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VwGH 15.03.2001, 2001/16/0018

VwGH 15.03.2001, 2001/16/0018

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
BAO §21 Abs1;
GrEStG 1987 §4 Abs1;
GrEStG 1987 §5;
VwRallg;
RS 1
Der Begriff der Gegenleistung im Grunderwerbsteuerrecht ist im wirtschaftlichen Sinn (§ 21 Abs 1 BAO) zu verstehen (Hinweis E , 90/16/0154).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 90/16/0211 E RS 1
Normen
GrEStG 1987 §4 Abs1;
GrEStG 1987 §5;
VwRallg;
RS 2
Was als Gegenleistung zu verstehen ist, wird im § 5 GrEStG 1987 nicht erschöpfend aufgezählt (Hinweis E , 93/16/0056; E , 89/16/0101). Der Begriff der Gegenleistung im Sinne des § 4 Abs 1 GrEStG 1987 ist ein dem Grunderwerbsteuerrecht eigentümlicher, der über den bürgerlich-rechtlichen Begriff der Gegenleistung hinausgeht (Hinweis E , 93/16/0056). Er umfaßt jede Leistung, die der Erwerber als Entgelt für den Erwerb des Grundstückes gewährt oder die der Veräußerer als Entgelt für die Veräußerung des Grundstückes empfängt (Hinweis E , 91/16/0037, 0038; E , 84/16/0093).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 92/16/0179 E VwSlg 6840 F/1993 RS 4 (hier nur der letzte Satz)
Normen
RS 3
Nach stRsp des VwGH sind bei Grundstückslieferungen gesondert in Rechnung gestellte Umsatzsteuerbeträge in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen (Hinweis Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, 03ter Teil, Grunderwerbsteuergesetz 1987 Rz 6a Abs 1). Von dieser Rechtsprechung abzugehen bietet auch die von der Beschwerde ins Treffen geführte Literaturstelle (Kohler in SWK 1998, 409) keinen Anlass, weil der zitierte Autor nur das Argument der Doppelbesteuerung ins Treffen führt und dieses nicht weiter begründet.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2000/16/0608 E RS 3 (hier nur der erste Satz)
Normen
RS 4
Mit der Auffassung, die Belastung ein und desselben Umsatzes mit zwei Verkehrsteuern - Umsatzsteuer und Grunderwerbsteuer - sei nicht zulässig, wird übersehen, dass jeder abgabenrechtliche Tatbestand selbstständig und für sich zu beurteilen ist. Ein und derselbe Rechtsvorgang kann daher grundsätzlich mehreren Abgabenbelastungen unterliegen, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes normiert ist. So ist dem Steuerrecht ein Grundsatz, wonach ein Vorgang nur mit einer Verkehrsteuer belastet werden kann, fremd. Eine Doppelbesteuerung ist dabei an sich auch nicht verfassungswidrig (Hinweis E , 92/16/0010, 92/16/0036). Aus dem Umstand, dass (der Erbschafts- und Schenkungssteuer unterliegende) Erwerbe von Todes wegen und Schenkungen von der Grunderwerbsteuer befreit sind, kann keinesfalls ein allgemeiner Grundsatz abgeleitet werden, dass eine "Doppelbesteuerung" zu vermeiden ist.
Normen
31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te Art33;
61990CJ0347 Aldo Bozzi VORAB;
61991CJ0208 Raymond Beaulande VORAB;
GrEStG 1987;
RS 5
Nach stRsp des EuGH ist der Zweck des Art 33 der Sechsten Richtlinie des Rates vom , 77/388/EWG, die Einführung von Steuern, Abgaben und Gebühren zu verhindern, die das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems dadurch beeinträchtigen würden, dass sie den Waren- und Dienstleistungsverkehr in einer mit der Mehrwertsteuer vergleichbaren Weise belasten. Auf jeden Fall ist von Steuern, Abgaben und Gebühren, die die wesentlichen Merkmale der Mehrwertsteuer aufweisen, anzunehmen, dass sie den Waren- und Dienstleistungsverkehr in einer mit der Mehrwertsteuer vergleichbaren Weise belasten. Zu den Merkmalen einer Mehrwertsteuer zählt dabei ua, dass sie ganz allgemein für alle sich auf Gegenstände und Dienstleistungen beziehenden Geschäfte gilt, auf jeder Stufe der Erzeugung und des Vertriebs erhoben wird und sich auf den Mehrwert der Gegenstände und Dienstleistungen bezieht, dh, es wird die bei einem Geschäft fällige Steuer unter Abzug der Steuer berechnet, die bei dem vorhergehenden Geschäft schon entrichtet worden ist (Hinweis , Aldo Bozzi, und vom , Rs C- 208/91, Raymond Beaulande). Aus dieser Rechtsprechung folgt aber, dass unter dem im Art 33 der Richtlinie gebrauchten Begriff "Charakter von Umsatzsteuern" nicht jegliche Steuer auf Umsätze des Rechtsverkehrs, sondern allein Steuern in der Art einer Mehrwertsteuer, also einer Nettoallphasenumsatzsteuer, zu verstehen ist. Da die Grunderwerbsteuer lediglich Rechtsvorgänge in Bezug auf unbewegliches Vermögen betrifft, sie somit keine Steuer mit allgemeinem Charakter ist und da sie als Bruttosteuer den vollen Wert der Gegenleistung ohne Vorsteuerabzugsmöglichkeit belastet, weist sie nicht den Charakter einer Umsatzsteuer iSd Art 33 der 6. MWSt-RL auf (Hinweis E , 2000/16/0608).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der S Aktiengesellschaft & Co KG in W, vertreten durch Dr. Karin Wessely, Rechtsanwältin in Wien I, Rotenturmstraße 12, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , GZ RV270/1-9/1999, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerdeschrift und der vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich übereinstimmend, dass die Beschwerdeführerin mit einem Kaufvertrag vom eine Liegenschaft um den Kaufpreis von S 90,000.000,-- zuzüglich 20 % Umsatzsteuer erworben hat. Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Linz schrieb für diesen Vorgang Grunderwerbsteuer von einer Bemessungsgrundlage vor, in die der Umsatzsteuerbetrag einbezogen wurde.

