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VwGH vom 28.06.1993, 93/10/0013

VwGH vom 28.06.1993, 93/10/0013

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des K in L, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom , Zl. VwSen-230084/9/Gf/Hm, betreffend Übertretung des Oberösterreichischen Polizeistrafgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.480,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als behördlich genehmigter Stellvertreter der F-GesmbH, somit als verantwortliche Person, am zwischen 20.25 Uhr und und 21.10 Uhr die Räumlichkeiten und Einrichtungen einer näher bezeichneten Peep-Show in L der ungarischen Staatsbürgerin T. K. zum Zwecke der Anbahnung der Prostitution durch Vereinbarung eines entgeltlichen Geschlechtsverkehrs mit einem Kunden zur Verfügung gestellt und habe ihr dadurch die Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 2 Abs. 3 lit. a des Oberösterreichischen Polizeistrafgesetzes, LGBl. Nr. 36/1979 idF der Novelle LGBl. Nr. 94/1985 (im folgenden: OÖ PolStG) ermöglicht. Der Beschwerdeführer habe dadurch § 2 Abs. 3 lit. a OÖ PolStG zusammen mit § 9 VStG iVm § 7 VStG verletzt. Über ihn wurde eine Geldstrafe von S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 8 Tage) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hatte eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Soweit der Beschwerdeführer die Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde bekämpft, deckt sich sein Vorbringen mit jenem in dem mit hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/02/0019, entschiedenen Verfahren, welches eine Bestrafung des Beschwerdeführers wegen Übertretung des Oberösterreichischen Veranstaltungsgesetzes betraf. Daß und aus welchen Gründen den Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde die vom Beschwerdeführer gerügten Mängel nicht anhaften, wurde in dem bereits zititerten Erkenntnis dargelegt.

Der Beschwerdeführer meint weiters, das Verhalten der unmittelbaren Täterin K.T. stelle keine Ausübung oder Anbahnung von Beziehungen zur sexuellen Befriedigung anderer Personen im Sinne des § 2 Abs. 1 OÖ PolStG dar, da das Tatbestandselement "zu Erwerbszwecken" nicht vorliege. Dieser Einwand entspricht der Argumentation der unmittelbaren Täterin in dem mit hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/10/0014, entschiedenen Verfahren. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem zitierten Erkenntnis dargelegt, daß diesem Einwand keine Berechtigung zukommt.

Schließlich bemängelt der Beschwerdeführer, es sei kein Sachverhalt festgestellt worden, der "eine Zurechnung eines etwaigen Fehlverhaltens einer Tänzerin zum Beschwerdeführer als Geschäftsführer aus rechtlichen Gründen" rechtfertige; daher ermangle es der ordnungsgemäßen rechtlichen Zuordnung eines Fehlverhaltens als Grundlage einer Bestrafung des "Verantwortlichen".

Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Ergebnis im Recht.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muß in der Tatumschreibung im Sinne des § 44 a Z. 1 VStG zum Ausdruck kommen, worauf sich die strafrechtliche Verantwortung des Beschuldigten gründet, d.h. ob der Beschuldigte die Tat in eigener Verantwortung, als der für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit strafrechtliche Verantwortliche nach § 9 VStG oder etwa als durch die Verwaltungsvorschriften im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG zum Verantwortlichen bestimmter (z.B. gewerberechtlicher Geschäftsführer gemäß § 370 Abs. 2 GewO 1973) begangen hat. Eine unzutreffende Bezeichnung dieser rechtlichen Eigenschaft, in der den Beschuldigten die strafrechtliche Verantwortlichkeit trifft, belastet den Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhalts (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 86/17/0020 u. a.).

Im erstinstanzlichen Straferkenntnis wurde der Beschwerdeführer als "behördlich genehmigter Stellvertreter der F-GesmbH, somit als verantwortliche Person" zur Verantwortung gezogen, und zwar nicht nur in bezug auf eine Übertretung des OÖ. Veranstaltungsgesetzes, sondern auch hinsichtlich der (mit dem angefochtenen Bescheid bestätigten) beschwerdegegenständlichen Übertretung des OÖ. PolStG.

