VwGH vom 25.07.1990, 89/17/0087

VwGH vom 25.07.1990, 89/17/0087

Beachte

Besprechung in:

ÖStZ 1991, 360;

Betreff

A u B gegen Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom , Zl. MDR-E 1/89 u. P 1/89, betreffend Ausgleichsabgabe nach dem Wiener Garagengesetz

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, vom wurde den Beschwerdeführern als Bauwerbern und Grundeigentümern gemäß § 70 der Bauordnung für Wien und in Anwendung des Wiener Garagengesetzes die Bewilligung erteilt, auf der Liegenschaft Gst. Nr. 625/11, EZ 905 KG X, in Wien, gewisse bauliche Änderungen durchzuführen. Weiters wurde in dem Bescheid ausgesprochen, die Anzahl der Pflichtstellplätze, welche gemäß § 36 Abs. 2 des Wiener Garagengesetzes, LGBl. Nr. 22/1957 in der derzeit geltenden Fassung (WGG), durch die Bauführung geschaffen werden müßten, bliebe um vier Kfz-Pflichtstellplätze hinter der gesetzlichen Stellplatzpflicht zurück. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Mit Bescheid vom setzte der Magistrat der Stadt Wien, MA 4, gemäß § 41 Abs. 1 und 2 sowie § 42 WGG in Verbindung mit § 2 der Verordnung der Wiener Landesregierung vom , LGBl. für Wien Nr. 9, auf Grund der Feststellungen des oben genannten Bescheides vom die von den Beschwerdeführern zu entrichtende Ausgleichsabgabe mit S 200.000,-- fest.

In der dagegen erhobenen Berufung brachten die Beschwerdeführer vor, die Festsetzung der Ausgleichsabgabe mit S 200.000,-- sei an sich der Höhe nach richtig und stütze sich auf den baubehördlichen Bewilligungsbescheid vom . Im vorliegenden Fall stehe jedoch der Zeitpunkt der Realisierung des Bauvorhabens noch nicht fest, zumal die Verfahrensdauer nach dem Wohnhaussanierungsgesetz noch nicht abzuschätzen sei. Ferner stehe nicht fest, ob die vorgeschriebene Ausgleichsabgabe auf Grund einer Förderung nach dem Wohnhaussanierungsgesetz in einem allfälligen Absetzbetrag Deckung finden könne. Die endgültige Klärung der Sach- und Rechtslage sei bisher auch nicht durch den Wiener Bodenbereitstellungs- und Stadterneuerungsfonds erfolgt. Da weder der Zeitpunkt der Realisierung des Bauvorhabens feststehe noch die tatsächliche Durchführung des Bauvorhabens gewährleistet sei, erscheine die Vorschreibung einer Ausgleichsabgabe nach dem Wiener Garagengesetz verfrüht.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien die Berufung als unbegründet ab. Die belangte Behörde verwies hiebei auf die Rechtslage, insbesondere auch auf § 44 Abs. 2 des Wiener Garagengesetzes, und führte dazu aus, bisher hätten die Bauwerber nicht auf die gegenständliche Bauführung verzichtet. Da auch kein Verzicht durch Zeitablauf gemäß § 74 der Bauordnung für Wien vorliege, gehöre die gegenständliche Baubewilligung nach wie vor dem Rechtsbestand an. Die Ausgleichsabgabe sei daher gemäß § 44 Abs. 1 leg. cit. zu entrichten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Nach ihrem Vorbringen erachten sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht verletzt, daß sie nicht von der Entrichtung einer Ausgleichsabgabe gemäß § 41 Abs. 1 des Wiener Garagengesetzes vorläufig befreit worden seien. Sie beantragen, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wird eine Baubewilligung erteilt, ohne daß die Verpflichtung nach § 36 Abs. 1 oder 2 WGG in Ansehung der Bestimmungen dieses Gesetzes überhaupt oder voll erfüllt werden kann, so ist dies gemäß § 40 Abs. 1 leg. cit. idF LGBl. Nr. 7/1975 im Bescheid festzustellen und auszusprechen, um wieviel die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter dem gesetzlich geforderten Ausmaß zurückbleibt.

