VwGH vom 27.03.2003, 2001/15/0038

VwGH vom 27.03.2003, 2001/15/0038

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch, über die Beschwerde des Dr. M in S, vertreten durch Dr. Daniel Charim, Mag. Wolfgang Steiner und Mag. Anton Hofstetter, Rechtsanwälte in 1090 Wien, Wasagasse 4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , RV/674- 17/16/98, betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 1992 bis 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Facharzt für Zahnheilkunde. Er betreibt eine Zahnarztordination und erzielt daraus Einkünfte aus selbständiger Arbeit.

Im Jahr 1996 fand hinsichtlich des vom Beschwerdeführer betriebenen Unternehmens eine Betriebsprüfung statt, die die Jahre 1992 bis 1994 umfasste.

Nach Tz. 19 des Bp-Berichtes seien Geräte zur Videoverarbeitung (Videorecorder, Fernsehgeräte, Mischpult, etc) nicht zum Betriebsvermögen des Beschwerdeführers zu zählen, da eine nahezu ausschließliche betriebliche Nutzung nicht gegeben sei. Diese Geräte befänden sich in einem unentgeltlich genutzten, 6 m2 großen "Schneideraum", der im Dachraum desselben Gebäude gelegen sei, in dem der Beschwerdeführer wohne. Es handle sich dabei um folgende Geräte:

VCR Panasonic NVFS 100

VCR Panasonic NVFS 100

Mischpult Panasonic NVFS 100

FFS Grundig P 40

FFS Portable Grundig P 50

YC Genlock

AGTB700 Time Base Corrector

Digi Gen II inkl. V-Titler

Folgende Geräte seien in einem Lagerraum im Keller der Ordination, die sich in einem anderen Gebäude befinde, untergebracht und würden ebenfalls nicht betrieblich genutzt:

FFS Grundig T 70

Grundig Farbmonitor

Diaprojektor Mod. RM 851

Der Beschwerdeführer habe 1993 auch fünf Nachbildungen von klassischen Turmuhren (Standuhren) und zwei Wetterstationen in das Betriebsvermögen aufgenommen und als geringwertige Wirtschaftsgüter abgesetzt.

Nach Ansicht des Prüfers seien diese genannten Geräte der privaten Sphäre des Beschwerdeführers zuzuordnen. Von den Anschaffungskosten könne daher keine AfA und kein IFB geltend gemacht werden. Es steht auch der Vorsteuerabzug nicht zu. Die Kosten für die Standuhren und Wetterstationen wurden mit einem Betrag, der ca die Hälfte der Summe ihrer Anschaffungskosten ausmacht, dem Betrieb zugeordnet und insoweit zum Betriebausgabenabzug und zum Vorsteuerabzug zugelassen.

Aufgrund der Betriebsprüfung nahm das Finanzamt das Verfahren betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer für die Jahre 1992 bis 1994 gemäß § 303 Abs. 4 BAO wieder auf und erließ neue Sachbescheide, die den Feststellungen des Betriebsprüfers entsprachen.

Gegen die Sachbescheide erhob der Beschwerdeführer Berufung. Er legte dar, dass er zur Information der Patienten einmal jährlich einen Videoclip herstelle, in dem er die Leistungen seiner Ordination präsentiere. Dieser Clip würde auf Fernsehgeräten im Warteraum und in den zwei Behandlungsräumen gezeigt und laufe ca. 40 Stunden pro Woche. Der Film zeige als Hintergrund auch private Urlaubsaufnahmen des Beschwerdeführers und örtliche Veranstaltungen und Festlichkeiten, um die Informationen über Zahnregulierungen, Zahnbehandlungen, Füllmaterialien, Implantate und Zahnersatz aufzulockern. Diese Filme stelle der Beschwerdeführer jeweils in seinem "Schneideraum" mit den in Rede stehenden Geräten selbst her. Die Geräte würden nicht privat genutzt, zumal der Beschwerdeführer für private Zwecke nur VHS-Videos verwende, für Zwecke der Ordination aber S-VHS. Weiters erachte er für private Zwecke eine Nachbearbeitung von Urlaubsfilmen etc. als nicht erforderlich.

