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VwGH vom 29.03.2000, 98/08/0383

VwGH vom 29.03.2000, 98/08/0383

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

98/08/0384

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Nowakowski und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerden der Stadtgemeinde L, vertreten durch Mag. M, Rechtsanwalt in L, gegen die Bescheide des Landeshauptmanns von Oberösterreich vom , Zlen. SV (SanR)-4514/1-1997-Tr/Ma (hg. Zl. 98/08/0383) und SV (SanR)-4514/2-1997-Tr/Ma (hg. Zl. 98/08/00384), betreffend Aufwandersatz zu den Kosten der Sondernotstandshilfe (mitbeteiligte Partei: Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Oberösterreich), zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 26.480,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit fünf jeweils auf eine bestimmte Leistungsempfängerin bezogenen Bescheiden vom verpflichtete die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Linz die beschwerdeführende Stadtgemeinde, dem Bund für den Abrechnungszeitraum (richtig nach den vorgelegten Aktenteilen, wie auch in der Beschwerde ausgeführt:) vom bis zum (in der formularmäßigen Begründung des angefochtenen Bescheides unrichtig mit bis angegeben) ein Drittel der Kosten der an die jeweilige Leistungsempfängerin ausgezahlten Sondernotstandshilfe zu ersetzen.

Mit dem erstangefochtenen Bescheid (hg. Zl. 98/08/0383) gab die belangte Behörde den Berufungen der Beschwerdeführerin keine Folge.

Mit einem auf eine bestimmte Leistungsempfängerin bezogenen Bescheid vom verpflichtete die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Linz die beschwerdeführende Stadtgemeinde, dem Bund für den Abrechnungszeitraum (richtig nach den vorgelegten Aktenteilen, wie auch in der Beschwerde ausgeführt:) vom bis zum (in der formularmäßigen Begründung des angefochtenen Bescheides unrichtig mit bis wiedergegebenen) ein Drittel der Kosten der an diese Leistungsempfängerin ausgezahlten Sondernotstandshilfe zu ersetzen.

Mit dem zweitangefochtenen Bescheid (hg. Zl. 98/08/0384) gab die belangte Behörde der Berufung der beschwerdeführenden Stadtgemeinde keine Folge.

Gegen die erwähnten Berufungsbescheide richten sich die vorliegenden, vom Verwaltungsgerichtshof wegen des sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Erledigung verbundenen Beschwerden, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage von Aktenteilen und Erstattung von Gegenschriften durch die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei erwogen hat:

In ihren im Wesentlichen gleich lautenden Entscheidungen hat die belangte Behörde die Berufungen der Beschwerdeführerin mit der Begründung abgewiesen, es sei der belangten Behörde aus rechtlichen Gründen verwehrt, auf die in den Berufungen jeweils erhobene Behauptung, es hätten geeignete Unterbringungsmöglichkeiten für die Kinder der Leistungsempfängerinnen bestanden, einzugehen. Diese Rechtsansicht stützte die belangte Behörde auf § 6 Abs. 6 Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz in der nach Ansicht der belangten Behörde maßgeblichen Fassung des Strukturanpassungsgesetzes, BGBl. Nr. 297/1995, und die dazu ergangene Rechtsprechung des Verfassungs- und des Verwaltungsgerichtshofes.

In den dagegen erhobenen Beschwerden wird vor allem geltend gemacht, die belangte Behörde habe übersehen, dass § 6 Abs. 6 Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz geändert worden sei und nicht mehr den von der belangten Behörde angenommenen Inhalt habe.

Die belangte Behörde räumt dies in der von ihr zu beiden Akten erstatteten Gegenschrift - mit Hinweis auf die Pensionierung des früheren Bearbeiters mit - ein, macht aber geltend, dass die Änderung erst nach dem Anhängigwerden der Berufungsverfahren kundgemacht worden sei, und führt nun auch aus, dass die belangte Behörde auch auf dem Boden der geänderten Rechtslage - gemeint: bei inhaltlicher Auseinandersetzung mit den in der Berufung erhobenen Einwänden - aufgrund des tatsächlichen Fehlens geeigneter Unterbringungsmöglichkeiten zu keiner anderen Entscheidung gelangt wäre.

Hiezu ist zunächst gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/08/0014, zu verweisen. Nach der dort dargestellten und ausführlich begründeten Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes bot § 6 Abs. 6 Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz in der Fassung des Strukturanpassungsgesetzes, BGBl. Nr. 297/1995, keine rechtliche Grundlage für die Annahme, die zum teilweisen Ersatz herangezogene Gemeinde könne sich auf die Rechtswidrigkeit der Gewährung der Sondernotstandshilfe berufen.

Mit der am - somit zwar nach der Einbringung der Berufungen, aber vor der Erlassung der angefochtenen Bescheide - im Bundesgesetzblatt kundgemachten Änderung des § 6 Abs. 6 sechster Satz Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz durch die Novelle BGBl. I Nr. 93/1997 hat der Gesetzgeber nun aber ausdrücklich angeordnet, die Gemeinde könne in der Berufung an den Landeshauptmann "auch die mangelnde Voraussetzung für die Gewährung der Sondernotstandshilfe wegen Vorliegen einer geeigneten Unterbringungsmöglichkeit für das Kind geltend machen". Diese neue Formulierung soll es der zum Kostenersatz herangezogenen Gemeinde - offenbar beschränkt auf eine bestimmte der bei der Zuerkennung der Sondernotstandshilfe zu beachtenden Voraussetzungen - ermöglichen, sich im Verfahren über den Kostenersatz auf die Rechtswidrigkeit der Zuerkennung der Leistung zu berufen. Damit sollte nach der Begründung des Initiativantrages (siehe dazu den Ausschussbericht, 808 BlgNR 20. GP) "ein faires Verfahren sichergestellt werden". Dies offenbar ungeachtet der Ansicht des Verfassungsgerichtshofes, wonach es sich bei der Regelung des § 6 Abs. 6 Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz um die Ausführung einer finanzausgleichsrechtlichen Regelung und damit um eine Regelung zur Verteilung der Lasten handelt, "deren Wesen es ausschließt, dass bei der Berechnung des Kostenbeitrags der Rechtsgrund jeder einzelnen Leistung neu aufgerollt wird" (Erkenntnis vom , Slg. Nr. 14.722). Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes, der in seinem Erkenntnis vom , Zl. 97/08/0014, die gleiche Auffassung vertreten hat, bedeutet dies eine Systemwidrigkeit der nun ausdrücklich gegenteiligen Neuregelung, aus der sich aber keine Bedenken gegen deren Verfassungskonformität ergeben.

Gemäß § 10 Abs. 8 Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz in der am im Bundesgesetzblatt verlautbarten Fassung des ASRÄG 1997, BGBl. I Nr. 139/1997, gilt die Neuregelung für Berufungen betreffend Abrechnungen nach dem (vgl. dazu die Regierungsvorlage zum ASRÄG 1997, 886 BlgNR 20. GP 96).

In den vorliegenden Fällen hätte sich die belangte Behörde daher mit den Einwendungen der Beschwerdeführerin inhaltlich auseinander setzen müssen. Ausführungen in der Gegenschrift ersetzen eine solche Auseinandersetzung nicht.

Da die belangte Behörde dies - ausgehend von der Anwendung einer überholten Rechtslage - unterlassen hat, waren die angefochtenen Bescheide gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am