VwGH vom 23.09.2002, 2002/05/0742

VwGH vom 23.09.2002, 2002/05/0742

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde des Vlastimil Hejsek und der Iveta Hejsekova in Schwanenstadt, vertreten durch Mag. Christian Schönhuber, Rechtsanwalt in Schwanenstadt, Stadtplatz 28, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. BauR-012924/2-2002-Um/Vi, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. Wohnbau Hausruckviertel Gemeinnützige Wohnungsgenossenschaft in Attnang-Puchheim, Straße des 21. April 3, 2. Gemeinde Oberndorf bei Schwanenstadt) zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem dieser angeschlossenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Die erstmitbeteiligte Partei reichte am beim Gemeindeamt der zweitmitbeteiligten Gemeinde ein Bauansuchen für ein dreigeschossiges Wohngebäude mit neun Wohnungen sowie einer Tiefgarage auf dem Grundstück Nr. 1917/2, KG Oberndorf bei Schwanenstadt, ein, wobei im westlichen Teil der Liegenschaft die Errichtung eines Kinderspielplatzes geplant war. Das Grundstück ist im Flächenwidmungsplan als Wohngebiet ausgewiesen.

In der am abgehaltenen Bauverhandlung erhoben die Beschwerdeführer als Eigentümer des unmittelbar an das Baugrundstück angrenzenden Grundstückes Nr. 1912 Einwendungen wegen Verletzung ihres subjektiv-öffentlichen Rechtes auf Immissionsschutz. Dies begründeten sie näher mit der durch den Kinderspielplatz zu erwartenden Lärmbelästigung.

Der in der Bauverhandlung anwesende lärmtechnische Sachverständige führte dazu in seinem Gutachten aus, dass bei der derzeitigen Bebauung und Nutzung des Grundstückes der Liegenschaft der Beschwerdeführer von unzumutbaren Belästigungen nicht ausgegangen werden könne, weil es sich einerseits durch die geplanten neun Wohnungen um eine eher untergeordnete Spielplatzgröße und -frequenz handle, und andererseits der Planverfasser die zu installierenden Spielgeräte in den östlichen Teil der Spielplatzfläche situiere, sodass sich der Abstand zur Nachbarliegenschaft noch vergrößere. Lärmmindernd für die Liegenschaft der Beschwerdeführer sei die vorgelagerte Doppelgarage zum Wohnhaus auf ihrem Grundstück.

In einem Ergänzungsgutachten führte der Amtssachverständige aus, dass der Kinderspielplatz keine übermäßige Größenordnung darstelle und die zur Aufstellung vorgesehenen Spielgeräte (Schaukel, Rutsche, Wippgerät, Sandkiste udgl.) von sich aus keine Schallemissionen verursachen würden. Diese würden vielmehr von spielenden Kindern erzeugt und wären mit Sicherheit in der gleichen Größenordnung, wenn der geplante Spielplatz nicht errichtet würde, sondern nur eine Wiesenfläche vorhanden wäre, auf der Kinder spielen. Es könne wohl außer Zweifel gestellt werden, dass spielende Kinder und die damit verbundenen Geräusche in einem Wohnbereich als typisch und ortsüblich angesehen werden könnten. Anders geartet wäre die Situation sicherlich bei einem öffentlichen Spielplatz, der ein Anziehungspunkt für Kinder aus der näheren und weiteren Umgebung sei. Der gegenständliche Spielplatz sei jedoch nicht in diesem Umfang geplant. Aus fachlicher Sicht werde damit kein Hinweis auf besondere Umstände gesehen, die eine detailliertere Auseinandersetzung mit den konkreten Schallemissionen und - immissionen erforderlich machen würden.

Das Gutachten wurde den Beschwerdeführern zur Stellungnahme übermittelt und von diesen als mangelhaft bezeichnet.

Mit Bescheid vom erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde der erstmitbeteiligten Partei die beantragte Baubewilligung unter zahlreichen Auflagen. Die Auflage Nr. 29 lautete: "Der Kinderspielplatz ist im beschatteten Bereich auszuführen und anzulegen." Die Einwendungen der Beschwerdeführer wurden abgewiesen, wobei der Bürgermeister auf das Gutachten vom verwies und feststellte, dass sich das geplante Bauvorhaben samt Kinderspielplatzanlage im Rahmen des in der dortigen Widmungskategorie Wohngebiet üblichen Ausmaßes halte.

