VwGH vom 27.08.1996, 96/05/0096
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde der G in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. BauR - 011626/3 - 1996 Pe/Vi, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1.) Stadt Wels, vertreten durch den Bürgermeister,
2. H in W, u.a., sämtliche vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in W), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,--, der erstmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- und der zweitmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.980,-- jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Eingabe vom beantragten die Zweitmitbeteiligten als Miteigentümer des Grundstückes Nr. nn1, X-Platz 65, der Liegenschaft EZ n1, KG Wels, die Baubewilligung für den Umbau und die Generalsanierung des Wohn- und Geschäftsgebäudes X-Platz 65 mit Dachausbau und Einbau eines hydraulischen Personenaufzuges. Entsprechend den Einreichunterlagen ist geplant, das bestehende Objekt X-Platz 65 generalzusanieren und insgesamt 10 Wohnungen einzubauen. Die beantragten Maßnahmen beziehen sich vom Kellergeschoß bis zum zweiten Obergeschoß im wesentlichen auf diverse Umbauarbeiten wie Abbruch und Errichtung von nichttragenden Zwischenwänden sowie Durchbrüche in tragenden Wänden. Im dritten Obergeschoß erfolgt durch Erhöhung im Bereich des bestehenden Kniestocks die Errichtung eines Vollgeschoßes. Die Firsthöhe bleibt im wesentlichen unverändert, die Dachneigung wird mit 45 Grad geringfügiger als der Bestand. Die bestehenden Decken über Kellergeschoß, Erdgeschoß sowie ersten Obergeschoß bleiben weitgehend erhalten. Über dem zweiten und dem dritten Obergeschoß erfolgt der Einbau von Stahlbetondecken. Die Erschließung der Wohnungen erfolgt vom Erdgeschoß aus über eine laut Bundesdenkmalamt erhaltungswürdige bestehende Treppe; ab dem zweiten Obergeschoß sollen neue Stiegen eingebaut werden. Im Stiegenbereich des bestehenden Arkadenhofes erfolgt der Einbau eines Personenaufzuges; die Errichtung des Aufzugsschachtes erfolgt in Stahlbetonbauweise.
Mit rechtskräftigem Beschluß des Bezirksgerichtes Wels vom , AZ 1 Nc n/93, wurde die Grenze zwischen dem Grundstück Nr. nn1, X-Platz Nr. 65, und dem der Beschwerdeführerin gehörigen Grundstück Nr. nn2, X-Platz Nr. 66, der Liegenschaft EZ n/1, KG Wels, neu festgesetzt. Der Ingenieurkonsulent für Vermessungswesen Dipl.-Ing. D bestätigte auf dem dem Antrag auf Baubewilligung zugrundeliegenden Einreichplan 022, daß die in diesem Einreichplan eingetragene Grundstücksgrenze zum Haus X-Platz 66 mit der "Grenze laut Gerichtsbeschluß" ident ist.
In der mündlichen Verhandlung vom erhob die Beschwerdeführerin als Eigentümerin des benachbarten Hauses X-Platz 66 u.a. folgende - für das Beschwerdeverfahren entscheidungserhebliche - Einwendungen:
"1. Die Baubehörde hat G in ihren Verfahrensrechten, insbesondere am bei der Akteneinsicht behindert, sodaß alle weiteren Einwendungen vorbehalten werden. ...
2. Die Einreichpläne genügen nicht § 29
Oö. Bauordnung 1994, berücksichtigen nicht die früheren Verwaltungsverfahren und sind derart mangelhaft, daß ein ordentliches Verfahren unmöglich erscheint.
Jedenfalls sind diese "Pläne" nicht realisierbar, weshalb auch kein Bauführer namhaft gemacht werden konnte.
Die Pläne enthalten keine Details über die notwendigen Bauschritte, insbesondere wurden die statischen Sachzwänge, etwa statische Sanierungen, Auswechslung von Bauteilen, Austausch von Decken völlig ignoriert. Es besteht daher für das Nachbarhaus X-Platz 66 akute Einsturzgefahr. Zufolge der schwerwiegenden Planungsmängel erscheint auch der Denkmalbescheid vom nicht nachvollziehbar.
