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VwGH vom 17.12.1991, 89/08/0211

VwGH vom 17.12.1991, 89/08/0211

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde der P in M, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , Zl. VII/2-4109/3-1989, betreffend Betriebsnachfolgehaftung (mitbeteiligte Partei: Niederösterreichische Gebietskrankenkasse in 3100 St. Pölten,

Dr. Karl Renner-Promenade 14-16), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 9.270,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit Bescheid vom sprach die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse aus, die Beschwerdeführerin hafte gemäß §§ 67 Abs. 4, 6 und 7 sowie 83 ASVG als Betriebsnachfolgerin zur ungeteilten Hand für rückständige Beiträge und Nebengebühren ihres Vaters (Betriebsvorgängers), SP, Friseur, Betriebsadresse: M, in der Höhe von S 83.566,84 aus der Zeit Rest April 1987 bis Rest April 1988, Nachträge vom und sowie 10,5 % Verzugszinsen p. a. ab aus S 65.783,44.

Nach der Begründung entfalle gemäß § 67 Abs. 6 Z. 1 und Abs. 7 Z. 2 ASVG das für die Betriebsnachfolge erforderliche Veräußerungsgeschäft, wenn ein Betrieb - wie im Beschwerdefall - auf die Tochter des Betriebsvorgängers übergehe. Der Vater der Beschwerdeführerin habe auf Grund des mit seiner Ehegattin MP abgeschlossenen Mietvertrages vom das Friseurgewerbe an der im Spruch genannten Adresse ausgeübt. Nach einem Übereinkommen vom habe er das Mietverhältnis mit aufgelöst (mit diesem Datum habe er auch seine Gewerbeberechtigung zurückgelegt) und von seinem Weitergaberecht zugunsten der Beschwerdeführerin Gebrauch gemacht. Dadurch hätten sämtliche Bestimmungen des Mietvertrages vom für die Beschwerdeführerin Gültigkeit erlangt. Anläßlich ihrer Einvernahme am habe diese niederschriftlich angegeben, daß die Betriebsliegenschaft nunmehr im Eigentum der Wiener Neustädter Sparkasse stehe. Die Betriebseinrichtung habe sie vom Finanzamt Baden im Wege eines Freihandverkaufes erworben. Mit ihrem Vater habe sie keine Verträge abgeschlossen. Der Friseurbetrieb sei deshalb von ihr nicht übernommen, sondern am neu eröffnet worden. Die Gewerbeberechtigung sei ihr von ihrer Tante, Frau N, unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden.

Auf Grund dieser Feststellungen ging die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse davon aus, daß der Beschwerdeführerin einerseits mit gleichen Vertragsbedingungen die gesamten Geschäftsräumlichkeiten, in denen schon ihr Vater die Gewerbetätigkeit ausgeübt habe, und andererseits die Geschäftseinrichtung zur Verfügung stünde. Frau G, die bis beim Vater der Beschwerdeführerin in Beschäftigung gestanden sei, sei von dieser mit zur Sozialversicherung angemeldet worden. Da es sich beim um einen Feiertag gehandelt habe, sei keine Unterbrechung in der Gewerbeausübung erfolgt. Es könne sohin mit aller Wahrscheinlichkeit angenommen werden, daß auch der Kundenstock im wesentlichen gleich geblieben sei. Ein Betrieb im Sinne des § 67 Abs. 4 ASVG sei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die durch den Tätigkeitsbereich bestimmte, die Beschäftigten, die Betriebsmittel, die Geschäftsbeziehungen, die Erfahrungen, die Kundschaft und die Absatzgelegenheit zusammenfassende organisatorische Einheit als Objekt im Rechtsverkehr. Eine solche Einrichtung sei auf die Beschwerdeführerin von ihrem Vater übergegangen. Nach der Rechtsprechung komme es nur auf den Übergang jener Betriebsmittel an, die die (nach Betriebsart und Betriebsgegenstand) wesentliche Grundlage des Betriebes des Betriebsvorgängers gebildet hätten und den Betriebsnachfolger in die Lage versetzten, den Betrieb fortzuführen.

Die Beschwerdeführerin erhob Einspruch.

1.2. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Einspruch keine Folge gegeben und der Bescheid der Gebietskrankenkasse bestätigt.

