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VwGH vom 20.02.2002, 2002/08/0009

VwGH vom 20.02.2002, 2002/08/0009

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Köller und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der E in F, vertreten durch Eckert & Fries Rechtsanwälte GesmbH in 2500 Baden, Erzherzog Rainer-Ring 23, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Niederösterreich vom , Zl. LGS NÖ/JUR/12181/2000, betreffend Zuerkennung von Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen. Die Beschwerdeführerin hat dem Bund den Aufwand von EUR 332,--

binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Berndorf-St. Veit vom wurde dem Antrag der Beschwerdeführerin vom auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 iVm § 12 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 mangels Arbeitslosigkeit keine Folge gegeben. Begründend wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin als Geschäftsführerin der Firma KBS K. GesmbH nicht arbeitslos sei.

In ihrer Berufung gegen diesen Bescheid brachte die Beschwerdeführerin vor, dass über das Vermögen der KBS K. GesmbH mit Beschluss des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom das Konkursverfahren eröffnet worden sei. Gleichzeitig sei mit diesem Beschluss gemäß § 115 Konkursordnung die Schließung des Unternehmens angeordnet worden.

Auf Grund dieser Voraussetzungen sei die Beschwerdeführerin im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 2a Konkursordnung mit Schreiben vom , gerichtet an den Masseverwalter des Unternehmens, vorzeitig ausgetreten.

Die handelsrechtliche Geschäftsführungsbefugnis der Beschwerdeführerin sei sohin durch den zitierten Gerichtsbeschluss, ihr Angestelltenverhältnis als Geschäftsführerin auf Grund des vorzeitigen Austrittes beendet worden.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde der Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge gegeben.

In der Begründung dieses Bescheides wird im Wesentlichen ausgeführt, die KBS K. GesmbH sei mit Gesellschaftsvertrag vom gegründet und die Beschwerdeführerin zur handelsrechtlichen Geschäftsführerin bestellt worden. Vom bis sei die Beschwerdeführerin als Geschäftsführerin in einem arbeitslosenversicherungspflichtigen Dienstverhältnis bei der KBS K. GesmbH gestanden. Dieses Dienstverhältnis habe durch vorzeitigen Austritt der Beschwerdeführerin wegen Konkurseröffnung geendet. Der Konkurs über das Vermögen der KBS K. GesmbH sei mit Beschluss des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom eröffnet und die Gesellschaft damit aufgelöst worden.

Am habe die Beschwerdeführerin ihren Anspruch auf Arbeitslosengeld bei der Regionalen Geschäftsstelle Berndorf-St. Veit geltend gemacht.

Laut aktuellem Firmenbuchauszug vom sei die Beschwerdeführerin weiterhin handelsrechtliche Geschäftsführerin der nunmehr in Konkurs befindlichen Gesellschaft.

Arbeitslosigkeit liege nicht schon dann vor, wenn der Anstellungsvertrag aufgelöst worden sei, sondern erst dann, wenn auch die Hauptleistungspflicht nicht mehr bestehe, d.h. dass auch das Organschaftsverhältnis zur Gesellschaft erloschen sein müsse. Ob der Geschäftsführer tatsächlich eine Tätigkeit entfaltet oder nicht, weil der Betrieb geschlossen ist, sei ohne Bedeutung.

Dies gelte auch dann, wenn über das Vermögen der Gesellschaft der Konkurs eröffnet sei. Wenn auch ein großer Teil der Befugnisse des Geschäftsführers auf den Masseverwalter übergehe, so gelte der Geschäftsführer dennoch für die weitere Dauer der Organstellung nicht als arbeitslos im Sinne des § 12 AlVG.

Da die Beschwerdeführerin nach wie vor handelsrechtliche Geschäftsführerin der nunmehr in Liquidation befindlichen KBS K. GesmbH sei, sei Arbeitslosigkeit gemäß § 12 Abs. 1 AlVG als eine der Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld zum Zeitpunkt der Antragstellung am nicht gegeben gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 12 Abs. 1 AlVG ist arbeitslos, wer nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine neue Beschäftigung gefunden hat. Die Arbeitslosigkeit ist auf Grund des § 7 Abs. 1 und 2 AlVG eine Anspruchsvoraussetzung für das Arbeitslosengeld.

