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VwGH vom 19.01.2005, 2001/13/0168

VwGH vom 19.01.2005, 2001/13/0168

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Seidl LL.M., über die Beschwerde des D in W, vertreten durch Dr. Günther Langhammer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärntner Straße 10, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission Wien vom , Zl. MD-VfR - D 2/2000, betreffend Haftung gemäß §§ 7 und 54 WAO, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben des Magistrates der Stadt Wien vom wurde dem Beschwerdeführer vorgehalten, dass er im Firmenbuch als Geschäftsführer der C GmbH eingetragen sei. Es sei beabsichtigt, ihn gemäß den §§ 7 und 54 WAO für Abgabenrückstände dieser Gesellschaft in Höhe von insgesamt 62.948,20 S (im Vorhalt im Einzelnen aufgegliedert nach Kommunalsteuer, Dienstgeberabgabe und Säumniszuschlag betreffend "Rest 95" und "1-2/96") heranzuziehen. Der Beschwerdeführer werde eingeladen, sich hiezu zu äußern bzw. den Haftungsbetrag zu begleichen.

Nachdem der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom Stellung genommen hatte, wurde er mit Haftungsbescheid vom für den Abgabenrückstand in Höhe von 62.948 S für den Zeitraum März 1995 bis Februar 1996 gemäß § 7 iVm § 54 WAO haftbar gemacht. Der Beschwerdeführer sei im Firmenbuch als Geschäftsführer der C GmbH eingetragen und habe weder die Bezahlung noch irgendwelche Schritte zur Abdeckung des Abgabenrückstandes veranlasst. Nach der Aktenlage bestehe kein Hinweis darauf, dass der aushaftende Betrag bei der Primärschuldnerin überhaupt noch eingebracht werden könne. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei nur für den technischen Bereich verantwortlich gewesen und Ing. Z. habe als Mehrheitsgesellschafter alle Weisungen in der C GmbH erteilt, könne den Beschwerdeführer nicht von seinen abgabenrechtlichen Pflichten entbinden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei ein Geschäftsführer verpflichtet, entweder sofort die Ausübung seiner Funktion zu erzwingen bzw. sofort auszuscheiden, wenn er die Funktion als Geschäftsführer durch Behinderung von Gesellschaftern nicht ausüben könne. Die Haftung des Geschäftsführers einer GmbH komme auch dann zum Tragen, wenn sich dieser schon bei der Übernahme seiner Funktion mit einer Beschränkung seiner Befugnisse einverstanden erkläre.

Der Abgabenrückstand setze sich wie folgt zusammen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Kommunalsteuer
Rest 3/95
S
3.000,--
Kommunalsteuer
11 u. 12/95
S
41.394,--
Dienstgeberabg.
11 u. 12/95
S
1.470,--
Säumniszuschlag
Rest 1995
S
562,--
Kommunalsteuer
1 u. 2/96
S
15.358,--
Dienstgeberabg.
1 u. 2/96
S
840,--
Säumniszuschlag
1 u. 2/96
S
324,--
S
62.948,--

In der Berufung vom brachte der Beschwerdeführer vor, er habe nur gutgläubig, ohne die für ihn wesentlichen Folgen vorausgesehen zu haben, im Februar 1995 "am Papier" die "Geschäftsführerbezeichnung" angenommen. Er habe sich dazu überreden lassen, weil ihm versprochen worden sei, dass ihm ab Jänner 1996 die Firma "nach ausgeglichener Gebarung" übergeben werde. Nunmehr sei es aber offensichtlich geworden, dass der Beschwerdeführer von der damaligen Firmenleitung nur ausgenützt und mit leeren Versprechungen vertröstet worden sei, wobei er diese Entwicklung nicht habe vorhersehen können.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerdeführer gehöre als Geschäftsführer der C GmbH zu dem in § 54 Abs. 1 WAO angeführten Personenkreis. Dass die im Haftungsbescheid angeführten Abgabenforderungen tatsächlich bestünden, stehe nach der Aktenlage fest. Auch werde nicht bestritten, dass die Abgabenrückstände bei der C GmbH (über deren Vermögen das Konkursverfahren eröffnet worden sei) erschwert einbringlich seien. Die Haftung eines Geschäftsführers für nicht entrichtete Abgaben bestehe auch dann, wenn sich der Geschäftsführer schon bei der Übernahme seiner Funktion mit einer Beschränkung seiner Befugnisse einverstanden erkläre, die ihm die künftige Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtungen unmöglich mache. Der Geschäftsführer müsse sich bei der Übernahme seiner Geschäftsführertätigkeit auch darüber unterrichten, ob und in welchem Ausmaß die von ihm nunmehr vertretene Gesellschaft bisher den steuerlichen Verpflichtungen nachgekommen sei. Der Abgabengläubiger dürfe nicht schlechter behandelt werden als alle anderen Gläubiger. Im Beschwerdefall seien zwar lt. Revision vom die Löhne und Gehälter im Haftungszeitraum ausbezahlt, die damit fälligen Abgaben jedoch nicht entrichtet worden. Durch die Schlechterstellung des Abgabengläubigers habe der Beschwerdeführer seine Pflicht zur Gleichbehandlung aller Gläubiger verletzt. Er hätte dafür Sorge tragen müssen, dass die Kommunalsteuer und die Dienstgeberabgabe fristgerecht entrichtet werden.