Die Institution des "behördlich genehmigten Stellvertreters" findet sich in dem mit Kundmachung vom , LGBl. Nr. 75, wiederverlautbarten OÖ. Veranstaltungsgesetz. Nach § 6 dieses Gesetzes dürfen juristische Personen die Bewilligung (§ 2 Abs. 1) - es handelt sich dabei um die Bewilligung zur erwerbsmäßigen Durchführung von Veranstaltungen - unter der Bedingung erhalten und ausüben, daß sie einen von der die Bewilligung erteilenden Behörde zu genehmigenden Stellvertreter (Geschäftsführer) bestellen, der die Voraussetzungen gemäß § 4 erfüllt.

Nach § 8 leg. cit. ist der durch den Bewilligungsbescheid Berechtigte zur persönlichen Leitung der Veranstaltung verpflichet und allein für die Beachtung aller einschlägigen Vorschriften verantwortlich. Diese Verpflichtung gilt in den Fällen gemäß § 6 und § 7 für den Stellvertreter (Geschäftsführer) oder Pächter.

Die Stellung des Stellverteters nach dem OÖ. Veranstaltungsgesetz 1992 ist ähnlich jener des gewerberechtlichen Geschäftsführers nach § 39 Abs. 1 GewO. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 82/04/0107 Slg. N.F. 11160/A u.a.) trifft den gewerberechtlichen Geschäftsführer die strafrechtliche Verantwortlichkeit nicht hinsichtlich aller bei der Ausübung des Gewerbes begangenen Verwaltungsübertretungen, sondern nur hinsichtlich der Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften. Ausgehend von dem in dem zitierten Erkenntnis näher umschriebenen Begriff der gewerberechtlichen Vorschriften scheiden Regelungen, die zwar in Beziehung zur Gewerbeausübung stehen, jedoch nicht zu den Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie (Art. 10 Abs. 1 Z. 8 B-VG) gehören, aus (vgl. dazu auch die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 86/08/0210, vom , Zl. 87/09/0293, vom , Zl. 87/10/0124, ferner im Ergebnis auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2465/79).

In gleicher Weise ist auch der behördlich genehmigte Stellvertreter nach § 6 des OÖ. Veranstaltungsgesetzes 1992 nicht für die Beachtung aller Vorschriften verantwortlich, die in Zusammenhang mit der Veranstaltungstätigkeit stehen. Dies ergibt sich eindeutig aus der Einschränkung der Verantwortlichkeit des behördlich genehmigten Stellvertreters auf die "einschlägigen Vorschriften" (§ 8 leg. cit.). Zu diesen einschlägigen Vorschriften zählen Normen (Gesetze, Verordnungen, Bescheide, etc.), die die Ausübung der Veranstaltungstätigkeit regeln. Die Bestimmungen des OÖ. PolStG über die Prostitution zählen nicht dazu.

Dadurch, daß die belangte Behörde den Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft als behördlich genehmigter Stellvertreter für eine Übertretung nach dem OÖ. PolStG zur Verantwortung gezogen hat, hat sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhalts belastet. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides einerseits - in Widerspruch zur Aktenlage - ausführt, der Beschwerdeführer sei im erstinstanzlichen Straferkenntnis als "außenvertretungsbefugter Gesellschafter" einer GesmbH zur Verantwortung gezogen worden und andererseits in der Sachverhaltsfeststellung den Beschwerdeführer als handelsrechtlichen Geschäftsführer der F. GesmbH bezeichnet, da § 44 a Z. 1 VStG die richtige Bezeichnung der Funktion, in der der Beschuldigte zur Verantwortung gezogen wird, im Spruch erfordert.

Aus den angeführten Gründen erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 104/1991.