Die Beschwerdeführer erhoben Berufung, welche mit Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde Oberndorf vom abgewiesen wurde. Die Auflage Nr. 29 wurde auf den folgenden Wortlaut abgeändert: "Der im Projekt auf dem Grundstück 1917/2 vorgesehene Kinderspielplatz ist im beschatteten Bereich auszuführen und anzulegen. Der Kinderspielplatz ist mit entsprechenden Hinweistafeln deutlich sicht- und lesbar als nicht öffentlicher Kinderspielplatz zu kennzeichnen (z. B. durch Aufschrift wie etwa: ‚Kein öffentlicher Kinderspielplatz - Benützung nur durch Kinder der Wohnanlage auf Parzelle 1917/2 gestattet' o. ä.)." Der Gemeinderat begründete seine Entscheidung damit, dass der Kinderspielplatz nach § 24 BauTG verpflichtend vorzusehen sei. Diejenigen Immissionen, die sich im Rahmen des in einer Widmungskategorie üblichen Ausmaßes hielten, müssten nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes von den Nachbarn hingenommen werden. Dezidiert habe der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Zl. 90/05/0097 klargestellt, dass ein für Wohnhausanlagen im Kerngebiet üblicher Kinderlärm von einem Spielplatz von den Nachbarn jedenfalls hingenommen werden müsse. Der Befürchtung der Beschwerdeführer, der Kinderspielplatz werde sich zu einem öffentlichen Spielplatz entwickeln, sei durch die entsprechende Auflagenvorschreibung Rechnung getragen worden.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Vorstellung. In dieser machten sie abgesehen von der Immissionsbelastung durch den Kinderspielplatz geltend, dass die Auflage Nr. 29 zu unbestimmt sei, weil aus der Wendung "im beschatteten Bereich" nicht klar hervor gehe, ob es damit zu einer Verlegung des Kinderspielplatzes komme.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Vorstellung keine Folge. Die Auflagen Nr. 29 sei im Zusammenhang mit der Auflage Nr. 26 zu sehen, wonach um die Wohnanlage mindestens fünf Schatten spendende Bäume so anzupflanzen seien, dass eine Beschattung des Kinderspielplatzes erreicht werde. Jede andere Auslegung im Sinne der Vermutung des Vorstellungswerber, dass damit eine Verlegung des Spielplatzes aufgetragen worden sei, wäre in der Tat als unbestimmt anzusehen und verbiete sich au diesem Grunde. Davon abgesehen sei aber festzustellen, dass den Beschwerdeführern in diesem Punkt ohnehin kein subjektives Nachbarrecht zukomme.

Zu den geltend gemachten Lärmimmissionen führte die belangte Behörde aus, § 24 Abs. 1 Z. 1 OÖ BauTG bringe zum Ausdruck, dass der vorgesehene Kinderspielplatz geradezu typisch für Wohnhausanlagen in der hier vorliegenden Größe anzusehen sei. Im Übrigen habe der Gemeinderat die Sach- und Rechtslage zutreffend beurteilt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf Immissionsschutz verletzt erachten. Sie begehren die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Nachbareigenschaft der Beschwerdeführer als Eigentümer eines unmittelbar angrenzenden Grundstückes ergibt sich unbestritten aus § 31 Abs. 1 Z. 1 der Oberösterreichischen Bauordnung 1994, LGBl. Nr. 66/1994, idF der Novelle LGBl. Nr. 70/1998 (BO).

Gemäß § 31 Abs. 3 BO können Nachbarn gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, dass sie durch das Bauvorhaben in subjektiven Rechten verletzt werden, die entweder in der Privatrechtsordnung (privatrechtliche Einwendungen) oder im öffentlichen Recht (öffentlich-rechtliche Einwendungen) begründet sind. Öffentlich-rechtliche Einwendungen der Nachbarn sind nach § 31 Abs. 4 BO im Baubewilligungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf solche Bestimmungen des Baurechts oder eines Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Dazu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bauweise, die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Belichtung und Belüftung sowie jene Bestimmungen, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen.

Gemäß § 2 Z. 36 des Oberösterreichischen Bautechnikgesetz, LGBl. Nr. 67/1994 (BauTG), sind schädliche Umwelteinwirkungen Einwirkungen, die geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und im Besonderen für die Benützer der baulichen Anlagen und die Nachbarschaft herbeizuführen, wie durch Luftverunreinigung, Lärm oder Erschütterungen. Gemäß § 3 Z. 4 BauTG idF LGBl. Nr. 103/1998 müssen bauliche Anlagen in allen ihren Teilen nach dem jeweiligen Stand der Technik so geplant und errichtet werden, dass durch ihren Bestand und ihre Benützung schädliche Umwelteinwirkungen möglichst vermieden werden.

§ 24 Abs. 1 Z. 1 BauTG bestimmt, dass bei jedem Neubau mit mehr als drei Wohnungen, soweit nicht eine entsprechende Gemeinschaftsanlage auf benachbarten Grundstücken zur Verfügung steht, jedenfalls eine ausreichend große, nicht überbaute Fläche auf dem Bauplatz oder in dessen unmittelbarer Nähe als Spielplatz für Kinder zu schaffen ist, sofern die Zweckbestimmung des Gebäudes das Wohnen von Kindern nicht ausschließt.