Im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz vom schilderte der Beschwerdeführer "zur Klärung des tatsächlichen Sachverhaltes", dass er im Oktober 1989 in die C GmbH als Bauleiter eingetreten sei. Diese Tätigkeit habe der Beschwerdeführer auch "ausschließlich bis zuletzt" ausgeübt. Die tatsächliche Geschäftsführung und finanzielle Gebarung sowie Buchhaltung und Zahlungsverkehr seien "bis zuletzt" unumstritten in den Händen des Ing. Z. "als Chef und Eigentümer der Firma" gelegen. Ing. Z. habe seine dominante Führungsrolle niemals aus der Hand gegeben und keinen Widerspruch geduldet. Der Beschwerdeführer sei selbst als technisch angestellter Bauleiter weisungsgebunden gewesen und von Ing. Z. sowie der "Buchhaltung" laufend kontrolliert worden. Ing. Z. habe stets Firmengelder zur Verfügung gehabt und die Gelder aus den Abrechnungen von Baustellen des Beschwerdeführers habe dieser sofort an Ing. Z. übergeben müssen. Zahlungen habe der Beschwerdeführer nur nach Zustimmung des Ing. Z. durchführen können, der auch die "genaue alleinige Übersicht" gehabt habe. Der Beschwerdeführer habe niemals Firmengelder zweckentfremdet verwendet oder gar unterschlagen. Obwohl der Beschwerdeführer ab Jänner 1996 die Firma hätte übernehmen sollen, habe Ing. Z. seine Rolle als Chef und tatsächlicher Geschäftsführer nie aufgegeben. Schließlich habe der Beschwerdeführer allerdings - selbst gegen den Widerstand des Ing. Z. - auf Anraten verschiedener Stellen (beispielsweise der Wirtschaftskammer oder verschiedener Banken) den Konkursantrag stellen müssen. Schließlich habe sich herausgestellt, dass er von Ing. Z. "angelogen und betrogen worden" sei. Zur Bezahlung von Steuern und Abgaben habe der Beschwerdeführer nur jene Gelder verwenden können, welche ihm Ing. Z. zur Verfügung gestellt habe.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Dass die im erstinstanzlichen Bescheid angeführten Abgabenforderungen entstanden seien, stehe nach der Aktenlage fest und werde vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten. Der Beschwerdeführer sei lt. Firmenbuch vom bis zur Konkurseröffnung als alleiniger handelsrechtlicher Geschäftsführer der C GmbH eingetragen gewesen. Unbestritten sei auch die erschwerte Einbringlichkeit des Abgabenrückstandes bei der Primärschuldnerin infolge Eröffnung des Konkurses, in dem die Befriedigungsaussichten lt. Auskunft des Masseverwalters gleich Null seien. Dem Vorbringen, der Beschwerdeführer sei nur "am Papier" Geschäftsführer und "Chef" vielmehr Ing. Z. gewesen, sei zu entgegnen, dass ein zur Vertretung einer juristischen Person Berufener, der an der Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten gehindert werde, die Behinderung der Ausübung seiner Funktionen sofort abstellen oder seine Funktion niederlegen müsse. Im Hinblick auf die von Anbeginn an bestehende Beschränkung durch den dominanten Mehrheitseigentümer wäre es Aufgabe des Beschwerdeführers gewesen, die "Geschäftsführungsbefugnis" gar nicht erst anzunehmen. Dass der Beschwerdeführer ohne jegliche Kontrolle seinen "Chef" habe schalten und walten lassen und bis zur notwendigen Konkurseröffnung keinerlei Anstrengungen unternommen habe, den ihm als Geschäftsführer obliegenden Verpflichtungen zur Abgabenentrichtung nachzukommen, müsse zumindest als auffallende Sorglosigkeit betrachtet werden. Die für die Haftung ausreichende Schuldform der Fahrlässigkeit sei somit eindeutig gegeben. Bei schuldhafter Pflichtverletzung dürfe die Abgabenbehörde auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit gewesen sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 7 Abs. 1 WAO haften die in den §§ 54 ff. bezeichneten Vertreter und sonstigen Verpflichteten neben den Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern und sonstigen Verpflichteten auferlegten Pflichten, sei es abgabenrechtlicher oder sonstiger Pflichten, bei den Abgabepflichtigen nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden können, insbesondere im Falle der Konkurseröffnung.

Nach § 54 Abs. 1 WAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen hat, hat der Geschäftsführer einer GmbH, der sich in der ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Pflichten durch die Gesellschafter oder durch dritte Personen behindert sieht, entweder sofort im Rechtsweg die Möglichkeit der unbehinderten Ausübung seiner Funktion zu erzwingen oder seine Funktion niederzulegen und als Geschäftsführer auszuscheiden. Auch binden im Innenverhältnis erteilte Weisungen den Geschäftsführer insoweit nicht, als sie ihn zur Verletzung zwingender gesetzlicher Verpflichtungen nötigen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 95/15/0163, m.w.N.).

