VwGH 21.07.1995, 92/17/0269
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Normen | ABGB §354; ABGB §6; BAO §21 Abs1; BAO §21 Abs2; BauO Tir 1989 §12 Abs2; BauO Tir 1989 §19 Abs1; GehsteigabgabeG Innsbruck §2 Abs1; LAO Tir 1984 §19; VwRallg; |
RS 1 | Wenn sich der Gesetzgeber der gesetzestechnischen Methode der rechtlichen Anknüpfung bedient, die darin besteht, daß in anderen Rechtsbereichen vorgenommene Umschreibungen eines Zustandes, Verhältnisses oder sonst relevanter Tatsachen in die Steuernormen aufgenommen werden, und zwar mit der den Begriffen des anderen Rechtsgebietes zukommenden Bedeutung, dann muß das Ergebnis der Interpretation einer solchen steuerrechtlichen Vorschrift mit dem der Interpretation im Bereich des Rechtsgebietes, dem die Umschreibung entnommen wurde, übereinstimmen; bei einem tatbestandsmäßigen Anknüpfen an außersteuerrechtliche Regelungen und Beriffe geht der Grundsatz der rechtlichen Betrachtungsweise iSd zweiten Absatzes des § 21 BAO jener der wirtschaftlichen Betrachtungsweise vor, sodaß bei Anknüpfung des Abgabenrechtes an Vorschriften anderer Regelungskreise für eine von dem Recht, an das angeknüpft wird, abweichende Begriffsinhaltsdeutung kein Raum ist (Hinweis Stoll, Bundesabgabenordnung, Kommentar, Band 1, 228). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie VwGH E 1994/12/07 93/13/0009 1
(hier Ausführungen zum Begriff "Eigentümer" in § 2 Abs 1
Innsbrucker GehsteigabgabeG) |
Normen | ABGB §354; BAO §21 Abs1; BauO Tir 1989 §19; GehsteigabgabeG Innsbruck §2 Abs1; LAO Tir 1984 §19 Abs1; VwRallg; |
RS 2 | Der in § 19 Tir BauO 1989 gebrauchte Begriff "Eigentümer" bildet einen geradezu typischen Beispielsfall für eine gesetzestechnische Anknüpfung und zwar an den Begriff des "Eigentümers" iSd Baurechts und damit des bürgerlichen Rechts (Hinweis E , 84/17/0164). Für eine nicht rechtliche, sondern wirtschaftliche Betrachtungsweise des Begriffes "Eigentümer" ist somit kein Raum. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie VwGH E 1995/07/21 92/17/0266 3
(hier "Eigentümer" iSd § 2 Abs 1 Innsbrucker GehsteigabgabeG) |
Normen | BauO Tir 1978 §17; BauO Tir 1978 §19; BauO Tir 1989 §17; BauO Tir 1989 §19; B-VG Art7 Abs1; GehsteigabgabeG Innsbruck §2 Abs1; StGG Art2; |
RS 3 | Bei Interessentenbeiträgen muß die Abgabepflicht nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den dem Einzelnen erwachsenden Vorteilen bestehen; die Aufteilung muß nur nach irgendwelchen sachlichen bzw objektiven Kriterien gerechtfertigt sein (Hinweis E , VfSlg 10947/1986). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie VwGH E 1993/01/29 89/17/0135 4
(hier Innsbrucker GehsteigabgabeG heranzuziehen) |
Norm | GehsteigabgabeG Innsbruck §2 Abs1; |
RS 4 | Eine so weitreichende Sanktion wie das Erlöschen des Bemessungsrechtes bei einer Überschreitung der 6 monatigen Frist des § 2 Abs 1 Innsbrucker GehsteigabgabeG hätte ausdrücklich im Gesetz festgelegt werden müssen (Hinweis E , 343/71 und 349/71; E , 92/17/0001). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie VwGH E 1995/07/21 92/17/0267 6 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Gruber, Dr. Höfinger und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde des P in I, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Berufungskommission in Abgabensachen der Landeshauptstadt Innsbruck vom , Zl. MD/Präs.Abt.II-9067/1991, betreffend Gehsteigabgabe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Landeshauptstadt Innsbruck Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Berufungskommission in Abgabensachen der Landeshauptstadt Innbruck vom wurden dem Beschwerdeführer und A "für die Errichtung einer Reihenhausanlage im Anwesen S-Straße 32 l-n" eine Gehsteigabgabe auf Grund der Bestimmungen des Gesetzes vom über die Erhebung einer Abgabe für die erstmalige Herstellung zeitgemäßer Gehsteige für die Landeshauptstadt Innsbruck, LGBl. Nr. 23/1969, (im folgenden: GehsteigabgabeG) in der Höhe von S 72.841,-- vorgeschrieben.
