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VwGH vom 27.11.1990, 90/05/0128

VwGH vom 27.11.1990, 90/05/0128

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Domittner und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom , Zl. MA 64 - EZ 422/Oberlaa Land - 1/88, betreffend Enteignung (mitbeteiligte Parteien: 1. JK und 2. IK), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- und den Mitbeteiligten insgesamt Aufwendungen in der Höhe von S 10.590,-- je binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren der Mitbeteiligten wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Alleineigentümer des Grundstückes Nr. n/2 EZ nn, KG Oberlaa. Die Mitbeteiligten haben im Jahre 1988 die südlich daran anschließende Liegenschaft EZ nnn, bestehend aus dem Grundstück Nr. n/1 erworben. In der Folge boten die Mitbeteiligten dem Beschwerdeführer für das Grundstück n/2, das in das öffentliche Gut abzutreten ist, S 80.000,--, um ihr Grundstück Nr. n/1 baureif zu machen. Diesen Vorschlag lehnte der Beschwerdeführer ab und hat nach der Aktenlage selbst den Mitbeteiligten S 750.000,-- für ihr Grundstück geboten. Mit einem am bei der Behörde eingelangten Ansuchen beantragten die Mitbeteiligten die Abschreibung des Grundstückes Nr. n/2 in das öffentliche Gut und die gleichzeitige Einleitung des Enteignungsverfahrens, da der Beschwerdeführer mit einem Verkauf nicht einverstanden sei. Nach Durchführung einer ergebnislos gebliebenen Vergleichsverhandlung am erging am die Kundmachung betreffend die beantragte Enteignung, gleichzeitig wurde für den eine Verhandlung an Ort und Stelle ausgeschrieben. Der Niederschrift über diese Verhandlung zufolge nahm der Beschwerdeführer an der Verhandlung teil und die dort getroffenen Sachverhaltsfeststellungen zur Kenntnis. Zu einem Gutachten des Sachverständigen Mag. W.S. vom über die Höhe der Entschädigung wies der Beschwerdeführer in einer Äußerung vom darauf hin, daß er die Stellungnahme zur Höhe des ermittelten Betrages erstatte, ohne das Vorliegen eines Enteignungstatbestandes anzuerkennen.

Nach Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung am , die der Erörterung des Gutachtens des Mag. W.S. diente und in der die Parteien des Enteignungsverfahrens beantragten, das Verfahren bis für eine allfällige vertragliche Einigung "ruhen" zu lassen, erging der nunmehr in Beschwerde gezogene Bescheid vom . Dieser Bescheid ist in fünf Punkte gegliedert; unter I wurde gemäß § 39 Abs. 5 der Bauordnung für Wien das im Grundeinlösungsplan des Ing. Kons. f.

Vermessungswesen D.I.H.G. vom , GZ. mm/89, der einen Bestandteil des Bescheides bildet, ausgewiesene Grundstück n/2, inneliegend in EZ nn KG Oberlaa im Ausmaß von 108 m2 zugunsten der Mitbeteiligten zum Zweck der im Zuge der Bauplatzschaffung auf der Liegenschaft EZ nnn KG Oberlaa durchzuführenden unentgeltlichen Abtretung dieser Grundflächen in das öffentliche Gut enteignet. Unter II wurde die Entschädigungssumme festgesetzt. Die Punkte III bis V betreffen die Räumung der Liegenschaft sowie die Vorschreibung von Kommissionsgebühren und der Verwaltungsabgabe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde (nach dem Beschwerdevorbringen allerdings nur gegen Punkt I des Bescheides) wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte den Verwaltungsakt vor und beantragte ebenso wie die Mitbeteiligten in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides erblickt der Beschwerdeführer darin, daß § 39 Abs. 5 der Bauordnung für Wien zwar die Enteignung von Grundflächen auf Antrag eines Abteilungswerbers zu dessen Gunsten zum Zweck der Abtretung in das öffentliche Gut unter bestimmten Voraussetzungen vorsehe, die mitbeteiligten Parteien seien jedoch keine "Abteilungswerber" im Sinne des Gesetzes. Die Mitbeteiligten hätten nie eine Grundabteilung durchgeführt, sondern die EZ nnn, bestehend aus dem Grundstück Nr. n/1, in der derzeitigen Form und im Wissen, daß es sich um eine nicht baureife Grundfläche handelt, erworben. Doch selbst wenn die belangte Behörde zur Ansicht gelangt sein sollte, daß die Bestimmung des § 39 Abs. 5 BO zur Anwendung komme, obwohl es sich bei den Mitbeteiligten nicht um Abteilungswerber handle, wäre dies ausführlich in der Begründung des bekämpften Bescheides darzustellen gewesen.

§ 39 Abs. 5 der Wiener Bauordnung (BO) in der gemäß Art. II Abs. 2 der Novelle LGBl. Nr. 7/1990 im Beschwerdefall noch anzuwendenden Fassung vor dieser Novelle lautet:

"(5) Grundflächen, die gemäß dem Bebauungsplan in Verkehrsflächen fallen, können auf Antrag eines Abteilungswerbers zu seinen Gunsten zum Zweck ihrer Abtretung in das öffentliche Gut enteignet werden, wenn diese Grundflächen unbebaut sind und er im Zuge der Schaffung eines Bauplatzes oder Bauloses zur unentgeltlichen Übertragung dieser Grundflächen in das öffentliche Gut gemäß § 17 Abs. 1 und 4 verpflichtet ist."

