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VwGH vom 26.06.1996, 95/20/0129

VwGH vom 26.06.1996, 95/20/0129

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Baur, Dr. Bachler und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hemetsberger, über die Beschwerde des M in O, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom , Zl. 4.345.246/1-III/13/94, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Asylantrag des Beschwerdeführers - eines türkischen Staatsbürgers, der am in das Bundesgebiet eingereist war - langte am beim Bundesasylamt, Außenstelle Salzburg, ein. Das Bundesasylamt verfügte am selben Tag die Ladung des Beschwerdeführers zur Ersteinvernahme am und die Expreßzustellung dieser Ladung an der im Antrag als "Adresse in Österreich" angegebenen Anschrift des Beschwerdeführers. Am langte der Rückscheinbrief mit der Ladung mit dem noch am vom Expreßzusteller angebrachten Vermerk, der Adressat sei "laut Auskunft ..." (unleserlich, gemeint offenbar: "unbekannt") wieder beim Bundesasylamt ein.

Am und am holte das Bundesasylamt telefonisch Auskünfte des Meldeamtes und der Fremdenpolizei ein. Nach den Aktenvermerken über zwei Telefonate mit dem Meldeamt gab dieses die Auskunft, der Beschwerdeführer sei an der von ihm angegebenen Adresse nicht gemeldet, und konnte "irgend ein anderer Aufenthaltsort (gemeint offenbar: durch die Telefonate mit dem Meldeamt) nicht ausfindig gemacht werden". Die Fremdenpolizei erteilte die Auskunft, der Beschwerdeführer sei nicht in Haft genommen worden und befinde sich nicht im Polizeigefangenenhaus Salzburg.

Nach einem Aktenvermerk vom erkundigte sich der nunmehrige Beschwerdevertreter an diesem Tag um 9,50 Uhr nach dem Verfahrensstand, wobei er mitteilte, daß er den Beschwerdeführer vertrete. Dem Beschwerdevertreter wurde die Auskunft erteilt, es sei ein Bescheid nach § 19 Asylgesetz 1991 erlassen und "am im Hause zugestellt worden".

Einen erstinstanzlichen Bescheid dieser Art enthalten die vorgelegten Verwaltungsakten nur in der Form einer Ausfertigung. Der Asylantrag des Beschwerdeführers wurde danach "gemäß § 19 Abs. 1 Z. 2" Asylgesetz 1991 mit der wesentlichen Begründung "abgewiesen", die Ladung zur Ersteinvernehmung sei mit dem Vermerk "laut Auskunft unbekannt" als unzustellbar zurückgekommen, eine polizeiliche Meldung oder Schubhaft des Beschwerdeführers sei nicht feststellbar und Hinweise auf seinen gegenwärtigen Aufenthaltsort seien nicht zu gewinnen gewesen.

In seiner Berufung dagegen führte der Beschwerdeführer u.a. aus, er habe bis etwa Anfang November 1994 keine andere Abgabestelle als die im Asylantrag angegebene Adresse gehabt, bei der es sich um das "Notquartier des türkischen Arbeitervereins" handle. Im Zeitpunkt der versuchten Zustellung sei er dort nicht "unbekannt" gewesen. Es sei "vielmehr davon auszugehen, daß der Postzusteller sich mit den durchwegs kurdischen und türkischen Bewohnern der Notunterkunft nicht verständigen konnte und es daher diesem nicht möglich war, in Erfahrung zu bringen, daß der Berufungswerber sehr wohl im Notquartier vorübergehend wohnhaft ist".

