VwGH vom 19.12.2001, 2001/13/0091
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zehetner, über die Beschwerde der H Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Mag. Dr. Thomas Keppert, Wirtschaftsprüfer in Wien VI, Theobaldgasse 17/11, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zlen. RV/136-06/03/99 und RV/507- 06/03/99, betreffend Vorschreibung von Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Im Beschwerdefall ist die Vorschreibung von Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und von Zuschlägen zum Dienstgeberbeitrag strittig. Die Vorschreibung betrifft die in den Jahren 1994 bis 1998 an den wesentlich (zu 100 %) beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer Ing. Z. bezahlten Geschäftsführervergütungen.
Mit Schriftsatz vom hatte die Beschwerdeführerin durch den auch nunmehr einschreitenden Beschwerdevertreter zur StNr. 391/3093 die Gutschrift der für ihren Geschäftsführer Ing. Z. entrichteten Lohnsteuerbeträge, Dienstgeberbeiträge und Zuschläge zu den Dienstgeberbeiträgen für die Jahre 1992 bis 1994 beantragt. Ing. Z. sei seit unmittelbar Alleingesellschafter der Beschwerdeführerin. Im Zeitraum von 1991 bis sei Ing. Z. mittelbar wesentlich an der Beschwerdeführerin beteiligt gewesen. Obwohl Ing. Z. seit 1991 immer wesentlich im Sinn des § 22 Z. 2 EStG beteiligt gewesen sei, sei er im Rechnungswesen der Beschwerdeführerin irrtümlich als lohnsteuerpflichtiger Arbeitnehmer geführt worden. Es werde deshalb die Gutschrift der entrichteten Lohnsteuer und der Lohnnebenkosten (Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag) in Höhe von insgesamt 92.983 S beantragt.
Mit Datum erging vom Finanzamt unter der StNr. 391/3093 betreffend das Ansuchen vom (eingebracht am ) ein Bescheid, der die Gutschrift der Dienstgeberbeiträge und der Zuschläge zu den Dienstgeberbeiträgen für das Jahr 1994 verweigerte. Nach der am geltenden Rechtslage des § 41 Abs. 2 FLAG gehörten nämlich auch die Einkünfte von an Kapitalgesellschaften wesentlich beteiligten Personen zur Beitragsgrundlage des Dienstgeberbeitrages. Der Bescheid vom war im Adressfeld an Ing. Z. (zu Handen des Beschwerdevertreters) gerichtet. Die Zustellung erfolgte am .
In der Berufung vom gegen den Bescheid vom wird vorweg ausgeführt, dass der angeführte Bescheid - wohl irrtümlich - als Bescheidadressat Herrn Ing. Z. enthalte. Richtigerweise hätte der Bescheid auf die Beschwerdeführerin ausgestellt werden müssen, weil für diese die Rückzahlung der entsprechenden Abgaben begehrt worden sei und Ing. Z. lediglich ihr Gesellschafter-Geschäftsführer sei. Da jedoch aus dem Zusammenhang von Spruch, Begründung und Zustellverfügung des Bescheides klar zum Ausdruck komme, wer der "richtige" Bescheidadressat sei, scheine dem spruchmäßigen Individualisierungsgebot Genüge getan und damit die Beschwerdeführerin als Adressat bescheidmängelfrei bestimmt. Demzufolge erhebe der Beschwerdevertreter