Unbestritten ist, dass die Tätigkeit der Beschwerdeführerin als Geschäftsführerin der KBS K. GesmbH ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 12 Abs. 1 AlVG begründet hat. Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist aber umstritten, ob dieses Beschäftigungsverhältnis im Zeitpunkt der Antragstellung betreffend Arbeitslosengeld () noch bestanden hat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung zu Geschäftsführern von Gesellschaften mit beschränkter Haftung ausgeführt, dass zwischen der Bestellung zum Geschäftsführer und dem Anstellungsvertrag unterschieden werden muss. Durch die Bestellung wird die körperschaftsrechtliche Funktion des Geschäftsführers mit den damit verbundenen Rechten und Pflichten begründet. Durch den Anstellungsvertrag werden die zusätzlichen, rein schuldrechtlichen Beziehungen im Innenverhältnis zur Gesellschaft geregelt. Sein Hauptinhalt auf Seiten des Geschäftsführers ist die nähere Ausgestaltung der durch das Organschaftsverhältnis vorgezeichneten Verpflichtungen zur Dienstleistung und zur Geschäftsbesorgung (vgl. z.B. das zum IESG ergangene hg. Erkenntnis vom , Slg.NF 10.140/A). Bereits durch den wirksamen gesellschaftsrechtlichen Bestellungsakt ergibt sich im Wesentlichen die Pflicht des Geschäftsführers zur Geschäftsführung, sodass der Anstellungsvertrag eine bloße Ergänzung des Organverhältnisses bewirkt (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Slg. NF 14194/A).

Durch die Beendigung des Anstellungsverhältnisses wird nicht einmal die Hauptleistungspflicht des Geschäftsführers (soweit sie mit der Innehabung der Funktion nach dem GesmbH-Gesetz zwingend verbunden ist) zur Gänze ausgesetzt, sondern es wird nur die nähere Ausgestaltung der durch das Organschaftsverhältnis vorgegebenen Verpflichtung zur Dienstleistung und zur Geschäftsbesorgung, also das "Wie" der Ausübung derselben, aufgehoben. Die bloße Beendigung des Anstellungsverhältnisses allein vermag daher die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des § 12 Abs. 1 AlVG nicht zu bewirken und den Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht zu begründen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/08/0138).

Da die Hauptleistungspflicht des Geschäftsführers aber nach wie vor besteht, ist es auch gleichgültig, ob er für seine Geschäftsführertätigkeit weiterhin ein Entgelt erhält oder nicht (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/08/0181). Auch auf die tatsächliche Tätigkeit nach Beendigung des Anstellungsverhältnisses kommt es nicht an (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/03/0205).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ändert es auch nichts, wenn die Gesellschaft durch Eröffnung des Konkurses als aufgelöst gilt. Auch damit wird die Organstellung des Geschäftsführers nicht beendet, mag sich auch der Aufgabenkreis durch den Übergang von der werbenden Gesellschaft zur liquidierenden Gesellschaft geändert haben. Auch wenn ein großer Teil der Befugnisse des Geschäftsführers zufolge der Konkurseröffnung auf den Masseverwalter übergangen ist, ändert dies nichts an der weiterbestehenden Organstellung des Geschäftsführers, wenn auch mit eingeschränktem Pflichtenkreis. Arbeitslosigkeit besteht daher auch in einem solchen Fall nicht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 96/08/0380, und vom , Zl. 98/08/0165).