3. Aus den mangelhaften Plänen ergibt sich aber schon zwingend ein eklatanter Eingriff in die Substanz der
Nachbarliegenschaft nn2 (X-Platz 66). ... G duldet keinerlei
Eingriffe in ihre Außenmauer samt Stützpfeilern, sodaß das geplante Bauvorhaben allein aus diesem Grund scheitern muß, weil es niemals realisiert werden kann. Da die Antragssteller zur Vorbereitung ihres unzulässigen Bauvorhabens ein Grenzberichtigungsverfahren provoziert haben, behält sich G gemäß § 851 Abs. 2 ABGB vor, jederzeit ihr besseres und älteres Recht im Prozeßweg durchzusetzen.
...
6. Die Allgemeinen Vorschreibungen des ASV insbes. 17 und 18 werden der konkreten Sach- und Rechtslage nicht gerecht, zur Vermeidung jeglichen Schadens wäre der Antragsteller, Baubehörde und mitwirkende Organe verpflichtet, schon im jetzigen Verfahrenstadium Befund und Gutachten eines befugten Zivilingenieurs für Bauwesen einzuholen, der die Einreichpläne auf Realisierbarkeit und Statik zu überprüfen hätte. Zur Vermeidung von Rechtsverletzungen und Sachbeschädigungen beantragt G die Beiziehung eines solchen Fachmannes und auch schon jetzt eine Beweissicherung an ihrem Hause rechtzeitig vor Beginn. Illustrativ für die statischen Bedenken sowie auch der öffentlich rechtlichen Einwände seien die Bereiche Lift (alle Geschoße) und Kniestockbereich - Decke vom zweiten zum dritten Obergeschoß erwähnt."
Mit Bescheid der Baubehörde erster Instanz vom wurde die beantragte Baubewilligung unter Auflagen erteilt. Die Einwendungen der Beschwerdeführerin wurden teilweise ab- und teilweise als unzulässig zurückgewiesen. Dieser Bescheid wurde an die Beschwerdeführerin "zu Handen Dr. M" adressiert und von der Beschwerdeführerin in Empfang genommen. In der dagegen vom Vertreter der Beschwerdeführerin erhobenen Berufung wurde kein Zustellmangel geltend gemacht.
Die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid des Stadtsenates der erstmitbeteiligten Partei vom abgewiesen.
Mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom wurde der dagegen erhobenen Vorstellung der Beschwerdeführerin mit der Feststellung keine Folge gegeben, daß sie durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten nicht verletzt wird. Der von der Beschwerdeführerin behauptete Zustellmangel betreffend den erstinstanzlichen Bescheid sei, wie sich aus der Erhebung der Berufung ergibt, saniert. Das Recht auf Akteneinsicht sei nicht verletzt worden. Die strittige Grundgrenze begründe nur dann ein subjektives Nachbarrecht, wenn sie von Einfluß auf die baubehördliche Bewilligung des Vorhabens sei. Die Grenze zum Grundstück der Beschwerdeführerin sei rechtskräftig durch das Bezirksgericht Wels festgelegt worden. Durch das bewilligte Projekt werde keine Grenzverletzung bewirkt. Die Behauptung der Einsturzgefahr ihr Haus betreffend beziehe sich auf Beeinträchtigungen während der Bauausführung. Sollten auf Grund der Bauausführung Schäden am Haus der Beschwerdeführerin auftreten, könnte sie ihre Ansprüche im Zivilrechtsweg geltend machen. Der Nachbar habe im übrigen kein Recht auf Einhaltung jener Vorschriften der Bauordnung, die sich mit Fragen der Festigkeit (Statik) befassen. Es sei Sache jedes Eigentümers, für eine entsprechende statische Sicherung seines Objektes zu sorgen. Hinzu komme im vorliegenden Fall, daß die Baubehörde durch Auflagen (Auflagenpunkte 13, 14 und 49) entsprechende Vorkehrungen zur Sicherung der statischen Verhältnisse des Baus getroffen und eine Bestandsaufnahme des Bauzustandes des Nachbargebäudes durch Beweissicherung vorgeschrieben habe. Im geschlossen bebauten Gebiet kämen gemäß § 6 Abs. 1 Z. 2 Oö. Bautechnikgesetz die gesetzlichen Abstandsvorschriften nicht zur Anwendung. Käme es zu keiner Überschreitung der zulässigen Gebäudehöhe, habe der Eigentümer einer Liegenschaft durch Schaffung entsprechender Freiräume auf der eigenen Liegenschaft für ausreichende Belichtungsverhältnisse zu sorgen. Da der Stadtregulierungsplan für den gegenständlichen Bauplatz keine näheren Festlegungen über dessen Ausnutzbarkeit enthalte, gehe der Einwand der übermäßigen Ausnutzung des Bauplatzes ins Leere.