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VwGH vom 19.05.1993, 89/13/0151

VwGH vom 19.05.1993, 89/13/0151

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Büsser, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat VII) vom , Zl. 6/3-3258/88-06, betreffend die Feststellung von Einkünften für 1984, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist einer von vier Miteigentümern eines zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienenden Grundstückes in Wien. Strittig ist zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens allein, wie bei Bemessung der Absetzung für Abnutzung (AfA) vorzugehen ist. Die belangte Behörde errechnete die AfA für jeden Miteigentümer gesondert unter Beachtung der in § 16 Abs. 1 Z 8 lit. a und b EStG 1972 vorgeschriebenen Bemessungsgrundlagen. Sie ging beim Beschwerdeführer und zwei weiteren Miteigentümern, die ihre Anteile vor 1963 bzw. 1968 und 1980 durch Erbschaft erworben hatten - wie in den Vorjahren - vom Einheitswert zum (= S 775.000,--) sowie von einer erklärten Restnutzungsdauer von 80 Jahren aus. Hinsichtlich des vierten Miteigentümers, der seinen Anteil erst im Streitjahr 1984 geerbt hatte, bemaß die belangte Behörde die Restnutzungsdauer seinem Antrag entsprechend mit 50 Jahren und ermittelte die AfA auf der Grundlage der fiktiven Anschaffungskosten zum Zeitpunkt des Erwerbes. Daraus ergaben sich für die Miteigentümer unterschiedlich hohe Abschreibungsbeträge. Der Beschwerdeführer erachtet sich hiedurch in seinem Recht auf einheitliche Bemessung der AfA unter Heranziehung des Einheitswertes zum (= S 2,280.000,--) und einer 40-jährigen Restnutzungsdauer verletzt und beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 lit. a EStG 1972 bemißt sich die AfA bei einem nicht zum Betriebsvermögen gehörenden Gebäude, das vor dem angeschafft, hergestellt oder unentgeltlich erworben worden ist, nach dem Einheitswert zum , oder auf Antrag nach dem Betrag, der für die Anschaffung am hätte aufgewendet werden müssen. Wurde ein Gebäude hingegen nach dem unentgeltlich erworben, so ist nach lit. b leg. cit. der Einheitswert, der für den letzten vor dem unentgeltlichen Erwerb liegenden Feststellungszeitpunkt festgestellt worden ist, oder auf Antrag der Betrag, der für die Anschaffung im Zeitpunkt des Erwerbes hätte aufgewendet werden müssen, der AfA-Bemessung zugrunde zu legen.

Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß die belangte Behörde in Beachtung dieser Bestimmungen vorgegangen ist. Der Beschwerdeführer vermeint aber, daß die angeführten Grundsätze nur für Alleineigentümer von Gebäuden, nicht jedoch für Anteilseigner gelten. Er begründet seine Ansicht zunächst mit dem Gesetzeswortlaut. Sowohl im § 16 Abs. 1 Z 8 EStG 1972 als auch im § 7 leg. cit. sei nur von Wirtschaftsgütern (Gebäuden) die Rede, eine Abschreibung von (An-)Teilen daran sei somit nicht vorgesehen. Dem ist zu entgegnen, daß im Falle von Miteigentum das Recht und nicht die Sache geteilt ist. Einem Miteigentümer ist daher kein realer Teil zuzurechnen, vielmehr bezieht sich sein Anteilsrecht auf die GANZE SACHE. Als Wirtschaftsgut i.S. des § 7 bzw. des § 16 Abs. 1 Z. 8 EStG 1972 ist daher bei Miteigentum an einem Gebäude nicht der Gebäudeteil, sondern das Anteilsrecht am ganzen Gebäude zu verstehen. Unter diesem Aspekt ist der Wortlaut der eben zitierten Gesetzesstelle zu verstehen, der zu Recht ausschließlich von Wirtschaftsgütern und nicht von Teilen von Wirtschaftsgütern spricht.

Die Beschwerde vertritt weiters die Ansicht, daß die Vorgangsweise der belangten Behörde die Bestimmung des § 7 EStG 1972 hinsichtlich der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer verletze. Nehme man als AfA-Bemessungsgrundlage verschiedene Werte, ergäbe sich, da der wirtschaftliche Wert des Grundstückes durch den letzten Einheitswert außer Frage gestellt ist, für jene Miteigentümer, die von einem niedrigeren Wert abschreiben, eine Verlängerung der Nutzungsdauer.

