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VwGH vom 13.10.1995, 92/17/0294

VwGH vom 13.10.1995, 92/17/0294

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Höfinger, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde der E in Aistersheim, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. Gem - 7388/2 - 1992 - Wa, betreffend Lustbarkeitsabgabe (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Aistersheim), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 13.280,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Datum vom erließ der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde gegen die Beschwerdeführerin einen Bescheid folgenden Wortlautes:

"Bescheid

Im Rahmen eines Weihnachtsmarktes am 13., 14. und im Wasserschloß Aistersheim wurden diverse, in der Begründung dieses Bescheides näher angeführte, musikalische und gesangliche Darbietungen abgehalten. Über die für diese Veranstaltungen zu entrichtende Lustbarkeitsabgabe ergeht aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahren folgender

Spruch:

Gemäß § 6 (1) Z 1 und (4), §§ 7, 8 (1) und 10 (1) O.ö. Lustbarkeitsabgabegesetz 1979, LGBl. Nr. 74/1979 idgF, in Verbindung mit der Lustbarkeitsabgabeordnung der Gemeinde Aistersheim vom sowie aufgrund der §§ 1 (1), 2 (1) lit b und 4 (1) Landes-Lustbarkeitsabgabegesetz, LGBl. Nr. 69/1983 und § 48 (1) lit b sublit bb und lit d in Verbindung mit §§ 123 ff der O.ö. Landesabgabenordnung, LGBl. Nr. 30/1984, wird


Tabelle in neuem Fenster öffnen
a)
die Gemeinde-Lustbarkeitsabgabe mit S 11.200,25 und
b)
die Landes-Abgabe für Lustbarkeiten mit S 2.111,60

vorgeschrieben.

Den Gesamtbetrag von S 13.311,85 haben Sie innerhalb eines Monates nach Zustellung dieses Bescheides mit dem beiliegenden Zahlschein an das Gemeindeamt Aistersheim einzuzahlen."

Dem Einwand der Beschwerdeführerin, die Eintrittskarten seien "in der Hauptsache" für den Markt selbst bestimmt gewesen, sei entgegenzuhalten, daß der betreffende Weihnachtsmarkt nur durch Lösen einer Eintrittskarte habe betreten werden können. Das Lösen einer Eintrittskarte sei somit unabdingbare Voraussetzung gewesen, um den erwähnten Darbietungen und Aufführungen (Darbietungen des Bläserquintettes der Musikschule G und des Bläserquintettes Aistersheim, des X-Chores W, der Blockflötengruppe B und der Musikschule H, der Klarinettengruppe Aistersheim und des Y-Chores O) beiwohnen zu können. Die Beschwerdeführerin habe

5.279 Karten zu je S 20,-- an die Marktbesucher verkauft. Hieraus ergebe sich ein Gesamterlös aus dem Kartenverkauf von S 105.580,--. Dieser sei um die Umsatzsteuer in Höhe von S 17.596,68 und um die Landesabgabe für Lustbarkeiten von S 2.111,60 zu vermindern, um zur Bemessungsgrundlage von S 85.871,72 zu gelangen. Auf diese sei gemäß § 2 lit. a der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Aistersheim vom betreffend die Einhebung einer Lustbarkeitsabgabe der Hebesatz von 15 % anzuwenden.

Eine dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin wies der Gemeinderat der Gemeinde Aistersheim mit Bescheid vom in Ansehung der Vorschreibung der Gemeinde-Lustbarkeitsabgabe in Höhe von S 11.200,25 ab.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde eine gegen diese Berufungsentscheidung erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerin als unbegründet ab. Die anläßlich des Weihnachtsmarktes durchgeführten musikalischen Darbietungen unterlägen nach § 2 Abs. 4 Z. 11 des Oberösterreichischen Lustbarkeitsabgabegesetzes, LGBl. Nr. 74/1979 (im folgenden: oö LustbarkeitsabgabeG 1979), der Lustbarkeitsabgabe. Diese musikalischen Darbietungen dienten auch nicht ausschließlich Zwecken der Wirtschaftswerbung und seien daher auch nicht nach § 2 Abs. 3 leg. cit. von der Abgabepflicht ausgenommen. Unter Werbung sei die planmäßige, absichtliche Beeinflußung von Personen oder Personengruppen zu bestimmten Entscheidungen, etwa zu einem bestimmten Kaufverhalten, zu verstehen. Musik, die bloß stimulierend auf Konsumenten einzuwirken versuche, um deren Stimmungslage kaufgünstig zu manipulieren, falle nicht unter den Begriff der Wirtschaftswerbung.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag, ihn aus diesem Grunde aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§§ 1, 2, 6 und 7 oö LustbarkeitsabgabeG 1979 lauten

