VwGH vom 17.09.1990, 89/15/0114
Beachte
Besprechung in:
ÖStZB 1991, 145;
Betreff
N gegen Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat I) als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz vom , Zl. GA 10-344/8/89, BS I-11/88, betreffend Abgabenhinterziehung:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.780,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die vom Beschwerdeführer gegen das Erkenntnis des Spruchsenates I beim Finanzamt für den 1. Bezirk in Wien erhobene Berufung als unbegründet ab und erkannte damit den Beschwerdeführer für schuldig, er habe im Bereiche des Finanzamtes für den 12., 13., 14. und 23. Bezirk in Wien vorsätzlich durch Abgabe einer unrichtigen Umsatzsteuererklärung für das Jahr 1981, sohin unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht, bewirkt, daß für das Jahr 1981 ein Umsatzsteuerguthaben zu Unrecht festgesetzt und damit Umsatzsteuer im Gesamtbetrag von S 630.000,-- verkürzt worden sei. Der Beschwerdeführer habe hiedurch das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG begangen. Der Beschwerdeführer wurde nach Abs. 5 der zuletzt zitierten Gesetzesstelle zu einer Geldstrafe verurteilt. Dies im wesentlichen mit folgender Begründung:
Der Beschwerdeführer habe im Jahre 1976 das "Alte Preßhaus" im 19. Wiener Gemeindebezirk erworben und an eine Ges.m.b.H., deren Alleingesellschafter er sei, verpachtet. Diese Gesellschaft habe das Gastronomieunternehmen teilweise selbst geführt, teilweise weiterverpachtet. Am habe der Beschwerdeführer mit Ernst O (in der Folge: Käufer) "zwei Verträge über den Verkauf dieser Liegenschaft samt Einrichtung" abgeschlossen. Mit dem einen Vertrag habe der Beschwerdeführer sämtliche Einrichtungsgegenstände um den Betrag von S 3,500.000,-- zuzüglich Umsatzsteuer in der Höhe von S 630.000,-- verkauft, wobei im Vertrag bestimmt worden sei, daß der Kaufpreis bei Vertragsunterfertigung zu begleichen sei. Mit dem anderen Vertrag habe der Beschwerdeführer die Liegenschaft um den Kaufpreis von S 10,000.000,-- verkauft, wobei für die Entrichtung dieses Kaufpreises im Vertrag bestimmt worden sei, daß ein Teilbetrag von S 500.000,-- bei Unterfertigung des Vertrages, der Restkaufpreis von S 9,500.000,-- samt 11 % Zinsen bis zu bezahlen sei. Der Restkaufpreis sei auch grundbücherlich sichergestellt worden. Tatsächlich habe der Käufer am Tag der Vertragsunterfertigung den Kaufpreis für die Einrichtungsgegenstände samt Umsatzsteuer sowie den Teilbetrag von S 500.000,-- für den Grundstückskauf durch eine Zahlung von insgesamt S 5,125.384,-- erlegt. Im Dezember 1981 habe er weitere S 6,594.616,-- bezahlt, "wobei in den beiden genannten Beträgen offenbar auch Spesen und Kosten beinhaltet waren". Die danach unbeglichen verbleibende Kaufpreisforderung von S 3,000.000,-- habe der Beschwerdeführer auch in seiner Vermögensteuererklärung zum ausgewiesen. Der Beschwerdeführer habe es aber unterlassen, die Umsatzsteuer aus dem Kaufvertrag betreffend die Einrichtungsgegenstände in seine Umsatzsteuererklärung für das Jahr 1981 aufzunehmen, sodaß in dem auf die Erklärung gestützten Umsatzsteuerbescheid vom Dezember 1982 eine Gutschrift von rund S 1.500,-- festgesetzt worden sei. Die Finanzstrafbehörde erster Instanz sei unter Berücksichtigung des Inhaltes der Kaufverträge zu dem Schluß gekommen, "daß die Zahlungen vertrags- und fristgemäß erfolgt seien und daß somit die Unterlassung der Einbekennung der Umsatzsteuer für den Verkauf der Einrichtungsgegenstände in der Jahreserklärung für 1981 vom Verkürzungsvorsatz des Beschuldigten getragen gewesen sei". Die Berufung des Beschwerdeführers behaupte "schwergewichtig", daß die Bezahlung betreffend die Einrichtungsgegenstände tatsächlich nicht bei Vertragsabschluß, sondern erst im September 1984 erfolgt sei. Es sei durch Jahre hindurch stillschweigend von der Abgabenbehörde Istversteuerung anerkannt worden, weshalb "die Steuerfälligkeit erst mit dem Zufluß der Beträge eingetreten sei". Dem sei jedoch entgegenzuhalten, daß "im Kaufvertrag vom unter Punkt II. ausdrücklich festgehalten wurde, daß sich die verkauften Einrichtungsgegenstände bereits in Obhut und Verwahrung des Käufers befunden haben und der Käufer somit bereits bei Vertragsabschluß über diese Gegenstände verfügen konnte", weswegen die darauf entfallende Umsatzsteuerschuld unabhängig davon, ob im Beschwerdefall "nach Soll oder Ist zu versteuern war", bereits im Jahre 1981 entstanden sei. Die Berufung des Beschwerdeführers sei daher unbegründet.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG macht sich der Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt.