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht "auf Vornahme der gesetzmäßigen Zustellung (§ 9 ZustG), meinem Recht auf Akteneinsicht (§ 17 AVG), meinem Recht auf gesetzmäßige Entscheidung über meine Einwendungen und Nichterteilung der Baugenehmigung bei Nichtvorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen (§ 37 Oö. Bauordnung) sowie in meinem Recht auf Durchführung eines ordnungsgemäßen Verwaltungsverfahrens unter Wahrung des Parteiengehörs (§ 45 Abs. 3 AVG) verletzt". Sie macht Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete, ebenso wie die mitbeteiligten Parteien, eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In ihrer Vorstellung brachte die Beschwerdeführerin erstmals vor, daß der Bescheid der Baubehörde erster Instanz vom nicht ihrem ausgewiesenen Vertreter, sondern ihr persönlich zugestellt worden sei; es liege somit keine wirksame Zustellung dieses Bescheides vor. Schon aus diesem Grund sei das Berufungsverfahren nichtig. In der Beschwerde ergänzt die Beschwerdeführerin hiezu - dies im Hinblick auf die von der Vorstellungsbehörde vertretene Rechtsansicht, der Zustellmangel sei gemäß § 7 ZustG geheilt - ihr diesbezügliches Vorbringen dahingehend, das Original des erstinstanzlichen Bewilligungsbescheides habe ihr Vertreter nie erhalten; sie habe vielmehr eine Kopie dieses Bescheides ihrem Anwalt übermittelt, welcher in der Folge "vorsichtsweise Berufung erhoben" habe. Mangels wirksamer Zustellung hätte daher ihre Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid zurückgewiesen werden müssen und keine Sachentscheidung gefällt werden dürfen.
Gemäß § 10 Abs. 1 AVG können sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr perönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte Personen vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk.
Gemäß § 9 Abs. 1 ZustG hat die Behörde, wenn eine im Inland wohnende Person gegenüber der Behörde zum Empfang von Schriftstücken bevollmächtigt ist, sofern nicht gesetzlich ausdrücklich anderes bestimmt ist, diese Person als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, gilt die Zustellung in dem Zeitpunkt als vollzogen, in dem das Schriftstück dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.
Ein Zustellfehler im Anwendungsbereich des Zustellgesetzes gilt als geheilt, wenn und sobald der dem Vertretenen zu Unrecht übermittelte Bescheid dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zukommt. Bezüglich der Zustellung eines Straferkenntnisses hat der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen, daß weder die bloße Kenntnisnahme eines solchen noch die private Anfertigung einer Fotokopie davon bewirkt, daß das Schriftstück dem Zustellungsbevollmächtigten im Sinne des § 9 Abs. 1 des Zustellgesetzes tatsächlich zugekommen ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/05/0067, m.w.N.).
Im Mehrparteienverfahren - wie im vorliegenden Beschwerdefall - ist durch die Zustellung eines Bescheides an eine andere Partei als den Berufungswerber ein Bescheid bereits erlassen, weshalb eine vor Beginn des Laufes der Berufungsfrist eingebrachte Berufung in diesem Fall als zulässig angesehen wird (vgl. hiezu die bei Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts, 6. Auflage, Rz. 517, Seite 208, dargestellte hg. Rechtsprechung).