im Namen und Auftrag der Beschwerdeführerin Berufung gegen den abweisenden Bescheid vom . In der Berufung wird im Übrigen im Wesentlichen der Standpunkt vertreten, die Beschäftigung des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin weise "alle Merkmale eines Dienstverhältnisses" nicht auf, die Einkünfte des Geschäftsführers aus diesem "freien" Dienstverhältnis fielen daher als "Einkünfte aus einer vermögensverwaltenden Tätigkeit" unter § 22 Z. 2 Teilstrich 1 EStG 1988, womit der Dienstgeberbeitrag und der Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag nicht anfielen. Schon auf Grund seines beherrschenden (alleinigen) Einflusses sei Ing. Z seinem Arbeitgeber gegenüber nicht weisungsgebunden. Obgleich Ing. Z. im Unternehmen selbst mitwirke, sei er nicht verpflichtet, die Arbeitsleistung zu erbringen; er könnte sich - "dahingestellt durch wen" - vertreten lassen. Auch hinsichtlich der Abrechnung und Auszahlung seines Entgelts sei Ing. Z. nicht an betriebliche Ordnungsvorschriften gebunden (er bestimme Zeitpunkt und Höhe der Entnahmen). Die mit der Tätigkeit des Geschäftsführers verbundenen Aufwendungen würden von der Beschwerdeführerin nicht ersetzt. Als mit 100 % am Stammkapital wesentlich Beteiligter trage Ing. Z. das volle Unternehmerrisiko. Dies äußere sich u.a. darin, dass der finanzielle Erfolg seiner Tätigkeit einerseits weitgehend von ihm selbst gestaltet werde und andererseits auch von der Zufälligkeit des wirtschaftlichen Verkehrs abhänge. Kennzeichnend dafür sei der Umstand, dass die Höhe des Geschäftsführerbezuges immer im Einklang mit der Ertragslage der Gesellschaft stehen müsse.
In einer Vorhaltsbeantwortung vom gab die Beschwerdeführerin u.a. bekannt, dass der Geschäftsführer Ing. Z. für alle Angelegenheiten zuständig sei, um einen ordnungsgemäßen Hotelbetrieb sicherzustellen, dazu gehörten z.B. die Organisation, der Einkauf, die Einstellung des Personals, die Instandhaltung des Gebäudes, die Buchhaltung etc. Der Geschäftsführer entnehme sich monatlich sein Gehalt. Dieses habe sich monatlich auf 20.000 S belaufen. Im Juni und November sei dem Geschäftsführer ein
13. bzw. 14. Gehalt ausbezahlt worden.
Nach Ergehen einer abweisenden Berufungsvorentscheidung betreffend die Gutschrift der Dienstgeberbeiträge (samt Zuschlägen) 1994, in der das Finanzamt u.a. von einer erfolgsunabhängigen Entlohnung (regelmäßig monatlich samt Sonderzahlungen) ausging, stellte die Beschwerdeführerin den Antrag auf Entscheidung über ihre Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin trage der Geschäftsführer das Unternehmerwagnis, weil die Einnahmen und Ausgaben der Gesellschaft aufgrund der engen Verbundenheit der Gesellschaft mit der Person und der Tätigkeit des Geschäftsführers wesentlich von diesem bestimmt würden. Es sei auch zu einer Veränderung der Ertragslage der Gesellschaft gekommen, die sich auf die Höhe der Geschäftsführerbezüge ausgewirkt habe.
