VwGH vom 17.04.2000, 95/17/0499
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek sowie Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde des O und der M, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. BauR - 011560/1 - 1995 Ha/Vi, betreffend Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten der Fahrbahnherstellung (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde D), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Begehren der mitbeteiligten Partei auf Aufwandersatz wird abgewiesen.
Begründung
1.1. Mit rechtskräftigem Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde den Beschwerdeführern für ein näher bezeichnetes Grundstück die Bauplatzbewilligung erteilt.
Mit Bescheid vom schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde den Beschwerdeführern als Eigentümern dieses Grundstückes einen Fahrbahnkostenbeitrag in der Höhe von S 18.816,-- gemäß § 20 der O.ö. Bauordnung 1976, LGBl. Nr. 35, in der geltenden Fassung (im Folgenden: OÖ BauO 1976) vor.
Die Beschwerdeführer erhoben Berufung.
1.2. Mit Bescheid vom gab der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde dieser Berufung keine Folge, änderte jedoch den erstinstanzlichen Abgabenbescheid dahin ab, dass der Fahrbahnkostenbeitrag zur Herstellung der Fahrbahn der öffentlichen Verkehrsfläche "Ortschaftsweg Siedlungszufahrt L" mit S 16.897,47 neu festgesetzt werde.
Die Beschwerdeführer erhoben Vorstellung.
1.3. Mit Bescheid vom gab die Oberösterreichische Landesregierung dieser Vorstellung keine Folge. Nach der Begründung dieses Bescheides - soweit für das vorliegende verwaltungsgerichtliche Verfahren noch von Bedeutung - sei unbestritten, dass das mit Bescheid des Bürgermeisters vom zum Bauplatz erklärte Grundstück bereits zu diesem Zeitpunkt durch den Ortschaftsweg "Siedlungszufahrt L" verkehrsmäßig aufgeschlossen gewesen sei. Somit sei anlässlich der Bauplatzbewilligung der Abgabentatbestand des § 20 Abs. 1 OÖ BauO 1976 verwirklicht worden. Nach dem Grundsatz der Zeitbezogenheit von Abgaben sei die Festsetzung des Abgabenanspruches noch nach der im Zeitpunkt seiner Entstehung in Geltung gestandenen Rechtslage vorzunehmen gewesen. Der Umstand, dass im Zeitpunkt der Abgabenfestsetzung bereits die §§ 19 bis 21 der O.ö. Bauordnung 1994, LGBl. Nr. 66, in Geltung gestanden seien (welche die Entstehung des Abgabenanspruches nunmehr an die Baubewilligung und nicht mehr an die Bauplatzbewilligung knüpfe), sei somit bedeutungslos.
Was den Einwand der Beschwerdeführer betreffe, für das Grundstück sei im Jahr 1974 schon einmal eine Bauplatzbewilligung erteilt und im Jahr 1980 (von der Voreigentümerin) bereits ein "Anliegerbeitrag" von S 4.097,73 geleistet worden, so sei darauf zu erwidern, dass nach der damaligen Gesetzeslage (Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 86/17/0178) aus Anlass der - mittlerweile wegen Nichtausnützung wieder erloschenen - Bauplatzbewilligung vom gar kein Anliegerbeitrag im Sinne des § 20 OÖ BauO 1976 habe vorgeschrieben werden können. Den "Staubfreimachungs"-Beitrag von S 4.097,73 könne die Voreigentümerin seinerzeit nur auf freiwilliger Vereinbarungsbasis oder allenfalls zufolge des § 46 des - mittlerweile außer Kraft getretenen -
O.ö. Landes-Straßenverwaltungsgesetzes 1975, LGBl. Nr. 22, bezahlt haben. Es könne daher keine Rede davon sein, dass durch die Zahlung des genannten Betrages im Jahr 1980 die in § 20 Abs. 7 erster Satz OÖ BauO 1976 normierte Einmaligkeit der Anliegerleistung gleichsam schon konsumiert worden sei. Hiebei handle es sich vielmehr um einen "sonstigen" Beitrag, der erst auf Grund des - hier noch nicht anwendbaren - § 20 Abs. 8 O.ö. Bauordnung 1994 zu berücksichtigen, und zwar anzurechnen, wäre. Nach der im vorliegenden Verfahren noch anzuwendenden Gesetzeslage sei eine derartige Anrechnung hingegen nicht vorgesehen, gleichviel, ob der Betrag von S 4.097,73 nun freiwillig oder nach § 46 L-StVG 1975 geleistet worden sei (Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 87/17/0194). Wenn die Abgabenbehörde zweiter Instanz diesen Betrag vom errechneten Fahrbahnkostenbeitrag dennoch abgezogen habe, so könne dies nur als Entgegenkommen gewertet werden. Als Ortschaftsweg sei die "Siedlungszufahrt L" von der Gemeinde staubfrei gemacht worden; die Interessenten seien sodann an den Kosten beteiligt worden.