Die im Lagerraum der Ordination befindlichen Geräte (zwei Fernsehgeräte und ein Diaprojektor) seien als Ersatzgeräte für die Ordination angeschafft worden und würden bis zum Ausfall eines der verwendeten Geräte dort aufbewahrt. Die angebotene Besichtigung des Lagerraumes habe der Betriebsprüfer abgelehnt.

Hinsichtlich der Standuhren führte der Beschwerdeführer aus, dass jeweils eine Uhr am Rezeptionspult der Ordination stehe und in gewissen Zeitabständen gegen eine andere ausgetauscht würde. Die nicht verwendeten Uhren und Wetterstationen befänden sich in der Zeit ihrer Nichtverwendung im Lagerraum der Ordination.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass es sich bei den geltend gemachten Kosten um solche der privaten Lebensführung des Beschwerdeführers handle. Bei der Beurteilung, ob eine privaten Mitbenutzung von Wirtschaftsgütern gegeben sei, sei auf eine typisierende Betrachtungsweise abzustellen. Um die Ausgaben als Betriebsausgaben qualifizieren zu können, müsse eine nahezu

ausschließlich betriebliche Nutzung der Geräte vorliegen. Eine

ausschließlich betriebliche Nutzung der Geräte im "Schneideraum" sei nicht feststellbar, da die Angaben des Beschwerdeführers, den Raum nur zu beruflichen Zwecken zu verwenden, nicht im Einklang mit der Lebenserfahrung stünden. Es widerspreche den Erfahrungen des täglichen Lebens, dass ein Abgabepflichtiger zwar private Videoaufnahmen erstelle, diese aber im Gegensatz zu den beruflich genutzten Aufnahmen nicht mit der ihm zur Verfügung stehenden hochwertigen Technik nachbearbeite. Weiters sei es auch möglich, die privaten VHS-Videos im Schneideraum nachzubearbeiten.

Die "Reservegeräte" wurden nicht als Betriebsvermögen anerkannt, da sie im Zeitpunkt der Betriebsprüfung nicht betrieblich genutzt worden seien und es sich typischerweise um Wirtschaftsgüter der privaten Lebensführung handle.

Auch die Kosten für die Standuhren und Wetterstationen stellten nur in Höhe der vom Betriebsprüfer berücksichtigten Kosten Betriebsausgaben dar, da unstrittig jeweils nur eine Standuhr bzw Wetterstation in der Ordination Verwendung finde.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde. Der Beschwerdeführer führt aus, der Betriebsprüfer hätte sich selbst von der "Außergewöhnlichkeit" seiner Ordination überzeugt, daher sei eine typisierende Betrachtungsweise nicht angebracht. Der Beschwerdeführer rügt, die Behörde sei zu der Annahme, dass eine ausschließlich berufliche Nutzung der strittigen Wirtschaftsgüter nicht feststellbar sei, gelangt, indem sie die Angaben des Beschwerdeführers mit einer von ihr angenommenen "allgemeinen Lebenserfahrung" abgewogen habe. Obwohl die Behörde dabei davon ausgegangen sei, dass der Beschwerdeführer "auch in der mündlichen Berufungsverhandlung einen durchwegs glaubwürdigen Eindruck vermittelt" habe, habe sie der von ihr angenommenen "allgemeinen Lebenserfahrung" das größere Gewicht zuerkannt. Diese Beweiswürdigung sei unschlüssig. Nach der Rechtsansicht des Beschwerdeführers obliege es der Behörde nachzuweisen, dass die in Rede stehenden Geräte auch privat genutzt worden seien. Er sei seiner Mitwirkungspflicht hinreichend nachgekommen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 4 EStG 1988 sind Betriebsausgaben die Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind. Gemäß § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. a EStG 1988 sind Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung nicht abzugsfähig, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

Auf Grund der zuletzt zitierten Bestimmung sind Aufwendungen für typischerweise der Lebensführung dienende Wirtschaftsgüter, wenn sie gemischt, also zum Teil privat, zum Teil beruflich veranlasst sind, zur Gänze nicht abzugsfähig. Anderes gilt nur, wenn feststeht, dass das betreffende Wirtschaftsgut (nahezu) ausschließlich beruflich genutzt wird (vgl das hg Erkenntnis vom , 94/15/0196, und Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuerhandbuch, Tz 10 f zu § 20 und Tz 64 zu § 16).

