst gegen Ende des Monates der Fall sein könne, der volle Beitrag zu leisten sei. Ebenso werde in dieser Vorschrift ausdrücklich vorgekehrt, daß die Beitragspflicht aufgrund eines anderen beitragspflichtigen Tatbestandes erst mit dem nächsten Monatsersten zu beginnen habe, wenn in einem Kalendermonat aufgrund einer gegebenen Beitragspflicht bereits ein Beitrag nach dem GSVG zu entrichten gewesen sei. Dementsprechend könne die Beitragspflicht als solche immer nur als Verpflichtung zur Zahlung eines Monatsbeitrages aufgefaßt werden, was nicht zuletzt auch durch die Vorschrift des § 27 Abs. 3 letzter Satz GSVG in Verbindung mit den sich immer nur zum jeweiligen Monatsletzten auswirkenden Gründen für eine Beendigung der Pflichtversicherung abgesichert erscheine. Die Beitragspflicht nach dem GSVG könne somit nur entweder für einen ganzen Beitragsmonat bejaht oder verneint werden. Zu dem in § 28 Abs. 1 GSVG angeordneten Ruhen der Beitragspflicht für die Dauer des Präsenzdienstes könne es daher nur dann kommen, wenn der Präsenzdienst zumindest einen ganzen Kalendermonat angedauert habe.

In dem gegen diesen Bescheid erhobenen Einspruch führte der Beschwerdeführer aus, § 27 GSVG sei die generelle Rechtsnorm, der die §§ 28 und 32 GSVG als spezielle Normen gegenüberstünden. Es könne nicht im Sinne des Gesetzes sein, daß er während des Präsenzdienstes für eine Leistung zahlen müsse, auf die er keinen Anspruch habe. Es könne auch nicht im Sinne des Gesetzgebers sein, daß er Beiträge für seine Familienangehörigen zahlen müsse, und die Sozialversicherungsanstalt darüber hinaus noch zusätzlich Beiträge für die mitversicherten Familienangehörigen vom Bundesheer kassiere.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Einspruch nicht statt. In der Begründung des angefochtenen Bescheides hielt sie - nach einem Hinweis auf die Begründung des Bescheides der Mitbeteiligten - dem Einspruchsvorbringen im wesentlichen entgegen, nach den Vorschriften über die Bildung der Beitragsgrundlage (§ 25 GSVG) und Beginn und Ende der Beitragspflicht (§ 27 Abs. 2 und 3 GSVG) handle es sich bei den Beiträgen in der Pensionsversicherung nach dem GSVG immer um Monatsbeiträge; Bruchteile von Monatsbeiträgen kämen nicht in Betracht. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, daß er während des Präsenzdienstes für eine Leistung zahlen müsse, auf welche er keinen Anspruch habe, sei entgegenzuhalten, daß das Ruhen des Leistungsanspruches nur für die Person des Präsenzdieners selbst gelte, während seinen anspruchsberechtigten sowie familienversicherten Angehörigen auch während des Präsenzdienstes des Versicherten der volle Krankenversicherungsschutz nach dem GSVG zukäme. In Fällen, in denen es bei unter- oder zwischenmonatiger Ableistung des Präsenzdienstes zu keinem Ruhen der Beitragspflicht gemäß § 28 Abs. 1 GSVG käme, könne dem Bund auch keine Ersatzleistung für die sozialversicherungsrechtliche Weiterbetreuung der Familienangehörigen des Präsenzdieners gemäß § 28 Abs. 2 GSVG in Rechnung gestellt werden. Damit sei dem Argument des Beschwerdeführers entgegnet, daß er Beiträge für seine Familienangehörigen zahlen müsse und die Sozialversicherungsanstalt darüber hinaus noch zusätzliche Beiträge für die mitversicherten Familienangehörigen vom Bundesheer kassiere.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit seinem Beschluß vom , Zl. B 1168/89 die Behandlung der Beschwerde ab und trat diese antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor; sie erstattete keine Gegenschrift. Die Mitbeteiligte erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der vom Beschwerdeführer gestellte, mit dem Begehren auf Erlassung eines Bescheides verbundene Antrag auf "Refundierung bzw. Gutschrift" der für den Zeitraum vom 17. Oktober bis geleisteten Beiträge (im Hinblick auf den vom Beschwerdeführer im genannten Zeitraum geleisteten außerordentlichen Präsenzdienst) stellt sich inhaltlich als Rückforderung zu Ungebühr entrichteter Beiträge im Sinne des § 41 GSVG dar. Gegenstand des über diesen Antrag durchzuführenden Verwaltungsverfahrens war somit die Frage, ob der Beschwerdeführer für den strittigen Zeitraum Beiträge "zu Ungebühr" entrichtet hatte; dem Beschwerdeführer kam somit ein Anspruch auf bescheidmäßige Feststellung über die Frage der behaupteten "Ungebührlichkeit" der Beitragsentrichtung zu (vgl. zur entsprechenden Vorschrift des § 69 ASVG das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Slg. 8037/A.