Obwohl der Bescheid der Baubehörde erster Instanz vom - entgegen seiner Zustellverfügung - der Beschwerdeführerin und nicht ihrem bevollmächtigten Rechtsanwalt und damit dem Zustellungsbevollmächtigten im Sinne des § 9 Abs. 1 ZustG zugestellt worden ist, konnte die Beschwerdeführerin zulässigerweise dagegen Berufung erheben, da dieser Bescheid jedenfalls am anderen Parteien gegenüber bereits erlassen worden ist. In einem solchen Fall kommt es lediglich darauf an, ob die Beschwerdeführerin bereits im Zeitpunkt der Erhebung der Berufung Kenntnis vom Inhalt des Bescheides hatte und von dessen rechtswirksamer Zustellung bei Erlassung des angefochtenen Bescheides auszugehen war (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 84/05/0236, BauSlg. Nr. 389).
Die Beschwerdeführerin sieht eine Verletzung ihres Rechtes auf das Parteiengehör darin, daß ihr keine Einsicht in Akten gewährt worden sei, deren Beischaffung sie beantragt habe, und ihr nicht sämtliche Pläne (Aufrißpläne, Vorder- und Seitenansichten) des hier zu beurteilenden Projektes gezeigt worden seien. Die Zulassung dieser Beweismittel sei deshalb von Bedeutung, weil sich in diesen Akten Pläne betreffend Vermessungen über die Grundgrenze zwischen dem Haus X-Platz 65 und X-Platz 66 befänden.
Der Nachbar kann die Frage des strittigen Grenzverlaufes geltend machen. Dieses Vorbringen ist nicht auf den Zivilrechtsweg zu verweisen, vielmehr hat die Baubehörde die Frage des Grenzverlaufes gemäß § 38 AVG als Vorfrage zu beurteilen und diese Beurteilung ihrer Entscheidung zugrundezulegen. Die Frage des strittigen Grenzverlaufes ist dann im Baubewilligungsverfahren als Vorfrage zu entscheiden, wenn dies zur Beurteilung der Zulässigkeit des Bauvorhabens notwendig ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/05/0195).
Gestützt auf den rechtskräftigen Beschluß des Bezirksgerichtes Wels vom , AZ 1 Nc n/93, und die Beurkundung des Ingenieurkonsulenten für Vermessungswesen Dipl.-Ing. D vom gehen sowohl die Baubehörden als auch die belangte Behörde davon aus, daß das Grundstück der Beschwerdeführerin durch das bewilligte Projekt unmittelbar nicht berührt wird. Warum die als Grundlage dieser Feststellungen herangezogenen Beweise nicht richtig sein sollen, wird in der Beschwerde nicht ausgeführt. Die belangte Behörde konnte daher ohne Rechtsirrtum davon ausgehen, daß der als Vorfrage zu beurteilende Grenzverlauf von der Berufungsbehörde richtig beurteilt worden ist. Die Verwaltungsbehörden durften auf Grund der vorliegenden Beweise von einem bestimmten Grenzverlauf ausgehen. Sollte das zuständige Gericht zu einer anderen Entscheidung gelangen, wäre ein Grund für die Wiederaufnahme des Baubewilligungsverfahrens gegeben (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 88/05/0073).
Die Beschwerdeführerin führt weiters aus, im Bauverfahren sei bisher nicht geklärt worden, ob und welche Auswirkungen in statischer Hinsicht auf ihre Nachbarliegenschaft zu erwarten seien. Nicht nur im Rahmen der Bauausführung, sondern auch bei Ermittlung der zulässigen Belastung seien besondere Vorsichtsmaßnahmen zum Schutze der Bausubstanz ihres Hauses erforderlich. Auch der Nachbar habe ein primäres Interesse daran, daß sein benachbartes Haus nicht einstürze und sein Eigentum nicht beeinträchtigt werde. Eine Gefährdung der Standfestigkeit des Nachbarhauses stelle eine derartige Gefahr bzw. einen erheblichen Nachteil für die Nachbarschaft dar; eine diesbezügliche Einwendung sei im Bauverfahren zulässig. Gemäß § 35 Abs. 2 Oö. Bauordnung 1994 seien auch im Interesse der Sicherheit und Festigkeit erforderliche Auflagen oder Bedingungen für das Bauvorhaben selbst und die Ausführung des Bauvorhabens vorzuschreiben. Eine diesbezügliche Einwendung sei somit eine solche im Sinne des § 31 Abs. 4 Oö. Bauordnung 1994; dies ergebe sich bereits aus der Bestimmung über die Baupläne gemäß § 29 Abs. 3 leg. cit. Gemäß § 31 Abs. 4 der hier anzuwendenden
Oö. Bauordnung 1994 (BO) sind öffentlich-rechtliche Einwendungen der Nachbarn im Baubewilligungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf solche Bestimmungen des Baurechtes oder eines Flächenwidmungsplanes oder Bebauungsplanes stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Hiezu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bauweise, die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Belichtung und Belüftung sowie jene Bestimmungen, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen.