In der Folge schrieb das Finanzamt nach den Ergebnissen einer Lohnsteuerprüfung von den Geschäftsführerbezügen des Alleingesellschafters in den Jahren 1995 bis 1998 in Höhe von 280.000, 300.000, 319.000 und 302.000 S den Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag zur Nachzahlung vor. In der dagegen erhobenen Berufung vom stellte sich die Beschwerdeführerin wiederum auf den Standpunkt, es lägen keine Einkünfte nach § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 vor.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde den Berufungen keine Folge. Im Ergebnis kam die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zur Auffassung, die Beschäftigung des Geschäftsführers weise ungeachtet seiner gleichzeitigen Eigenschaft als Alleingesellschafter mit Ausnahme der Weisungsgebundenheit sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses im Sinn des § 47 Abs. 2 EStG 1988 auf. Die Gesellschafter-Geschäftsführer erziele aus der Geschäftsführertätigkeit demnach Einkünfte im Sinn des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988, weshalb er nach § 41 Abs. 2 FLAG in der ab dem Jahr 1994 anzuwendenden Fassung Dienstnehmer sei. Dies habe die Pflicht der Beschwerdeführerin ausgelöst, von den Bezügen der Geschäftsführer den Dienstgeberbeitrag samt Zuschlag abzuführen. In der Begründung wird u.a. ausgeführt, das Vorbringen, wonach der Geschäftsführerbezug "zwar nicht direkt umsatz- oder gewinnabhängig" sei, aber im Einklang mit der Ertragslage der Beschwerdeführerin stehen müsse, lasse nicht auf eine erfolgsabhängige Geschäftsführervergütung schließen. Es sei nämlich damit nicht gesagt, dass der Leistungserfolg des Geschäftsführers unmittelbar Einfluss auf die Höhe seiner Bezüge habe. Aus der beispielsweisen Aufzählung von Kostenersätzen (Telefonkosten, Fahrt- und Reisekosten), die nicht geleistet worden seien, lasse sich nicht ohne weiteres der Schluss ziehen, dass solche (nicht ersetzte) Aufwendungen für den Geschäftsführer überhaupt angefallen seien. Die Beschwerdeführerin habe dies weder behauptet noch nachgewiesen. Die Tragung der Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung durch den Geschäftsführer bedeute kein Unternehmerrisiko. Die Vertretung eines Geschäftsführers beispielsweise durch einen anderen Geschäftsführer oder die Delegierung von Arbeiten an leitende Angestellte stehe einem Dienstverhältnis des Geschäftsführers nicht entgegen.
Den auch im Beschwerdefall vom Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG gestellten Antrag auf Aufhebung bestimmter, im gegenständlichen Fall zur Anwendung kommender gesetzlicher Bestimmungen hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom , G 148/00 u.a., als unzulässig zurückgewiesen, weil er über die vorgetragenen Bedenken bereits in einem anderen Verfahren mit dem Erkenntnis vom , G 110/00, unter Verweis auf sein Erkenntnis vom , G 109/00, entschieden hat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zur Auslegung der in der Vorschrift des § 41 Abs. 2 und 3 FLAG angeführten Bestimmung des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 nach der Abweisung der vom Verwaltungsgerichtshof gestellten Anfechtungsanträge durch den Verfassungsgerichtshof wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die hg. Erkenntnisse vom , 2001/14/0054 und 2001/14/0052, vom , 2001/15/0061, vom , 2001/14/0103, und vom , 2001/13/0072 und 2001/13/0063, verwiesen. Wie den Gründen der genannten Erkenntnisse entnommen werden kann (§ 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG), werden Einkünfte nach § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 vom wesentlich beteiligten Geschäftsführer einer GmbH dann erzielt, wenn - bezogen auf die tatsächlich vorzufindenden Verhältnisse - feststeht,
.) dass der Gesellschafter-Geschäftsführer zufolge kontinuierlicher und über einen längeren Zeitraum andauernder Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung in den Organismus des Betriebes der Gesellschaft eingegliedert ist,
.) dass ihn weder das Wagnis ins Gewicht fallender Einnahmenschwankungen noch jenes der Schwankungen ins Gewicht fallender nicht überwälzbarer Ausgaben trifft und
.) dass er eine laufende, wenn auch nicht notwendig monatliche Entlohnung erhält.
Die für die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Beschwerdeführerin wesentliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung ist im Beschwerdefall gegeben (vgl. etwa die Vorhaltsbeantwortung vom zum Tätigkeitsbereich des Geschäftsführers). Auf die zivilrechtliche Einstufung der Rechtsgrundlagen für die Tätigkeit als Geschäftsführer kommt es nicht an. Dass dem Geschäftsführer das Risiko der Schwankungen ins Gewicht fallender nicht überwälzbarer Ausgaben getroffen hätte, wird zwar in der Beschwerde allgemein behauptet, allerdings nicht näher konkretisiert. Die Relevanz eines dazu gerügten Feststellungsmangels im angefochtenen Bescheid wird damit nicht aufgezeigt. In der Tragung der auf den Geschäftsführerbezügen lastenden Sozialversicherungsbeiträge ist nach ständiger Judikatur kein relevantes Unternehmerrisiko zu sehen (vgl. beispielsweise die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , 99/15/0188, und vom , 2000/13/0075).