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diese Berufung ab. Sie stützte ihre Entscheidung auf § 20 Abs. 1 Asylgesetz 1991 und führte dazu aus, die Behörde erster Instanz habe alle ihr zumutbaren Schritte unternommen, sodaß kein Verfahrensmangel vorliege. Die in der Berufung vorgebrachten Umstände seien daher Neuerungen, auf die nach der erwähnten Gesetzesstelle nicht Bedacht zu nehmen sei. Im "Zeitpunkt der Zustellung" des erstinstanzlichen Bescheides sei der Beschwerdeführer noch unvertreten gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die erstinstanzliche, im angefochtenen Bescheid ohne Änderung ihres Spruches bestätigte Erledigung folgt in ihrer Formulierung dem Gesetzeswortlaut, wonach Asylanträge aus den im § 19 Abs. 1 Asylgesetz 1991 genannten Gründen "abzuweisen" seien. Zur Vermeidung eines dem Art. 11 Abs. 2 B-VG widersprechenden Ergebnisses ist dies aber im Sinne von "zurückzuweisen" zu interpretieren. Auch Bescheide, die sich der "verfehlten Terminologie des Gesetzes" bedienen, sind nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 1219/93, 1698/93 und 397/94, dem sich der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt angeschlossen hat, in diesem Sinne zu deuten. Daß die belangte Behörde es verabsäumt hat, den Spruch der erstinstanzlichen Erledigung unter Berücksichtigung dieses Erkenntnisses zu berichtigen, führt daher noch nicht zur Aufhebung ihres Bescheides.

Rechtswidrig ist der angefochtene Bescheid zunächst insoweit, als die belangte Behörde es unterließ, dem in der Berufung ausdrücklich erhobenen Vorwurf, der Vermerk des Expreßzustellers (§ 19 Abs. 2 Zustellgesetz) sei unrichtig gewesen, nachzugehen. Mit dem Hinweis darauf, daß der behauptete Fehler des Zustellers für das Bundesasylamt nicht erkennbar gewesen sei und ein Verfahrensmangel daher nicht vorliegen könne, konnte dem nicht wirksam begegnet werden. Gemäß § 3 Zustellgesetz handelt der Zusteller als Organ der Behörde, in deren Namen das Schriftstück zugestellt werden soll. Fehler, die ihm unterlaufen, sind der Behörde demnach zuzurechnen. Auf die in der Berufung erhobene Behauptung eines solchen Fehlers ist daher auch im Asylverfahren einzugehen.

Der angefochtene Bescheid widerspricht aber auch aus anderen, vorrangig wahrzunehmenden Gründen dem Gesetz:

1. § 19 Abs. 1 Z. 2 Asylgesetz 1991 setzt voraus, daß eine Änderung der Abgabestelle nicht "rechtzeitig" mitgeteilt wurde. Aus den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (270 BlgNR 18. GP, S. 21) ergibt sich, daß der Ausdruck "rechtzeitig" in Beziehung zur Beendigung des Verfahrens steht, woraus folgt, daß die Unterlassung der Mitteilung einer Änderung der Abgabestelle nur dann eine Anwendung der erwähnten Bestimmung erlaubt, wenn die Behörde schon in der Lage gewesen wäre, das Verfahren durch eine Entscheidung in der Sache abzuschließen, und dem Verfahrensabschluß ausschließlich die Unkenntnis der Abgabestelle des Asylwerbers entgegensteht (vgl. dazu das Erkenntnis vom , Zl. 95/01/0046, mit weiteren Nachweisen).

In einem inhaltlichen Zusammenhang mit der Frage, ob § 19 Abs. 1 Z. 2 Asylgesetz 1991 nicht schon deshalb zu Unrecht angewandt wurde, steht das Fehlen von Feststellungen darüber, was sich zwischen dem (wohl vormittags), als der Asylantrag des Beschwerdeführers einlangte, und den Nachmittagsstunden desselben Tages, als der Zustellversuch mißlang, in bezug auf die Abgabestelle des Beschwerdeführers geändert haben soll:

