VwGH vom 25.06.1996, 96/05/0015
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde der C in W, vertreten durch Dr. X, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. MD-VfR - B XIV - 1/95, betreffend Antrag auf bescheidmäßige Bekanntgabe der Verpflichtungen gemäß § 53 Wiener Bauordnung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist Alleineigentümerin der Liegenschaft in Wien, K-Straße, EZ n1, KG H. Mit Eingabe vom beantragte sie die bescheidmäßige Bekanntgabe der Verpflichtungen, die sie gemäß § 53 der Bauordnung für Wien als Eigentümerin der genannten Liegenschaft treffen. Mit Bescheid vom hat der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, diesen Antrag zurückgewiesen. Die Zurückweisung wurde damit begründet, daß kein Anlieger einer Verkehrsfläche gemäß § 53 der Bauordnung für Wien einen Rechtsanspruch darauf habe, daß Anordnungen, die die Verpflichtungen des Anliegers gemäß § 53 Abs. 1 BO konkretisierten, ihm gegenüber überhaupt oder zu einem bestimmten Zeitpunkt bescheidmäßig bekanntgegeben würden. In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung führte die Beschwerdeführerin im wesentlichen aus, die Verpflichtung zur Anliegerleistung gemäß § 53 BO sei weder im Flächenwidmungs- und Bebauungsplan (Beschluß des Wiener Gemeinderates vom , Pr. Z. 440/83) noch im Gesetz selbst zureichend umschrieben. Die konkreten Maßnahmen bedürften einer Vorschreibung durch Bescheid, wobei sie auf den Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom , V 199/90-9, der ihrem Rechtsvorgänger gegenüber ergangen ist, hinwies.
Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid vom als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung ihres Bescheides führte die belangte Behörde aus, keine Bestimmung der Bauordnung für Wien räume irgend jemandem einen Rechtsanspruch darauf ein, daß Anliegerverpflichtungen gemäß § 53 dieses Gesetzes überhaupt oder zu einem bestimmten Zeitpunkt durch Bescheid festgesetzt würden. Ein Antrag auf Festsetzung könne auch nicht als zweckmäßiges Mittel der Rechtsverteidigung gelten, weil sich für den Anlieger vor der Bescheiderlassung aus den Bestimmungen des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes keinerlei Verpflichtungen ergäben, sodaß die Nichterfüllung von Verpflichtungen keine Rechtsnachteile bewirken könne.
Die Behandlung der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom , B 1741/95-5, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. Die Beschwerde rüge - neben der Gesetzwidrigkeit einer nicht präjudiziellen Verordnung - die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten. Die gerügten Rechtsverletzungen wären aber im Beschwerdefall nur die Folge einer allenfalls grob unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes.
In der über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber erwogen:
§ 53 der Bauordnung für Wien (BO) in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 18/1976, lautet wie folgt:
"(1) Dienen neue Verkehrsflächen, die auf Antrag eines Eigentümers (aller Miteigentümer) einer Liegenschaft im Bebauungsplan festgesetzt werden sollen, lediglich der besseren Aufschließung seiner (ihrer) Grundfläche, kann anläßlich der Festsetzung des Bebauungsplanes angeordnet werden, daß diese Verkehrsflächen von den Eigentümern (Miteigentümern) der anliegenden Bauplätze oder Baulose nach den Anordnungen der Gemeinde hergestellt, erhalten, gereinigt, beleuchtet und ebenso die notwendigen Einbauten hergestellt und erhalten werden.
(2) Kommen die Eigentümer diesen Verpflichtungen nicht nach und wird die Leistung nach den bestehenden gesetzlichen Vorschriften im Wege der Ersatzvornahme durchgeführt, so werden die Kosten der Ersatzvornahme unbeschadet des Rückgriffsrechtes der Eigentümer untereinander auf die einzelnen Eigentümer nach den Frontlängen der Baulinien aufgeteilt.
(3) Übernimmt die Gemeinde diese Verpflichtungen, haben die Eigentümer (Miteigentümer) die zur Verkehrsfläche entfallenden Grundflächen ohne Anspruch auf Entschädigung vorher an die Gemeinde abzutreten."