Im Beschwerdefall haben die Verwaltungsinstanzen als erwiesen angenommen, der Beschwerdeführer habe in der Umsatzsteuererklärung für das Jahr 1981 seiner Offenlegungspflicht dadurch nicht entsprochen und damit eine Verkürzung der Umsatzsteuer für dieses Jahr bewirkt, daß er den umsatzsteuerpflichten Verkauf von Einrichtungsgegenständen seines Gastronomieunternehmens vorsätzlich nicht erklärt habe.
Ob der Beschwerdeführer die objektive Tatseite der ihm angelasteten Tat verwirklicht hat, hängt davon ab, ob er die Umsatzsteuer für das Jahr 1981 nach vereinbarten oder vereinnahmten Entgelten zu entrichten hatte und ob, falls letzteres zutrifft, die schon erwähnten Zahlungen des Käufers im Jahre 1981 zur Abstattung des Kaufpreises für die Einrichtungsgegenstände bestimmt gewesen sind oder nicht.
Die Verwaltungsinstanzen haben in der Begründung ihrer Bescheide nicht geklärt, ob der Beschwerdeführer die Umsätze für das Jahr 1981 nach dem Soll- oder Istsystem versteuert. Der Beschwerdeführer selbst hat aber im Verwaltungsverfahren, zuletzt durch seinen Vertreter in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde, nur behauptet, der Meinung gewesen zu sein, der Istversteuerung zu unterliegen, "weil dies vorher auf ihn zugetroffen habe und nach § 17 UStG auch bei einem hohen Betrag diese erst aufgehoben wird, wenn in zwei Kalenderjahren der gesamte Umsatz mehr als S 1,5 Millionen beträgt." Auch in der Beschwerde behauptet er nicht, daß tatsächlich die Voraussetzungen für die Besteuerung seiner Umsätze im Jahre 1981 nach vereinnahmten Entgelten gegeben gewesen wären; hiefür wäre nach Lage des Beschwerdefalles Grundvoraussetzung gewesen, daß das Finanzamt auf Antrag eine entsprechende Bewilligung erteilt hätte (vgl. § 17 Abs. 2 UStG 1972). Dies hat aber der Beschwerdeführer ebenfalls weder behauptet, noch ergibt sich solches aus der Aktenlage. Im übrigen würden die Vorschriften der zitierten Gesetzesstelle im Falle einer Geschäftsveräußerung im ganzen keine Anwendung finden (vgl. § 17 Abs. 7 leg. cit.).