Im vorliegenden Fall ist zunächst zu prüfen, ob es sich bei dem im Instanzenzug erlassenen, die Beitragspflicht des Beschwerdeführers für die Monate Oktober und November 1988 feststellenden angefochtenen Bescheid um einen in diesem Verfahren zulässigen - insbesondere mit § 410 ASVG (§ 194 GSVG) in Einklang stehenden - Abspruch handelte.

Gemäß den §§ 410 Abs. 1 erster Satz ASVG, 194 GSVG ist die Mitbeteiligte - sofern ihr Bescheidrecht nicht ausgeschlossen ist, was hier nicht der Fall ist - berechtigt, in Verwaltungssachen (zu denen die Angelegenheiten der Beiträge der Versicherten zählen) die sich aus dem Gesetz in solchen Angelegenheiten ergebenden Rechte und Pflichten der Versicherten mit Bescheid festzustellen. In den in Z. 1 bis 7 des § 410 Abs. 1 zweiter Satz ASVG aufgezählten Fällen (soweit sie für den Bereich des GSVG in Betracht kommen) ist sie hingegen zur Bescheiderlassung verpflichtet (vgl. z.B. das zu § 410 ASVG in Verbindung mit § 182 BSVG ergangene

hg. Erkenntnis vom , Zl. 86/08/0239).

Die zuletzt genannte Verpflichtung trifft den Versicherungsträger insbesondere, ... wenn der Versicherte ... die Bescheiderteilung zur Feststellung der sich für ihn aus diesem Gesetz ergebenden Rechte und Pflichten verlangt (§ 410 Abs. 1 Z. 7 ASVG).

Nach der zuletzt zitierten Vorschrift war die Mitbeteiligte somit verpflichtet, die vom Beschwerdeführer verlangte Feststellung über die sich aus dem GSVG für ihn als Versicherten ergebenden Rechte und Pflichten, das ist im konkreten Fall die Feststellung, ob die für den strittigen Zeitraum bezahlten Beiträge (die im Falle der Bejahung der Entrichtung zu Ungebühr auch zu beziffern gewesen wären) zu Ungebühr entrichtet wurden, zu treffen. Dieser Verpflichtung hat die Mitbeteiligte mit der Feststellung der Beitragspflicht des Beschwerdeführers für die Monate Oktober und November 1988, die der Intention nach offenbar eine Erledigung des Antrages des Beschwerdeführers bedeuten soll, nicht entsprochen. Die Frage, ob im strittigen Zeitraum (17. Oktober bis ) Beiträge zu Ungebühr entrichtet wurden, wird weder mit der abstrakten Verneinung (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Slg. 8037/A) noch mit der Bejahung der Beitragspflicht im betreffenden Zeitraum abschließend gelöst; im letzteren Falle, nämlich bei Bejahung der Beitragspflicht, könnte sich die Ungebühr der Entrichtung der Beiträge etwa aus einer Fehlerhaftigkeit ihrer Bemessung ergeben. Ob im strittigen Zeitraum Beitragspflicht bestand, erweist sich somit als - in den Gründen des zu erlassenden Bescheides zu lösende - Vorfrage für die Entscheidung, ob der Beschwerdeführer Beiträge zu Ungebühr entrichtet hat.

Der Feststellungsbescheid der Mitbeteiligten entsprach somit nicht dem Gesetz (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 83/08/0118, vom , Zl. 85/08/0015 und vom , Zl. 86/08/0147). Dies hätte die belangte Behörde wahrnehmen und gemäß § 66 Abs. 4 AVG mit der Aufhebung dieses Bescheides vorgehen müssen. Durch die Unterlassung dieser Maßnahme ist ihr Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes behaftet. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 104/1991.

Aus Gründen der Verfahrensökonomie ist auf folgendes

hinzuweisen:

Nach § 28 Abs. 1 GSVG ruht die Beitragspflicht des wehrpflichtigen Versicherten für die Dauer des auf Grund der Bestimmungen des Wehrgesetzes 1978 zu leistenden ordentlichen oder außerordentlichen Präsenzdienstes. Das gleiche gilt hinsichtlich der Beitragspflicht für den familienversicherten Angehörigen (§ 10).

Diese klare Anordnung des Gesetzes läßt für den Beschwerdefall keinen Zweifel offen, daß die Beitragspflicht des Beschwerdeführers - entgegen der Auffassung der belangten Behörde und der Mitbeteiligten, die die Beitragspflicht des Beschwerdeführers offenbar auch für diesen Zeitraum bejahten - vom 17. Oktober bis ruhte. Der angefochtene Bescheid ist somit nicht nur unzulässig, er ist - den Ausspruch die Beitragspflicht betreffend - auch materiellrechtlich verfehlt. Aus der Bejahung des Ruhens der Beitragspflicht ergibt sich jedoch - wie schon aus den obigen Ausführungen folgt - nicht schon ohne weiteres die Lösung der Frage, ob der Beschwerdeführer für den strittigen Zeitraum Beiträge zu Ungebühr entrichtet hat. Dies hängt vielmehr davon ab, welche Auswirkungen das Ruhen der Beitragspflicht vom 17. Oktober bis auf die Bemessung der Beiträge für Oktober und November 1988 hatte.

