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VwGH vom 22.10.1991, 89/08/0324

VwGH vom 22.10.1991, 89/08/0324

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell und Dr. Novak als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des M T in Z, vertreten durch Dr. Herbert Waltl und Dr. Stefan Vargha, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Georg-Wagner-Gasse 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom , Z 1. 120.200/7-7/88, betreffend Verzugszinsen für zu Unrecht entrichtete und zurückerstattete Beiträge (mitbeteiligte Partei: Salzburger Gebietskrankenkasse, 5024 Salzburg, Faberstraße 19-23), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenbegehren der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse wird abgewiesen.

Begründung

1.0. Aus der Beschwerde und den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich - auf das Wesentlichste zusammengefaßt - folgendes:

1.1. Mit dem im Devolutionsweg ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erstattung von durch eine Beitragseinhebung ohne gesetzliche Grundlage seitens der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse angefallenen Zinsen in der Höhe von S 16.803,-- mangels rechtlicher Zulässigkeit abgewiesen.

Nach der Begründung seien dem Beschwerdeführer auf Grund einer Beitragsprüfung der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse Sozialversicherungsbeiträge in der Höhe von S 21.009,50 und ein Beitragszuschlag in der Höhe von S 21.000,-- vorgeschrieben worden. Ein dagegen erhobener Einspruch sei vom Landeshauptmann von Salzburg mit Bescheid vom abgewiesen worden. Auf Grund einer dagegen erhobenen Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof habe dieser die Verfassungswidrigkeit des § 49 Abs. 3 Z. 6 ASVG festgestellt und den Bescheid des Landeshauptmannes mit Erkenntnis vom aufgehoben. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse habe daraufhin am den Beitragszuschlag storniert und den seinerzeit vorgeschriebenen Beitragsnachtrag in der Höhe von S 21.009,60 am abgebucht. Am seien ferner die auf dem Beitragskonto des Beschwerdeführers infolge der Belastung des Nachtrages entstandenen Verzugszinsen in der Höhe von S 3.498,32 abgebucht worden. Die übrigen Nebengebühren in der Höhe von S 448,80 seien bereits vorher dem Beitragskonto des Beschwerdeführers gutgeschrieben worden. Durch diese Gutschriften sei das Beitragskonto des Beschwerdeführers von allen in Zusammenhang mit der Nachtragsvorschreibung entstandenen Kostenbelastungen befreit worden. Die Rückzahlung des abgebuchten Nachtrages in der Höhe von S 23.135,63 sei unverzüglich am erfolgt, nachdem die Abbuchung dem Beitragskonto am gutgeschrieben worden sei.

Der Beschwerdeführer habe darüber hinaus die Bezahlung von 11 % Verzugszinsen ab dem Tage der seinerzeitigen Exekution () des Nachtrages bis zum Einlangen der Rückzahlung des von ihm seinerzeit bezahlten und dann später dem Beitragskonto wieder gutgeschriebenen Nachtrages von S 21.009,60 in der Höhe von insgesamt S 16.803,-- verlangt.

Bezüglich dieses Anpruches verwies die belangte Behörde auf § 69 Abs. 1 ASVG, der nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom , Z 1. 86/08/0166) eine abschließende Regelung darstelle. Da der Gesetzgeber - im Gegensatz zu vergleichbaren anderen Fällen (§§ 59 Abs. 1 und 63 Abs. 2 ASVG) - einen Anspruch auf Zinsenzahlung nicht einräume, könne dem Antrag des Beschwerdeführers nicht stattgegeben werden. Wenn dieser unter Berufung auf allgemeine Rechtsgrundsätze für die von ihm zu Unrecht bezahlten Beiträge die Leistung von Zinsen fordere, so stelle dies eine unzulässige Ausweitung des § 69 Abs. 1 ASVG dar. Selbst nach bürgerlichem Recht entstehe durch den bloßen Besitz eines Betrages, der nicht fruchtbringend angelegt oder verwendet werde, kein Vorteil.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung.

1.2. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung keine Folge gegeben und der Bescheid des Landeshauptmannes bestätigt.