Es entspricht der ständigen hg Rechtsprechung, dass Aufwendungen für Wirtschaftsgüter, die nach der allgemeinen Lebenserfahrung in gleicher Weise privat wie auch beruflich bzw betrieblich verwendet werden können, nur dann einkünftemindernd in Ansatz gebracht werden können, wenn der Steuerpflichtige den Nachweis der (nahezu) ausschließlich beruflichen bzw betrieblichen Verwendung erbringt. Es hat also derjenige, der typische Aufwendungen der privaten Lebensführung als Werbungskosten oder Betriebsausgaben geltend macht, im Hinblick auf seine Nähe zum Beweisthema von sich aus nachzuweisen, dass diese Aufwendungen entgegen der allgemeinen Lebenserfahrung (nahezu) ausschließlich die berufliche bzw betriebliche Sphäre betreffen (vgl nochmals das hg Erkenntnis 94/15/0196).

Überdies darf die Abgabenbehörde Aufwendungen, die in gleicher Weise mit der Erzielung von Einkünften wie mit der privaten Lebensführung zusammenhängen können, bei denen die Abgabenbehörde aber nicht in der Lage ist zu prüfen, ob diese Aufwendungen durch die Erzielung von Einkünften oder durch die private Lebensführung veranlasst sind, nicht schon deshalb als Betriebsausgaben anerkennen, weil die im konkreten Fall gegebene Veranlassung nicht feststellbar ist. In Fällen von Aufwendungen, die ihrer Art nach eine private Veranlassung nahe legen, darf die Veranlassung durch die Erzielung von Einkünften vielmehr nur dann angenommen werden, wenn sich die Aufwendungen als für die betriebliche Tätigkeit notwendig erweisen. Die Notwendigkeit bietet in derartigen Fällen das verlässliche Indiz der betrieblichen im Gegensatz zur privaten Veranlassung (vgl das hg Erkenntnis vom , 93/14/0087).

Geräte im "Schneideraum" (Videorecorder, Fernsehgeräte, etc):

Die belangte Behörde hat die Sachverhaltsfeststellung getroffen, dass der Beschwerdeführer den Nachweis der nahezu ausschließlich betrieblichen Verwendung nicht erbracht habe. Nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers beschränke sich die Nutzung der Wirtschaftsgüter darauf, einmal im Jahr ein Ordinationsvideo zu erstellen. Nach Ansicht der belangte Behörde widerspreche es der Lebenserfahrung, dass ein Steuerpflichtiger, der - wie unbestritten auch der Beschwerdeführer - private Videoaufnahmen (etwa von Urlaubsreisen) erstelle, diese privaten Aufnahmen in keiner Weise nachbearbeite. Dies treffe im gegenständlichen Fall insbesondere auch im Hinblick auf die im Wert der Videoausstattung zum Ausdruck kommenden Qualitätsansprüche des Beschwerdeführers (er habe seit 1988 ca 700.000 S in Video-, Audio- und Fernsehgeräte investiert) zu. Wegen der in die Ausstattung des "Schnittplatzes" getätigten Investitionen bestehe eine äußerste Unwahrscheinlichkeit, dass die Geräte nur für die einmal jährlich erfolgende Produktion von Ordinationsvideos verwendet würden.

