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VwGH vom 25.02.1993, 92/18/0339

VwGH vom 25.02.1993, 92/18/0339

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Zeizinger und Dr. Graf als Richter, in Anwesenheit der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des J in W, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom , Zl. Vd-16.624/3, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Verwaltungsstrafsache wegen Übertretungen des Arbeitsruhegesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Innsbruck vom wurden gegen den Beschwerdeführer wegen Übertretungen des Arbeitsruhegesetzes Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt. Dieses Straferkenntnis wurde nach den am 20. und an der Anschrift des Beschwerdeführers in W, unternommenen erfolglosen Zustellversuchen am beim Postamt W hinterlegt. An diesem Tag begann die Abholfrist.

Nach Ablauf der Abholfrist sandte das Postamt die Sendung am an die Behörde zurück.

2. Nach einer Zahlungsaufforderung vom beantragte der (nunmehr anwaltlich vertretene) Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom die Zustellung von Schriftstücken, die an ihn nicht hätten zugestellt werden können, an seinen Vertreter.

Nach einem Vermerk des städtischen Erhebungsamtes vom hat eine Zustellüberprüfung ergeben, daß sich der Beschwerdeführer am Tage der Hinterlegung nicht an der Abgabestelle aufgehalten habe, jedoch am an die Abgabestelle zurückgekehrt sei.

3. Mit Schreiben vom übersandte der Bürgermeister der Stadt Innsbruck dem Vertreter des Beschwerdeführers das Straferkenntnis vom . Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom Berufung.

4. Mit Schreiben vom wies der Landeshauptmann von Tirol (die belangte Behörde) den Beschwerdeführer darauf hin, daß das Straferkenntnis vom ordnungsgemäß an ihn zugestellt worden sei und gab ihm Gelegenheit, binnen drei Wochen Akteneinsicht zu nehmen und eine Stellungnahme abzugeben.

Am nahm der Vertreter des Beschwerdeführers Akteneinsicht und gab am selben Tag gegenüber der belangten Behörde eine Stellungnahme ab, in der er ausführte, daß ihm am der Originalbescheid zugestellt worden sei. Aus diesem Grunde erscheine die Zustellungsüberprüfung nicht richtig und werde daher vorerst bestritten. Es sei auch unklar, wo die "Abgabestelle stattgefunden" habe.

6. Mit Schriftsatz vom selben Tage stellte der Beschwerdeführer an den Bürgermeister der Stadt Innsbruck den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist. Über diesen Antrag wurde nach der Aktenlage bisher nicht entschieden.

7. Mit Bescheid vom wies die belangte Behörde die Berufung als verspätet zurück.

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Akteninhaltes aus, da der Beschwerdeführer am , also innerhalb der Berufungsfrist, wiederum an die Abgabestelle zurückgekehrt sei, sei die Zustellung des Straferkenntnisses durch Hinterlegung erfolgt. Gemäß § 6 Zustellgesetz sei im Falle mehrmaliger Zustellung des gleichen Schriftstückes die erste Zustellung maßgebend. Im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers ergebe sich aus dem Vermerk über die Zustellüberprüfung eindeutig, daß es sich bei der Abgabestelle um die Anschrift des Beschwerdeführers in Westendorf gehandelt habe.

8. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

II.

1. § 17 Abs. 3 Zustellgesetz lautet:

(3) Die hinterlegte Sendung ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte.

2. 1. Der Beschwerdeführer bekämpft die Auffassung der belangten Behörde, daß die Hinterlegung am die Wirkung der Zustellung gehabt habe, mit der Behauptung, daß er nicht regelmäßig zur Abgabestelle zurückgekehrt sei. Er habe an der angegebenen Adresse in W zwar ein "Häuschen", doch sei seine Arbeitsstelle der Sitz einer näher bezeichneten Arbeitsgemeinschaft von Bauunternehmen, wo auch seine Wohnstätte (Schlafstätte) etabliert sei.