In ihrer Begründung verwies die belangte Behörde nach Darstellung des bisherigen Verfahrensgeschehens auf das Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers, in dem dieser zur Begründung seines Anspruches § 59 Abs. 1 ASVG herangezogen habe. Diese Bestimmung beschränke sich dem Wortlaut nach jedoch ausdrücklich auf die vom Beitragsschuldner dem Versicherungsträger zu zahlenden Beiträge. Jene Bestimmung, die sich mit den Forderungen der Beitragspflichtigen an die Versicherungsträger (betreffend Beitragsangelegenheiten) befasse, sei hingegen § 69 ASVG; dieser räume keinen Anspruch auf Verzinsung von zu Ungebühr entrichteten Beiträgen ein. Deshalb erübrige es sich auch, auf das Vorbringen des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung seines Einspruches gegen den Bescheid der Salzburger Gebietskrankenkasse einzugehen.

1.3. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluß vom , B 300/89, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

1.4. Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem "gemäß § 412 Abs. 2 ASVG gewährleisteten Recht auf den ihm mit Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom zugestandenen Aufschub der Rechtsfolgen verletzt". Damit in Verbindung sei er auch aus dem "aus §§ 1333, 1334 ABGB ableitbaren Recht, volle Genugtuung durch Zinsen in der Höhe von 10,5 % als Schadenersatz für sein bei der Gebietskrankenkasse zwangsweise hinterlegtes Kapital zu fordern", verletzt.

1.5. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen.

Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse hat zur Beschwerde eine Äußerung erstattet.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

2.1. Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist ausschließlich die Frage strittig, ob dem Beschwerdeführer für zu Ungebühr entrichtete Beiträge, die ihm zwischenzeitig refundiert worden sind, auch Zinsen gebühren. Der Beschwerdeführer, der diese Frage bejaht, bringt im wesentlichen vor, für seine Auffassung spreche der Umstand, daß auch die Kasse vom Beitragspflichtigen Zinsen verlangen könne. § 69 Abs. 1 ASVG stelle keine abschließende Regelung dar, es liege vielmehr eine Lücke vor, die im Wege der Auslegung zugunsten der Beitragspflichtigen zu schließen sei. Dazu komme auch, daß sich der Beschwerdefall nicht mit dem von der belangten Behörde zitierten Vorerkenntnis vergleichen lasse: In diesem Fall sei der Verpflichtung zur Beitragszahlung nämlich nie aufschiebende Wirkung zuerkannt worden. In seinem Fall habe jedoch die Kasse bereits vor der Bewilligung der aufschiebenden Wirkung die Exekution der Beiträge betrieben und auch nach der Bewilligung der aufschiebenden Wirkung darauf keine Rücksicht genommen.

2.2. S 69 Abs. 1 ASVG lautet auszugsweise:

"§ 69. (1) Zu Ungebühr entrichtete Beiträge können, ..., zurückgefordert werden..."

2.3. Mit Erkenntnis vom , Z 1. 86/08/0166, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, daß § 69 Abs. 1 ASVG eine abschließende Regelung darstelle, die keinen Anspruch auf Verzinsung von zu Ungebühr entrichteten Beiträgen einräumt.

Hätte der Gesetzgeber einen derartigen Anspruch einräumen wollen, so hätte er dies ausdrücklich zum Ausdruck bringen müssen (vgl. auch das Erkenntnis vom , 88/08/0098).

An dieser Rechtsprechung hält der Verwaltungsgerichtshof fest. Soweit sich der Beschwerdeführer zur Begründung seines Anspruches auf schadenersatzrechtliche Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes beruft, ist ihm zu erwidern, daß die Vollziehung dieser Bestimmungen in die Kompetenz der ordentlichen Gerichte fällt. Für die Frage eines etwaigen Zinsenanspruches ist es auch unbeachtlich, ob die Ungebühr der Beitragsentrichtung auf die Anwendung einer verfassungswidrigen Norm oder die Nichtbeachtung der zuerkannten aufschiebenden Wirkung zurückzuführen ist. Die damit im Zusammenhang gerügte Verletzung von Verfahrensvorschriften geht daher ins Leere.

2.4. Auf Grund dieser Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

2.5. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Für die von der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse erstattete Äußerung, die eine bloße Darstellung des Sachverhalts enthält, konnte kein Schriftsatzaufwand zugesprochen werden. Ihr Antrag auf Aufwandersatz für Vorlageaufwand war abzuweisen, da ein solcher gemäß § 48 Abs. 2 Z. 1 nur der belangten Behörde als obsiegende Partei zusteht.

Wien, am