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VwGH vom 23.10.1990, 89/14/0118

VwGH vom 23.10.1990, 89/14/0118

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Pokorny, Dr. Karger und Dr. Baumann als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Lebloch, über die Beschwerde der X-GesmbH gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom , Zl. B 40-4/89, betreffend Investitionsprämie für das vierte Quartal 1986, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin hat die Aufgabe, ihre Gesellschafter, Wasserversorgungsunternehmen von Gemeinden, ihrerseits mit Wasser zu versorgen. Hiezu errichtete sie eine Wassergewinnungsanlage (Vertikalfilterbrunnen) und nahm den Bau eines Wasserleitungsnetzes in Angriff, das vom Gewinnungsort M. bis zur Landeshauptstadt (ca. 65 km) reichen soll. Der erste Bauabschnitt umfaßt den Bau des Vertikalfilterbrunnens, der zweite die Errichtung der ca. 8,4 km langen Transportleitung von diesem Brunnen bis B. Beide Bauabschnitte wurden im Jahre 1986 fertiggestellt.

Für das erste bis vierte Quartal 1986 legte die Beschwerdeführerin dem Finanzamt ein Investitionsprämien-Verzeichnis vor, mit welchem sie die Gewährung der Investitionsprämie für die Anschaffungskosten von Wirtschaftsgütern in Höhe von S 49,501.725,-- beantragte. In diesem Betrag war der Vertikalfilterbrunnen mit S 14,629.979,-- und die Transportleitung M. bis B. mit S 32,537.015,-- enthalten.

Mit dem angefochtenen Bescheid versagte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin im Instanzenzug die Zuerkennung von Investitionsprämie für die erwähnte Transportleitung, weil es sich - entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin - nicht um ein bewegliches Wirtschaftsgut handle.

Hiegegen richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin beantragt den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist unstrittig, daß es sich bei der in Rede stehenden Transportleitung um ein selbständig bewertbares Wirtschaftgut handelt. Strittig ist allerdings, ob dieses Wirtschaftsgut als unbeweglich im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 1 IPrämG anzusehen ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Beurteilung eines Wirtschaftsgutes als beweglich oder unbeweglich weder nach bürgerlichem Recht noch nach Bewertungsrecht, sondern nach der Verkehrsauffassung zu treffen, worunter die Auffassung einer Mehrheit urteilsfähiger (vernünftig denkender), persönlich unbeteiligter und verständiger Menschen zu verstehen ist. Gebäude gelten grundsätzlich als unbeweglich. Wirtschaftgüter, denen kein typischer Gebäudecharakter beizumessen ist, sind dann beweglich, wenn sie ohne wesentliche Beeinträchtigung ihrer Substanz und ohne unverhältnismäßige Kosten von einem Ort an einen anderen Ort verbracht und dort verwendet werden können, wobei das Fundament und seine Kosten außer Ansatz bleiben (vgl. beispielsweise das hg. Erkenntnis vom , Zl. 88/14/0015, sowie auch Hofstätter-Reichel, Kommentar zur Einkommensteuer, § 8 EStG Tz 15, und Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuerhandbuch2 § 8 EStG Tz 12).

Der Verwaltungsgerichtshof vermag die Auffassung der Beschwerdeführerin, im Beschwerdefall wäre der Sachverhalt ganz anders gelagert als im Falle einer Erdgashochdruckleitung, nicht zu teilen: Eine solche hat der Gerichtshof in seinem eben zitierten Erkenntnis als unbewegliches Wirtschaftsgut angesehen. Er hat damals ausgesprochen, die Rohre seien nichts anderes als Material zur Herstellung der Leitung. Diese komme erst durch die Verbindung (damals: Verschweißen) der Rohre und deren Verlegung nach den Bedürfnissen des betreffenden Abschnittes und dem Wiederverfüllen der Gräben zustande. Dieses Wirtschaftsgut könne nicht ohne wesentliche Beeinträchtigung der Substanz an einen anderen Ort verbracht werden, weil zu dieser "Substanz" der Leitung auch die Verlegung an einem bestimmten Ort unter Berücksichtigung dessen Beschaffenheit gehörte. Darauf, daß aus der Leitung Rohrteile einmal wieder herausgelöst und bei einem anderen Leitungsabschnitt wieder verwendet werden könnten, komme es nicht an. Bei einem solchen anderen Leitungsabschnitt handelte es sich nämlich nicht um dasselbe Wirtschaftsgut, dem die betreffenden Materialien entnommen würden.

Diese Überlegungen treffen auch im Beschwerdefall eines 8,4 km langen unterirdischen Wasserleitungsabschnittes zu.

