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VwGH vom 26.03.2003, 2001/13/0092

VwGH vom 26.03.2003, 2001/13/0092

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Ginthör, über die Beschwerde der S GmbH in W, vertreten durch Dr. Lothar Schwarz, Rechtsanwalt in 1110 Wien, Simmeringer Hauptstraße 36/2/1/VII, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. RV/30-06/2001, betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 1995 bis 1999, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 1.089,68 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Zuge einer Lohnsteuerprüfung stellte der Prüfer fest, dass die dem zu 75 % an der beschwerdeführenden GmbH beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer gewährten Vergütungen von 980.000 S 1995), 840.000 S 1996), 910.000 S 1997), 840.000 S 1998) und 840.000 S 1999) nicht in die Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag einbezogen worden seien. Das Finanzamt erließ einen entsprechenden Nachforderungsbescheid.

Die dagegen erhobene Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid abgewiesen. Zugleich wurde der Bescheid des Finanzamtes insoweit abgeändert, als nunmehr auch die von der Beschwerdeführerin getragenen Sozialversicherungsbeiträge des Gesellschafter-Geschäftsführers sowie Sachbezüge (PKW) in die Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag einbezogen wurden.

Dazu vertrat die belangte Behörde im Ergebnis die Auffassung, die Beschäftigung des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin weise ungeachtet seiner gleichzeitigen Stellung als Mehrheitsgesellschafter mit Ausnahme der Weisungsgebundenheit sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 auf, weshalb er im Sinne der Bestimmung des § 41 Abs. 2 FLAG in der ab dem Jahr 1994 anzuwendenden Fassung Dienstnehmer sei. Dies habe die Pflicht der Beschwerdeführerin ausgelöst, von den Bezügen des Geschäftsführers den Dienstgeberbeitrag samt Zuschlag abzuführen.

Begründend führte die belangte Behörde u.a. aus, dass es keinen schriftlichen "Werkvertrag" gebe, Urlaub, Entgeltfortzahlung oder Abfertigung keine unabdingbaren Voraussetzungen eines steuerlichen Dienstverhältnisses seien und ein tatsächlicher Konnex der "Entnahmen" mit dem Betriebsergebnis nicht hergestellt worden sei. Angesichts der Auszahlung regelmäßiger Bezüge, des Tragens der Sozialversicherungsbeiträge durch die Beschwerdeführerin und der Bereitstellung eines firmeneigenen Kraftfahrzeuges sei eine Erfolgsabhängigkeit der Geschäftsführerentlohnung nicht erkennbar.

Zur "reformatio in pejus" ist dem angefochtenen Bescheid Folgendes zu entnehmen:

"Da sich aus der Vorhaltsbeantwortung ergibt, dass für den vom GF verwendeten PKW keine Fahrtenbücher geführt werden, erfolgte eine Hinzurechnung des Sachbezugswertes in Höhe von jährlich S 84.000,- (7.000 x 12). Dies beruht auf der Bestimmung des § 4 Abs. 1 und Abs. 3 der Verordnung des BM für Finanzen über die bundeseinheitliche Bewertung bestimmter Sachbezüge (BGBl. 1992/642). Da gemäß Abs. 3 des § 4 dieser VO Voraussetzung ist, dass sämtliche Fahrten lückenlos in einem Fahrtenbuch aufgezeichnet werden, und ein solches nicht geführt wurde, war die in Rede stehende Zurechnung des Sachbezugswertes vorzunehmen."

Über die dagegen erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Zur Auslegung der in der Vorschrift des § 41 Abs. 2 und 3 FLAG angeführten Bestimmung des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 nach Erfolglosigkeit vom Verwaltungsgerichtshof gestellter Anfechtungsanträge vor dem Verfassungsgerichtshof (siehe insbesondere das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 109/00) wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2001/14/0054 und 2001/14/0052, vom , 2001/15/0061, und vom , 2001/13/0063, sowie vom , 2001/13/0203, verwiesen. Wie den Gründen der genannten Erkenntnisse entnommen werden kann (§ 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG), werden Einkünfte nach § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 vom wesentlich beteiligten Geschäftsführer einer GmbH dann erzielt, wenn - bezogen auf die tatsächlich vorzufindenden Verhältnisse - feststeht,

.) dass der Gesellschafter-Geschäftsführer zufolge kontinuierlicher und über einen längeren Zeitraum andauernder Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung in den Organismus des Betriebes der Gesellschaft eingegliedert ist,

.) dass ihn unter Bedachtnahme auf die Einnahmen- bzw. Ausgabenschwankungen kein ins Gewicht fallendes Unternehmerwagnis trifft und

.) dass er eine laufende, wenn auch nicht notwendig monatliche Entlohnung erhält.

Soweit die Beschwerde vorbringt, die Vorschrift des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 sei "nicht vollziehbar", ist festzuhalten, dass im Ergebnis der Abweisung der vom Verwaltungsgerichtshof nach Art. 140 Abs. 1 B-VG gestellten Anträge auf Aufhebung der im Beschwerdefall anzuwendenden Gesetzesvorschriften davon auszugehen ist, dass die erfolglos in Anfechtung gezogenen Gesetzesstellen der Ermittlung ihres Inhaltes im Auslegungsweg zugänglich sind (vgl. z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2001/13/0063, und vom , 2001/13/0180).

