zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 20.08.1996, 95/16/0258

VwGH vom 20.08.1996, 95/16/0258

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. DDr. Jahn, über die Beschwerde des L in S, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom , Zl. R-G4/1-GA7-Sch-93, betreffend Vorschreibung unbedingt gewordener Eingangsabgaben, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheiden vom stellte das Zollamt Salzburg gemäß § 80 ZollG fest, die für einen (näher bezeichneten) PKW Fiat Regata und für einen (näher bezeichneten) PKW Alfa Romeo T-Spark 164 an läßlich der im April bzw. März 1991 erfolgten formlosen Vormerkabfertigungen bzw. § 175 Abs. 1 iVm § 3 Abs. 2 ZollG bedingt gewordenen Eingangsabgabenschulden seien zufolge unrichtiger Angaben beim Eintrittszollamt im April 1991 unbedingt geworden.

Der Beschwerdeführer habe nämlich seinen eigenen Angaben zufolge zur Zeit der Einbringung der Fahrzeuge in das Zollgebiet keinen gewöhnlichen Wohnsitz im Zollausland gehabt; er sei bei seiner Einreise ohne Kontrolle durchgewunken worden und habe es verabsäumt, seine Wohnsitzverhältnisse richtig anzugeben.

Diesen Bescheiden zugrunde lagen folgende Ermittlungsergebnisse:

In einer mit dem Beschwerdeführer am aufgenommenen Niederschrift hatte dieser u.a. folgendes angegeben:

"Ich wohne seit 1973 in Salzburg. Von 1975 bis 1989 habe ich selbst ein Restaurant (C) geführt. Seit 1989 - nach meiner Krankheit - bin ich im Kaffee X als Koch angestellt... "

In einer Stellungnahme vom hatte der Beschwerdeführer dann vorgebracht, schon lange vor dem jetzt relevanten Zeitpunkt (März bzw. April 1991) seinen Hauptwohnsitz wieder nach Italien verlegt zu haben; danach sei er nur fallweise nach Österreich zu Besuch gekommen. Dazu hatte der Beschwerdeführer ausdrücklich die Vernehmung der Zeugin Mag. P beantragt, die bestätigen könne, daß er weder vor noch nach dem in Frage kommenden Zeitraum einen Wohnsitz oder eine Erwerbsmöglichkeit in Österreich gehabt habe.

Am neuerlich niederschriftlich vernommen, hatte der Beschwerdeführer ua dann folgendes ausgesagt:

"Ich arbeite seit im Kaffee X, als Koch bis zum heutigen Tag."

Auf die Frage, wo in der Zeit ab seine Familie gelebt habe, antwortete der Beschwerdeführer:

"Meine Familie bzw. meine Kinder von Frau Mag. P lebten in dieser Zeit in Salzburg.

... Ich bin im Mai 1988 nach Italien ins Krankenhaus

gekommen und dort bis Mitte November 1990 geblieben... "

In einem zollamtlichen Vorhalt vom findet sich ua folgende Passage:

"Den Ermittlungen des Zollamtes Salzburg zufolge haben Sie seit Anfang Dezember 1990 ihren gewöhnlichen Wohnsitz (wieder) in Salzburg".

In seinen beiden Antworten auf diesen Vorhalt äußerte sich der Beschwerdeführer lediglich zu Umständen betreffend den PKW Alfa Romeo, hingegen widersprach er der oben wiedergegebenen Feststellung nicht.

Erst in seinen gegen die erstinstanzlichen Bescheide erhobenen Berufungen behauptete der Beschwerdeführer wieder unter ausdrücklicher Bezugnahme auf seine Stellungnahme vom , seinen gewöhnlichen Aufenthalt zur fraglichen Zeit in Italien gehabt zu haben. Dazu brachte er in einer weiteren Vorhaltbeantwortung vom noch vor, Frau Mag. P sei eine sehr gute Bekannte von ihm, bei der er sich aufhalte, wenn er fallweise in Salzburg sei. Er habe 1991 keine familienähnlichen Beziehungen unterhalten und diesem Jahr die stärkste persönliche Beziehung zu seinem Wohnsitz in Italien gehabt, weil sich dort sein Elternhaus, seine Mutter, seine Schwester und seine Wohnung befänden. Nach Österreich sei er 1991 nur sporadisch gekommen, die meiste Zeit des Jahres 1991 habe er sich in Italien aufgehalten.

Daraufhin wies das Zollamt Salzburg mit Berufungsvorentscheidungen vom die Berufungen als unbegründet ab, wobei es diese Entscheidung auf die eigenen Angaben des Beschwerdeführers stützte.