Daß Beeinträchtigungen während der Bauführung (z.B. durch Erschütterung) keine subjektiven Nachbarrechte begründen, wird auch von der Beschwerdeführerin nicht angezweifelt. Diese, von der belangten Behörde vertretene Rechtsansicht ist durch die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gedeckt (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/05/0308, u.v.a.). Die Einwendung der Beschwerdeführerin, durch die geplanten Baumaßnahmen der mitbeteiligten Bauwerber drohe eine "akute Einsturzgefahr" ihres Hauses X-Platz 66, betrifft Fragen der Statik (Standfestigkeit) des hier zu beurteilenden Projektes. Für den Geltungsbereich der Oö. Bauordnung 1976, welche in ihrem § 46 Abs. 3 bezüglich der demonstrativen Aufzählung der öffentlich-rechtlichen Einwendungen der Nachbarn begründende Angelegenheiten mit § 31 Abs. 4 BO ident ist, hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen, daß den Nachbarn im Geltungsbereich dieser Bauordnung in Fragen der Tragfähigkeit des Untergrundes, des Bauplatzes und der Statik kein Mitspracherecht zusteht (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/05/0080, m. w.N.). Im hg. Erkenntnis vom ,
Zlen. 84/05/0198, 0199, BauSlg. Nr. 424, wurde auch näher ausgeführt, warum im Geltungsbereich der Oö. Bauordnung 1976 im Vergleich zu § 134 Abs. 3 der Bauordnung für Wien i.d.F. der Novelle 1976 Fragen der Tragfähigkeit des Untergrundes des Bauplatzes nicht Gegenstand nachbarrechtlicher Einwendungen sein können. Insoweit unterscheidet sich die Rechtslage in Oberösterreich auch von der derzeit in Geltung stehenden Nö. Bauordnung. Für den Geltungsbereich des zuletzt genannten Gesetzes hat der Verwaltungsgerichtshof jüngst in seinem Erkenntnis vom , Zl. 94/05/0336, unter Hinweis auf § 30 Abs. 1 der Nö. Bauordnung 1976, wonach alle Bauwerke auf tragfähigem Boden und in frostfreier Tiefe zu gründen sind und der Boden unter allen Teilen des Grundmauerwerkes nur in zulässigem Ausmaß beansprucht werden darf, ausgeführt, daß die Vorschrift vor Gefahren einer übermäßigen Belastung des Baugrundes schützen soll und diesbezüglich den Nachbarn ein subjektiv-öffentliches Recht zukommt. In Fragen der Statik und der Tragfähigkeit des Untergrundes steht den Nachbarn somit ein Rechtsanspruch insoweit zu, als sich eine Gefahr von der zu verbauenden Liegenschaft auf ihre Grundfläche zu erstrecken vermag. Ein solches subjektiv-öffentliches Recht des Nachbarn leitet sich jedoch aus § 118 Abs. 9 Z. 2 Nö. Bauordnung 1976 ab, wonach sich subjektiv-öffentliche Nachbarrechte auch aus den Bestimmungen über den Schutz vor anderen Gefahren, die sich auf die Anrainergrundstücke ausdehnen können, ergeben.