Auf Grund zum Teil ähnlicher Erwägungen hat der Verwaltungsgerichtshof bereits früher eine Hochspannungsleitung (vgl. das Erkenntnis vom , Zlen. 13/2471/80, 82/13/0021) und die Druckrohrleitung eines Kraftwerkes (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 84/14/0148) als unbewegliche Wirtschaftsgüter eingestuft.

Im Erkenntnis vom , Slg. 5593/F, hingegen wurde nur die Frage beantwortet, ob ein Erdkabel seine Eigenschaft als bewegliches Wirtschaftsgut dadurch verliert, daß es in die Erde verlegt wird. Es wurde nicht davon ausgegangen, daß Gegenstand der Beurteilung als Wirtschaftsgut die Leitung wäre. Vielmehr bestand zwischen den Parteien des damaligen Verfahrens Übereinstimmung dahin, es sei nicht streitentscheidend, ob das "Kabelnetz" oder das "Netzsystem" als Gesamtsache zu betrachten wäre. Strittig war daher nur die Frage, ob die (verlegten) Erdkabel - nicht also eine Versorgungsleitung eines Energieversorgungsunternehmens - nach der Verkehrsauffassung als beweglich anzusehen seien.

Aus diesem Erkenntnis ist für die Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen, da Wirtschaftsgut im Beschwerdefall - ebenso wie in den drei zuerst genannten Erkenntnissen - ein "System" ist.

Die Argumentation der Beschwerdeführerin gibt keinen Anlaß zu einer anderen Beurteilung der Rechtslage: Das exakte Ausmaß der Tiefenlage und der Trassenbreite ist nicht entscheidungswesentlich. Daß die einzelnen Rohrteile nur mit Flanschen oder Muffen mit Gummidichtungen miteinander verbunden sind, mag den Verlegungsaufwand reduzieren, der nach dem Beschwerdevorbringen immerhin 40 % der Kosten ausmacht. Dieser Neuerung steht freilich die unbekämpfte Feststellung der belangten Behörde gegenüber, wonach der Austausch eines 5 m langen Rohres ca. S 30.000,-- bis S 60.000,--, das Rohr selbst S 3.000,-- kosten würde. Das Finanzamt hatte weiters erhoben, daß die Kosten der Leitungsherstellung im Freigelände S 4.000,-- pro Laufmeter, im Stollengelände S 30.000,-- pro Laufmeter betragen. Selbst einen Kostenanteil für Grabungen, Transport und Verlegung von nur 40 % hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem bereits zitierten Erkenntnis vom als keineswegs geringfügig angesehen.

Aktenwidrig ist das Vorbringen der Beschwerdeführerin, ihre Leitung wäre nicht an das Gelände angepaßt: Nach den aktenkundigen Projektangaben werden als Rohre "entsprechend den Druckstufen und den Untergrundverhältnissen AZ bzw. Sphärogußrohre verlegt". Letztere sind auch bei allen Gerinnequerungen vorgesehen. Vom Finanzamt wurde festgestellt, daß die Art und Bauweise der Rohre nach dem geländebedingten Rohrdruck gestaltet ist. Beides spricht deutlich für die Bedeutung der Lokalisation des Wirtschaftsgutes im oben dargestellten Sinn.

Soweit die Beschwerdeführerin sich auf die "Novelle 1985" zum Investitionsprämiengesetz stützen will, hat sie nicht näher bezeichnet, um welche Rechtsquelle es sich hiebei handeln soll. Den Novellierungen BGBl. Nr. 251/1985 (betreffend § 16 zweiter Satz IPrämG) und BGBl. Nr. 557/1985 (betreffend § 15 Abs. 1 leg. cit.) ist ein Zusammenhang mit der hier strittigen Frage nicht zu entnehmen.

Daß die einzelnen Leitungsteile wieder "herausgezogen" und bei Verlegung einer anderen Leitung (d.h. bei der Herstellung eines anderen Wirtschaftsgutes) verwendet werden könnten, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem schon zitierten Erkenntnis vom als nicht ausschlaggebend angesehen. Von einer "untergeordneten Bedeutung" des hiemit verbundenen Kostenaufwandes kann schon nach dem eigenen Vorbringen der Beschwerdeführerin keine Rede sein.

Die belangte Behörde hat somit zu Recht die gegenständliche Wassertransportleitung von M. nach B. als unbeweglich im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 1 IPrämG behandelt. Für die Beurteilung dieser Frage bedurfte es im Beschwerdefall der - von der Beschwerdeführerin nunmehr vermißten - Beiziehung von Sachverständigen nicht.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich demnach als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.