Gegen diese Berufungsvorentscheidungen stellte der Beschwerdeführer fristgerecht Anträge auf Entscheidung über die Berufungen durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Die belangte Behörde wies die Berufungen ebenfalls als unbegründet ab, wobei sie sich auf die eigenen Angaben des Beschwerdeführers stützte. Daraus leitete sie die Folgerung ab, der Beschwerdeführer habe zu den relevanten Zeitpunkten im März bzw. April 1991 den beruflichen Mittelpunkt seines Lebens und auch familienähnliche Beziehungen und Strukturen in Salzburg gehabt. Salzburg sei quasi Familienwohnsitz gewesen, wozu die belangte Behörde ausdrücklich darauf hinwies, daß der Verbindung des Beschwerdeführers mit Mag. P drei (am bzw. und geborene) Kinder entstammten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht darauf verletzt, daß keine Zollschuld festgesetzt werde.

Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift vor, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet begehrt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Strittig ist im vorliegenden Fall ausschließlich die Frage des gewöhnlichen Wohnsitzes des Beschwerdeführers Im März bzw. April 1991.

Dazu bestimmte § 93 Abs. 4 erster Satz ZollG auszugsweise folgendes:

"(4) Unter mehreren Wohnsitzen einer Person ist als gewöhnlicher Wohnsitz derjenige anzusehen, zu dem sie die stärksten persönlichen Beziehungen hat."

Gemäß § 93 Abs. 2 lit. a Z. 1 leg. cit. ist die Eingangsvormerkbehandlung zum eigenen Gebrauch zulässig, wenn der Halter und der Benützer des Beförderungsmittels seinen gewöhnlichen Wohnsitz oder seinen Sitz im Zollausland hat.

Dazu hat die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere folgendes klargestellt:

Hat eine Person ihren gewöhnlichen Wohnsitz iSd § 93 Abs. 4 ZollG im Zollgebiet, so kann für ein ausländisches unverzolltes Beförderungsmittel das formlose Vormerkverfahren mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 93 Abs. 2 lit. a Z. 1 ZollG nicht in Anspruch genommen werden. Diese zollrechtlich relevante Tatsache ist vom Reisenden in der mündlichen Anmeldung anläßlich der Stellung des Fahrzeuges dem die Zollabfertigung durchführenden Organwalter von sich aus zu erklären, und zwar auch dann, wenn das Zollorgan einen für die Zollbehandlung maßgebenden Umstand übersehen haben sollte (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 93/16/0001, , Zl. 91/16/0092, und , Zl. 90/16/0232, VwSlg 6597/F).

Im Regelfall bestehen nach den Erfahrungen des Lebens die stärksten persönlichen Beziehungen zu dem Ort, an dem man regelmäßig und Tag für Tag mit seiner Familie lebt. Bei Beurteilung der engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen ist im Zweifel ein Vergleich zwischen den Beziehungen zu den jeweils in Betracht kommenden Staaten zu ziehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/16/0134, und die dort zitierte Vorjudikatur). Dabei sind als die stärksten persönlichen Beziehungen diejenigen zu dem Ort anzusehen, an dem sich eine Person mit ihrem Lebensgefährten aufhält; demgegenüber treten die Bindungen zu Eltern regelmäßig in den Hintergrund (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/16/0134).

Mit Rücksicht auf diese Rechtslage durfte die belangte Behörde ausgehend davon, daß der Beschwerdeführer bei seiner am (also nach seiner Stellungnahme vom ) erfolgten niederschriftlichen Vernehmung ausdrücklich deponiert hatte, seit "bis zum heutigen Tag" in Salzburg als Koch gearbeitet zu haben, wo auch seine Familie (nämlich die Kinder von Mag. P) lebten, ohne daß weitere Ermittlungen erforderlich gewesen wären, rechtlich Salzburg als den gewöhnlichen Wohnsitz des Beschwerdeführers qualifizieren.

Die Beschwerdeschrift lastet dem angefochtenen Bescheid nur an, daß eine Vernehmung der Zeugin Mag. P unterblieben sei. Dazu ist darauf hinzuweisen, daß sich der Beschwerdeführer selbst in seinen Berufungen nur auf sein Vorbringen in der Eingabe vom und das dort gestellte Beweisanbot bezogen hat, welches Vorbringen aber bereits durch die eigenen Angaben des Beschwerdeführers vom eindeutig widerlegt war. Dazu kommt, daß der Beschwerdeführer dem Vorhalt vom (er habe seit Anfang Dezember 1990 seinen gewöhnlichen Wohnsitz wieder in Salzburg gehabt) nicht mehr entgegengetreten ist.

Mit Rücksicht auf dieses eigene Verhalten des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren ist es ihm nunmehr verwehrt, das Unterbleiben der Vernehmung der Zeugin Mag. P als relevanten Verfahrensmangel ins Treffen zu führen.

Der angefochtene Bescheid erweist sich sohin als frei von der behaupteten Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Mit Rücksicht auf die durch die hg. Judikatur klargestellte Rechtslage konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. Nr. 416/1994.