§ 19 Abs. 1 Z. 2 Asylgesetz 1991 setzt in Verbindung mit dem darin zitierten § 8 Abs. 1 Zustellgesetz voraus, daß sich die Abgabestelle der Partei während des Verfahrens ändert. Dabei bedarf es einer Verlegung auf Dauer und nicht etwa nur einer Abwesenheit, die solange währt, daß die regelmäßige Anwesenheit des Empfängers nicht mehr anzunehmen und eine Hinterlegung oder Ersatzzustellung daher nicht möglich ist (vgl. dazu - selbst unter der Annahme, daß die Wohnung ihren Charakter als Abgabestelle verloren habe - das Erkenntnis vom , Slg. Nr. 11.575/A). Mit dem Begriff "Änderung" wird das Attribut des Endgültigen, der Verlegung, der Aufgabe, des Wechsels verbunden (Stoll, BAO-Kommentar I, S. 1052 mit weiteren Nachweisen). Feststellungen darüber, daß eine derartige Verlegung der Abgabestelle im vorliegenden Fall stattgefunden hätte, fehlen jedoch.

Dem angefochtenen Bescheid ist gar nicht entnehmbar, daß überhaupt von einer Änderung in bezug auf die Abgabestelle ausgegangen wurde. Er knüpft nur daran an, daß ein Zustellversuch an der vom Beschwerdeführer - ohne Hinweis darauf, um welche Art von Abgabestelle es sich handle - angegebenen "Adresse in Österreich" fehlgeschlagen und eine andere Abgabestelle nicht feststellbar gewesen sei. Daß der Beschwerdeführer an der angegebenen Adresse zu Beginn des Verfahrens gewohnt und seine Abgabestelle im Lauf des verlassen hätte, ist auch aus dem Zustellbericht, dessen Inhalt der angefochtene Bescheid wiedergibt, nicht ableitbar. War der Beschwerdeführer nach dem Inhalt dieses Fehlberichtes nicht etwa (unbekannt wohin) "verzogen", sondern "laut Auskunft unbekannt", so kann die Wiedergabe dieses Berichtes nicht als Feststellung einer Änderung in bezug auf die Abgabestelle des Beschwerdeführers verstanden werden.

Es ist daher zu prüfen, ob § 19 Abs. 1 Z. 2 Asylgesetz 1991 auch Anwendung finden kann, wenn keine Änderung der Abgabestelle vorliegt, dem Asylwerber an der in seinem Antrag genannten Adresse aber VON ANFANG AN nicht zugestellt werden kann, weil er an dieser Adresse KEINE ABGABESTELLE HAT. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits ausgesprochen, von einer "Änderung der bisherigen Abgabestelle" könne "keine Rede sein", wenn die Partei an einer bestimmten Anschrift schon zu Beginn des Verfahrens keine Abgabestelle mehr hatte. In einem solchen Fall komme es darauf, ob die Partei vom anhängigen Verfahren Kenntnis hatte, nicht an. Statt eines Vorgehens nach § 8 Zustellgesetz - in bezug auf eine vor Beginn des Verfahrens aufgegebene Abgabestelle - sei mangels Feststellbarkeit einer anderen Abgabestelle mit einer Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung (§ 25 Abs. 1 Zustellgesetz) vorzugehen (Beschluß vom , Zl. 94/11/0185). In einer anderen Entscheidung hat der Verwaltungsgerichtshof hervorgehoben, die Mitteilungspflicht nach § 8 Abs. 1 Zustellgesetz setze voraus, "daß sich während eines Verfahrens die sachverhaltsmäßigen Voraussetzungen für eine Abgabestelle im Sinne des § 4 Zustellgesetz ändern" (Erkenntnis vom , Zlen. 94/03/0149, 0204).

