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VwGH vom 23.11.2004, 2001/15/0138

VwGH vom 23.11.2004, 2001/15/0138

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch, über die Beschwerde des A in R, vertreten durch Dr. Anton Bauer, Rechtsanwalt in 3400 Klosterneuburg, Stadtplatz 23, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , GZ. RV/29- 10/00, betreffend Haftung gemäß §§ 9 und 80 BAO, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die AS GmbH wurde mit Gesellschaftsvertrag vom gegründet, betrieb den Kraftfahrzeughandel und wurde u.a. vom Beschwerdeführer als ihrem Geschäftsführer vertreten. Mit Beschluss vom des Landesgerichtes K. wurde über das Vermögen der AS GesmbH der Konkurs eröffnet, im Rahmen dessen am der Zwangsausgleich angenommen und mit Beschluss des Landesgerichtes K. vom bestätigt wurde.

Mit Vorhalt vom hielt das Finanzamt dem Beschwerdeführer vor, dass es die Einbringung von Abgabenschuldigkeiten der AS GesmbH in Höhe von 413.502 S bisher vergeblich versucht habe und erwäge, den Beschwerdeführer zur Haftung heranzuziehen. Das Finanzamt frage daher nach Möglichkeiten, die Abgabenschulden bei der AS GesmbH selbst einzubringen, ob diese pfändbares Vermögen besitze, was den Beschwerdeführer daran hindere, für die Entrichtung der Abgaben der AS GesmbH zu sorgen, wie deren Einnahmen verwendet würden, sowie welche Forderungen von April bis August 1999 zur Gänze und welche nur teilweise und welche überhaupt nicht beglichen worden seien. Gleichzeitig wies das Finanzamt den Beschwerdeführer darauf hin, dass er nicht berechtigt gewesen sei, die Entrichtung der Abgaben zu Gunsten der Entrichtung anderer Schulden hintanzustellen.

Dieser Vorhalt blieb der Aktenlage nach unbeantwortet.

Mit Bescheid vom zog das Finanzamt den Beschwerdeführer zur Haftung für Abgaben der AS GesmbH im Ausmaß von 414.754 S heran. Dieser Betrag setze sich aus Abgabenschuldigkeiten an Umsatzsteuer für 1996 und April bis Juli 1999, Körperschaftsteuer für 1997 und Juli bis September 1999, Normverbrauchsabgabe für April und Juni 1999, Dienstgeberbeitrag samt Zuschlag für Juli 1999 und aus Nebenansprüchen in im einzelnen angeführter Höhe zusammen. Der Beschwerdeführer sei unbestritten Geschäftsführer der AS GesmbH, zu deren Vertretung berufen und daher verpflichtet, die Abgaben bis zum Fälligkeitstag aus Mitteln der GesmbH zu entrichten. Dieser Verpflichtung sei er nicht nachgekommen und habe auch keine Gründe vorgebracht, dass er ohne sein Verschulden gehindert gewesen sei, für die Entrichtung der Abgaben bzw. für die anteilsmäßige Befriedigung aller Gläubiger zu sorgen.

In der dagegen erhobenen Berufung vom legte der Beschwerdeführer dar, dass dem Finanzamt bekannt sei, dass "die steuertechnische Vertretung bisher und aufrecht bei der Steuerberatungskanzlei R. liegt". Der Beschwerdeführer habe daher darauf vertrauen können, dass die notwendigen termingebundenen Erklärungen ordnungsgemäß und fristgerecht erbracht worden seien. Der Geschäftsgang der AS GesmbH laufe als reines Saisongeschäft "(wer kauft im Winter Motorräder ?)". Komme - wie im Beschwerdefall - ein plötzlicher, unvorhergesehener und unverschuldeter Zahlungsengpass durch Nichtbezahlung offener Forderungen hinzu bzw. werde gegenüber der GesmbH durch Gerichtsurteil die Rückabwicklung eines Kaufvertrages angeordnet, so seien dies Umstände, die für den Beschwerdeführer nicht vorhersehbar gewesen seien. Aus diesen Gründen habe er fällige Steuerbeträge ohne Verschulden nicht entrichtet. Des Weiteren ersuche der Beschwerdeführer um Akteneinsicht.