Diese Ausführungen gehen von der Annahme aus, die Abschreibung erfolge von einem laufend aktualisierten "wahren wirtschaftlichen Wert" eines Wirtschaftsgutes. Das trifft jedoch nicht zu. § 7 Abs. 1 EStG 1972 bestimmt vielmehr, daß die ANSCHAFFUNGS- ODER HERSTELLUNGSKOSTEN von Wirtschaftsgütern, deren Verwendung oder Nutzung durch den Steuerpflichtigen zur Erzielung von Einkünften sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt, gleichmäßig verteilt auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abzusetzen sind. Die AfA sieht demnach eine auf die Nutzungsdauer vorzunehmende Aufteilung der NOMINELLEN Beträge des für die Anlagegüter gemachten Aufwandes vor. Folgerichtig stellt § 16 Abs. 1 Z 8 EStG 1972 für den Fall, daß Wirtschaftsgüter unentgeltlich erworben werden, auf die fiktiven Anschaffungskosten (bzw. den Einheitswert) ZUM ZEITPUNKT DES ERWERBES ab. Verändern sich die fiktiven Anschaffungskosten (der Einheitswert) im Laufe der Nutzungsdauer, etwa infolge von Geldentwertung, Marktverknappung etc., findet dies in der vom Gesetzgeber gewählten Methode der AfA keine Berücksichtigung. Schwankungen (in der Regel Erhöhungen) der fiktiven Anschaffungskosten (des Einheitswertes) treten nun unabhängig davon ein, ob ein Abgabepflichtiger sein Eigentumsrecht mit einem oder mehreren Miteigentümern teilt oder nicht. Ebenso wie der Alleineigentümer eines Gebäudes seine tatsächlichen oder fiktiven Anschaffungskosten (den Einheitswert) im Zeitpunkt des unentgeltlichen Erwerbes beizubehalten hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 88/13/0217), trifft dies daher auch auf den Miteigentümer eines Grundstückes zu.

Der Beschwerdeführer bringt für seinen Standpunkt noch vor, die Mitbesitzer seien nicht an der AfA, sondern am Ertrag bzw. Verlust des Gebäudes, somit eines einheitlich zu bewertenden Wirtschaftsgutes, beteiligt. Damit übersieht der Beschwerdeführer, daß sämtliche Vorschriften des Einkommensteuergesetzes, die die Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage regeln, als Normadressaten natürliche Personen (§ 1 EStG 1972) bzw. (zum Teil) Körperschaften (§ 8 Abs. 1 KStG 1966) haben. Die Hausgemeinschaft ist als solche nicht Adressat jenes Normenkomplexes, mit dem die Ermittlung des Einkommens und der einzelnen Einkommenskomponenten geregelt wird. Daraus folgt, daß alle Umstände, die für die Einkunftsermittlung von Bedeutung sind, vorerst einer natürlichen Person zugerechnet werden müssen und nur unter Beachtung dieser Zurechnung tatbestandsbezogen zu ermitteln und zu würdigen sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 87/13/0157). Das gilt auch für die Anwendung der Bestimmungen des § 16 Abs. 1 Z 8 lit. a und b EStG 1972. Nehmen diese Regelungen daher auf die Anschaffung, die Herstellung oder den unentgeltlichen Erwerb eines Gebäudes zu einem bestimmten Zeitpunkt Bezug, ist damit die Tatbestandsverwirklichung durch ein Steuersubjekt, also den einzelnen Miteigentümer, angesprochen.

Dem steht keineswegs, wie die Beschwerde meint, die Bestimmung des § 188 BAO, wonach die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung unbeweglichen Vermögens einheitlich und gesondert festzustellen sind, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt sind, entgegen. Das der Einkommensteuerfestsetzung vorgelagerte Feststellungsverfahren ermöglicht zwar, alle Fragen, die sämtliche Gesellschafter gemeinsam betreffen, mit Wirkung für und gegen alle gemeinsam zu lösen, hindert aber nicht daran, die unterschiedlichen persönlichen Verhältnisse einzelner Gesellschafter zu berücksichtigen. Mag durch unterschiedliche AfA-Bemessungsgrundlagen das Feststellungsverfahren auch erschwert werden, erfordert die steuersubjektbezogene Zurechnung der Einkünfte eine differenzierte Vorgangsweise.

Der Einwand, ein AfA-Satz von 1,25 % sei offensichtlich zu niedrig, verstößt gegen das Neuerungsverbot. Im verwaltungsbehördlichen Verfahren hat der Beschwerdeführer kein diesbezügliches Vorbringen erstattet. Zudem hat der Gerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 83/14/0082), daß bei alten Gebäuden, die in Massivbauweise errichtet sind, auch Nutzungszeiten von (insgesamt) 200 und mehr Jahren gerechtfertigt sein können.

Zum Beschwerdegrund der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften enthält die Beschwerde keinerlei Ausführungen. Auch der Gerichtshof kann nicht erkennen, daß die belangte Behörde bei Erlassung des angefochtenen Bescheides wesentliche Verfahrensvorschriften außer acht gelassen hat.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991.