Die dagegen von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung wurde von der belangten Behörde unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als unbegründet abgewiesen.

Die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wurde vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom , B 24/00, abgelehnt. In der Begründung dieses Beschlusses verwies der Verfassungsgerichtshof insbesondere auf die unterschiedliche Stellung von Unternehmern und privaten Verkäufern sowie den Umstand, dass die Höhe der Bemessungsgrundlage immer vom Kalkül des auf das Einverständnis des Erwerbers angewiesenen Verkäufers abhängt und dieser auch im Fall der Umsatzsteuerfreiheit gegebenenfalls die dann ihn belastende Vorsteuer im Kaufpreis berücksichtigen müsste.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof, an den die Beschwerde vom Verfassungsgerichtshof mit dem vorgenannten Beschluss abgetreten wurde, erachtet sich die Beschwerdeführerin dadurch in ihren Rechten verletzt, dass die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer nicht mit S 90,000.000,-- bestimmt wurde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 5 Abs 1 Z 1 GrEStG 1987 ist Gegenleistung bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Begriff der Gegenleistung im Grunderwerbsteuerrecht im wirtschaftlichen Sinn zu verstehen. Zur Gegenleistung gehört demzufolge jede Leistung, die der Erwerber als Entgelt für den Erwerb des Grundstückes gewährt, oder die der Veräußerer als Entgelt für die Veräußerung des Grundstückes empfängt (vgl Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, 3. Teil, Grunderwerbsteuergesetz 1987, Rz 5 und 6 zu § 5 GrEStG, und die dort wiedergegebenen zahlreichen hg Erkenntnisse). Insbesondere hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen, dass bei Grundstückslieferungen gesondert in Rechnung gestellte Umsatzsteuerbeträge in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen sind (vgl die bei Fellner, aaO, Rz 6a angeführten zahlreichen hg Erkenntnisse, insbesondere das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/16/0608).

Das Vorbringen der Beschwerdeführerin ist nicht geeignet, den Verwaltungsgerichtshof zu einem Abgehen von dieser Auffassung zu veranlassen:

Wenn die Beschwerdeführerin die Meinung vertritt, die Belastung ein und desselben Umsatzes mit zwei Verkehrsteuern - Umsatzsteuer und Grunderwerbsteuer - sei unzulässig, so übersieht sie zunächst, dass jeder abgabenrechtliche Tatbestand selbstständig und für sich zu beurteilen ist. Ein und derselbe Rechtsvorgang kann daher grundsätzlich mehreren Abgabenbelastungen unterliegen, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes normiert ist. So ist dem Steuerrecht ein Grundsatz, wonach ein Vorgang nur mit einer Verkehrsteuer belastet werden kann, fremd. Eine Doppelbesteuerung ist dabei an sich auch nicht verfassungswidrig (vgl das hg Erkenntnis vom , Zlen 92/16/0010, 92/16/0036 m.w.H.). Aus dem von der Beschwerdeführerin hervorgehobenen Umstand, dass (der Erbschafts- und Schenkungssteuer unterliegende) Erwerbe von Todes wegen und Schenkungen von der Grunderwerbsteuer befreit sind, kann keinesfalls ein allgemeiner Grundsatz abgeleitet werden, dass eine "Doppelbesteuerung" zu vermeiden sei.