Bei der aufgezeigten Sach- und Rechtslage haben die Verwaltungsinstanzen zu Recht auf die Verpflichtung des Beschwerdeführers geschlossen, den im Jahre 1981 erfolgten, im Verkauf der Einrichtungsgegenstände gelegenen Umsatz bereits in die für dieses Jahr eingereichte Umsatzsteuererklärung aufzunehmen; dies selbst dann, wenn die Behauptung des Beschwerdeführers, im Jahre 1981 seien die Kaufverträge nachträglich geändert worden, richtig sein sollte. Denn die behaupteten Vertragsänderungen betrafen nicht die Kaufsummen, sondern die Termine von Zahlungen, auf welche es aber bei der Besteuerung der Umsätze nach vereinbarten Entgelten nicht ankommt. Die in diesem Zusammenhang erhobene Verfahrensrüge, die Verwaltungsinstanzen hätten den Sachverhalt insoweit nicht vollständig ermittelt, als nicht festgestellt worden sei, wann der Kaufpreis für die Einrichtungsgegenstände entrichtet worden sei, besteht daher mangels Relevanz dieses Umstandes nicht zu Recht.
Die belangte Behörde hat den entscheidungswesentlichen Sachverhalt jedoch in anderer Hinsicht ergänzungsbedürftig gelassen; insoweit nämlich, als sie sich mit dem Vorbringen, der Beschwerdeführer sei der Meinung gewesen, der Istversteuerung zu unterliegen, unter dem Gesichtspunkt der darin zu erblickenden Behauptung eines Rechtsirrtums nicht ausreichend auseinandergesetzt hat. Aus dem bloßen Umstand, daß der Beschwerdeführer ein erfahrener Geschäftsmann sei, "der im Wirtschaftsleben integriert war und ist und der demgemäß von der Umsatzsteuerpflicht grundsätzlich weiß", wie es in der von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid übernommenen Begründung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses heißt, kann nämlich noch nicht zwingend darauf geschlossen werden, daß der Beschwerdeführer dem von ihm behaupteten Rechtsirrtum nicht unterlegen sein konnte. Gleiches gilt für das Argument, im Kaufvertrag über die Einrichtungsgegenstände sei von der darauf entfallenden Umsatzsteuer die Rede gewesen, weil sich der Beschwerdeführer durchaus seiner Umsatzsteuerpflicht dem Grunde nach hätte bewußt sein können, ein Rechtsirrtum über die anzuwendende Besteuerungsmethode aber Verkürzungsabsicht für das Jahr 1981 ausschlösse. Da auf Vorsatz in der Regel nur aus äußeren Umständen geschlossen werden kann, hätte es der belangten Behörde auf Grund der sie treffenden amtlichen Ermittlungspflicht zudem oblegen, alle in Betracht kommenden Beweismittel auszuschöpfen. Dies ist aber jedenfalls insoweit nicht geschehen, als es die belangte Behörde verabsäumt hat, zumindest den Versuch zu unternehmen, den befugten Parteienvertreter, dessen sich der Beschwerdeführer zur Abfassung seiner Umsatzsteuersteuererklärung für das Jahr 1981 bedient hat, als Zeugen zu vernehmen. Dadurch hat die belangte Behörde das die subjektive Tatseite betreffende Verwaltungsverfahren in einem wesentlichen Punkt ergänzungsbedürftig gelassen. Der angefochtene Bescheid mußte daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben werden.
Für das fortzusetzende Verfahren sei bemerkt, daß die belangte Behörde für den Fall des Vorliegens des vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsirrtums auch noch Beweisverfahren über die Behauptung des Beschwerdeführers durchzuführen hätte, die beiden Zahlungen des Käufers im Jahre 1981 seien in Abänderung der getroffenen Vereinbarungen vor allem zur Abstattung des für den Erwerb der Liegenschaft vereinbarten Kaufpreises, nicht aber zur Abstattung des Großteiles des Kaufpreises für den Erwerb der Einrichtungsgegenstände geleistet worden; denn wenn auch diese Behauptung des Beschwerdeführers zutreffen sollte, könnte auf das Fehlen der objektiven Tatseite geschlossen werden. In dem ergänzenden Ermittlungsverfahren hätte die belangte Behörde insbesondere den Versuch der Klärung zu unternehmen, ob die Zahlungsbelege eine Widmung der Zahlungen als Erfüllung für den einen oder anderen Kaufvertrag enthalten, sowie die Vertragsparteien als Zeugen zu diesem Thema zu vernehmen.
Die Kostenentscheidung gründet sich - im Rahmen des gestellten Antrages - auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.