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VwGH vom 27.02.1990, 89/14/0288

VwGH vom 27.02.1990, 89/14/0288

Beachte

Besprechung in:

ÖStZB 1990, 352;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Hnatek, Dr. Pokorny und Dr. Karger als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Egger, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom , Zl. B 318-4/88, betreffend Eintragung eines steuerfreien Betrages wegen erhöhter Werbungskosten auf der Lohnsteuerkarte 1987, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war im Streitjahr provisorischer Beamter im steiermärkischen Landesdienst. Er beantragte für dieses Jahr die Eintragung eines steuerfreien Betrages auf der Lohnsteuerkarte für erhöhte Werbungskosten. Diese erblickte er in der Erbringung der von seinem Dienstgeber erwarteten, jedoch nicht vergüteten 273,8 Überstunden im Wert von S 42.264,93. Bei den erwähnten Überstunden handle es sich um jene, um die die mit der Mehrleistungszulage vergüteten sechs Überstunden pro Monat überschritten worden seien. Auch Zeitausgleich sei nicht erfolgt.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid lehnte die belangte Behörde das Begehren im wesentlichen unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 86/13/0180, ÖStZB 1988,16, ab.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Anerkennung der von ihm geleisteten Überstunden als Werbungskosten verletzt. Er behauptet

Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und

beantragt dessen Aufhebung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Werbungskosten sind gemäß § 16 Abs. 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Der Verwaltungsgerichtshof hat mit dem bereits zitierten Erkenntnis vom , aber auch mit seinem Erkenntnis vom , Zl. 87/13/0111, über Beschwerden entschieden, bei denen es - wie im vorliegenden Fall - um die Frage ging, ob geleistete, vom Dienstgeber nicht abgegoltene Überstunden Werbungskosten darstellen. In den genannten Erkenntnissen wurde ausgeführt, daß der Begriff der Werbungskosten im Sinne der oben zitierten Gesetzesstelle ein "Abfließen" voraussetzt, das sich wirtschaftlich in einer Verminderung des Vermögens des Abgabepflichtigen auswirkt.

Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich weder durch die Ausführungen in der vorliegenden Beschwerde noch durch die Bemerkung von Arnold zum Erkenntnis vom (AnwBl. 1987, 529) zu einem Abgehen von seiner Rechtsansicht veranlaßt.

Aus § 15 Abs. 1 EStG 1972 kann der Beschwerdeführer für seinen Standpunkt schon deshalb nichts gewinnen, weil selbst bei sinngemäßer Übertragung auf den Begriff der Aufwendungen dem in § 15 Abs. 1 EStG 1972 genannten Zufließen bei den Werbungskosten das Abfließen entspräche. Gerade auf dieses "Abfließen" stellte der Verwaltungsgerichtshof aber in seiner Entscheidung ab, wobei er ein solches darin erblickte, daß es sich wirtschaftlich tatsächlich in einer Verminderung des Vermögens des Steuerpflichtigen auswirkt. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers stellt die Dispositionsmöglichkeit über die Zeit keinen Bestandteil seines Vermögens dar, handelt es sich doch bei der Verfügbarkeit der sogenannten Freizeit um kein Wirtschaftsgut. Daß der Beschwerdeführer jedoch zur Leistung der Überstunden konkrete Gewinnchancen aufgegeben und damit verloren hätte, die bereits als Bestandteil seines Vermögens hätten angesehen werden können, hat er nicht behauptet.

Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers tritt im Falle der Abnutzung und Substanzverringerung (§ 16 Abs. 1 Z. 8 EStG 1972) sehr wohl ein Abfließen im Sinne einer Verminderung des Vermögens ein. Der Beschwerdeführer übersieht aber auch, daß die Aufzählung von Werbungskosten in den Ziffern 1 ff des § 16 Abs. 1 EStG 1972 nicht durchgehend dem Aufwendungsbegriff des Grundtatbestandes im ersten Satz des genannten Absatzes entsprechen muß (sc.: Werbungskosten sind AUCH).

Die Bedachtnahme Arnolds auf § 68 EStG 1972 hat im Falle eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses keine Bedeutung, weil dem Dienstgeber die Bezahlung eines geringeren Bruttobezuges zu Lasten der Abgeltung einer größeren Anzahl von Überstunden aus gehaltsrechtlichen Gründen nicht möglich ist. Die Überlegung ist aber auch für den Bereich privatrechtlicher Dienstverhältnisse deshalb nicht durchschlagend, weil eine solche Verschiebung von Normalarbeitsstunden in Überstunden der Prüfung auf Mißbrauch im Sinne des § 22 BAO unterläge. Im übrigen läßt sich aus einer Tarifbestimmung keine Antwort auf Fragen zur Gewinnermittlung oder Überschußrechnung erwarten.