auszugsweise:

"§ 1

(1) Durch dieses Gesetz werden die Gemeinden gemäß § 8 Abs. 6 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948 vom , BGBl. Nr. 45, verpflichtet, eine Abgabe für die Veranstaltung von Lustbarkeiten (§ 15 Abs. 3 Z. 1 des Finanzausgleichsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 673/1978) einzuheben.

(2) Die Verpflichtung gemäß Abs. 1 gilt nicht für Abgaben für sportliche Veranstaltungen (sportliche Vorführungen und Wettbewerbe) und für Abgaben für die Vorführung von Bildstreifen.

§ 2

Lustbarkeiten, die der Abgabe unterliegen

(1) Alle im Gemeindegebiet veranstalteten Lustbarkeiten unterliegen einer Abgabe nach den Bestimmungen dieses Gesetzes.

(2) Lustbarkeiten sind Veranstaltungen, welche geeignet sind, die Besucher bzw. Benützer zu unterhalten und zu ergötzen. Dies wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Veranstaltung auch gleichzeitig erbauenden, belehrenden oder anderen nicht als Lustbarkeit anzusehenden Zwecken dient, oder daß der Unternehmer nicht die Absicht hat, eine Lustbarkeit zu veranstalten.

(3) Veranstaltungen, die ausschließlich religiösen, politschen, weltanschaulichen, wissenschaftlichen, belehrenden Zwecken oder Zwecken der Wirtschaftswerbung dienen, sind keine Lustbarkeiten.

(4) Lustbarkeiten im Sinne des Abs. 1 sind insbesondere folgende Veranstaltungen:

...

11. Konzerte und sonstige musikalische und gesangliche Aufführungen, ...

§ 6

Abgabenform

(1) Die Abgabe ist für jede Veranstaltung gesondert zu berechnen und wird in einer der nachstehenden Formen eingehoben:

1. in der Form der Kartenabgabe (Prozentualabgabe), sofern und soweit die Teilnahme an der Veranstaltung von der Lösung von Eintrittskarten oder sonstigen Ausweisen (Gutscheinen, Programmen, Bausteinen, Festabzeichen usw.) abhängig gemacht ist; ...

§ 7

Bemessungsgrundlage

Die Kartenabgabe wird nach Preis und Zahl der ausgegebenen Eintrittskarten berechnet ..."

§§ 1 und 2 der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Aistersheim vom , betreffend die Einhebung einer Lustbarkeitsabgabe (Lustbarkeitsabgabeordnung 1983), lauten auszugsweise:

"§ 1

Alle im Gemeindegebiet der Gemeinde Aistersheim veranstalteten Lustbarkeiten unterliegen nach den Bestimmungen des O.ö. Lustbarkeitsabgabegesetzes 1979, LGBl. 74 i.d.g.F., und nach den Bestimmungen dieser Verordnung einer Abgabe.

§ 2

Ausmaß der Abgabe im Sinne des § 10

O.ö. Lustbarkeitsabgabegesetz 1979

a) Das Ausmaß der Kartenabgabe (Prozentualabgabe) beträgt 15 v.H. des Preises oder Entgeltes, soweit nachfolgend nichts anderes bestimmt wird.

...

c) Für Veranstaltungen der im § 2 Abs. 4 Ziff. 8, 10 und 11 O.ö. Lustbarkeitsabgabegesetz 1979 bezeichneten Art, das sind ... Konzerte, ... und dgl. beträgt die Abgabe 15 v.H. des Preises oder Entgeltes; ..."