In bezug auf eine von der Partei selbst im Verfahren bekanntgegebene Abgabestelle - eine solche Bekanntgabe wird auch die nicht näher konkretisierte Angabe einer "Adresse in Österreich" sein - wird andererseits die Ansicht vertreten, sie könne auch dann als Abgabestelle "angesehen werden", wenn die Voraussetzungen des § 4 Zustellgesetz auf sie von Anfang an nicht zutrafen, die Bekanntgabe der Partei also (gemeint offenbar: aus welchen Gründen immer) objektiv falsch war. Diese Ansicht gründet sich auf die vom Verwaltungsgerichtshof schon vor dem Inkrafttreten des Zustellgesetzes vertretene Rechtsmeinung, eine Partei, die der Behörde eine unrichtige Wohnanschrift angebe, habe die ihr aus einer Zustellung an diese unrichtige Wohnanschrift erwachsenden Rechtsnachteile selbst zu tragen (vgl. den Beschluß vom , Zl. 90/17/0327, mit Hinweis auf Walter-Mayer, Das österreichische Zustellrecht, S. 44, Anmerkung 4 zu § 8 Zustellgesetz, und das dort zitierte Erkenntnis vom , Zl. 1337/59; hingegen enthält das von Walter-Mayer noch zitierte Erkenntnis vom , Zl. 02/2741/79, nicht die Aussage, daß es auf das tatsächliche Vorliegen der von einer Partei genannten Abgabestelle nicht ankomme). Diese Rechtsnachteile sollen zunächst und vor allem darin bestehen, daß an der angegebenen Anschrift Zustellungen (nicht etwa aufgrund besonderer Anordnung gemäß § 8 Zustellgesetz, sondern z.B. durch Aushändigung an einen Ersatzempfänger in der Annahme, die Abgabestelle bestehe noch) trotz des tatsächlichen Fehlens einer Abgabestelle "rechtens erfolgen" dürfen (so der genannte Beschluß vom ; im zitierten Erkenntnis vom wurde nur ausgesprochen, daß eine Partei, die ihre Mitwirkungspflichten in bezug auf die Feststellung ihrer Abgabestelle verletzt habe, sich vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht erfolgreich auf die Verletzung amtlicher Ermittlungspflichten berufen könne). Im Ergebnis soll damit nichts anderes gelten, als wenn die Abgabestelle während des Verfahrens geändert wird und die Behörde wegen der Unterlassung der Mitteilung nach § 8 Abs. 1 Zustellgesetz nur deshalb keine Zustellung gemäß § 8 Abs. 2 Zustellgesetz anordnet (und vorher prüft, ob eine andere Abgabestelle "ohne Schwierigkeiten festgestellt werden kann"), weil sie infolge eines Fehlers bei der Zustellung, nämlich einer auf die irrtümliche Annahme ihres Fortbestandes gegründeten Zustellung an der in Wahrheit aufgegebenen Abgabestelle, gar nicht davon Kenntnis erlangt, daß die Abgabestelle geändert wurde (vgl. den Beschluß vom , Slg. Nr. 12.152/A).

Für den Fall, daß sich - wie im vorliegenden Fall offenbar angenommen - bei einem Zustellversuch durch einen entsprechenden Fehlbericht jedoch ergibt, daß die von der Partei genannte Anschrift schon bei ihrer Bekanntgabe zu Beginn des Verfahrens nicht richtig war, wäre mit der Rechtsmeinung, die dem zitierten Beschluß vom zugrunde liegt, aber noch nicht entschieden, ob nach § 8 Abs. 2 Zustellgesetz oder nach § 25 Abs. 1 Zustellgesetz vorzugehen ist. Ersteres könnte sich mangels "Änderung" der Abgabestelle nur aus einem Analogieschluß ergeben, doch fehlt es dafür im Hinblick auf § 25 Abs. 1 Zustellgesetz schon an der Voraussetzung einer Lücke im Gesetz und darüber hinaus auch an der Ähnlichkeit im Sachverhalt. § 8 Zustellgesetz knüpft nicht nur im Tatbestand, sondern auch in der Wahl der Rechtsfolge daran an, daß die "bisherige Abgabestelle" tatsächlich eine solche war. Besteht - wie im Falle einer als von Anfang an unrichtig erkannten Adressenbekanntgabe - kein Grund, dies anzunehmen, so liegt auch die Rechtsfolge des § 25 Abs. 1 Zustellgesetz näher als ein Vorgehen nach § 8 dieses Gesetzes. Das gilt zumindest dann, wenn nicht im Einzelfall hervorkommt, daß es sich um eine frühere Abgabestelle handelt.