Mit Schriftsatz vom wiederholte der Beschwerdeführer seinen Antrag auf Gewährung von Parteiengehör durch Akteneinsicht.

Das Finanzamt legte die Berufung der belangten Behörde vor und hielt in einem Aktenvermerk vom fest, dass die Akteneinsicht nach telefonischer Rücksprache mit dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers auf dessen Wunsch bei der belangten Behörde durchgeführt werde.

Mit Schriftsatz vom wiederholte der Beschwerdeführer neuerlich seinen Antrag auf Akteneinsicht, "und zwar für den , zwischen 8.00 Uhr und 12.00 Uhr". In einem Aktenvermerk vom hielt die belangte Behörde fest:

"Akteneinsicht gewährt".

Das Finanzamt wies auf Anordnung der belangten Behörde die Berufung mit Berufungsvorentscheidung ab. Ungeachtet einer steuerlichen Vertretung habe der Beschwerdeführer als Geschäftsführer dafür Sorge tragen müssen, dass die Abgaben termingerecht entrichtet werden. Zum Einwand des Beschwerdeführers, es handle sich um ein reines Saisongeschäft (Zitat: "Wer kauft im Winter Motorräder?") hielt das Finanzamt dem Beschwerdeführer entgegen, dass es sich bei den im Haftungsweg geltend gemachten Abgabenschuldigkeiten vor allem um die Umsatzsteuern für April bis Juni 1999 sowie um die Normverbrauchsabgaben für diese Monate handle, somit für Zeiträume, die für "diese" Branche eher wirtschaftlich am bedeutendsten seien. Eine Rückabwicklung eines Kaufvertrages müsste im Übrigen in einer berichtigten Umsatzsteuervoranmeldung und somit in einer Verringerung der Zahllast ihren Niederschlag finden. Dem Ersuchen um Akteneinsicht sei bei der belangten Behörde bereits entsprochen worden.

Im Vorlageantrag wiederholte der Beschwerdeführer seinen Hinweis, dass er als Geschäftsführer der AS GesmbH habe darauf vertrauen können, dass der beauftragte befugte Vertreter in Steuersachen die ordnungsgemäße Meldung durchführe. Mangels Kenntnis der Umsatzsteuerschuld habe sich der Beschwerdeführer darauf verlassen müssen, vom Steuervertreter Anweisung zu bekommen, zu einem bestimmten Zeitpunkt einen bestimmten Betrag zu überweisen.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung teilweise statt und schränkte den Haftungsbetrag auf 275.090,60 S ein. Die im Einzelnen betragsmäßig angeführten Abgaben seien zwischen dem und dem fällig geworden. Die Verminderung des Haftungsbetrages ergebe sich aus der teilweisen Entrichtung des Rückstandes und durch Berücksichtigung des im Konkursverfahren angenommen Zwangsausgleiches mit einer Ausgleichsquote von 20 %.

Der Beschwerdeführer sei unbestritten Geschäftsführer der AS GesmbH gewesen und die Abgaben seien durch sein Verschulden uneinbringlich. Auch eine Delegierung der steuerlichen Verpflichtungen auf einen Steuerberater schließe das Verschulden des Geschäftsführers nicht aus, denn er hätte durch geeignete Aufsichtsmaßnahmen für die Erfüllung der steuerlichen Pflichten der GesmbH sorgen müssen. Der Einwand, die S GesmbH betreibe ein reines Saisongeschäft, gehe nach Ansicht der belangten Behörde ins Leere, weil die Fälligkeiten der weitaus überwiegenden haftungsgegenständlichen Abgaben in die umsatzstarke Zeit von Mai bis August 1999 gefallen seien und damit noch keine Aussage über das gänzliche Fehlen der ihm zur Verfügung stehenden Mittel und über die Verwendung der - wenn allenfalls auch in geringem Umfang -

vorhandenen Mittel getroffen worden sei. Das Argument des Beschwerdeführers, eine gerichtlich festgestellte Verpflichtung zur Rückabwicklung eines Kaufvertrages lasse im Gegenteil erkennen, dass vorhandene Mittel für die Befriedigung anderer Gläubiger verwendet worden seien.

