VwGH vom 15.07.2003, 2002/05/0766

VwGH vom 15.07.2003, 2002/05/0766

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde der Christine und des Josef Gützer, beide in St. Pölten-Spratzern, vertreten durch Dr. Franz Amler und Dr. Michael Schwarz, Rechtsanwälte in 3100 St. Pölten, Brunngasse 12/2, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt St. Pölten vom , Zl. 00/37/9d/14- 2002/Mag.De./Pi, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei: Allgemeine gemeinnützige Wohnungsgenossenschaft GenmbH in 3100 St. Pölten, Josefstraße 70/72), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben der Landeshauptstadt St. Pölten Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom beantragte die mitbeteiligte Partei die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung einer Reihenhausanlage mit 10 Wohneinheiten, Parkdecks mit Carports sowie 10 Pkw-Stellplätzen auf dem Grundstück Nr. 538/1 KG Spratzern. (Der Antrag auf Erteilung der Baubewilligung für die 10 Pkw-Stellplätze wurde in der Folge nicht aufrecht erhalten.)

Das zu bebauende Grundstück liegt im Bauland-Kerngebiet mit einer zulässigen Einwohnerdichte von 120/ha. Das zu bebauende Grundstück ist von zwei Verkehrsflächen (Nord- und Westseite) umgeben. Die Zu- und Abfahrt zu den Parkdeckes mit Carports soll über die öffentliche Verkehrsfläche nördlich dieser Liegenschaft erfolgen.

Dem zu bebauenden Grundstück unmittelbar gegenüberliegend (nördlich), getrennt durch die vorerwähnte öffentliche Verkehrsfläche, befindet sich das Grundstück Nr. 502/1 der Beschwerdeführer. Die Beschwerdeführer wendeten ein, dass die Seitenabstände von der Zufahrtsstraße zu den Wohnbauten zu gering seien, die Belastung durch Verkehrslärm und Abgase etc. unzumutbar sei und in einem Gebiet, in dem nur Einfamilienhäuser gebaut würden, eine Reihenhausanlage dieser Art abzulehnen sei.

In der mündlichen Bauverhandlung vom wurde festgehalten, dass das Bauvorhaben mit dem örtlichen Raumordnungsprogramm (Flächenwidmungsplan, vereinfachten Bebauungsplan sowie den dazugehörigen Bauvorschriften) übereinstimme.

Mit Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt St. Pölten vom wurde die beantragte Baubewilligung unter Nebenbestimmungen erteilt, die Einwendungen der Beschwerdeführer wurden als unbegründet abgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, dass das Bauvorhaben sämtliche Baufluchtlinien einhalte, Pkw-Abstellplätze würden im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß errichtet (ein Einstellplatz pro Wohneinheit) und die Bestimmungen des örtlichen Raumordnungsprogrammes würden eingehalten.