Die Auswirkungen des - insbesondere "untermonatigen" - Ruhens der Beitragspflicht auf die Bemessung der Beiträge sind im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. Grundsätzlich geht das GSVG von einem System von Monatsbeiträgen aus (vgl. § 25 Abs. 1, 5 und 10). Kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung ist ungeachtet des Eintrittes des die Versicherungs- bzw. Beitragspflicht auslösenden Sachverhaltes während des Laufes eines Kalendermonates ("untermonatig") der "volle Beitrag" zu entrichten (§ 27 Abs. 2 GSVG); bei "untermonatigem" Wegfall des die Versicherungspflicht auslösenden Sachverhaltes endet die Beitragspflicht erst mit dem letzten Tag des betreffenden Monates (§ 27 Abs. 3 letzter Satz GSVG in Verbindung mit § 7 GSVG). Aus diesen -in einem Fall die Bemessung der Beiträge, im anderen Fall die Fortdauer der Beitragspflicht betreffenden - Regelungen folgt, daß ein "voller Monatsbeitrag" auch dann zu entrichten ist, wenn der die Versicherungspflicht auslösende Sachverhalt zeitlich nur einen Teil des betreffenden Kalendermonates umfaßte.

Die Übertragung dieses Grundsatzes auf den vorliegenden Fall eines "untermonatigen" Ruhens der Beitragspflicht - etwa im Wege des Größenschlusses - verbietet sich jedoch aus folgendem Grund:

Gemäß § 28 Abs. 2 GSVG hat der Bund an den Versicherungsträger einen Pauschalbetrag für jeden Angehörigen gemäß § 83 des im ordentlichen oder außerordentlichen Präsenzdienst stehenden Versicherten in der jeweils gemäß § 56a Abs. 2 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes geltenden Höhe sowie für jeden Familienangehörigen des im ordentlichen oder außerordentlichen Präsenzdienst stehenden Versicherten, für den eine Familienversicherung abgeschlossen wurde (§ 10), den Familienbeitrag in der bisherigen Höhe zu leisten.

Nach dieser an keine weitere Voraussetzung als an das Ruhen der Beitragspflicht im Sinne des § 28 Abs. 1 GSVG anknüpfenden Vorschrift hat der Bund dem Sozialversicherungsträger Pauschalbeiträge bzw. Familienbeiträge zu leisten; dafür, daß dies für "untermonatiges" Ruhen der Beitragspflicht nicht gelten sollte, kann dem Gesetz keinerlei Anhaltspunkt entnommen werden. Vielmehr rezipiert § 28 Abs. 2 GSVG die unter anderem die Berechnung des auf den Tag entfallenden Pauschalbetrages (mit dem dreißigsten Teil des monatlichen Pauschalbetrages) regelnde und somit nur bei "untermonatigem" Ruhen der Beitragspflicht anwendbare Vorschrift des § 56a Abs. 2 letzter Satz ASVG.

Würde somit die Verpflichtung des Versicherten zur Zahlung des "vollen Monatsbeitrages" bzw. Familienbeitrages im Falle des "untermonatigen" Ruhens der Beitragspflicht bejaht, käme es für den betreffenden Zeitraum zu einer Doppelzahlung, weil neben den vom Versicherten weiterhin in voller Höhe zu entrichtenden Beiträgen bzw. den Familienbeiträgen der Bund den Pauschalbetrag im Sinne des § 56a Abs. 2 ASVG bzw. den Familienbeitrag in der bisherigen Höhe zu bezahlen hätte. Eine solche Anordnung kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden. Dabei ist weiters zu berücksichtigen, daß insbesondere im Falle des außerordentlichen Präsenzdienstes "untermonatige" Dienstleistung den Regelfall darstellen wird.

Aus § 28 Abs. 2 GSVG folgt somit wenigstens mittelbar, daß ein "untermonatiges" Ruhen der Beitragspflicht bei der Bemessung der Monatsbeiträge zu veranschlagen ist, wobei sich der Maßstab für die Berücksichtigung der Tage des Präsenzdienstes in entsprechender Anwendung des aus § 56a Abs. 2 ASVG zu erschließenden Grundsatzes mit je einem Dreißigstel des Monatsbeitrages ergibt. Dies hat - entsprechend der Gleichstellungsanordnung mit dem Ruhen der Beitragspflicht für den Versicherten selbst (arg.: "Gleiches gilt ...") in § 28 Abs. 1 GSVG - nicht nur für allfällige Familienbeiträge, sondern auch für den Monatsbeitrag des Versicherten zu gelten.