Die Beschwerdeführerin hat sich schon im Verfahren vor der Abgabenbehörde erster Instanz (vgl. ON 3 des Abgabenaktes) zutreffend darauf berufen, daß das für den Zutritt zum Markt vereinnahmte Entgelt nicht in erster Linie als Äquivalent für die Teilnahme an den dargebotenen Musikveranstaltungen, sondern für das mit dem Besuch des Marktes verbundene Gesamterlebnis eingehoben wurde.

Dies würde allerdings an der Steuerbarkeit der Gesamtveranstaltung "Weihnachtsmarkt" nichts ändern. Ein in einem Wasserschloß abgehaltener Weihnachtsmarkt, bei dem neben Christbäumen und Damwildfleisch auch Kleinhandwerkskunst, Weihnachtsbäckerei, Weihnachtsbastelei, Christbaumschmuck und Seidenmalerei feilgeboten werden und in dessen Rahmen mehrmals täglich musikalische Veranstaltungen stattfinden, ist - zumal wegen des zuletzt genannten Umstandes - geeignet, die Besucher zu unterhalten und zu ergötzen. Denn gemäß § 2 Abs. 2 zweiter Satz oö LustbarkeitsabgabeG 1979 wird die Eigenschaft einer Veranstaltung als Lustbarkeit nicht dadurch ausgeschlossen, daß sie auch gleichzeitig anderen nicht als Lustbarkeit anzusehenden Zwecken dient.

Auch durch § 2 Abs. 3 oö LustbarkeitsabgabeG 1979 wäre die Abgabepflicht nicht ausgeschlossen. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , Zl. 87/17/0209, das Wort "ausschließlich" in dieser Bestimmung ausdrücklich auf die dort angeführten "Zwecke der Wirtschaftswerbung" bezogen. Der von der Beschwerdeführerin veranstaltete Weihnachtsmarkt diente seinen Besuchern aber nicht ausschließlich dazu, sich einen Überblick über die dort feilgehaltenen Waren zu verschaffen und sich deren Kaufmöglichkeit zu sichern, sondern überwiegend oder jedenfalls auch dazu, sich an der Atmosphäre des Wasserschlosses, den Konzerten und der Besichtigung der feilgebotenen, mit dem bevorstehenden Weihnachtsfest in Zusammenhang stehenden Waren zu ergötzen, um so in eine weihnachtliche Stimmung versetzt zu werden. Daß diese Weihnachtsstimmung im vorliegenden Fall der auf dem Weihnachtsmarkt auch als Anbieterin auftretenden Veranstalterin zur Förderung ihres Absatzes dienlich gewesen sein mochte, macht den Weihnachtsmarkt noch nicht zu einer Veranstaltung im Sinne des § 2 Abs. 3 oö LustbarkeitsabgabeG 1979. Werbung ist die planmäßige, absichtliche Beeinflussung von Personen oder Personengruppen, um sie zu bestimmten Entscheidungen, zu einem bestimmten (Kauf-)Verhalten zu veranlassen. Aufgabe der Werbung ist es, die Konsumenten zu informieren und ihnen Motive für ihr Konsumverhalten zu liefern. Werbung will Kaufinteresse wecken, die Verbraucher über die Eigenschaft und die Qualität von Erzeugnissen unterrichten und über die Leistungsfähigkeit der Unternehmungen informieren, wozu heute noch in zunehmenden Maße die Absicht tritt, den Bekanntheitsgrad des Produktes oder Unternehmens zu steigern. Umstände, die lediglich allgemein stimulierend auf die Kauflust einwirken sollen, können daher nicht unter den Begriff der Werbung subsumiert werden, weil ihnen das Moment der Information über oder doch jedenfalls das Ausgerichtetsein auf bestimmte Erzeugnisse oder Dienstleistungen fehlt (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 87/17/0209; und die dort angeführten Literaturhinweise).

Ausgehend von diesen Überlegungen stellt der Weihnachtsmarkt in seiner Gesamtheit eine steuerpflichtige Lustbarkeit dar.