Gegen die dargestellte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wird in der vorliegenden Beschwerde eingewendet, dass der Beschwerdeführerin durch das Agieren als handelsrechtliche Geschäftsführerin - deren Tätigkeit zum einen durch den Konkurs der Gesellschaft und zum anderen durch die Stilllegung des Betriebes wesentlich eingeschränkt wurde - seit Beendigung ihres Dienstverhältnisses keinerlei Entgelt oder sonstige vermögenswerte Vorteile zugeflossen seien. Es könne daher nicht von einer Erwerbstätigkeit der Beschwerdeführerin gesprochen werden und auch nicht von einem aufrechten Beschäftigungsverhältnis im Sinne des AlVG, zumal der Anstellungsvertrag von der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom gemäß § 25 Konkursordnung vorzeitig aufgelöst worden sei. Zweck der Arbeitslosenversicherung sei es, einen (teilweisen) Ersatz für jenes Erwerbseinkommen bereitzustellen, das wegen Beschäftigungslosigkeit weggefallen sei. Es wäre unbillig, der Beschwerdeführerin keinerlei Arbeitslosenunterstützung zukommen zu lassen, wenn ihr auf Grund der Umstände (Konkurs, Stilllegung des Betriebes) de facto keine Funktion mehr zukomme und sie auch für ihre (Nicht)Tätigkeit keinerlei Entgelt beziehe. Auch von einer gewollten unentgeltlichen Mandatsübernahme könne in diesem Fall nicht die Rede sein, auch wenn die Geschäftsführerin auch Gesellschafterin der KBS K. GesmbH gewesen sei, da sie zum einen aus dieser Stellung infolge des Konkurses keinerlei Nutzen mehr zöge und zum anderen den Rücktritt als Geschäftsführerin beabsichtige, dieser jedoch mangels Zugangsbestätigung der Rücktrittserklärung beim verbleibenden Gesellschafter vom Firmenbuch nicht durchgeführt worden sei. Der OGH stelle in einer Entscheidung vom , 10 Ob S 189/97k, fest, dass auch dann Arbeitslosigkeit vorliege, wenn die Geschäftsführertätigkeit noch ausgeübt werde, dafür aber kein oder nur ein geringes Entgelt bezogen werde. Ein aufrechtes Organverhältnis indiziere lediglich ein aufrechtes Beschäftigungsverhältnis, im Einzelfall habe die Behörde jedoch weitere Indizien, welche für die Nichtbeendigung des Dienstverhältnisses sprächen, zu erheben. Derartige Indizien sprächen im vorliegenden Fall für eine Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses der Beschwerdeführerin im Sinne des AlVG. So habe sie ihr Dienstverhältnis mit Schreiben vom aufgelöst, das Unternehmen sei geschlossen worden und die Beschwerdeführerin habe für ihre (Nicht)Tätigkeit als Geschäftsführerin auch keinerlei Entgelt mehr bezogen. Die Beschwerdeführerin habe auch beabsichtigt, ihre handelsrechtliche Funktion als Geschäftsführerin zurückzulegen. Der Rücktritt sei jedoch mangels Zugangsbestätigung der Rücktrittserklärung (beim verbleibenden Gesellschafter) im Firmenbuch nicht durchgeführt worden. Das Nachweiserfordernis des Firmenbuchgerichts über den Zugang der Rücktrittserklärung an die übrigen Gesellschafter könne wohl nicht dazu dienen, die Beschwerdeführerin um das ihr zustehende Arbeitslosengeld zu bringen.

Diese Ausführungen in der Beschwerde sind nicht geeignet, eine Änderung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu bewirken. Bereits nach dem klaren Wortlaut des § 12 Abs. 1 AlVG ist die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses unbedingte Voraussetzung für die Arbeitslosigkeit. Schon dadurch, dass die Pflicht zur allfälligen Tätigkeit trotz der Auflösung des Anstellungsverhältnisses weiterhin auf Grund der Organstellung gegeben ist, ist das Beschäftigungsverhältnis nach wie vor aufrecht. Insofern ist es auch weder von Bedeutung, ob tatsächlich Tätigkeiten geleistet wurden, noch ob Entgelt bezogen wurde (ob nicht sogar ein Entgeltanspruch für geleistete Tätigkeiten besteht - vgl. dazu Geist, Zur Arbeitslosigkeit von nicht abberufenen GmbH-Geschäftsführern mit beendetem Anstellungsvertrag, ASoK 2000, S. 339 ff -, kann dahingestellt bleiben).

Im Übrigen ist es unbestritten, dass ein rechtswirksamer Rücktritt der Beschwerdeführerin von ihrer Geschäftsführerfunktion im Zeitpunkt der Antragstellung betreffend das Arbeitslosengeld mangels nachgewiesenen Zugangs der Rücktrittserklärung an die übrigen Gesellschafter nicht vorgelegen ist.

Die Beschwerde erweist sich daher zur Gänze als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am