Die Beweiswürdigung der belangten Behörde hält der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle stand. Unstrittig ist, dass der Beschwerdeführer auch private Videoaufnahmen macht. Dass der Beschwerdeführer für private Aufnahmen ein anderes Videosystem als für das Ordinationsvideo verwendet, ist in diesem Zusammenhang nicht maßgeblich, da es nach den Angaben des Beschwerdeführers (in seiner im Verwaltungsverfahren mit der Eingabe vom vorgelegten Stellungnahme zur Berufung) problemlos - wenn auch nach Qualitätsverlust - möglich ist, ein S-VHS Band auf ein VHS Band zu kopieren. Der Beschwerdeführer hat auch eingeräumt, in den Ordinationsvideos Teile der privaten Videoaufzeichnungen zu verwenden. Bei der gegebenen Sachlage kann es, insbesondere auch im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren (und auch in der Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde) in keiner Weise konkret aufzeigt, welches zeitliche Ausmaß die Erstellung des jährlichen Ordinationsvideos in Anspruch genommen hat, nicht als unschlüssig erachtet werden, dass die belangte Behörde im Hinblick auf die allgemeine Lebenserfahrung den Nachweis einer (beinahe) ausschließlich betrieblichen Verwendung als nicht erbracht erachtet und daraus die Rechtsfolgen der Nichtabzugsfähigkeit von Aufwendungen bzw Vorsteuern gezogen hat.

Reservegeräte im Lagerraum:

Bei den in Streit stehenden Geräten handelt es sich um zwei Fernsehgeräte und einen Diaprojektor, die im Streitzeitraum nicht im Betrieb des Beschwerdeführers eingesetzt worden, aber dort in einem Lagerraum gelegen sind.

Diese Geräte, die ihrer Art nach regelmäßig für Zwecke der Freizeitgestaltung genutzt werden, also typischerweise dem Bereich der privaten Lebensführung zuzuordnen sind, wären im Falle ihrer Notwendigkeit für den Betrieb des Beschwerdeführers als Gegenstände des Betriebsvermögens anzuerkennen gewesen. Die betriebliche Notwendigkeit von Fernsehgeräten und Diaprojektoren, die über einen mehrjährigen Zeitraum noch keinen betrieblichen Einsatz gefunden haben, vermochte der Beschwerdeführer aber nicht nachvollziehbar darzutun. Der angefochtene Bescheid verletzt den Beschwerdeführer daher auch hinsichtlich dieser Gegenstände nicht in subjektiven Rechten.

Standuhren und Wetterstationen:

Unstrittig ist jeweils nur eine Uhr in der Ordination aufgestellt gewesen, während die anderen Uhren sich im Lagerraum befunden haben. Der Beschwerdeführer vermochte weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde in irgendeiner Weise darzutun, weshalb, wenn nur jeweils eine Uhr zum Ablesen der Zeit in der Ordination aufgestellt ist, die betriebliche Notwendigkeit für weitere Uhren gegeben sein solle. Durch den regelmäßigen Austausch der Uhren, die sich voneinander nur in ihrem Aussehen unterscheiden, wird die betriebliche Notwendigkeit der Lagerhaltung mehrerer Uhren nicht dargetan. Bezüglich der Verwendung der zwei Wetterstationen ist vom Beschwerdeführer keine betriebliche Verwendung beschrieben worden.

Dadurch, dass im angefochtenen Bescheid - der Vorgangsweise in den erstinstanzlichen Bescheiden folgend - die Hälfte der Kosten für Standuhren und Wetterstationen als Betriebsausgaben anerkannt worden sind und ein entsprechender Vorsteuerabzug gewährt wurde, wurde der Beschwerdeführer nicht in Rechten verletzt. Mit der steuerlichen Berücksichtigung eines Betrages in Höhe von ca der Hälfte der Anschaffungskosten aller Uhren und Wetterstationen wurde, wie dies im angefochtenen Bescheid dargetan und in der Beschwerde nicht bestritten wird, ein höherer Betrag berücksichtigt als jener, der sich aus der Anerkennung einer einzelnen im Betrieb verwendeten Uhr ergäbe.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am