Wird auf Grund des § 40 Abs. 1 leg. cit. ein Vorhaben bewilligt, ohne daß die Verpflichtung zur Schaffung von Einstellplätzen oder Garagen nach § 36 überhaupt oder voll erfüllt wird, so ist gemäß § 41 Abs. 1 leg. cit. in der genannten Fassung an die Stadt Wien eine Ausgleichsabgabe zu entrichten. Abgabepflichtig ist nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle der Bauwerber. Ist er nicht der Grundeigentümer, so haftet dieser für die Abgabenschuld zur ungeteilten Hand. Gemäß § 43 leg. cit. wird die Ausgleichsabgabe mit gesondertem Bescheid bemessen. Gemäß § 44 Abs. 1 leg. cit. ist die Ausgleichsabgabe binnen einem Monat nach Zustellung des Bemessungsbescheides zu entrichten. Erlischt die Baubewilligung durch ausdrücklichen Verzicht oder durch Zeitablauf, so steht gemäß Abs. 2 dieser Gesetzesstelle ein Anspruch auf zinsenfreie Erstattung des entrichteten Abgabebetrages zu. Der Anspruch auf Erstattung geht unter, wenn er nicht spätestens bis zum Ablauf des Kalenderjahres geltend gemacht wird, das auf das Erlöschen der Baubewilligung folgt. Anspruchsberechtigt ist, wer die Abgabe entrichtet hat. Andere Personen, die die Erstattung beantragen, müssen den Übergang des Anspruches auf sich nachweisen.

Gemäß § 3 Abs. 1 WAO entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschrift die Abgabepflicht knüpft. Der Zeitpunkt der Festsetzung und der Fälligkeit ist nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle ohne Einfluß auf die Entstehung des Abgabenanspruches. Als rechtlicher Anknüpfungspunkt für die Vorschreibung und Einhebung der Ausgleichsabgabe nach den WGG gilt, wie der Verwaltungsgerichtshof in seinen Erkenntnissen vom , Slg. Nr. 5423/F, und vom , Zl. 85/17/0016, bereits dargetan hat, in Ansehung der wiedergegebenen Rechtslage der Ausspruch in der Baubewilligung, um wieviel die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter dem gesetzlich geforderten Ausmaß zurückbleibt. Die Bemessung durch gesonderten Bescheid nach § 43 WGG ist für die Entstehung des Abgabenanspruches ohne Bedeutung.

Unter Wiederholung ihres Berufungsvorbringens bekämpfen die Beschwerdeführer den angefochtenen Bescheid lediglich mit der Behauptung, es erscheine unter analoger Anwendung des § 44 Abs. 2 WGG zweckmäßig und erforderlich, den Ausgang des Verfahrens nach dem Wohnhaussanierungsgesetz abzuwarten und die Entrichtung einer Ausgleichsabgabe zu einem späteren Zeitpunkt vorzuschreiben.

Dem ist zu erwidern, daß nach der oben wiedergegebenen Rechtslage der gegenständliche Abgabenanspruch mit dem Ausspruch in der Baubewilligung entsteht, um wieviel die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter dem gesetzlich geforderten Ausmaß zurückbleibt. Der Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches ist nicht von dessen bescheidmäßiger Festsetzung abhängig. Das Gesetz bietet keine Handhabe, die bescheidmäßige Konkretisierung dieses ex lege entstandenen Abgabenanspruches aus irgendeinem Grund hinauszuzögern.

Verfehlt ist auch der Versuch der Beschwerdeführer, auf Grund einer analogen Anwendung des § 44 Abs. 2 WGG zu dem von ihnen gewünschten Ergebnis zu gelangen. Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung kommt Analogie grundsätzlich nur dort in Betracht, wo eine echte Gesetzeslücke, das heißt eine planwidrige Unvollständigkeit des positiven Rechts, gemessen am Maßstabe der gesamten geltenden Rechtsordnung, vorliegt. Davon kann jedoch hier keine Rede sein. Die Regelung des § 44 Abs. 2 WGG, die für den Fall des Erlöschens der Baubewilligung einen Anspruch auf Rückerstattung der entrichteten Ausgleichsabgabe vorsieht, zeigt im Gegenteil, daß bis dahin die Abgabenpflicht unbedingt besteht.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 2 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Die Beendigung des Beschwerdeverfahrens, für dessen Dauer die Beschwerdeführer die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragten, machte einen formellen Abspruch über diesen Antrag entbehrlich.