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VwGH vom 14.09.2001, 98/02/0279

VwGH vom 14.09.2001, 98/02/0279

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Zeller, über die Beschwerde des RS in Salzburg, vertreten durch Dr. Karin Kovarbasic, Rechtsanwältin in Salzburg, Alter Markt 1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom , Zl. UVS-19/223/5-1998, betreffend Übertretungen von Arbeitnehmerschutzbestimmungen, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565.-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer wurde mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom für schuldig befunden, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ einer näher genannten Gesellschaft m.b.H. mit Sitz in Salzburg für diese zu verantworten, dass der Arbeitnehmer F. G. am um 11.25 Uhr in einem näher genannten Cafe in der Küche, welche im Kellergeschoss eingerichtet sei, bei der Zubereitung von Speisen angetroffen worden sei, obwohl

1. die Raumhöhe der Küche max. 2,40 m aufgewiesen und somit der gesetzlichen Mindesthöhe von 3 m nicht entsprochen habe,

2. im vorgenannten Arbeitsraum keine ins Freie führenden Lichteintrittsflächen wie Fenster, Oberlichten oder Lichtkuppel vorhanden gewesen seien, deren Summe mindestens ein Zehntel der Fußbodenfläche des Raumes betragen müsse, und

3. in der Küche keine etwa in Augenhöhe gelegene Sichtverbindung mit dem Freien vorhanden gewesen sei, die eine Größe von mindestens einem Zwanzigstel der Fußbodenfläche des Raumes zu betragen habe.

Er habe dadurch folgende Rechtvorschriften verletzt:

zu 1.: § 4 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung (AAV), BGBl. Nr. 218/1993, i.V.m. § 130 Abs. 5 Z. 1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG), BGBl. Nr. 450/1994,

zu 2.: § 8 Abs. 1 erster Satzteil AAV i.V.m. § 130 Abs. 5 Z. 1 ASchG und

zu 3.: § 8 Abs. 1 AAV i.V.m. § 130 Abs. 5 Z. 1 ASchG.

Es wurde daher über den Beschwerdeführer eine (von der belangten Behörde herabgesetzte) Geldstrafe von jeweils S 30.000.--

(Ersatzfreiheitsstrafe von jeweils 2 Tagen) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Nach § 130 Abs. 5 Einleitungssatz i.V.m. Z. 1 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 2 000 S bis 100 000 S, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 4 000 S bis 200 000 S zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem

9. Abschnitt weitergeltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

Nach § 106 Abs. 3 ASchG gelten bis zum Inkrafttreten einer Verordnung nach diesem Bundesgesetz zur Durchführung des 2. Abschnittes für Arbeitsstätten die nachstehend angeführten Bestimmungen der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung (AAV) als Bundesgesetz:

1. ..... für die lichte Höhe der Arbeitsräume § 4 Abs. 1 und 2 (AAV), .....

2. Für die Belichtung der Arbeitsräume gilt § 8 AAV mit der Maßgabe, dass die Genehmigung von Ausnahmen gemäß § 8 Abs. 3 durch die zuständige Behörde zu erfolgen hat.

3. .....

Gemäß § 4 erster Satz AAV, BGBl. Nr. 281/1983, müssen ständige Arbeitsplätze, sofern nicht nachstehend anderes bestimmt ist, in Räumen eingerichtet sein, deren lichte Höhe mindestens 3 m beträgt.

Nach § 8 Abs. 1 erster Satz AAV müssen Arbeitsräume, soweit die Art der Arbeitsvorgänge oder die Zweckbestimmung des Raumes dem nicht entgegenstehen, ins Freie führende Lichteintrittsflächen, wie Fenster, Oberlichten oder Lichtkuppeln, besitzen, deren Summe mindestens ein Zehntel der Fußbodenfläche des Raumes betragen muss; mindestens eine etwa in Augenhöhe gelegene Sichtverbindung mit dem Freien in einer Größe von mindestens einem Zwanzigstel der Fußbodenfläche des Raumes muss vorhanden sein.