In der dagegen erhobenen Berufung wendeten die Beschwerdeführer neuerlich unzumutbare Belastung durch Verkehrslärm und Abgase ein, die Dichte der Bebauung sei im Verhältnis zur Grundstücksgröße zu groß, die Baubehörde habe ein schlüssiges Ortsbildgutachten nicht eingeholt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Berufung der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde hiezu ausgeführt, dass gemäß § 63 Abs. 1 der NÖ Bauordnung 1996 der Bauwerber eines Wohngebäudes grundsätzlich verpflichtet sei, Abstellanlagen für Kraftfahrzeuge auf Eigengrund herzustellen, wobei sich die Anzahl der Stellplätze nach der Anzahl der Wohnungen richte. Das in erster Instanz genehmigte Wohnbauprojekt umfasse 10 Wohneinheiten sowie eine Abstellanlage in Form von Parkdecks mit Carports für insgesamt 10 Stellplätze. Die ursprünglich in den Einreichunterlagen des Bauvorhabens noch ausgewiesene Anzahl von Pkw-Abstellplätzen sei im Zuge der mündlichen Bauverhandlung am von der Bauwerberin korrigiert und die Erklärung abgegeben worden, dass lediglich 10 Stellplätze zur Ausführung kämen. Das bewilligte Bauvorhaben umfasse somit lediglich 10 Abstellplätze für Kraftfahrzeuge. Dies entspreche § 63 Abs. 1 der NÖ Bauordnung 1996. Gemäß § 6 Abs. 2 Z. 3 der NÖ Bauordnung 1996 seien die subjektiv-öffentlichen Rechte eines Nachbarn beschränkt auf die Geltendmachung von Bebauungsvorschriften über die Bebauungsweise, Bebauungshöhe, den Bauwich, die Abstände zwischen Bauwerken oder deren zulässige Höhe, soweit die Bestimmungen der Erzielung einer ausreichenden Belichtung der Hauptfenster der zulässigen Gebäude der Nachbarn dienten. Die Regelung der Bebauungsdichte eines Grundstückes unterläge somit nicht dem baurechtlichen Nachbarschutz, sodass deren Geltendmachung durch die Beschwerdeführer schon allein deswegen unzulässig sei. Es habe darüber hinaus aber kein Grund gefunden werden können, an der Richtigkeit der Überprüfungsergebnisse der Behörde erster Instanz bzw. der Vereinbarkeit der projektierten Bebauung mit dem nach wie vor geltenden vereinfachten Bebauungsplan zu zweifeln. Die Frage des Ortsbildes stelle kein Nachbarrecht dar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführer machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Sie führen aus, dass durch das bewilligte Bauvorhaben eine unzumutbare Belastung durch Verkehrslärm und Abgase entstünde. Es hätte deshalb ein medizinischer Sachverständiger nach Einholung eines lärmtechnischen Gutachtens beigezogen werden müssen. Daraus hätte sich ergeben, dass die zu erwartenden Immissionen durch die bewilligten Abstellplätze eine Unzumutbarkeit und Gesundheitsgefährdung für die Nachbarn darstellten. Es hätte auch darüber abgesprochen werden müssen, dass eine weitere Einreichung für Abstellplätze nicht genehmigungsfähig sei. Auch wenn man davon ausgehe, dass die entsprechende Flächenwidmung bzw. der vorläufige Bebauungsplan eine Bauführung im Umfang des beantragten Projektes zuließen, sei dennoch die Gesamtsituation mit der Situation, die nach Durchführung und Ausführung des Projektes bestehe, zu vergleichen. Nach der herkömmlichen und in der Gegend üblichen Bebauung dürften maximal zwei Einfamilienhäuser auf der gegebenen Baufläche errichtet werden, daraus ergebe sich nunmehr eine Veränderung der Verkehrslage und der Versorgung, Zufahrt von Besuchern und allenfalls auch ein erhöhtes Kriminalitätsrisiko.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Unstrittig ist, dass das bewilligte Bauvorhaben dem örtlichen Raumordnungsprogramm entspricht. Die Beschwerdeführer vermeinen jedoch, dass das Bauvorhaben deshalb nicht bewilligungsfähig sei, weil durch die bewilligten Parkplätze eine unzumutbare Immissionsbelästigung entstünde.

Gemäß § 6 Abs. 1 NÖ Bauordnung 1996 (BO) sind im Baubewilligungsverfahren u.a. die Eigentümer der Grundstücke, die an das Baugrundstücke angrenzen oder von diesem durch dazwischenliegende Grundflächen mit einer Gesamtbereite bis zu 14 m getrennt sind, (Nachbarn), Parteien. Nachbarn sind nur dann Parteien, wenn sie durch das Bauwerk und dessen Benützung und den in Abs. 2 erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechten berührt sind.

Gemäß Abs. 2 dieser Gesetzesstelle werden subjektivöffentliche Rechte durch jene Bestimmungen dieses Gesetzes, des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976, LGBl. 8000, der NÖ Aufzugsordnung, LGBl. 8220, sowie der Durchführungsverordnung zu diesen Gesetzen, begründet, die u.a. den Schutz vor Immissionen (§ 48), ausgenommen jene, die sich aus der Benützung eines Gebäudes zu Wohnzwecken oder einer Abstellanlage im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß (§ 63) ergeben, gewährleisten.

§ 63 BO ordnet die Verpflichtung zur Herstellung von Abstellanlagen für Kraftfahrzeuge an. Nach Abs. 1 dieser Gesetzesstelle sind in dem Fall, dass ein Gebäude errichtet, vergrößert oder dessen Verwendungszweck geändert wird, dem voraussichtlichen Bedarf entsprechend Abstellanlagen für Kraftfahrzeuge herzustellen. Die Mindestanzahl der Stellplätze ist mit Verordnung der Landesregierung festzulegen und zwar für Wohngebäude nach der Anzahl der Wohnungen.

§ 155 Abs. 1 der NÖ Bautechnikverordnung 1997 setzt die Anzahl der nach § 63 Abs. 1 BO zu errichtenden Stellplätze für Personenkraftwagen für Wohngebäude mit einem Stellplatz für je eine Wohnung fest.

Die im bewilligten Bauvorhaben mitbewilligten Stellplätze gehen somit über die in § 63 BO festgelegten, gesetzlich vorgeschriebenen Pflichtstellplätze nicht hinaus. Bezüglich der von diesen Stellplätzen ausgehenden Immissionen kommt daher den Beschwerdeführern gemäß § 6 Abs. 2 Z. 2 BO kein subjektivöffentliches Recht zu.

Die behauptete Rechtsverletzung liegt daher im Beschwerdefall nicht vor. Aus diesen Gründen vermögen daher auch die unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vorgetragenen Ausführungen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu begründen, weil die behaupteten Verfahrensfehler nicht entscheidungsrelevant sind.

Aus diesen Gründen war die Beschwerde - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat - gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am