Nach der Begründung habe die Beschwerdeführerin im wesentlichen vorgebracht, mit Übereinkommen vom in den gegenständlichen Mietvertrag eingetreten zu sein. Allein daraus könne jedoch nach ihrer Auffassung eine Haftung nicht begründet werden. Die Betriebsliegenschaft sei in der Zwischenzeit in das Eigentum der Sparkasse Wiener Neustadt übergegangen, die nicht bereit sei, ein Mietverhältnis anzuerkennen. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin sei für einen Haftungsübergang erforderlich, daß Betriebsmittel erworben würden, welche die wesentliche Grundlage des Betriebes des Betriebsvorgängers gebildet hätten und sie in die Lage versetzten, den Betrieb nahtlos fortzuführen. Dazu seien im wesentlichen wohl die Geschäftsräumlichkeiten, Inventar, Kundenstock, Angestellte, good will etc. zu zählen. Die Beschwerdeführerin habe aber lediglich die Räumlichkeiten abgetreten erhalten. Es sei auch zu berücksichtigen, daß sie Damenfriseurin sei, während ihr Vater ein Herrenfriseur gewesen sei. Auch wäre ihr von den Beitragsschulden bis zum gegenständlichen Bescheid nichts bekannt gewesen und hätte ihr auch nichts bekannt sein müssen. Von diesen habe sie im wesentlichen erst erfahren, als sie die Fahrnisse angekauft habe.

Zu diesem Vorbringen bemerkte die belangte Behörde zunächst, der Eintritt in die früheren Mietrechte sei an sich keine Voraussetzung für die Betriebsnachfolgehaftung, da diese durch das Verwandschaftsverhältnis der Beschwerdeführerin mit dem Beitragsschuldner ohne Rücksicht auf das dem Betriebsübergang zugrunde liegende Rechtsgeschäft eintrete. Im Beschwerdefall sei am das Gebrauchsrecht an den Betriebsräumlichkeiten an die Beschwerdeführerin von ihrem Vater weitergegeben worden. Möglich wäre auch die Gebrauchsüberlassung direkt von ihrer Mutter, die zu diesem Zeitpunkt noch bücherliche Eigentümerin der Liegenschaft gewesen sei. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei zum Betriebserwerb nicht erforderlich, daß alle zum Betrieb gehörigen Betriebsmittel erworben würden. Vielmehr genüge der Erwerb jener Betriebsmittel, die die wesentliche Grundlage des Betriebes des Betriebsvorgängers gebildet hätten und den Erwerber in die Lage versetzten, den Betrieb fortzuführen. Der Erwerb einzelner, nicht die wesentliche Grundlage des Betriebes darstellender Betriebsmittel von einem Dritten schließe die Betriebsnachfolge nicht aus. Nicht entscheidend sei auch, ob der Betrieb tatsächlich fortgeführt werde und ob im Falle der Fortführung der Betriebsgegenstand und die Betriebsart gleichblieben. Nach § 67 Abs. 6 und 7 ASVG komme es nur auf den Übergang der wesentlichen Betriebsmittel an, nicht jedoch darauf, ob diese auch übereignet worden seien. Dem Erwerb der Betriebseinrichtung im Wege einer Versteigerung vom Finanzamt Baden sei insofern keine Bedeutung beizumessen, weil es sich nur um einzelne Betriebsmittel gehandelt habe, die bei einem Dienstleistungsbetrieb nicht zu jenen wesentlichen sachlichen Werten gehörten, deren Übergang für die Betriebsnachfolgehaftung erforderlich sei. Ein wesentliches Betriebsmittel stelle hingegen - wie die Beschwerdeführerin selbst ausführe - der Kundenstock dar. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei auch nicht entscheidend, ob der Betrieb tatsächlich fortgeführt werde bzw. ob im Falle der Betriebsfortführung der Betriebsgegenstand und die Betriebsart gleichblieben. Deshalb ginge auch der Einwand der Beschwerdeführerin, daß sie - im Gegensatz zu ihrem Vater - als Damenfriseurin tätig sei, ins Leere. Die Gewerbeordnung kenne keine Unterscheidung in Herren- und Damenfriseur, und unter diesem Gesichtspunkt erfolge auch die Ausbildung der Friseurlehrlinge. Der Vater der Beschwerdeführerin habe an dem im Spruch der Behörde 1. Instanz angegebenen Standort das Gewerbe seit ausgeübt. Der daraus resultierende Kundenkreis sei deshalb bei der Betriebsübernahme bereits vorhanden gewesen. Wenn nun der Kundenstock eine Veränderung erfahren habe, so läge dies ausschließlich im Willen der Beschwerdeführerin, die mit den übernommenen Betriebsmitteln auch in der Lage gewesen wäre, den Herrensalon fortzuführen. Auch Frau G, die beim Betriebsvorgänger bis in Beschäftigung gestanden sei, sei von der Beschwerdeführerin mit Wirkung vom neuerlich zur Sozialversicherung angemeldet worden. Es liege somit im Beschwerdefall ein für die Betriebsnachfolge maßgeblicher Übergang der sachlichen, ideellen und persönlichen Werte vor.

Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, ihr sei von den Beitragsschulden nichts bekannt gewesen und ihr habe davon auch nichts bekannt sein müssen, hielt die belangte Behörde entgegen, daß die Beschwerdeführerin dafür keinerlei Beweise anführe. Da des öfteren Versteigerungen anberaumt gewesen seien, sei die Beschwerdeführerin aller Wahrscheinlichkeit nach darüber informiert gewesen, daß das Betriebsinventar mit mehreren Pfandrechten behaftet gewesen sei. Der genaue Schuldenstand hätte auch den Buchhaltungsunterlagen entnommen werden können. Die Beschwerdeführerin hätte sich auch bei der mitbeteiligten Partei über die Höhe des Beitragsrückstandes informieren können. Es sei auch zu berücksichtigen, daß der Vater der Beschwerdeführerin, der bis in P gewohnt habe, nach Athen verzogen sei. Die Eltern der Beschwerdeführerin hätten daher noch mit Übereinkommen vom vorgesorgt, daß auf Grund des Schuldenstandes sowie der zahlreichen andrängenden Gläubigerschaft das Friseurgeschäft auf die Beschwerdeführerin übergehe.

1.3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

1.4. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - ebenso wie die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse - eine Gegenschrift erstattet.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Die Beschwerdeführerin bestreitet im wesentlichen eine Betriebsnachfolge, die bei ihr zu einer Haftung gemäß § 67 Abs. 6 Z. 1 ASVG führe. Sie habe lediglich die Mietrechte, nicht jedoch die übrigen wesentlichen Bestandteile eines Unternehmens, wie Kundenstock, good will, Geschäftseinrichtung und Organisation übernommen. Die Geschäftseinrichtung habe sie im Wege des Zuschlages bei der Versteigerung erworben. Einen Kundenstock habe sie überhaupt nicht übernommen, da ihr Vater Herrenfriseur gewesen sei, sie jedoch als Damenfriseurin tätig sei. Zu einer Unternehmensübertragung reiche die bloße Übertragung der Mietrechte nicht aus, weshalb sie lediglich einen ähnlichen Betrieb weiterführe. Gehe man - wie die belangte Behörde - davon aus, daß sie mit Übereinkommen vom den Betrieb übernommen habe, so sei es auch unzulässig, ihr mit Rückstandsausweis vom Beiträge für die Zeit vom 1. bis und Sonderbeiträge in der Höhe von S 5.229,24 vorzuschreiben. Da § 67 Abs. 4 ASVG nur von einer Haftung für "Beiträge" spreche, hafte sie auch nicht für Verzugszinsen, Verwaltungskostenersätze und Beitragszuschläge.

2.2. § 67 Abs. 4 ASVG in der Fassung der 41. ASVG-Novelle, BGBl. Nr. 111/1986, bestimmt:

"(4) Wird ein Betrieb übereignet, so haftet der Erwerber für Beiträge, die sein Vorgänger zu zahlen gehabt hätte, unbeschadet der fortdauernden Haftung des Vorgängers sowie der Haftung des Betriebsnachfolgers nach § 1409 ABGB unter Bedachtnahme auf § 1409 a ABGB und der Haftung des Erwerbers nach § 25 des Handelsgesetzbuches für die Zeit von höchstens zwölf Monaten vom Tag des Erwerbes zurückgerechnet. Im Fall einer Anfrage beim Versicherungsträger haftet er jedoch nur mit dem Betrag, der ihm als Rückstand ausgewiesen worden ist."