In der Begründung dieses Bescheides heißt es (u.a.), daß die X-Gesellschaft m.b.H. mit Bescheid des Stadtmagistrates Innsbruck vom die Bewilligung zur Errichtung einer Reihenhausanlage im Anwesen S-Straße 32 l-n erhalten habe. Die erteilte Baubewilligung gestatte es dem Bauwerber, auf der "Gp. 1334/15, KG H", eine Wohnanlage bestehend aus drei Reihenhäusern zu errichten. Dieser Baubescheid sei infolge Verzichtes eines Rechtsmittels am in Rechtskraft erwachsen. Am (Rechtskraft des Baubewilligungsbescheides) sei gegenüber A und dem Beschwerdeführer - als grundbücherlichen Eigentümern "der Gpn. 1335/15, 16 und 17, alle KG H" - die Abgabepflicht zur Entrichtung einer einmaligen Gehsteigabgabe entstanden.
Nachdem das GehsteigabgabeG den Begriff des Eigentümers bzw. Eigentums im Sinne des bürgerlichen Rechts (Sachenrechts) definiere, sei ungeachtet der in der Tiroler Landesabgabenordnung (TLAO) grundsätzlich vorgesehenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise jeweils der Eigentümer zur Abgabe verpflichtet, der tatsächlich im Grundbuch eingetragen sei. Zum (Rechtskraft des Baubescheides) schienen als grundbücherliche Eigentümer die Berufungswerber (der Beschwerdeführer und A) auf, sodaß diesen zu Recht die Gehsteigabgabe vorzuschreiben gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung (u.a.) dieser Beschwerde mit Beschluß vom , B 190/92-3 und Folgezahlen, ablehnte und die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erachtet sich der Beschwerdeführer - nach dem gesamten Inhalt seines Vorbringes - in dem Recht verletzt, daß ihm gegenüber eine Gehsteigabgabe nicht vorgeschrieben werde. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 1 GehsteigabgabeG ermächtigt die Stadt Innsbruck gemäß § 8 Abs. 5 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948, BGBl. Nr. 45, zur teilweisen Deckung der Kosten der erstmaligen Herstellung von zeitgemäßen Gehsteigen (§ 68 der Bauordnung der Landeshauptstadt Innsbruck) eine Abgabe (§ 14 Abs. 1 Z. 15 des Finanzausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 2) zu erheben.
Der § 2 GehsteigabgabeG lautet auszugsweise:
"(1) Zur Entrichtung einer einmaligen Abgabe sind die Eigentümer der zu bebauenden Grundstücke (Bauplätze) verpflichtet. Unter Bauplätzen sind die nach den Bestimmungen der Innsbrucker Bauordnung bebaubaren, zuzüglich aller demselben Eigentümer gehörigen, daran unmittelbar angrenzenden, selbständig nicht bebaubaren Grundflächen zu verstehen. Die Abgabepflicht entsteht bei Eintritt der Rechtskraft des Baubewilligungsbescheides. Die Abgabe ist binnen sechs Monaten nach Baubeginn vorzuschreiben und wird zwei Wochen nach Vorschreibung fällig. Bei Bauten vorübergehenden Bestandes im Sinne des § 15a der Innsbrucker Bauordnung oder bei Baumaßnahmen ohne Vergrößerung der Baumasse (§ 4) entsteht keine Abgabepflicht.
..."