§ 10 Abs. 1 des Oö. Bautechnikgesetz ordnet zwar ebenfalls an, daß bauliche Anlagen in den statischen und konstruktiven Erfordernissen entsprechend auszuführen und auf tragfähigem Boden frost- und standsicher zu errichten sind, eine mit § 118 Abs. 9 Z. 2 der Nö. Bauordnung 1976 vergleichbare Regelung fehlt jedoch im § 31 Abs. 4 der Oö. Bauordnung 1994. Die im Regime der Nö. Bauordnung als subjektiv-öffentliche Rechte der Anrainer allgemein umschriebenen "Gefahren, die sich auf die Anrainergrundstücke ausdehnen können", werden im § 31 Abs. 4 Oö. Bauordnung 1994 eingeschränkt auf "jene Bestimmungen, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen". Diesbezügliche Einwendungen wurden jedoch von der Beschwerdeführerin nicht erhoben. Einwendungen, die die Sicherheit und die Festigkeit des zu bewilligenden Baues betreffen, sind aber gegenüber Bestimmungen, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen, gesondert zu beurteilen, wie sich dies auch aus der Aufzählung im § 3 des Oö. Bautechnikgesetzes betreffend die allgemeinen Erfordernisse baulicher Anlagen ergibt.
Die demonstrative Aufzählung im § 31 Abs. 4 letzter Satz BO schließt zwar nicht aus, daß auch andere Bestimmungen des Baurechtes oder eines Flächenwidmungsplanes oder eines Bebauungsplanes Interessen der Nachbarschaft dienen. Aus den im § 3 des Oö. Bautechnikgesetzes enthaltenen Bestimmungen über die allgemeinen Erfordernisse baulicher Anlagen allein kann der Nachbar jedoch noch kein subjektives öffentliches Recht ableiten (vgl. hiezu auch zur früheren Rechtslage des § 23 Abs. 1 Oö. Bauordnung 1976 das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 81/05/0126, 0127). Soweit die Grundsätze über die allgemeinen Anforderungen an bauliche Anlagen eine nähere Konkretisierung in bezug auf den Schutz der Nachbarschaft enthalten - solches ergibt sich z.B. aus der Definition der "schädlichen Umwelteinwirkungen" im § 2 Z. 36 des Oö. Bautechnikgesetzes - können subjektiv-öffentliche Nachbarrechte betroffen sein. Bezüglich der Statik (Standfestigkeit) und Rutschgefahr eines zu bewilligenden Bauvorhabens bestehen jedoch keine dem Schutz der Nachbarschaft dienenden Bestimmungen. Unabhängig davon hat die Baubehörde im Rahmen der Entscheidung über den Baubewilligungsantrag gemäß § 35 Abs. 2 BO aber in jedem Fall das zu bewilligende Bauvorhaben nach baurechtlichen Vorschriften im Interesse der Sicherheit und der Festigkeit zu prüfen (vgl. hiezu auch die diesbezüglichen Ausführungen bei Hauer, Der Nachbar im Baurecht, 4. Auflage, S. 223 f und 291 f).
Auf Grund dieser Erwägungen kann sich daher die Beschwerdeführerin wegen mangelnden Eingehens der Baubehörden auf die unter dem Gesichtspunkt der Statik, Tragfähigkeit und bestehender Rutschgefahr erhobenen Einwendungen wegen des Fehlens einer entsprechenden Mitsprachemöglichkeit im Baubewilligungsverfahren als Nachbar nicht für beschwert erachten.
Grundsätzlich gilt bezüglich der Belichtung und Belüftung der Nachbargrundstücke, daß der Eigentümer einer Liegenschaft durch Schaffung entsprechender Freiräume auf der eigenen Liegenschaft für ausreichende Belichtungs- und Belüftungsverhältnisse zu sorgen hat. Warum im gegenständlichen Fall Vorschriften, welche die Einhaltung eines bestimmten Abstandes oder einer bestimmten Gebäudehöhe zum Gegenstand haben, nicht eingehalten wurden und damit eine ausreichende Belüftung und Belichtung des Grundstückes der Beschwerdeführerin nicht gewährleistet ist (vgl. hiezu Hauer, a. a.O., S. 230 und 292), wird in der Beschwerde nicht ausgeführt. Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher mangels entsprechender Anhaltspunkte nicht zu erkennen, warum der angefochtene Bescheid diesbezüglich rechtswidrig sein soll.
Die Beschwerdeführerin vermochte somit mit ihren Beschwerdeausführungen eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Im Hinblick auf die Erledigung des Beschwerdeverfahrens erübrigte sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.