Die Beschwerdeführerin bringt weiters vor, mit der Einbeziehung der Umsatzsteuer in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer werde gegen Artikel 33 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom verstoßen. Die Besteuerung sowohl mit Umsatzsteuer als auch mit Grunderwerbsteuer sei nach dieser Richtlinienstelle unzulässig, wenn die möglichen anderen Abgaben den Charakter von Umsatzsteuern besitzen.

Mit diesem Vorbringen übersieht die Beschwerdeführerin zunächst, dass im Artikel 33 6. MWSt-RL ausdrücklich bestimmt

wird, dass ein Mitgliedstaat nicht gehindert wird, . . .

Grunderwerbsteuern, sowie ganz allgemein alle Steuern, Abgaben und Gebühren, die nicht den Charakter von Umsatzsteuern haben, beizubehalten oder einzuführen. Im Hinblick darauf, dass die Erhebung von Grunderwerbsteuern neben der Umsatzsteuer nach der ausdrücklichen Richtlinienbestimmung zulässig ist, erweist sich das Beschwerdevorbringen schon von vornherein als unzutreffend. Darüberhinaus steht auch die - nicht näher begründete - Meinung der Beschwerdeführerin, die Grunderwerbsteuer weise im Sinne des angeführten Artikels 33 den Charakter einer Umsatzsteuer auf, nicht im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften. Danach ist der Zweck des Artikels 33, die Einführung von Steuern, Abgaben und Gebühren zu verhindern, die das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems dadurch beeinträchtigen würden, dass sie den Waren- und Dienstleistungsverkehr in einer mit der Mehrwertsteuer vergleichbaren Weise belasten. Auf jeden Fall ist von Steuern, Abgaben und Gebühren, die die wesentlichen Merkmale der Mehrwertsteuer aufweisen, anzunehmen, dass sie den Waren- und Dienstleistungsverkehr in einer mit der Mehrwertsteuer vergleichbaren Weise belasten. Zu den Merkmalen einer Mehrwertsteuer zählt dabei unter anderem, dass sie ganz allgemein für alle sich auf Gegenstände und Dienstleistungen beziehenden Geschäfte gilt, auf jeder Stufe der Erzeugung und des Vertriebs erhoben wird und sich auf den Mehrwert der Gegenstände und Dienstleistungen bezieht, das heißt, es wird die bei einem Geschäft fällige Steuer unter Abzug der Steuer berechnet, die bei dem vorhergehenden Geschäft schon entrichtet worden ist (vgl insbesondere die C- 347/90, Aldo Bozzi, und vom , Rechtssache C- 208/91, Raymond Beaulande). Aus dieser Rechtsprechung folgt aber, dass unter dem im Artikel 33 der Richtlinie gebrauchten Begriff "Charakter von Umsatzsteuern" nicht jegliche Steuer auf Umsätze des Rechtsverkehrs, sondern allein Steuern in der Art einer Mehrwertsteuer, also einer Nettoallphasenumsatzsteuer, zu verstehen ist. Da die Grunderwerbsteuer lediglich Rechtsvorgänge in Bezug auf unbewegliches Vermögen betrifft, sie somit keine Steuer mit allgemeinem Charakter ist und da sie als Bruttosteuer den vollen Wert der Gegenleistung ohne Vorsteuerabzugsmöglichkeit belastet, weist sie im Gegensatz zur Meinung der Beschwerdeführerin nicht den Charakter einer Umsatzsteuer im Sinne des Artikels 33 der 6. MWSt-RL auf (vgl auch das hg Erkenntnis vom , Zl 2000/16/0608).

Da sich somit bereits aus dem Inhalt der Beschwerde ergibt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te Art33;
61990CJ0347 Aldo Bozzi VORAB;
61991CJ0208 Raymond Beaulande VORAB;
BAO §21 Abs1;
GrEStG 1987 §3 Z2;
GrEStG 1987 §4 Abs1;
GrEStG 1987 §4;
GrEStG 1987 §5;
GrEStG 1987;
UStG 1994;
VwRallg;
Schlagworte
Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7
VwRallg7 Gegenleistung Grunderwerbsteuerrecht
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2001:2001160018.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
HAAAE-43031

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