Der Beschwerdeführer wendet zu den Übertretungen nach § 8 Abs. 1 erster Satz AAV insbesondere ein, es schließe eine Übertretung der Bestimmung des § 8 Abs. 1 (erster Satz) erster Satzteil AAV eine Übertretung der Bestimmung des § 8 Abs. 1 (erster Satz) zweiter Satzteil AAV ein. Nach Ansicht des Beschwerdeführers liege eine unzulässige Kumulation, somit eine rechtswidrige Doppelbestrafung wegen Überschreitung einer grundsätzlich nur einmal möglichen Verwaltungsübertretung vor. Die belangte Behörde hätte daher keinesfalls eine Bestrafung nach § 8 Abs. 1 (erster Satz) zweiter Satzteil AAV vornehmen dürfen. Der Unwert des einen Deliktes werde von der Strafdrohung gegen das andere Delikt miterfasst, weil im Gegenstand die Verletzung desselben Rechtsgutes anzunehmen sei.

Konsumtion liegt vor, wenn die wertabwägende Auslegung der formal (durch eine Handlung oder durch mehrere Handlungen) erfüllten zwei Tatbestände zeigt, dass durch die Unterstellung der Tat(en) unter den einen der deliktische Gesamtunwert des zu beurteilenden Sachverhalts bereits für sich allein abgegolten ist. Voraussetzung ist, dass durch die Bestrafung wegen des einen Delikts tatsächlich der gesamte Unrechtsgehalt des Täterverhaltens erfasst wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 88/02/0144).

Dem § 8 Abs. 1 erster Satz AAV liegen zwei Tatbestände, nämlich nach dem ersten Teilsatz das Vorliegen einer Lichteintrittsfläche von mindestens einem Zehntel der Fußbodenfläche des Raumes und nach dem zweiten Teilsatz das Vorliegen einer etwa in Augenhöhe gelegenen Sichtverbindung mit dem Freien im Ausmaß von mindestens einem Zwanzigstel der Fußbodenfläche des Raumes, zu Grunde (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/18/0427).

Durch das (gänzliche) Fehlen von entsprechenden Lichteintrittsflächen in einem Arbeitsraum wird jedoch nicht der (gesamte) Unrechtsgehalt des Täterverhaltens in Bezug auf das Fehlen einer entsprechenden, etwa in Augenhöhe gelegenen Sichtverbindung mit dem Freien erfasst, weshalb auch keine Konsumtion des zweiten Tatbestandes durch Verwirklichung des ersten Tatbestandes nach § 8 Abs. 1 erster Satz AAV gegeben ist. Die gerügte Rechtsverletzung liegt daher nicht vor.

Ferner wendet der Beschwerdeführer ein, es liege im Beschwerdefall kein Arbeitsraum im Sinne des § 1 Abs. 1 AAV vor, sondern es handle sich dabei um einen "sonstigen Betriebsraum". Die "Teeküche" werde im Betrieb des Beschwerdeführers nicht als Arbeitsraum in der Form genützt, dass für einen Arbeitnehmer ein ständiger Arbeitsplatz eingerichtet sei, an welchem dieser seine "gesamte Arbeitszeit" verbringe. Das Beweisverfahren habe ergeben, dass der Koch, der in der beanstandeten "Teeküche" angetroffen worden sei, dort nicht einen ständigen Arbeitsplatz habe, sondern diese Räumlichkeit, welche über keine natürliche Belichtung verfüge, lediglich ein Betriebsraum sei, in welchem nur "vorübergehend" Arbeiten ausgeführt würden. Der "ständige Arbeitsplatz" des Arbeitnehmers, in welchem dieser "die weitaus überwiegende Arbeitszeit zugebracht" habe, befinde sich im dritten Stock desselben Gebäudes, in dem sich auch die "Teeküche" befinde. Es habe der nur in der Sommersaison beschäftigte Koch "in der Teeküche im Wesentlichen nur die kurzzeitige Endfertigung eines Gerichtes" vorgenommen.

Dieses Vorbringen steht im Gegensatz zum Ermittlungsergebnis, auf das sich die belangte Behörde in ihrem Bescheid auf Grund der von ihr im Zuge der mündlichen Verhandlung durchgeführten ergänzenden Ermittlungen stützen konnte. So hat die Zeugenaussage des vom Beschwerdeführer genannten Kochs ergeben , dass dieser jeden Arbeitstag von ca. 08.00 Uhr bis ca. 11.30 Uhr in der oberen Küche und in der restlichen Zeit jeweils bis Dienstschluss (ca. 14.30 bis 15.00 Uhr) "die meiste Zeit" in der unteren "Teeküche" gearbeitet habe (siehe Seite 5 des Verhandlungsprotokolls der belangten Behörde vom ).