Ein für die Haftung relevantes Verschulden liegt auch dann vor, wenn sich der Geschäftsführer schon bei Übernahme seiner Funktion mit einer Beschränkung seiner Befugnisse einverstanden erklärt bzw. eine solche Beschränkung in Kauf nimmt, die die künftige Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtungen, insbesondere den Abgabenbehörden gegenüber, unmöglich macht (vgl. beispielsweise die hg. Erkenntnisse vom , 91/15/0063, vom , 2001/14/0205, und vom , 96/14/0076).

Wie bereits im Verwaltungsverfahren macht der Beschwerdeführer auch in der Beschwerde vor allem geltend, er sei nur "auf dem Papier" Geschäftsführer der C GmbH gewesen, während sich Ing. Z als Firmenchef geriert und auch sämtliche kaufmännischen Angelegenheiten im Unternehmen wahrgenommen habe (dieser habe ihm auch jeglichen Einblick in die finanzielle Gebarung des Unternehmens verweigert). In diesem behaupteten Mangel einer Einflussmöglichkeit auf die Geschäftsführung der C GmbH vermag der Verwaltungsgerichtshof aber unter Hinweis auf die oben zitierte Rechtsprechung ein Fehlen des Verschuldens an der Nichtentrichtung der haftungsgegenständlichen Abgaben und damit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu erkennen (vgl. etwa auch die hg. Erkenntnisse vom , 92/17/0057, und vom , 2003/14/0097). Inwieweit die belangte Behörde "bei Berücksichtigung der angebotenen Beweise, umfassender Erörterung des Sachverhaltes und Durchführung eines ausreichenden Ermittlungsverfahrens" zu einem Ergebnis hätte kommen, dass der Beschwerdeführer nicht schuldhaft gehandelt habe, zeigt die Beschwerde nicht auf, wobei die belangte Behörde in der Gegenschrift auch zu Recht darauf hinweist, dass der Beschwerdeführer im gesamten Verwaltungsverfahren "keinen einzigen konkreten Beweisantrag" gestellt hat.

Ins Leere geht auch der in der Beschwerde erhobene Vorwurf mangelnden Parteiengehörs, zumal der Beschwerdeführer sowohl in der Vorhaltsbeantwortung vom als auch in der Berufung und im Vorlageantrag seinen Standpunkt darstellen konnte. Soweit in der Beschwerde erstmals auch "die Höhe der von mir zu Unrecht abverlangten Schuld angefochten" wird, ist abgesehen davon, dass das diesbezügliche Vorbringen auch dem Neuerungsverbot nach § 41 Abs. 1 VwGG unterliegt, darauf hinzuweisen, dass das Verfahren hinsichtlich Haftung von jenem hinsichtlich Abgabenanspruch grundsätzlich getrennt ist, wobei § 193 WAO dem Haftungspflichtigen unbeschadet der Einbringung einer Berufung gegen den Haftungsbescheid auch die Möglichkeit eröffnet, gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch zu berufen bzw. bei Selbstbemessungsabgaben eine Berichtigung der Abgabenerklärung einzubringen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , 2000/16/0347). Eine Aufschlüsselung der zur Haftung vorgeschriebenen Abgaben, die ohnedies bereits im erstinstanzlichen Haftungsbescheid erfolgt ist, war im angefochtenen Bescheid nicht geboten.

In der Beschwerde wird vorgebracht, der über das Vermögen der C GmbH am eröffnete Konkurs sei nach der Schlussverteilung mit Beschluss vom aufgehoben worden, wobei eine Konkursquote von 18,5606 % habe erzielt werden können. Hätte die Behörde das Konkursverfahren abgewartet und die diesbezügliche Quote berücksichtigt, hätte sich die vom Beschwerdeführer abverlangte Abgabenschuld auf Grund der erzielten Quote verringert.

Zu diesem Vorbringen ist zu sagen, dass Voraussetzung für die Geltendmachung einer Haftung nach § 7 Abs. 1 WAO nur ist, dass die Abgaben beim Abgabepflichtigen nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden können, insbesondere im Falle der Konkurseröffnung. Das Ergebnis eines Konkursverfahrens muss somit keineswegs abgewartet werden. Dass die Befriedigungsaussichten laut Auskunft des Masseverwalters "gleich Null" gewesen seien, hat die belangte Behörde im Übrigen im angefochtenen Bescheid unwidersprochen festgestellt.

Soweit sich die Beschwerde schließlich gegen eine mit einem Schreiben vom vorgenommene Verzinsung "des angeblichen Abgabenaußenstandes in Folge der Exekutionseinbringung" in Höhe von 8.815 S wendet, weist die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend darauf hin, dass diese Zinsenvorschreibung nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides war. Das diesbezügliche Beschwerdevorbringen kann damit ebenfalls keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzeigen.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am