Zu Unrecht beruft sich der Beschwerdeführer auf den Zurechnungstatbestand des "wirtschaftlichen Eigentums" (§ 22 Abs. 1 lit. d TLAO). Wie in dem, denselben Beschwerdeführer betreffenden hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 92/17/0268, näher dargelegt wird, geht nämlich bei einem tatbestandsmäßigen Anknüpfen an außersteuerrechtliche Regelungen und Begriffe der Grundsatz der rechtlichen Betrachtungsweise im Sinne des zweiten Absatzes des § 19 TLAO jener der wirtschaftlichen Betrachtungsweise vor. Für eine nicht rechtliche, sondern wirtschaftliche Betrachtungsweise des Begriffes "Eigentümer" nach § 2 Abs. 1 GehsteigabgabeG ist somit kein Raum.
Ebenso vermag der Beschwerdeführer mit seiner Argumentation, unter "Eigentümer der zu bebauenden Grundstücke (Bauplätze)" könne nur der "Bauführer" verstanden werden, nicht durchzudringen: Wird doch nach dem klaren Wortlaut zweifelsfrei auf den "Eigentümer" - und zwar im Sinne des Baurechts und damit des bürgerlichen Rechts (Sachenrechts), wie im hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 29/17/0267, näher dargelegt - abgestellt.
Der Beschwerdeführer vermag auch keine Bedenken gegen die Sachlichkeit der Regelung des § 2 Abs. 1 GehsteigabgabeG hervorzurufen, wenn er darauf hinweist, es könne nicht sein, daß jenem, dem die Investitionen zugute kämen, nur den Nutzen daraus ziehe, einem "Formalbeteiligten", der mit den Investitionen überhaupt nichts zu tun habe, jedoch die Lasten auferlegt würden; umgekehrt habe nur der "Formalgrundstückseigentümer" Anspruch auf Gehsteigerrichtung und Erschließung des Grundstückes, nicht jedoch der tatsächliche Nutzungsberechtigte. Bei dieser Argumentation wird nämlich schon vom Ansatz her verkannt, daß bei Interessentenbeiträgen die Abgabepflicht nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den dem einzelnen erwachsenen Vorteilen stehen muß; die Aufteilung muß nur nach irgendwelchen sachlichen bzw. objektiven Kriterien gerechtfertigt sein (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , Slg. 10.947). Die Hinweise auf in "anderen österr.
Bauordnungen ... dargelegten Grundsätze" vermögen daran nichts zu ändern (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 343/71).
Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vermag aber auch nicht die Beschwerderüge aufzuzeigen, die Behörde wäre verpflichtet gewesen, binnen sechs Monaten nach Baubeginn die Abgaben vorzuschreiben und es sei diese Frist nicht eingehalten worden. Wie der Verwaltungsgerichtshof zu der im § 2 Abs. 1 des GehsteigabgabeG festgelegten Frist von sechs Monaten bereits in seinen Erkenntnissen je vom , Zlen. 343/71 und 349/71, ausgesprochen hat, hätte eine so weitreichende Sanktion wie das Erlöschen des Bemessungsrechtes bei Überschreitung dieser Frist ausdrücklich im Gesetz festgelegt werden müssen (vgl. auch das zu § 6a Stmk. BauO 1968 ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/17/0001). Von dieser Rechtsprechung abzugehen, sieht sich der Verwaltungsgerichtshof auch im Lichte des vorliegenden Beschwerdefalles nicht veranlaßt.
Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.
Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere auch deren Art. III Abs. 2.
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Normen | ABGB §354; ABGB §6; BAO §21 Abs1; BAO §21 Abs2; BauO Tir 1978 §17; BauO Tir 1978 §19; BauO Tir 1989 §12 Abs2; BauO Tir 1989 §17; BauO Tir 1989 §19 Abs1; BauO Tir 1989 §19; B-VG Art7 Abs1; GehsteigabgabeG Innsbruck §2 Abs1; LAO Tir 1984 §19 Abs1; LAO Tir 1984 §19; StGG Art2; VwRallg; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1995:1992170269.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
ZAAAE-40446