Der Verwaltungsgerichtshof hat - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

Der Beschwerdeführer war im in Rede stehenden Zeitraum unbestritten Geschäftsführer der AS GesmbH.

Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen haben nach § 80 BAO alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflicht nicht eingebracht werden können.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO annehmen darf (vgl. etwa das Erkenntnis vom , 2000/13/0220).

Die in § 80 BAO dem Vertreter auferlegten Pflichten umfassen auch die rechtzeitige Entrichtung der für die Gesellschaft anfallenden Abgaben. Es hat nicht die Abgabenbehörde das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel. Unterbleibt ein Nachweis, kann die Behörde von einer schuldhaften Pflichtverletzung ausgehen (vgl. in ständiger Rechtsprechung das erwähnte hg. Erkenntnis vom ).

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung geht das Beschwerdevorbringen ins Leere, die belangte Behörde sei ermittlungspflichtig, habe lediglich auf die Beweispflicht des Beschwerdeführers verwiesen und nicht einmal Behauptungen aufgestellt, dass den Beschwerdeführer eine Pflichtverletzung als Vertreter treffe und dass - für den Fall des Vorliegens einer solchen Pflichtverletzung - eine solche für die Uneinbringlichkeit ursächlich sei.

Der Beschwerdeführer trägt vor, weder im Verfahren erster noch im Verfahren zweiter Instanz sei ihm ordnungsgemäß Parteiengehör gewährt worden und Akteneinsicht möglich gewesen. Sowohl im Schriftsatz vom 19. November wie auch im Schriftsatz vom habe er ausdrücklich die Akteneinsicht beantragt. Dabei übersieht der Beschwerdeführer, dass ihm auf Grund seines Schriftsatzes vom dem Aktenvermerk der belangten Behörde zufolge am bei der belangten Behörde Akteneinsicht gewährt worden ist. Der Feststellung in der Berufungsvorentscheidung, ihm sei bei der belangten Behörde Akteneinsicht gewährt worden, ist er im weiteren Verwaltungsverfahren, insbesondere im Vorlageantrag, nicht entgegengetreten. Mit der gerügten Verletzung des Parteiengehörs würde im Übrigen ein Verfahrensmangel begründet, der zur Aufhebung eines angefochtenen Bescheides nur im Falle seiner Relevanz zu führen hätte, die vom Beschwerdeführer aber darzustellen wäre (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 99/13/0032). Was der Beschwerdeführer bei Gewährung des von ihm vermissten Parteiengehörs vorgetragen hätte, stellt er nicht dar.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers, dass "durch den Umstand, dass seitens der GesmbH. finanzierenden Bank, R.-Bank A. sämtliche Eingänge wegen des Kreditkontos eingezogen waren, daher die mit dem Inkasso eines Kaufpreises zwangsläufig auch einkassierten Umsatzsteuerbeträge der Steuerschuldnerin nicht zur Verfügung standen", verstößt gegen das vor dem Verwaltungsgerichtshof bestehende Neuerungsverbot (§ 41 Abs. 1 VwGG), weshalb schon deshalb nicht näher darauf einzugehen war.

Soweit der Beschwerdeführer schließlich die Ansicht vertritt, dass er nach Annahme des Zwangsausgleiches und nach Ausgleichserfüllung nicht mehr für vorgeschriebene Steuerschulden hafte, verkennt er die Rechtslage. Der nach Verwirklichung des die Haftung auslösenden Sachverhaltes bestätigte Zwangsausgleich steht der Inanspruchnahme des Beschwerdeführers als Haftenden nicht entgegen (vgl. jüngst das erwähnte hg. Erkenntnis vom ).

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am