1.4. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die Beschwerdeführer erachten sich in ihrem Recht "auf (bloße) Einmaligkeit der Entrichtung von Anliegerleistungen gemäß § 20 Abs. 1 in Verbindung mit § 58 Abs. 6 OÖ BauO 1994" als verletzt.
1.6. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Gemeinde eine Gegenschrift.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Die Beschwerdeführer vertreten die Rechtsansicht, im vorliegenden Abgabenverfahren seien zu Unrecht nicht die Bestimmungen der O.ö. Bauordnung 1994, sondern noch jene der OÖ BauO 1976 (in deren zuletzt geltenden Fassung) angewendet worden; im Hinblick auf die Übergangsbestimmungen der O.ö. Bauordnung 1994 hätte die belangte Behörde nämlich die zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides geltende Rechtslage, somit die O.ö. Bauordnung 1994, anzuwenden gehabt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat zu dieser Frage bereits Stellung genommen und in seinen Erkenntnissen vom , Zl. 97/17/0116, vom , Zl. 98/17/0254, sowie vom , Zl. 96/17/0068, dargelegt, dass auch die Übergangsvorschriften der O.ö. Bauordnung 1994, LGBl. Nr. 66, nichts daran geändert haben, dass für jene Fälle, in denen sich der Abgabentatbestand nach der OÖ BauO 1976 vor dem verwirklicht hat, noch die OÖ BauO 1976 maßgeblich ist (vgl. aus jüngster Zeit das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/17/0793, 0794). Daraus folgt für den vorliegenden Fall, in dem die Bauplatzbewilligung im Jahr 1990 erfolgte, dass zutreffend die OÖ BauO 1976 in der Fassung LGBl. Nr. 33/1988 angewendet wurde.
2.2. Hieraus folgt weiters, dass auf eine Anrechnung von Eigenleistungen oder von auf Grund von Vereinbarungen oder anderen gesetzlichen Bestimmungen geleisteten Beiträgen der Anlieger, die für Zwecke der Erschließung durch Verkehrsflächen erbracht wurden, im Beschwerdefall schon deswegen kein Rechtsanspruch bestanden hätte, weil nach der hier noch anzuwendenden OÖ BauO 1976 hiefür keine gesetzliche Grundlage besteht. Im Übrigen wurde der von der Voreigentümerin geleistete Beitrag von S 4.097,73 ohnedies vom Gemeinderat von der Beitragsschuld in Abzug gebracht. Unter diesem Gesichtspunkt wurden die Beschwerdeführer somit keinesfalls in Rechten verletzt.
2.3.1. Die Beschwerdeführer machen allerdings geltend, dem von ihnen im Jahr 1980 geleisteten Kostenbeitrag in Höhe von S 4.097,73 zur Staubfreimachung des Siedlungsweges L sei die als bescheidmäßige Beitragsvorschreibung nach der OÖ BauO 1976 zu qualifizierende Erledigung des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom zu Grunde gelegen. Nach dem Inhalt dieser Erledigung sei der Voreigentümerin betreffend den Ausbau und die Staubfreimachung des Siedlungsweges L ein Baukostenanteil von S 4.097,73 vorgeschrieben worden. Dieser "Bescheid" sei in Rechtskraft erwachsen und die geforderte Leistung sei erbracht worden. Es komme daher nicht darauf an, dass nach der damaligen gesetzlichen Lage und auf Grund der Umstände (Erlöschen der Bauplatzbewilligung vom ) kein Anliegerbeitrag hätte vorgeschrieben werden dürfen. Vielmehr sei davon auszugehen, was tatsächlich geschehen sei. Die belangte Behörde habe gegen die "Einmaligkeit der Anliegerleistung" verstoßen. Der damaligen Kostenbeitragsvorschreibung seien keine freiwillige Vereinbarung und keine Beitragsgemeinschaft im Sinne des LStVG zu Grunde gelegen, letzteres schon deswegen nicht, weil keine Beitragsgemeinschaft nach § 46 Abs. 3 LStVG gebildet worden sei.
2.3.2. § 20 OÖ BauO 1976 in der Fassung LGBl. Nr. 33/1988 lautete auszugsweise:
"(1) Hat die Gemeinde eine öffentliche Verkehrsfläche errichtet, so hat sie anläßlich der Bewilligung eines durch diese Verkehrsfläche aufgeschlossenen Bauplatzes (§ 4) oder der Vergrößerung eines solchen Bauplatzes oder einer solchen bebauten Liegenschaft (§ 7 Abs. 1 lit. b) einen Beitrag zu den ihr erwachsenen Kosten der Herstellung der Fahrbahn dieser öffentlichen Verkehrsfläche vorzuschreiben.
...
(7) Der Beitrag ist für die der Berechnung der anrechenbaren Frontlänge zugrunde gelegte Fläche nur einmal zu entrichten. ..."