Geht der Betrieb gemäß § 67 Abs. 6 Z. 1 ASVG (ebenfalls in der Fassung der 41. ASVG-Novelle) auf einen nahen Angehörigen des Betriebsvorgängers gemäß Abs. 7 über, so haftet dieser Betriebsnachfolger ohne Rücksicht auf das dem Betriebsübergang zugrunde liegende Rechtsgeschäft wie ein Erwerber gemäß Abs. 4, solange er nicht nachweist, daß er die Beitragsschulden nicht kannte bzw. nicht kennen konnte.

§ 67 Abs. 7 Z. 2 ASVG lautet:

"(7) Angehörige gemäß Abs. 6 Z. 1 sind:

...

2. die Verwandten in gerader Linie und die Verwandten zweiten und dritten Grades in der Seitenlinie, und zwar auch dann, wenn die Verwandtschaft auf einer unehelichen Geburt beruht;"

2.3. Als "Erwerber" gemäß § 67 ABS. 4 ASVG in der obgenannten Fassung (unter dem Gesichtspunkt der Nachfolge unter Lebenden) ist jene Person zu verstehen, die den Betrieb oder einen organisatorisch selbständigen Teilbetrieb des Betriebsvorgängers (Beitragsschuldners) auf Grund eines VERÄUSSERUNGSGESCHÄFTES (von Veräußerungsgeschäften) mit ihm erworben hat; die bloße Bestandnahme eines Betriebes (eines Teilbetriebes) begründet daher keine Haftung nach dieser Gesetzesstelle. Zum Betriebserwerb ist es allerdings nicht erforderlich, daß alle zum Betrieb gehörigen Betriebsmittel erworben werden; es genügt vielmehr der Erwerb jener Betriebsmittel, die die (nach Betriebsart und Betriebsgegenstand) wesentliche Grundlage des Betriebes des Betriebsvorgängers gebildet haben und den Erwerber mit ihrem Erwerb in die Lage versetzen, den Betrieb fortzuführen. Der Erwerb einzelner nicht die wesentliche Grundlage des Betriebes darstellender Betriebsmittel von einem Dritten schließt die Betriebsnachfolge nicht aus. Es ist auch nicht entscheidend, ob der Betrieb tatsächlich fortgeführt wird, und ob im Fall der Fortführung der Betriebsgegenstand und die Betriebsart gleich bleibt (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Zl. 82/08/0021, VwSlg. 11241/A, und die seither ergangene ständige Rechtsprechung). Mangels eines solchen Geschäftes besteht keine Beitragshaftung gemäß § 67 Abs. 4 ASVG in der Fassung der genannten Novelle (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 87/08/0262).

Mit der Bestimmung des § 67 ABS. 6 ASVG soll jedoch - gleichsam als flankierende Maßnahme - die mißbräuchliche Umgehung der Erwerberhaftung nach Abs. 4 verhindert werden: Das Naheverhältnis der in Abs. 6 aufgezählten Personen zum Betriebsvorgänger erleichtere nämlich den Abschluß von anderen Rechtsgeschäften als Veräußerungsgeschäften (z.B. Pacht), die die Erwerberhaftung nach Abs. 4 nicht eintreten lassen. In manchen Fällen könnten derartige Rechtsgeschäfte auch nur zum Schein abgeschlossen werden, um ein tatsächlich vorliegendes Veräußerungsgeschäft zu verdecken (vgl. die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage 747 BlgNR 16. GP, Seite 27 f). Um solchen Mißbräuchen zu begegnen, wurde mit der durch die 41. ASVG-Novelle neu geschaffenen Bestimmung des § 67 Abs. 6 festgelegt, daß - sofern der Betrieb auf bestimmte, dem Betriebsvorgänger oder dem Betrieb verbundene Personen übergeht - diese Personen ohne Rücksicht auf das dem Betriebsübergang zugrunde liegende Rechtsgeschäft solange haften, als sie nicht nachweisen, daß sie die Schulden des Betriebsvorgängers nicht kannten bzw. nicht kennen konnten.