Was den Einsatz der Arbeitskraft (während unbezahlter Überstunden) anlangt, übersieht der Beschwerdeführer folgendes:

Der Einsatz der Arbeitskraft durch den Steuerpflichtigen selbst ist die Aktivität, die u.a. für die Unterordnung unter den Begriff der Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 EStG 1972 bestimmend ist, aus denen die Einnahmen fließen; die Einnahmen bilden eine der maßgeblichen Größen für die Ermittlung von Gewinn oder Überschuß im Sinne des § 2 Abs. 4 EStG 1972, deren Saldo dem Einkommen nach § 2 Abs. 2 EStG 1972 und damit gemäß § 2 Abs. 1 dieses Gesetzes der Einkommensteuer zugrunde zu legen ist. Die persönliche Entfaltung dieser Tätigkeiten durch den Steuerpflichtigen kann daher weder in bezug auf die ersten drei Einkunftsarten Aufwendung sein, die durch den Betrieb veranlaßt wird (§ 4 Abs. 4 EStG 1972), weil sie selbst ein wesentliches, durch die Person des Unternehmers bestimmtes Substrat des Betriebes ist, noch zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen aus der vierten Einkunftsart dienen, weil die Zurverfügungstellung der Arbeitskraft (§ 47 Abs. 3 EStG 1972) das für die Existenz der Einkunftsquelle entscheidende persönliche Verhalten des Steuerpflichtigen ist, mit dem die Aufwendungen im Zusammenhang stehen müßten, um als Abzugskomponenten in die Ertragsrechnung einzugehen. Die Entfaltung der für das Bestehen der Einkunftsquelle maßgeblichen Tätigkeit durch den Steuerpflichtigen selbst kann daher schon begrifflich nicht durch die Einkunftsquelle verursacht sein. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die durch die Tätigkeit des Steuerpflichtigen bewirkten Einnahmen zum Wert dieser Tätigkeit in einem Mißverhältnis stehen oder dieses Mißverhältnis sogar durch die Rechtsordnung (etwa durch Tarifvorschriften) verboten ist. Unter dem Gesichtspunkt der durch § 21 BAO gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise ist das Gehalt des Beschwerdeführers samt den verschiedenen Zulagen das Entgelt für die Zurverfügungstellung der Arbeitskraft durch ihn an seinen Dienstgeber, ohne daß es in diesem Zusammenhang darauf ankäme, wie das Entgelt im einzelnen berechnet wird, ob dabei also eine gewisse Anzahl von Arbeitsstunden in der Berechnung außer Ansatz bleibt oder nicht. Die Zurverfügungstellung seiner Arbeitskraft an den Dienstgeber an sich stellt die Einkunftsquelle dar und kommt solcherart nicht als mit dieser im Zusammenhang stehende Aufwendung in Betracht. Andernfalls wäre nämlich bei allen Tätigkeitseinkünften der Wert der persönlichen Aktivität des Steuerpflichtigen selbst Aufwendung und damit etwa im Einmann-Dienstleistungsbetrieb bzw. bei nichtselbständig Erwerbstätigen ein Gewinn bzw. Überschuß überhaupt nur bei Entgelten bzw. Löhnen denkbar, die über dem Wert des persönlichen Arbeitseinsatzes des Steuerpflichtigen liegen. Gerade dies schließt jedoch der Einkommensbegriff, wie er sich aus § 2 EStG 1972 entnehmen läßt, aus. Nach diesem soll nämlich das Entgelt für die persönliche Arbeitsleistung des Steuerpflichtigen grundsätzlich unverändert in die Ermittlung des Einkommens einfließen, das der Besteuerung zugrunde zu legen ist, und nicht der Wert der Arbeitsleistung, wie immer dieser festzustellen sein mag. Eine Korrektur dieser Einkommenskomponente im Ausmaß der Differenz zwischen Wert der Arbeitsleistung und Entgelt, wie sie dem Beschwerdeführer für den Fall unterwertiger Entlohnung durch Ansatz von Werbungskosten vorschwebt, ist daher bereits durch den Begriff des Einkommens im Sinne des Gesetzes von vornherein ausgeschlossen und damit unzulässig.

Der Beschwerdeführer wird daher durch den angefochtenen Bescheid im Rahmen des Beschwerdepunktes in seinen Rechten nicht verletzt.

Da bereits aufgrund des Inhaltes der Beschwerde feststand, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.