Die Beschwerdeführer machen auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren überhöhte Lärmimmissionen geltend. Diesbezüglich hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid jedoch zutreffend auf die wiederholte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hingewiesen, wonach Immissionen, die sich im Rahmen des in einer Widmungskategorie üblichen Ausmaßes halten, von den Nachbarn hinzunehmen sind. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der für Wohnhausanlagen üblichen Lärmimmissionen. Gerade bei den von einem Kinderspielplatz ausgehenden Immissionen handelt es sich um solche, die von Wohnhausanlagen üblicherweise ausgehen (vgl. zuletzt das zur Kärntner Rechtslage ergangene Erkenntnis vom , Zl. 99/05/0048).

Zutreffend hat die belangte Behörde auch darauf hingewiesen, dass in Oberösterreich inbesondere auch auf Grund der in § 24 Abs. 1 Z. 1 BauTG grundsätzlich verpflichtend vorgesehenen Errichtung eines Kinderspielplatzes in Wohnhäusern mit mehr als drei Wohnungen davon auszugehen ist, dass die von derartigen Spielplätzen ausgehenden Emissionen als üblich anzusehen sind, sofern nicht besondere Umstände das Gegenteil vermuten lassen.

Die Beschwerdeführer haben im Verwaltungsverfahren ebenso wenig wie in der Beschwerde konkrete Umstände vorgebracht, die auf eine über das übliche Ausmaß im Wohngebiet hinaus gehende Lärmbelästigung hindeuten würden bzw. konnten sie den diesbezüglichen Annahmen des lärmtechnischen Sachverständigen im Gutachten vom nicht entgegen treten. Daher waren auch keine weiteren Ausführungen des Sachverständigen hinsichtlich der konkret zu erwartenden Lärmbelastung erforderlich.

Mit ihrem Vorbringen, es sei mit einer Benützung des Spielplatzes auch durch Kinder aus der Nachbarschaft zu rechnen, obwohl vom Gemeinderat als Auflage sogar die Anbringung von Hinweisschildern, welche dies verhindern sollen, vorgeschrieben wurde, behaupten die Beschwerdeführer eine dem Baubewilligungsbescheid widersprechende Nutzung des Objekts, welche jedoch nicht Gegenstand des Baubewilligungsverfahrens ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/05/0074). Die Frage, ob der Bauwerber das bewilligte Gebäude (nicht) der Baubewilligung entsprechend nutzen wird, kann daher von einem Nachbarn im Baubewilligungsverfahren nicht releviert werden. Nur wenn es auf Grund der vorgelegten Planunterlagen offensichtlich nicht möglich wäre, die projektierte Verwendung als Spielplatz lediglich für das zu errichtende Wohnhaus zu realisieren, könnte die Baubehörde nicht von der projektgemäßen bzw. durch die Auflage präzisierten Verwendung ausgehen (hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/06/0058). Dass es gelegentlich auch zu einer Benützung durch nicht in der Anlage wohnende Kinder, etwa Gäste, kommt, ist als üblich anzusehen und daher in Kauf zu nehmen; damit wird der Spielplatz aber noch nicht "öffentlich".

Ob, wie die Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgerichtshof erneut geltend machen, die "Auflage Nr. 29" im Bescheid des Gemeinderates nicht ausreichend bestimmt ist, kann dahingestellt bleiben, weil diese Auflage keinesfalls Rechte der Beschwerdeführer berührt. Einerseits ist die Lage des Spielplatzes durch den Plan fixiert, andererseits ist die Auflage, aus der ja nicht hervorgeht, wo der beschattete Bereich sein soll, nicht geeignet, eine Abänderung der planlichen Situierung herbeizuführen.

Die Beschwerdeführer bringen in der Beschwerde schließlich vor, eine gefahrlose Benutzung des Spielplatzes sei infolge unmittelbarer Nähe zu einem Gewässer nicht gewährleistet. Abgesehen davon, dass es sich bei diesem Vorbringen um eine gemäß § 41 Abs. 1 VwGG unzulässige Neuerung handelt, kommt Nachbarn, die vor allem eine Lärmquelle beseitigen wollen, keine Legitimation zu, Vorschriften über die Ausgestaltung von Kinderspielplätzen durchzusetzen (hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/05/0097).

Sohin lässt bereits der Beschwerdeinhalt erkennen, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt. Die Beschwerde war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Auf Basis der zitierten Rechtsprechung konnte die Entscheidung in einem gem. § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.

Wien, am