VwGH vom 10.05.2001, 2001/15/0033
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Sulyok und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde des F in S, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , RV/220-10/00, betreffend Nachsicht von Abgaben, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer hat mit Eingabe vom beantragt, dass das Finanzamt Abgaben gemäß § 236 BAO nachsehe. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dieser Antrag im Instanzenzug abgewiesen. In der Bescheidbegründung wird ausgeführt, die vom Beschwerdeführer vorgelegte Gehaltsabrechnung für Februar 2000 weise einen Nettobetrag von ca. 7.500 S aus. Nach dem am unterfertigten Vermögensverzeichnis nach § 47 Abs. 2 EO beziehe der Beschwerdeführer einen Nettolohn von
9.600 S. Er sei für eine Person unterhaltspflichtig. Er verfüge über keine Forderungen oder sonstiges Vermögen. Im Jahr 1999 habe er eine Monatsnettogehalt von ca 9.300 S bezogen. Bei dieser Sachlage gehe die belangte Behörde unter Berücksichtigung der Existenzminimum-Verordnung 2000 davon aus, dass die Abgabenschulden derzeit uneinbringlich seien. Es liege keine Unbilligkeit der Einhebung iSd § 236 BAO vor, weil es infolge der Uneinbringlichkeit der Abgabenschulden zu keinen Auswirkungen der Abgabeneinhebung auf die Einkommens- und Vermögenslage des Beschwerdeführers komme.
In der gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerde wird vorgebracht, trotz der Uneinbringlichkeit der Abgabenforderungen liege - entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde - eine Unbilligkeit vor, weil jeder Einbringungsschritt mit Kosten verbunden sei und damit zu einer Erhöhung der Abgabenschulden führe. Außerdem seien Einbringungsschritte diffamierend und könnten das Fortkommen des Beschwerdeführers schwerwiegend behindern. Einbringungsschritte würden vom Beschwerdeführer auch als äußerst unangenehm empfunden. Der Beschwerdeführer habe überdies den Antrag auf Abschreibung der Abgabenschulden gestellt. Der angefochtene Bescheid sei auch deshalb "verfehlt", weil er über diesen Antrag nicht abspreche.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat über die Beschwerde erwogen:
Nach § 236 Abs. 1 BAO können fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.
Die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung nach der Lage des Falles ist dabei tatbestandsmäßige Voraussetzung für die in § 236 BAO vorgesehene Ermessensentscheidung. Verneint die Abgabenbehörde - wie im Beschwerdefall - die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung, so ist für eine Ermessensentscheidung kein Raum (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , 95/13/0243, mwN., und vom , 95/15/0031).
Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgeführt hat, liegt persönliche Unbilligkeit dann vor, wenn gerade die Einhebung der Abgaben die Existenz des Abgabepflichtigen oder seiner Familie gefährdet oder die Abstattung mit außergewöhnlichen Schwierigkeiten (so insbesondere einer Vermögensverschleuderung) verbunden wäre. Die deutlichste Form der persönlichen Unbilligkeit liegt in der Existenzgefährdung. Diese müsste gerade durch die Einhebung der Abgabe verursacht oder entscheidend ("auch") mitverursacht sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 95/13/0243, mwN). Eine Unbilligkeit ist dann nicht gegeben, wenn die finanzielle Situation eines Abgabenschuldners so schlecht ist, dass auch die Gewährung der beantragten Nachsicht an der Existenzgefährdung nichts ändert (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 95/15/0053).
Da unbestritten ist, dass das monatliche Gesamteinkommen des Beschwerdeführers den geltenden unpfändbaren Freibetrag zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht überstieg, wies die belangte Behörde zu Recht auf die zur Zeit nicht gegebene Einbringlichkeit des Abgabenrückstandes hin. Eine persönliche Unbilligkeit (Existenzgefährdung durch eine drohende Abgabeneinhebung) im Sinn des § 236 BAO lag daher nicht vor (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 95/15/0090).
Soweit der Beschwerdeführer eine Unbilligkeit aus diversen Beschwerlichkeiten von Einbringungsmaßnahmen ableiten will, genügt es darauf zu verweisen, dass nach § 16 Abs. 1 Z 6 AbgEO die Vollstreckung unter gleichzeitiger Aufhebung aller bis dahin vollzogenen Vollstreckungsakte auf Antrag oder von Amts wegen einzustellen ist, wenn sich nicht erwarten lässt, dass die Fortsetzung oder Durchführung der Vollstreckung einen die Kosten dieses Vollstreckungsverfahrens übersteigenden Ertrag ergeben wird.
Bezüglich der Ausführungen des Beschwerdeführers, dass das Finanzamt noch nicht über den von ihm gestellten Antrag auf Löschung der Abgaben durch Abschreibung nach § 235 BAO entschieden habe, wird darauf hingewiesen, dass der - allein - den Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bildende angefochtene Bescheid nur über die Berufungserledigung im Nachsichtsverfahren abspricht (im Übrigen besteht auf eine Löschung von Abgabenschuldigkeiten nach § 235 BAO kein Rechtsanspruch, vgl. Ritz2, BAO-Kommentar, Tz 2 zu § 235).
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren - also auch ohne Erteilung eines Mängelbehebungsauftrages (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 524 und 533) - in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am