Nach § 1 Z. 1 erster Teilsatz AAV sind Arbeitsräume Räume von Betrieben, in denen nach ihrer Zweckbestimmung Arbeiten ausgeführt werden und in denen mindestens ein ständiger Arbeitsplatz eingerichtet ist.

Gemäß § 1 Z. 2 erster Teilsatz AAV sind ständige Arbeitsplätze (lit. a) Bereiche, in denen Arbeitnehmer entweder an 30 oder mehr Tagen im Jahr beschäftigt sind oder (lit. b) Bereiche, in denen Arbeitnehmer an weniger als 30 Tagen im Jahr, aber in der Regel länger als vier Stunden täglich beschäftigt sind.

Nach § 1 Z. 2 lit. a AAV kommt es nur auf die häufige Beschäftigung von Arbeitnehmern, nämlich an 30 oder mehr Tagen im Jahr, nicht aber - wie im Falle des ständigen Arbeitsplatzes nach § 1 Z. 2 lit. b AAV - auf die regelmäßige Dauer der täglichen Beschäftigung an (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 96/02/0027, 0028).

Im Beschwerdefall wurde festgestellt, dass der als Koch im Betrieb des Beschwerdeführers beschäftigte Arbeitnehmer während einer ganzen Saison, somit an mehr als 30 Tagen während eines Jahres, regelmäßig auch in der hier zu beurteilenden "Teeküche" seinen Dienst während mehrerer Stunden versehen hat. Es war daher wegen der regelmäßigen Beschäftigung eines Arbeitnehmers in der "Teeküche" während eines Zeitraumes, der 30 Tage während eines Jahres überschritt, ein ständiger Arbeitsplatz im Sinne des § 1 Z. 2 lit. a AAV vorhanden. Auf einen Aufenthalt des Arbeitnehmers während des überwiegenden Teils seiner Arbeitszeit in einem anderen Arbeitsraum (Küche im dritten Stock desselben Gebäudes) kam es daher - entgegen den Beschwerdeausführungen - nicht an.

Eine Übertretung nach § 4 Abs. 1 erster Satz AAV, die auf das Vorliegen eines ständigen Arbeitsplatzes abstellt, war daher entgegen den Beschwerdebehauptungen, die vom Fehlen eines ständigen Arbeitsplatzes in Bezug auf die hier zu beurteilende "Teeküche" ausgehen, möglich.

Ferner erfordern weder § 4 Abs. 1 erster Satz AAV noch § 8 Abs. 1 erster Satz (beide Tatbestände) AAV - entgegen der vom Beschwerdeführer in der Beschwerde vertretenen Auffassung - eine allfällige Gesundheitsgefährdung eines Arbeitnehmers in den jeweiligen Arbeitsräumen. Es bedurfte daher keiner ergänzenden Ermittlungen im Wege eines medizinischen Sachverständigen zur Frage einer allfälligen Gefährdung der Gesundheit des in Rede stehenden Arbeitnehmers, weshalb den diesbezüglichen Verfahrensrügen keine Relevanz zukommt.

Auch hinsichtlich der Höhe der verhängten Strafe vermag der Beschwerdeführer nicht mit Erfolg eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, zumal die belangte Behörde insbesondere auf das Vorliegen einer einschlägigen Vorstrafe hingewiesen und sich die gegenständliche Beanstandung der Verwendung der "Teeküche" als Arbeitsraum schon über mehrere Jahre hingezogen hat (siehe auch die diesbezügliche Aussage der als Zeugin vernommenen Organwalterin des Arbeitsinspektorates vor der belangten Behörde). Von einem "geringen Verschulden" kann daher entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers nicht die Rede sein. Für eine allfällige "gleichheitswidrige Auslegung" der von der belangten Behörde herangezogenen Bestimmungen der AAV besteht - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - kein Anhaltspunkt.

Aus den dargelegten Gründen erweist sich die Beschwerde somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am