Es ist unbestritten, daß zum Zeitpunkt der Antragstellung durch die Mitbeteiligten am für das Grundstück nur Nr. n/2 in EZ nn KG Oberlaa, der Flächenwidmungs- und Bebauungsplan, Plandokument 5429, genehmigt mit Beschluß des Gemeinderates vom , Pr.Zl. 991/77, maßgebend war, wonach das Grundstück Nr. n/2 zur Gänze im öffentlichen Gut (X-Straße) liegt. Unbestritten ist weiters, daß noch vor Bescheiderlassung das Plandokument 6051 (Gemeinderatsbeschluß von , Pr.Zl. 79/89) in Kraft trat, das jedoch keine Veränderung der Baulinie der X-Straße im gegenständlichen Bereich aufweist. Unbestritten ist ferner, daß laut Bescheid vom , Zl. MA 37/V-6092/88, über die Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen, der an die Mitbeteiligten erging und während der Verhandlung vom in Anwesenheit des Beschwerdeführers erörtert wurde, das Grundstück Nr. n/2 in EZ. nn im Ausmaß von 108 m2 nach Maßgabe des § 17 Abs. 1 BO zu erwerben und in das öffentliche Gut zu übertragen ist. Den in der Verhandlung vom getroffenen Feststellungen zufolge ist das Grundstück unbebaut. Im Zuge der Bauplatzschaffung auf der Liegenschaft nnn KG Oberlaa muß das Grundstück Nr. n/2 gemäß § 17 Abs. 4 lit. a BO von den Mitbeteiligten unentgeltlich in das öffentliche Gut abgetreten werden.

Gemäß § 13 Abs. 1 BO sind Abteilungen Veränderungen im Gutsbestand eines Grundbuchskörpers durch Ab- oder Zuschreibung von Grundstücken oder Teilen von Grundstücken. Nach § 13 Abs. 2 lit. a ist die Schaffung eines oder mehrerer Bauplätze bewilligungspflichtig. Bereits mit ihrem am bei der Behörde eingelangten Ansuchen, das in seiner Gegenstandsbezeichnung mit "Enteignungsverfahren wegen Bauplatzschaffung" überschrieben war, ersuchten die Mitbeteiligten um Abschreibung des Grundstückes n/2 in EZ. nn KG Oberlaa in das öffentliche Gut. Gleichzeitig beantragten sie die Einleitung des Enteignungsverfahrens, da der Beschwerdeführer mit einem Verkauf der Liegenschaft nicht einverstanden sei. Mit diesem Antrag schufen die Mitbeteiligten die Voraussetzung für die Veränderung im Gutsbestand eines bestimmten Grundbuchskörpers zwecks Schaffung eines Bauplatzes.

§ 39 Abs. 5 BO enthält keine Definition des Begriffes "Abteilungswerber", im Sinne des § 13 Abs. 1 BO ist aber jedenfalls Abteilungswerber derjenige, der einen Antrag auf Bewilligung der Schaffung eines Bauplatzes, der die Veränderung im Gutsbestand eines Grundbuchskörpers bedingt, eingebracht hat.

Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides eingehend dargelegt, daß die Voraussetzungen des § 39 Abs. 5 BO vorliegen. Daß sie keine Definition des Begriffes "Abteilungswerber" vorgenommen hat, bedeutet keine Verletzung von Verfahrensvorschriften, weil sich der Inhalt dieses Begriffes schon aus § 13 Abs. 1 BO ableiten läßt und der Beschwerdeführer während des Verfahrens nie bestritten hat, daß die Mitbeteiligten Abteilungswerber sind.

Als Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt der Beschwerdeführer, das Enteignungsverfahren sei gestützt auf § 42 der Bauordnung für Wien eingeleitet worden (Anberaumung der Vergleichsverhandlung vom ). In der Folge sei es zu einer nie näher begründeten und erörterten Umstellung auf § 39 Abs. 5 BO für Wien gekommen. Dieses Vorbringen geht schon deshalb ins Leere, weil die belangte Behörde am , nach Scheitern der Vergleichsverhandlungen, die Einleitung des Enteignungsverfahrens gemäß § 39 Abs. 5 BO kundgemacht und gleichzeitig eine Enteignungsverhandlung für den anberaumt hat. Ob die Voraussetzungen des § 39 Abs. 5 BO vorliegen, ist eine Rechtsfrage, mit der sich die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides auseinandergesetzt hat. Zu einer Erörterung dieser Rechtsfrage schon vor Durchführung der Verhandlung war die Behörde nicht verpflichtet. Die im Zusammenhang mit der Enteignung getroffenen Sachverhaltsfeststellungen hat der Beschwerdeführer bereits während der Verhandlung vom zur Kenntnis genommen und auch in der Beschwerde nicht bestritten.

Da die behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Mit der Erledigung der Beschwerde ist der Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gegenstandslos geworden.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung war gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abzusehen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Das Mehrbegehren der Mitbeteiligten war abzuweisen, weil der Schriftsatzaufwand nur für die schriftliche Äußerung zur Beschwerde selbst vorgesehen ist, nicht aber für jene Schriftsätze, die nur zur Frage der aufschiebenden Wirkung Stellung nehmen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 83/03/0316, u.a.).