Fehlt es schon an Feststellungen über die Erfüllung der Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 Z. 2 Asylgesetz 1991 in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Zustellgesetz einerseits und an den Voraussetzungen für die analoge Anwendung des § 8 Zustellgesetz (weil der ermittelte Sachverhalt einer "Änderung der bisherigen Abgabestelle" im Sinne des Abs. 1 dieser Bestimmung gleichzuhalten sei) andererseits, so braucht nicht mehr geprüft zu werden, ob aus der Bejahung einer solchen Analogiemöglichkeit mit Rücksicht auf das Tatbestandsmerkmal "rechtzeitig" und dessen Auslegung durch den Verwaltungsgerichtshof auch die Möglichkeit einer Zurückweisung des Asylantrages nach § 19 Abs. 1 Z. 2 Asylgesetz 1991 folgen würde. Durch die Anwendung der genannten Bestimmung auf den festgestellten Sachverhalt hat die belangte Behörde ihren Bescheid vielmehr unabhängig davon, wie die zuletzt gestellte Frage zu beantworten wäre, mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

2. Die vorgelegten Verwaltungsakten enthalten in bezug auf die Zustellung der erstinstanzlichen Erledigung die mit datierte "Beurkundung gemäß § 23 (2) des Zustellgesetzes", wonach die durchgeführten Ermittlungen ergeben hätten, daß der Beschwerdeführer (gemeint offenbar: während des Verfahrens und in dessen Kenntnis) "seinen Wohnsitz aufgegeben" habe. Auf den Zustellbericht vom Tag des Einlangens des Asylantrages, der Beschwerdeführer sei an der im Antrag angeführten Adresse "laut Auskunft unbekannt", läßt sich das ebensowenig gründen wie auf Meldeauskünfte darüber, daß er nicht gemeldet, oder auf die Polizeiauskunft, daß er nicht in Haft sei. Die bloße Angabe einer unrichtigen Adresse rechtfertigt aus den schon dargestellten Gründen kein Vorgehen nach § 8 Abs. 2 Zustellgesetz. Die Zustellung der erstinstanzlichen Erledigung durch Hinterlegung bei der Behörde konnte daher keine Rechtswirkungen entfalten. Ob sie - wovon die belangte Behörde unwidersprochen auszugehen scheint, ohne daß es dem Akt, abgesehen vom Vermerk über den Inhalt der dem Beschwerdevertreter gegebenen Auskunft als solcher, entnehmbar wäre - tatsächlich schon vor der Vorsprache des Beschwerdevertreters um 9,50 Uhr am erfolgt war (was auch für die Annahme einer Rückwirkung auf den Beginn dieses Tages vorauszusetzen wäre), braucht daher ebensowenig geprüft zu werden wie die Frage, auf welche Weise der Beisatz, eine Unterrichtung gemäß § 23 Abs. 3 Zustellgesetz sei "nicht zweckmäßig", mit Tatsachenfeststellungen darüber zu vereinbaren wäre, daß der Beschwerdeführer an der von ihm angeführten Adresse bis unmittelbar vor dem fehlgeschlagenen Zustellversuch gewohnt (oder dort sogar einen "Wohnsitz" begründet) hätte. Durch die Ausfolgung einer Aktenkopie an den Beschwerdevertreter - die nur als Ergebnis einer Akteneinsicht im Sinne des § 17 Abs. 1 AVG zu werten ist - wurde die unterbliebene Zustellung der erstinstanzlichen Erledigung auch nicht im Sinne des tatsächlichen Zukommens einer Ausfertigung an den Beschwerdevertreter geheilt. Damit ergibt sich unabhängig davon, daß die vorgelegten Verwaltungsakten keine Urschrift der erstinstanzlichen Erledigung vom enthalten, daß die belangte Behörde aus demselben Grund, der einer Anwendung des § 19 Abs. 1 Z. 2 Asylgesetz 1991 entgegenstand, die Berufung schon mangels wirksamer Erlassung eines erstinstanzlichen Bescheides zurückzuweisen hatte.

Gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG war der angefochtene Bescheid daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.