Die an die Vorgängerin der Beschwerdeführer im Grundeigentum ergangene Erledigung der Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom weist als Betreff die Worte "Siedlungsweg L;
Abrechnung - Beitragsvorschreibung" auf. Sie hat folgenden Wortlaut:
"Die Gesamtkosten über den Ausbau und die
Staubfreimachung des Siedlungsweges L betragen
nach den hg. vorliegenden Rechnungen S 44.129,43
Auf Grund des Gemeinderatsbeschlusses vom
übernimmt die Gemeinde D. 35 % der Gesamtkosten, das
sind S 15.445,32
Der verbleibende 65 % Kostenanteil der Interessenten
beträgt daher S 28.684,11
Diesen Betrag haben die 7 Anrainer zu je gleichen Teilen zu leisten. Ihr Baukostenanteil beträgt demnach S 4.097,73.
Sie werden nun ersucht, diesen Betrag mit angeschlossenem Zahlschein bis spätestens an die Gemeinde D. zu überweisen.
Der Bürgermeister:"
(Unterschrift)
Diese Erledigung enthält keine Bezeichnung als Bescheid und keine Rechtsmittelbelehrung. Sie drückt das "Ersuchen" des Bürgermeisters aus, den auf die Voreigentümerin entfallenden Anteil an den auf die sieben Wegeinteressenten entfallenden 65 % der Gesamtkosten (die von der Gemeinde nicht getragen werden) der Gemeinde - die hiefür offenbar in Vorlage getreten ist - zu überweisen. Mangels Bescheidbezeichnung ist hinsichtlich der Wertung dieses Schreibens als normativer Akt ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. den zum AVG ergangenen hg. Beschluss eines verstärkten Senates vom , Slg. Nr. 9458/A, und die zum Verfahren nach Landesabgabenordnungen ergangenen hg. Erkenntnisse vom , Zl. 83/17/0096, und vom , Zlen. 99/17/0325, 0326).
Durch den in dieser Erledigung des Bürgermeisters erwähnten Gemeinderatsbeschluss vom sollte "zum Zwecke einer einheitlichen Subventionierung der Straubfreimachung von Ortschaftswegen seitens der Gemeinde eine entsprechende Regelung getroffen werden". Es sollten "die Subventionierungen von Ortschaftswegen so geregelt werden, dass das Interesse der Gemeindebewohner an der Fortsetzung des Ausbaues und der Staubfreimachung von Ortschaftswegen erhalten bleibt". Daher wurde vorgesehen, "zu Ortschaftswegen, die durch keine öffentlichen Mittel subventioniert werden, einen Gemeindebeitrag von 35 % der Gesamtbaukosten zu gewähren". Aus dem Gemeinderatsprotokoll lässt sich auch ersehen, dass hinsichtlich der damals in Betracht gekommenen Wegebauvorhaben "vorerst mit den Weginteressenten eine Besprechung anberaumt werden müsse".
Unbestritten ist, dass am im gegenständlichen Ortsbereich kein Bebauungsplan existierte und dass die der damaligen Grundeigentümerin im Jahr 1974 erteilte Baubewilligung bereits wegen Nichtausschöpfung erloschen war. Es bestand daher in diesem Zeitpunkt kein Beitragstatbestand nach der OÖ BauO 1976, der eine Beitragsvorschreibung im Sinne dieser Abgabenvorschrift gesetzlich gedeckt hätte.
Vor dem Hintergrund des Gemeinderatsbeschlusses vom , der die Subventionierung von Vorhaben von Wegeinteressenten zum Gegenstand hat, und auch unter Beachtung des Umstandes, dass eine Wertung der Erledigung des Bürgermeisters als Beitragsbescheid im Sinne der OÖ BauO 1976 dem Bürgermeister ein durch das Gesetz nicht gedecktes Verwaltungshandeln unterstellen würde, kann der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung der belangten Behörde nicht als rechtswidrig erkennen, dass diese Erledigung kein Bescheid und im Besonderen keine Beitragsvorschreibung im Sinne des § 20 OÖ BauO 1976 ist.
Es war daher nicht rechtswidrig, wenn die belangte Vorstellungsbehörde in dieser Erledigung des Bürgermeisters vom keine Beitragsvorschreibung erblickt hat, die die im Instanzenzug mit Bescheid des Gemeinderates vom erfolgte Beitragsvorschreibung wegen Verletzung des Einmaligkeitsgebotes nach § 20 Abs. 7 OÖ BauO 1976 hätte als gesetzwidrig erscheinen lassen.
2.4. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die beschwerdeführenden Parteien durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden sind.
Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
2.5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Das Kostenersatzbegehren der mitbeteiligten Gemeinde war gemäß § 49 Abs. 1 letzter Satz VwGG in der Fassung BGBl. I Nr. 88/1997 abzuweisen, weil sie im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht tatsächlich durch einen Rechtsanwalt vertreten war (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/17/0385).
2.6. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Wien, am