2.4.1. Vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtslage kommt zunächst dem Einwand der Beschwerdeführerin, sie habe lediglich die Mietrechte abgetreten erhalten, keine maßgebliche Bedeutung zu. (Die Feststellung der belangten Behörde, sie habe nicht nachgewiesen, daß sie die Schulden ihres Vaters nicht kannte bzw. nicht kennen konnte, blieb unbekämpft.) Für die Frage der Beitragshaftung nach § 67 Abs. 6 ASVG ist nämlich - im Gegensatz zu § 67 Abs. 4 - nicht der Erwerb eines Betriebes auf Grund eines Veräußerungsgeschäftes erforderlich. Auch der Abschluß eines anderen Rechtsgeschäftes als eines Veräußerungsgeschäftes (vgl. die im Punkt 2.3. wiedergegebenen Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage) mit dem Betriebsvorgänger kann zur Begründung der Haftung führen. Entscheidend ist freilich (arg. "Betriebsübergang"), daß auf Grund dieses Rechtsgeschäftes (dieser Rechtsgeschäfte) dem nahen Angehörigen jene Betriebsmittel zukommen, die die (nach Betriebsart und Betriebsgegenstand) wesentliche Grundlage des Betriebes des Betriebsvorgängers gebildet haben und den nahen Angehörigen in die Lage versetzen, den Betrieb fortzuführen. Ob der Betrieb dann tatsächlich fortgeführt wird, und ob im Falle der Fortführung der Betriebsgegenstand und die Betriebsart gleich bleiben, ist nicht von Bedeutung.

Wesentliche Grundlage eines Dienstleistungsbetriebes, wie ihn etwa auch ein Friseurgeschäft darstellt, ist - wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat - der Kundenstock, der vom Standort des Betriebes bzw. den persönlichen Fähigkeiten der im Dienstleistungsbetrieb tätigen Personen abhängig sein kann.

2.4.2. Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß die Beschwerdeführerin die Mietrechte am Friseurgeschäft ihres Vaters auf Grund eines Abtretungsvertrages erworben hat. Damit stand ihr der Kundenstock ihres Vaters unter der Voraussetzung nutzbar zur Verfügung, daß dieser in nachstehender Weise nicht ausschließlich von der persönlichen Arbeitsleistung ihres Vaters abhängig war. Der Verwaltungsgerichtshof hat - zwar im Zusammenhang mit einem Veräußerungsfall, aber insofern auch für die Beurteilung als Betriebsübergang verwertbar - die Auffassung vertreten, daß der Wegfall des Betriebsinhabers oder eines besonders befähigten Beschäftigten allein nur in jenen seltenen Ausnahmefällen die Qualifizierung des Erwerbs von Betriebsmitteln als Betriebsnachfolge ausschließen kann, in denen mit dieser Person der für die Organisation des "Vorgängerbetriebes" tragende, ausschließlich von ihr selbst erfüllbare und daher nicht substituierbare Leistungsfaktor wegfällt, sodaß der Erwerber der übrigen Betriebsmittel mit deren Erwerb wegen der Nichtsubstituierbarkeit des wesentlichen personellen Betriebsmittels nicht in die Lage versetzt wird, den Betrieb des "Vorgängers" fortzuführen (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 83/08/0123).

Ob im Beschwerdefall wegen etwaiger besonderer Fertigkeiten des Vaters der Beschwerdeführerin nach dessen Ausscheiden ein solcher Ausnahmefall gegeben war, womit es an einer Übernahme des Kundenstockes und somit auch an einer Beitragshaftung mangeln würde, oder der Kundenstock eher vom Standort oder von den Leistungen der weiterhin beschäftigten Dienstnehmerin abhängig war, ist von der belangten Behörde jedoch nicht - allenfalls unter Beiziehung eines entsprechenden Sachverständigen - geklärt worden. Der Sachverhalt ist damit in diesem Punkt ergänzungsbedürftig geblieben.

2.5. Auf Grund dieser Erwägungen war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben.

2.6. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Wegen Unterschreitung des zur Zeit der Beschwerdeverfassung geltenden Ansatzes für Schriftsatzaufwand konnte nur der tatsächlich verzeichnete Betrag zuerkannt werden (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, Seite 673).