Die für die strukturell zu verstehende Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Beschwerdeführerin wesentliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung durch den wesentlich beteiligten Gesellschafter ist auch nach den Beschwerdeausführungen unbestritten.

Den Ausführungen des angefochtenen Bescheides zum fehlenden Unternehmerrisiko tritt die Beschwerde gleichfalls nicht entgegen. Auch wird das Vorliegen einer laufenden (monatlichen) Entlohnung von der Beschwerdeführerin nicht in Abrede gestellt. Auf die von ihr bestrittene Gewährung eines 13. und 14. Bezuges kommt es im gegebenen Zusammenhang ebenso wenig an wie auf das Fehlen lohnsteuerlicher Begünstigungen.

Die Beschwerde erweist sich daher dem Grunde nach als nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit der Beurteilung der Einkünfte als solche gemäß § 22 Z. 2 zweiter Teilstrich EStG 1988 aufzuzeigen.

Die Beschwerdeführerin wendet sich aber auch gegen die Höhe der Bemessungsgrundlagen für die Jahre 1995 bis 1999 mit dem Vorbringen, die belangte Behörde habe rechtsirrig einen Sachbezugswert für den vom Geschäftsführer verwendeten PKW hinzugerechnet. Begründend wird dazu ausgeführt, nach den "Bestimmungen des EStG" gäbe es "den Sachbezugswert" nur für Dienstnehmer, weshalb es im gegenständlichen Fall nicht relevant sei, ob für den PKW Fahrtenbücher geführt worden seien oder nicht.

Ob die zu § 15 Abs. 2 EStG 1988 ergangene Sachbezugsverordnung, BGBl. Nr. 642/1992 (im Folgenden: VO), im Rahmen der Einkunftsart des § 22 Z. 2 zweiter Teilstrich EStG 1988 anwendbar ist, kann im Beschwerdefall indes dahin gestellt bleiben. Zum einen hat der Verwaltungsgerichtshof nämlich wiederholt erkannt, dass die Nachweisführung im Sinne des § 4 Abs. 2 der VO nicht zwingend durch Führung eines Fahrtenbuches erfolgen muss (vgl. etwa das Erkenntnis vom , 2001/15/0191). Zum anderen kann der besagten VO auch nicht das Verständnis beigemessen werden, dass bereits die bloße Möglichkeit der Privatnutzung eines Fahrzeuges zu einem Sachbezug führt. Wenn in der VO von der "Möglichkeit ein arbeitgebereigenes Kraftfahrzeug für nicht beruflich veranlasste Fahrten zu benützen" gesprochen wird, kann dies, soll die VO in § 15 Abs. 2 EStG 1988 Deckung finden, nur so verstanden werden, dass nach der Lebenserfahrung auf Grund des Gesamtbildes der Verhältnisse anzunehmen ist, dass der Arbeitnehmer die eingeräumte Möglichkeit - wenn auch nur fallweise - nützt. Ob im Einzelfall eine derartige Sachverhaltskonstellation vorliegt, ist eine Tatfrage, die von der Abgabenbehörde in einem Akt der freien Beweiswürdigung festzustellen ist (vgl. das Erkenntnis vom , 97/14/0175).

Im gegenständlichen Fall hat die Beschwerdeführerin über entsprechenden Vorhalt der belangten Behörde vorgebracht, bei dem in ihrem Betriebsvermögen befindlichen Kombi handle es sich um ein "reines Firmenfahrzeug", das vom Geschäftsführer ausschließlich dazu verwendet werde, täglich die vier von der Beschwerdeführerin betriebenen Filialen anzufahren sowie einmal im Monat Handelsware aus Italien abzuholen und zu den jeweiligen Filialen zu transportieren. Fahrtenbücher würden angesichts der rein betrieblichen Nutzung nicht geführt. Ausgehend von der - wie dargestellt - unzutreffenden Rechtsansicht, das Fehlen von Fahrtenbuchaufzeichnungen führe zwingend zur Annahme eines Sachbezuges, hat die belangte Behörde keine Feststellungen über eine private Nutzung des Fahrzeuges durch den Geschäftsführer getroffen und sich auch nicht mit dem Sachvorbringen der Beschwerdeführerin auseinander gesetzt.

Soweit die Beschwerdeführerin rügt, auch die von ihr getragenen Sozialversicherungsbeiträge hätten nicht in die Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag einbezogen werden dürfen, zeigt sie eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides hingegen nicht auf. Wohl trifft es zu, dass die Frage, wer die Sozialversicherungsbeiträge trägt, keinen Beitrag zur Lösung der Frage leistet, ob Einkünfte gemäß § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 vorliegen (vgl. mit näherer Begründung das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2001/14/0117). Dass in der Übernahme einer den Geschäftsführer treffenden Beitragspflicht eine weitere Vergütung für die Geschäftsführertätigkeit zu sehen ist, kann indes nicht zweifelhaft sein, ist dieser Fall wirtschaftlich doch nicht anders zu betrachten, als würden entsprechend höhere Bezüge gewährt und wäre der Geschäftsführer gehalten, aus diesen höheren Geschäftsführervergütungen die Sozialversicherungsbeiträge selbst zu zahlen.

Aus dem zuvor genannten Grund - der Hinzurechnung von Sachbezügen für die Privatnutzung eines PKW - erweist sich der angefochtene Bescheid als mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet und war demnach gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am