Durch den Verweis auf den Spruch des erstinstanzlichen Bescheides, zu dessen normativem Inhalt auch die Präambel, wonach die Vorschreibung für die im Rahmen des Weihnachtsmarktes abgehaltenen musikalischen und gesanglichen Darbietungen ergangen ist, gehört, hat auch die Berufungsbehörde die Lustbarkeitsabgabe ausschließlich von den in Rede stehenden Musikveranstaltungen, nicht aber vom Weihnachtsmarkt in seiner Gesamtheit eingehoben. Der Abgabenbehörde steht es aber nicht frei, an Stelle einer als Einheit zu betrachtenden Lustbarkeit bloß Teile derselben (hier die musikalischen Darbietungen) - noch dazu auf der Bemessungsgrundlage des für die Gesamtveranstaltung vereinnahmten Entgeltes - zu besteuern. Gegen dieses Verbot hat die Berufungsbehörde verstoßen und ihren Bescheid damit mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

Gemäß § 145 Abs. 3 der oö Landesabgabenordung, LGBl. Nr. 30/1984, hat der Spruch des Abgabenbescheides den mit einer Festsetzung verbundenen Abgabenfall unter anderem dadurch zu individualisieren, daß der einem bestimmten Abgabepflichtigen zuzurechnende Sachverhalt durch die Nennung des Abgabepflichtigen, der Besteuerungsgrundlagen und des Gegenstandes der Abgabe bezeichnet wird. Die so substantiierte Bemessungsgrundlage der festgesetzten Abgabe ist damit auch der Rechtskraft fähig. Da die Rechtskraft der - unrichtigen - Vorschreibung der Lustbarkeitsabgabe für die im Zuge des Adventmarktes stattgefundenen musikalischen und gesanglichen Aufführungen eine neuerliche - richtige - Besteuerung der Lustbarkeit "Adventmarkt" nicht ausschließen würde, ist die Beschwerdeführerin durch die unrichtige Nennung des Gegenstandes der Abgabe in der Präambel des Festsetzungsbescheides in ihren Rechten verletzt.

Die belangte Behörde wäre daher gemäß § 102 Abs. 5 der Oberösterreichischen Gemeindeordnung, LGBl. Nr. 119/1979, verpflichtet gewesen, diesen Mangel wahrzunehmen, den mit Vorstellung angefochtenen Berufungsbescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Berufungsbehörde zu verweisen.

Gemäß § 211 Abs. 1 der Oberösterreichischen Landesabgabenordnung, LGBl. Nr. 30/1984, hat die Abgabenbehörde zweiter Instanz immer in der Sache selbst zu entscheiden. Dieses Gebot setzt somit "Identität" der Sache voraus, also daß die Angelegenheit, über die die meritorische Entscheidung der Rechtsmittelbehörde ergeht, mit jener identisch ist, die Gegenstand des VERFAHRENS erster Instanz war. Die Berufungsbehörde darf daher ein und dieselbe (die im bekämpften Bescheid vorgeschriebene) Abgabe in veränderter Höhe (auch von veränderten GRUNDLAGEN und anders beurteilten Sachverhalten ausgehend) festsetzen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 84/17/0151). Gegenstand des Verfahrens der Abgabenbehörde erster Instanz war aber bereits - wie sich aus der Lustbarkeitsabgabe-Abrechnung des feststellenden Gemeindebediensteten (Seite 1 des Verwaltungsaktes) ergibt - die Festsetzung einer Abgabe von der Veranstaltung "Weihnachtsmarkt mit musikalischen Darbietungen". Damit würde die Rechtsmittelbehörde nicht in die sachliche Zuständigkeit der Behörde erster Instanz eingreifen, wenn sie im Zuge des fortgesetzten Verfahrens die Bemessung der Lustbarkeitsabgabe richtig für den Weihnachtsmarkt in seiner Gesamtheit vornimmt.

Indem die Vorstellungsbehörde es unterlassen hat, den angefochtenen Bescheid der Berufungsbehörde aufzuheben und die Angelegenheit unter Erteilung der aufgezeigten Aufträge zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat zu verweisen, hat sie ihren Vorstellungsbescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, sodaß dieser vom Verwaltungsgerichtshof gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Kostenzuspruch gründet auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.