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VwGH vom 04.03.1994, 93/02/0194

VwGH vom 04.03.1994, 93/02/0194

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Strohmaier, über die Beschwerde des X in F, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom , Zl. 1-467/92/E2, betreffend Übertretung des Bundesgesetzes über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen (KJBG), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft vom wurde dem Beschwerdeführer als gemäß § 9 VStG verantwortliches zur Vertretung nach außen berufenes Organ (handelsrechtlicher Geschäftsführer) der S GmbH in L vorgeworfen, in dem von dieser Gesellschaft in L betriebenen, näher bezeichneten Hotel, die am geborene Hotelpraktikantin B in einer gegen das KJBG verstoßenden Weise beschäftigt zu haben; die Hotelpraktikantin sei am bis 23.02 Uhr, am bis 22.07 Uhr und am bis 22.02 Uhr beschäftigt worden. Die Bezirkshauptmannschaft erblickte darin eine Übertretung des § 17 Abs. 2 und des § 30 KJBG und verhängte eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) von S 1.000,-- (60 Stunden).

In seiner Berufung dagegen berief sich der Beschwerdeführer im wesentlichen darauf, daß der Zeuge W als Hoteldirektor bis November 1991 für den Gesamtbetrieb verantwortlich gewesen sei; dieser sei zwar nicht zum Beauftragten im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG bestellt worden, jedoch auf Grund der Organisation als Hoteldirektor auch für die Einhaltung der arbeitnehmerrechtlichen Bestimmungen verantwortlich gewesen. Der vorhergehende Geschäftsführer der S GmbH sei bereits Ende März 1991 ausgeschieden, der Beschwerdeführer erst am als Geschäftsführer eingetragen worden. Der Beschwerdeführer habe sich daher darauf verlassen dürfen, daß der Zeuge H weiterhin für die Einhaltung der arbeitnehmerrechtlichen Bestimmungen zuständig gewesen sei; bei richtiger rechtlicher Beurteilung könne ihm, dem Beschwerdeführer, daher auch im Hinblick auf die unterlassene Kontrolle des Zeugen H kein Verschulden angelastet werden, zumal er zum Tatzeitpunkt von der Eintragung im Firmenbuch noch nicht verständigt gewesen sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Berufung ab. Am habe im betreffenden Hotel in L eine Kontrolle durch das Arbeitsinspektorat stattgefunden. Dabei sei vom Kontrollorgan festgestellt worden, daß die Hotelpraktikantin zu den bereits erwähnten Tatzeiten im Hotel arbeitet. Im maßgebenden Zeitraum sei das Hotel von der S GmbH betrieben worden; für diese sei am der Beschwerdeführer im Handelsregister als handelsrechtlicher Geschäftsführer eingetragen worden. Der dieser Eintragung vorangehende und dem Handelsgericht vorgelegte Gesellschafterbeschluß mit der Musterzeichnung des Geschäftsführers habe keine aufschiebende Bedingung dahingehend enthalten, daß die Verantwortlichkeit erst mit in Kraft treten solle.

Die Tatsache der Beschäftigung werde nicht in Abrede gestellt; dem Vorbringen, wonach der Beschwerdeführer sein Dienstverhältnis bei der Betreibergesellschaft tatsächlich erst am beginnen sollte, könne nicht gefolgt werden, da der entsprechende Gesellschafterbeschluß mit Unterfertigung durch die letzte Gesellschafterin am wirksam geworden sei und ein Hinweis auf die Begründung des Dienstverhältnisses erst mit Wirkung vom im Gesellschafterbeschluß nicht enthalten sei. Es sei daher die Wirksamkeit der Bestellung zum Geschäftsführer mit dem Zeitpunkt der Wirksamkeit des Gesellschafterbeschlusses anzunehmen. Auf die Eintragung im Firmenbuch komme es dabei nicht an. Der Zeuge H sei zu keinem Zeitpunkt als verantwortlicher Beauftragter im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG bestellt worden und habe überdies angegeben, vom Beschwerdeführer niemals mit Kontrolltätigkeiten im Zusammenhang mit arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften beauftragt worden zu sein.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer die vorliegende Beschwerde, in der er inhaltliche Rechtswidrigkeit des Bescheides sowie die Verletzung von Verfahrensvorschriften behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und beantragte in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 17 Abs. 1 KJBG dürfen Jugendliche in der Nachtzeit von 20 Uhr bis 6 Uhr nicht beschäftigt werden. Gemäß § 30 des zitierten Gesetzes ist derjenige, der den Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder einer auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnung zuwider handelt, sofern die Tat nach anderen Gesetzen nicht einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde in einer näher umschriebenen Weise zu bestrafen.