Wie schon in ihrer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wendet sich die Beschwerdeführerin auch in dem ergänzenden Schriftsatz an den Verwaltungsgerichtshof gegen die Gesetzmäßigkeit des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes (Plandokument 5709). Der angefochtene Bescheid stützt sich aber nicht auf diese Verordnung; dies bestätigt auch der Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom , dessen Begründung die Verordnung als nicht präjudiziell bezeichnet. Ein näheres Eingehen auf das Beschwerdevorbringen betreffend das Zustandekommen, den Inhalt und die Kundmachung des genannten Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes erübrigt sich somit.
Strittig ist hier ausschließlich, ob die belangte Behörde gehalten war, den beantragten Bescheid zu erlassen. Nur dann, wenn die belangte Behörde einen Bescheid erlassen hätte, mit dem besondere Anordnungen hinsichtlich der Herstellung der Verkehrsfläche getroffen worden wären, hätte sich dieser Bescheid auf den genannten Flächenwidmungs- und Bebauungsplan hinsichtlich der dort getroffenen Anordnung einer Verkehrsfläche im Sinne des § 53 BO stützen müssen.
Die Bauordnung für Wien hat weder bei Straßen im Sinne des § 53 noch bei den von der Gemeinde herzustellenden öffentlichen Straßen eine Verpflichtung normiert, diese Verkehrsflächen innerhalb einer bestimmten Frist oder in einer bestimmten Art auszubauen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 82/05/0139, BauSlg. Nr. 366, wonach selbst bei Vorliegen eines Bauverbotes nach § 19 Abs. 1 lit. c BO (Fehlen einer befestigten Verkehrsfläche) die Gemeinde zum Ausbau einer Straße nicht verpflichtet werden kann). Diesbezüglich trifft das Gesetz keine an den Träger der Straßenbaulast anknüpfende Unterscheidung. Während eine Gemeindestraße, sobald die notwendigen Grundflächen durch Abtretung, Vertrag oder Enteignung in das Eigentum der Gemeinde übergegangen sind, von dieser als Trägerin von Privatrechten hergestellt wird, erfordert die Herstellung einer Straße gemäß § 53 BO ein zweistufiges Vorgehen. Zunächst ist den Anliegern durch Bescheid vorzuschreiben, wie die Verkehrsfläche einschließlich Beleuchtung und Einbauten herzustellen ist (Arg. "nach den Anordnungen der Gemeinde" sowie die diesbezüglichen Ausführungen im Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom , V 199/90, Slg. 13217), womit die im Flächenwidmungs- und Bebauungsplan bloß allgemein festgelegte Herstellungsverpflichtung konkretisiert wird. Erst danach obliegt der tatsächliche Ausbau den Anliegern, doch hat der Ausbau nötigenfalls im Wege der Verwaltungsvollstreckung zu erfolgen, wofür § 53 Abs. 2 BO nähere Anordnungen trifft.
Solange den Anliegern einer Straße gemäß § 53 BO keine Leistungen zur Herstellung und Erhaltung der Straße durch Bescheid aufgetragen wurden, sind sie zu solchen Leistungen auch nicht verpflichtet.
Eine Bescheiderlassung an die Anlieger einer im Sinne des § 53 BO unmittelbar nach der Festsetzung einer solchen Verkehrsfläche im Flächenwidmungs- und Bebauungsplan ist zwar zulässig, es ist aber weder aus dieser, noch aus einer anderen Bestimmung der Wiener Bauordnung ein Rechtsanspruch auf eine derartige Bescheiderlassung ableitbar.
Die von der Beschwerdeführerin beantragte Konkretisierung könnte etwa dann erforderlich werden, wenn um eine Baubewilligung für einen Bauplatz angesucht wurde, hinsichtlich dessen ein Bauverbot gemäß § 19 Abs. 1 lit. c BO ausgesprochen wurde. In einem solchen Fall könnte der Anlieger die ihn belastende Entscheidung im Baubewilligungsverfahren bekämpfen, aber nicht eine Bescheiderlassung nach § 53 Abs. 1 BO unmittelbar erzwingen.
Mangels eines Rechtsanspruches auf Erlassung des von der Beschwerdeführerin beantragten Bescheides hat aber schon die Behörde erster Instanz mit Recht den Antrag zurückgewiesen, durch die Abweisung der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung ist die Beschwerdeführerin in keinem Recht verletzt.
Da somit die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.