Eine laufende Entlohnung liegt auch dann vor, wenn der Jahresbezug nicht in monatlich gleich bleibenden Beträgen ausbezahlt wird (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2001/13/0084, und vom , 2001/13/0097), sodass die Beschwerderüge, die Beschwerdeführerin habe im Verfahren (in der Berufung betreffend die Jahre 1995 bis 1998) auch vorgebracht, die Geschäftsführerbezüge seien auch unregelmäßig ausbezahlt worden, nicht wesentlich ist. Schwankungen der Bezüge eines Gesellschafter-Geschäftsführers entsprechend der Ertragslage der Gesellschaft lassen noch keinen Rückschluss auf eine tatsächliche Erfolgsabhängigkeit von der Tätigkeit des Geschäftsführers zu (im Verwaltungsverfahren sprach die Beschwerdeführerin außerdem selbst davon, dass die Bezüge "nicht direkt umsatz- und gewinnabhängig" seien). Zudem ist festzuhalten, dass die oben angeführten Geschäftsführerbezüge für die Jahre 1995 bis 1998 keine ins Gewicht fallenden Schwankungen erkennen lassen. Wirtschaftliche Folgen einer schlechten Geschäftsführung treten auch unabhängig davon ein, ob der Geschäftsführer an der Gesellschaft beteiligt ist oder nicht (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2001/15/0057). "Entnahmen'' von Geschäftsführerbezügen wegen des persönlichen Bedarfes begründen kein wie immer geartetes Unternehmerwagnis (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2001/14/0124). Auf die in der Beschwerde ohnedies nur als Möglichkeit angesprochene Vertretungsbefugnis - "dahingestellt durch wen" - kommt es im gegebenen Zusammenhang nicht entscheidend an (vgl. beispielsweise die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2001/15/0057, und vom , 2001/13/0084).
Die Beschwerde zeigt somit insgesamt vor dem Hintergrund der oben zitierten Rechtsprechung keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides bezüglich seiner Beurteilung der Dienstgeberbeitrags- und Zuschlagspflicht der Geschäftsführerbezüge des wesentlich beteiligten Gesellschafters auf.
Unter dem Titel einer Unzuständigkeit der belangten Behörde wird in der Beschwerde geltend gemacht, der erstinstanzliche Bescheid vom (betreffend Abweisung der Rückzahlung der Dienstgeberbeiträge und der Zuschläge zu den Dienstgeberbeiträgen für das Jahr 1994) weise eine unrichtige Bezeichnung des Bescheidadressaten auf, weil er nicht an die Beschwerdeführerin, sondern an ihren Geschäftsführer ergangen sei.
Dazu ist festzuhalten, dass der Bescheid vom zwar im Kopf tatsächlich den Geschäftsführer der Beschwerdeführerin (zu Handen des nunmehrigen Beschwerdevertreters) anspricht, der Bescheid aber unbestritten unter der StNr. der Beschwerdeführerin ergangen ist, im Spruch auch ausdrücklich auf deren Eingabe vom Bezug nimmt und normativ unstrittig über die (nur) von ihr begehrte Abgabenrückzahlung abspricht. Solcherart kann aber in der - wie auch der Beschwerdevertreter in seiner Berufungsschrift vom ausdrücklich betonte - "wohl irrtümlichen" Bescheidadressierung ein nach § 293 Abs. 1 BAO berichtigungsfähiger Fehler gesehen werden, sodass davon auszugehen ist, dass der Bescheid vom gegenüber der Beschwerdeführerin Rechtswirkungen entfaltete (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 92/14/0026).
Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Von der beantragten Verhandlung konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am