Ein Zuwiderhandeln gegen § 17 Abs. 1 KJBG im Sinne des § 30 dieses Gesetzes durch den Arbeitgeber liegt dem objektiven Tatbestand nach immer dann vor, wenn ein im Betrieb beschäftigter Arbeitnehmer bei seiner beruflichen Tätigkeit diese Arbeitszeitvorschrift verletzt. Die Zuwiderhandlung besteht also in der Tatsache der Beschäftigung des jugendlichen Arbeitnehmers unter Verletzung dieser Vorschrift (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshof vom , Zl. 88/08/0005). Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers kommt sohin nicht "als einzige Begehungsform" die "Anordnung" der Beschäftigung in Betracht. Ist der Arbeitgeber eine juristische Person, so ist nach § 9 Abs. 1 VStG für die Einhaltung dieser Verwaltungsvorschrift (da sie insofern nichts anderes bestimmt und im Beschwerdefall auch kein verantwortlicher Beauftragter bestellt wurde) strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Soweit der Beschwerdeführer sich wieder gegen seine Verantwortung im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG als zur Vertretung berufenes Organ wendet, ist ihm zu entgegnen, daß die Bestellung des Geschäftsführers einer GmbH sofort mit Zustandekommen des entsprechenden Gesellschafterbeschlusses wirksam und von der Eintragung im Handelsregister (jetzt: Firmenbuch) unabhängig ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Slg. 11.460/A; Reich-Rohrwig, Das Österreichische GmbH-Recht, 97). Es war nicht unschlüssig, daß die belangte Behörde der Verantwortung des Beschwerdeführers, daß er "intern" erst mit zum Geschäftsführer bestellt worden sei, nicht folgte, hatte er doch selbst die Firmenbucheingabe beglaubigt zu unterfertigen und dieser den Nachweis seiner Bestellung (den Gesellschafterbeschluß) anzuschließen (vgl. Kostner-Umfahrer, Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung4, RZ 222 f). In der Ansicht der belangten Behörde, der Beschwerdeführer sei zum Tatzeitpunkt gemäß § 9 VStG verantwortliches zur Vertretung nach außen berufenes Organ gewesen, kann daher ein Rechtsirrtum nicht erblickt werden.

Darüber hinaus bringt der Beschwerdeführer vor, die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift sei ihm ohne sein Verschulden nicht möglich gewesen (§ 5 VStG), weil er seine Tätigkeit erst mit Wirkung vom aufzunehmen gehabt hätte, auf Grund seiner sonstigen beruflichen Tätigkeiten bis zum es ihm nicht möglich gewesen sei, jeden Tag die Einhaltung sämtlicher Arbeitnehmerschutzbestimmungen im Hotel zu überwachen und überdies Direktor H mit der faktischen Ausübung der Kontrollfunktionen betraut gewesen sei.

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG 1950 genügt dann, wenn eine Verwaltungsvorschrft über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Doch zieht schon das bloße Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder die Nichtbefolgung eines Gebotes Strafe nach sich, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört, die Verwaltungsvorschrift über das zur Strafbarkeit erforderliche Verschulden nichts bestimmt und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich gewesen ist. Der Gesetzgeber präsumiert somit in einem solchen Fall die Schuld bis zur Glaubhaftmachung des Gegenteiles durch den Beschuldigten. Solange er also nicht glaubhaft gemacht hat, daß ihn kein Verschulden träfe, darf die Behörde annehmen, daß der Verstoß bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte vermieden werden können. Da zum Tatbestand der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verwaltungsübertretung weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört, handelt es sich bei dieser um ein Ungehorsamkeitsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG 1950 (vgl. hiezu wieder das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshof vom , Zl. 88/08/0005).

Zu dem hiebei von einem Unternehmer und ebenso von einem nach § 9 Abs. 1 VStG für eine juristische Person strafrechtlich Verantwortlichen anzuwendenden Sorgfaltsmaßstab hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt zum Ausdruck gebracht, daß die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es zwar nicht zuläßt, daß sich der Arbeitgeber aller Belange und Angelegenheiten selbst persönlich annimmt, es ihm vielmehr zugebilligt werden muß, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen, um die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf das Setzen von möglichen und zumutbaren Maßnahmen zu beschränken, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Die Tatsache der Bestellung einer für den Betriebsinhaber verantwortlichen Person für sich allein ist dabei noch nicht geeignet, die Schuldlosigkeit des Betriebsinhabers bzw. des gemäß § 9 Abs. 1 VStG strafrechtlich Verantwortlichen zu erweisen (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, E 46 zu § 9 VStG).

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung ist es nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde zum Ergebnis gelangte, daß dem Beschwerdeführer der Entlastungsbeweis im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG nicht gelungen ist. Zu berücksichtigen ist hiebei, daß der Beschwerdeführer schon vor seiner Bestellung zum Geschäftsführer als Unternehmensberater auf Werkvertragsbasis mit dem Hotelbetrieb zu tun hatte. Der Beschwerdeführer hat nicht einmal vorgebracht, daß er unverzüglich nach seiner Bestellung zum Geschäftsführer die erforderlichen Weisungen erteilt, geschweige denn, wirksame Kontrollmaßnahmen zur Einhaltung dieser Weisungen gesetzt habe.

Er konnte sich daher - mangels jeglicher Kontrollmaßnahmen - auch nicht auf ein angeblich bestehendes funktionierendes "Kontrollsystem" verlassen. Durch eine interne Vereinbarung mit den Gesellschaftern kann dabei der Beschwerdeführer ebensowenig seiner verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit entbunden werden wie er durch eine anderweitige berufliche Inanspruchnahme entschuldigt werden könnte.

Aus diesen Erwägungen war daher auf die behauptete Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht mehr einzugehen und die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 104/1991.