2.2. Im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers besteht kein Zweifel, daß es sich bei seiner Anschrift in W, um eine Abgabestelle, nämlich seine Wohnung, handelt. Diese Adresse wurde von ihm gegenüber der Behörde vor und nach der Erlassung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses als seine Wohnung angegeben. Daß er eine andere Wohnung an einem anderen Ort besitze, wurde von ihm nicht behauptet.

Die Tatsache, daß der Beschwerdeführer aus beruflichen Gründen mehrere Tage von seiner Wohnung abwesend war, bewirkte zwar, daß - im Gegensatz zur Begründung des angefochtenen Bescheides - das Straferkenntnis vom nicht im Sinne des § 17 Abs. 3 drittter Satz Zustellgesetz mit dem ersten Tag der Abholfrist () als zugestellt galt, doch hatte - wie die belangte Behörde in der Gegenschrift zutreffend erkannt hat - die Rückkehr an die Abgabestelle am zur Folge, daß die Zustellung im Sinne des § 17 Abs. 3 vierter Satz leg. cit. am (Montag) wirksam wurde. Die Zurückweisung der Berufung als verspätet erfolgte daher im Ergebnis zu Recht.

2.3. Gegen die Sachverhaltsannahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer sei am (Samstag) an die Abgabestelle zurückgekehrt, bestehen keine Bedenken. Der Beschwerdeführer hat in seiner Stellungnahme vom die Richtigkeit der "Mitteilung vom " (welche den Vermerk über die Zustellüberprüfung vom enthält) bloß mit der Begründung bestritten, am sei dem Beschwerdevertreter der Originalbescheid zugestellt worden. Dies stellt jedoch kein taugliches Argument gegen die Richtigkeit der Sachverhaltsannahme der belangten Behörde dar, weil sich die am erfolgte Hinterlegung und die Rückkehr an die Abgabestelle am ohne weiteres mit der Zustellung des Originalbescheides an den Beschwerdeführer am vereinbaren lassen. Der Originalbescheid wurde offenbar aus der an die Behörde zurückgesandten Sendung entnommen. Im übrigen spricht der Beschwerdeführer (auf Seite 4 der Beschwerde) ausdrücklich davon, daß er am an die Abgabestelle zurückgekehrt sei, diese jedoch bereits am wieder verlassen habe. Wenn er an einer anderen Stelle (Seite 5 der Beschwerde) erklärt, er bestreite, am an die Abgabestelle zurückgekehrt zu sein, ist ihm - abgesehen von der Widersprüchlichkeit seiner Behauptungen - entgegenzuhalten, daß er weder im Verwaltungsstrafverfahren noch in der Beschwerde konkrete Behauptungen aufgestellt hat, wo er sich an diesem Tag aufgehalten habe.

2.4. Der Beschwerdeführer führt aus, er habe am W wieder verlassen und hätte daher das behördliche Schriftstück nie in Empfang nehmen können.

Dem Beschwerdeführer ist diesbezüglich zu erwidern, daß die Sanierung einer gesetzwidrigen Hinterlegung im Sinne § 17 Abs. 3 vierter Satz Zustellgesetz auch dann eintritt, wenn der Empfänger nach seiner Rückkehr an die Abgabestelle an dem Tag, an dem die Abholung im Sinne des § 17 Abs. 3 letzter Halbsatz Zustellgesetz möglich wäre, oder vorher die Abgabestelle wieder verläßt. Unter welchen Voraussetzungen die Wirkungen der dadurch verursachten Fristversäumung im Wege der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beseitigt werden können, ist hier nicht zu untersuchen.

2.5. Welche Schlüsse der Beschwerdeführer aus der am erfolgten (neuerlichen) Zustellung des Straferkenntnisses vom gezogen hat, ist für die Frage, ob die Zustellung durch die Rückkehr des Beschwerdeführers an die Abgabestelle am saniert wurde, ohne Bedeutung.

3. Soweit der Beschwerdeführer die Unzuständigkeit der erstinstanzlichen Behörde geltend macht, ist darauf in diesem Verfahren nicht einzugehen, weil hier ausschließlich die Frage zu entscheiden war, ob die belangte Behörde die Berufung zu Recht als verspätet zurückgewiesen hat.

4. Aus den dargelegten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.